Protocol of the Session on August 24, 2012

Es ist schon bezeichnend, dass Sie es für nötig halten, einen in den USA geschlossenen zivilrechtlichen Vergleich von „Pokerstars“ zu bejubeln, obwohl doch das strafrechtliche Verfahren gegen den Gründer von „Pokerstars“, Isai Scheinberg, der unter anderem wegen Geldwäsche und Bankbetrug angeklagt ist, noch läuft, Verdächtige hinter Gittern sind beziehungsweise per Haftbefehl international gesucht werden.

Interessant finde ich übrigens auch, dass über einfache Links von internationalen Glückspielkonzernen, die Schwesterfirmen von Antragstellern für schleswig-holsteinische Lizenzen sind, im Web für in Deutschland illegale Aktivitäten geworben wird. So viel zur Zuverlässigkeit und Seriosität Ihrer Freunde und zur Wirksamkeit Ihrer Auflagen, meine sehr verehrten Damen und Herren!

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

(Dr. Ralf Stegner)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Neuregelungen sind leider nicht einfach, weil die schwarz-gelbe Landesregierung hier mutwillig verbrannte Erde hinterlassen hat, weil Sie unbedingt kurz vor der Landtagswahl die Lizenzvergabe in Gang setzen mussten, weil Sie unbedingt aus dem Konzert der 15 anderen Länder ausscheren mussten, ohne eine Rückkehrmöglichkeit vorzubereiten. Das alles zeigt: Die europarechtlichen Probleme haben Sie doch selbst in voller Absicht geschaffen beziehungsweise vergrößert. Und Sie haben wahrscheinlich bei Ihren vielen gemeinsamen Ausflügen nach Brüssel auch da und dort noch ein bisschen argumentativ nachgeholfen. Es ist doch klar, dass das, was wir da hören, auch auf solche Aktivitäten zurückgeht. Insofern steht Ihnen Ihre Unschuldsmine als Hüter europäischen Rechts denkbar schlecht.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, natürlich werden wir alles tun, um Schadensersatzforderungen gegen das Land zu verhindern. Sollte es aber doch dazu kommen, dann trägt jeder einzelne Euro Schadenersatz, den die Anwaltskanzleien der milliardenschweren Glückspiellobby erstreiten würden, den politischen Fingerabdruck von Ihnen, meine sehr verehrten Damen und Herren. Darauf weise ich ausdrücklich hin.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW - Wolfgang Kubicki [FDP]: Lu- stig!)

Die Umkehr ist nicht einfach und ganz ohne Risiken nicht zu haben - es sei denn, man ist der Glückspiellobby vollständig zu Willen, wie die frühere Koalition, und genehmigt einfach alles, was beantragt wird. Herzlichen Glückwunsch! Wenigstens das ist Ihnen gelungen. Dabei finde ich nicht, dass Sie darauf stolz sein könnten. Sie haben - das sage ich ganz bewusst - vorsätzlich Schaden angerichtet. Ihre Politik ist eine gegen das Gemeinwohl, gegen das Ansehen und die Seriosität unseres Landes.

Allerdings stimmen nicht einmal Ihre Einnahmerechnungen, da in den Steuerparadiesen die Spielgebühren und Steuern noch niedriger als in England sind, wo man besichtigen kann, was die Folge davon ist, wenn die Realwirtschaft quasi beseitigt wird und Finanzbranche und Pferdewetten übrig bleiben, meine sehr verehrten Damen und Herren.

Warum also jemand real Firmensitze und gar tatsächliche Arbeitsplätze nach Schleswig-Holstein verlagern sollte bei höheren Abgaben und europäischer Niederlassungsfreiheit, gehört wohl eher in das Reich der Fabel. Das stört Sie aber nicht. Es geht um Milliardengewinne einzelner Konzerne,

und da spielt es gar keine Rolle, ob es hier reale Arbeitsplätze gibt oder nicht.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, immerhin sind die ersten Schritte eingeleitet. Die ersten Signale sind gesetzt. Die schnelle und eindeutige Ankündigung von Torsten Albig, dass Schleswig-Holstein endlich dem Glücksspielstaatsvertrag beitreten wird, war ein wichtiges Zeichen in Richtung der anderen Länder, eine ausgestreckte Hand, die gern ergriffen wurde. Vielen Dank, Herr Ministerpräsident. Sie haben das unwürdige Schauspiel Ihres Amtsvorgängers in dieser Frage beendet.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Die heutige erste Lesung unseres Aufhebungsgesetzes ist der Anfang vom Ende des Freifahrtscheins für den gefährlichen und unseriösen Teil der Glücksspielbranche in Schleswig-Holstein. Der Wissenschaftliche Dienst hat uns einen Weg dafür aufgezeigt und dabei im Übrigen die Notifizierung des Glücksspieländerungsstaatsvertrags ebenso bestätigt wie die Tatsache, dass die 15 anderen Länder ihre Ausführungsgesetze weder notifiziert haben noch dies mussten.

Die Regierung ist im Gespräch mit den anderen Ländern. Das Wirtschaftsministerium ist im Gespräch mit der EU-Kommission. Wir suchen gemeinsam rechtssichere und möglichst schnelle Wege. Ich bin mir sicher, dass wir sie finden werden, zumal auch das Bundeswirtschaftsministerium - immerhin von Ihrem Parteifreund Rösler geführt - das Interesse der EU-Kommission an einem einheitlichen Rechtsraum in Deutschland und an der Verhinderung von Monopolen für groß hält. Wenn Sie jetzt an dieser Prognose zweifeln wollen - wie Sie es immer tun -, möchte ich Sie daran erinnern, dass Sie auch gesagt haben, die EU würde den Staatsvertrag niemals notifizieren. Genau das hat die Kommission aber getan, meine sehr verehrten Damen und Herren.

Zum anderen versprachen Sie, dass sich andere Länder Schleswig-Holstein anschließen würden. Genau das hat aber kein einziges Land getan. Ob Schwarz-Gelb, Schwarz-Rot, Rot-Grün oder RotRot, kein einziges Land wollte Ihrem Irrweg folgen, meine sehr verehrten Damen und Herren! Das ist Fakt.

(Beifall SPD)

Vielleicht sollten Sie einmal Ihre Überheblichkeit in der Frage überdenken, wenn 15 andere etwas anderes tun. Was mit Geisterfahrern passiert, weiß

(Dr. Ralf Stegner)

man ja in der Regel. Schauanträge, die falsche Unterstellungen implizieren, die Ihre eigenen juristischen Interpretationen bestätigen sollen oder Selbstverständlichkeiten feststellen, helfen überhaupt nicht weiter.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, was die anderen 15 Länder so nötig brauchen wie einen Kropf, sind moralische Wegweisungen oder Rechtsberatungen aus der gescheiterten und abgewählten Kieler Geisterfahrerkoalition beim Glückspiel. Seien Sie sich aber eines sicher: Die politische Geisterfahrt Schleswig-Holsteins beim Glückspiel ist von heute an beendet. Wir sorgen dafür, dass wir wieder in den Kreis der seriös regierten Länder zurückkehren.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Nun erteile ich Herrn Abgeordneten Hans-Jörn Arp von der CDU-Fraktion das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zunächst einmal war es wohltuend, die Rede des Innenministers zu hören, wenn auch nicht die Inhalte, aber den Glauben an einen rechtsstaatlichen Weg. Herr Breitner, da vertrauen wir auf Ihre Kompetenz. Herzlichen Dank. Man weiß, es gibt nach wie vor eine Menge ordentlicher Sozialdemokraten in diesem Haus.

(Beifall SPD)

- Ich hoffe, ich habe Ihnen jetzt nicht geschadet.

Meine Damen und Herren, vor gut einem Jahr haben wir hier in der zweiten und dritten Lesung miteinander debattiert und gekämpft - die meisten fair und sachlich, einige unsachlich. Das bleibt auch so und soll auch so bleiben; mit denen möchte ich aber nie in einem Atemzug genannt werden. Ich meine denjenigen, der eben vor mir geredet hat.

Wir haben aber erfahren, dass wir Beamte überzeugen mussten, Beamte des Finanzministeriums, der Staatskanzlei und des Innenministeriums, weil wir bundesweit erstmalig einen neuen Weg gegangen sind. Herr Guido Schlütz war als Referatsleiter im Innenministerium dafür zuständig. Er hat wie ein loyaler Beamter die Vorlagen, die wir aus dem Parlament geliefert haben, umgesetzt. In wenigen Tagen wird er europaweit und amerikaweit von einer Fachexpertenkommission als Glücksspiel-Regulie

rer des Jahres ausgezeichnet, also von Rechtsexperten, Herr Stegner, und nicht von Spielbankeninhabern. Er ist nämlich als „Regulierer des Jahres“ einen Weg gegangen auf der Basis eines gültigen Rechtsweges, der gezeigt hat, wie man einen solchen Markt regulieren kann. - Herzlichen Glückwunsch, Herr Schlütz!

(Beifall CDU und FDP)

In der Begründung heißt es

(Zuruf Abgeordneter Dr. Ralf Stegner [SPD])

- hören Sie doch mal einen Augenblick zu; das habe ich doch bei Ihnen auch gemacht, obwohl es schlimm genug war -, leider solle die gelungene und vorbildliche Regulierung in Schleswig-Holstein wieder abgeschafft werden. Die Tauglichkeit und Europakonformität des neuen Glücksspielstaatsvertrags ist unter Fachleuten umstritten, weil der das Geldwäscheproblem nicht angeht. Wir haben es bei uns - das müssten Sie eigentlich wissen ausgeschlossen, dass es Geldwäsche gibt, so gut man dies ausschließen kann, weil Geld nicht über Dritte fließen kann, sondern nur dahin zurückfließen kann, woher es kommt. Somit kann man die Geldströme nach unserem Gesetz genau erkennen. Der von Ihnen vorgelegte Gesetzentwurf jedoch schließt dieses Pokern komplett aus, der Markt wird komplett ausgeschlossen. Weil er ausgeschlossen ist, können Sie ihn nicht kontrollieren, denn Sie haben keine rechtliche Handhabe dafür. Das ist der Unterschied zwischen Ihrem und unserem Weg. Deshalb, Herr Breitner, noch einmal mein Dank an Sie. Wir vertrauen auf Ihre Kompetenz; denn wir fordern von Ihnen und von der Regierung nach dieser ersten Lesung die Notifizierung, ohne Frage.

Sie haben die Stillhaltephase angesprochen, das heißt, alles bleibt zunächst bei der gegenwärtigen Rechtsgrundlage. Danach erwarten wir natürlich auch, wie schon zuvor, eine Anhörung der Betroffenen im zuständigen Innen- und Rechtsausschuss. Nach der zweiten Lesung, die es nur dann geben kann, wenn es eine Notifizierung Ihres Gesetzentwurfs gegeben hat, kann dann Ihr Gesetz nach der Veröffentlichung auch Gültigkeit bekommen, aber nicht früher.

Herr Stegner, eines sage ich Ihnen: Hören Sie endlich damit auf - ich weiß gar nicht, wann Sie aufstehen und wann Sie überhaupt noch schlafen -, schon ab 7 Uhr herumzutwittern mit Beleidigungen und Beschimpfungen. Sie haben Hass gestreut in einem Zusammenhang, der der Demokratie in diesem Haus nicht würdig ist.

(Dr. Ralf Stegner)

Herr Minister, ich fühle mich auch durch Ihre Rede komplett darin bestätigt, dass nach wie vor der Glücksspielstaatsvertrag der anderen 15 Länder nicht mit dem Europarecht kompatibel ist. Wir sind ja auch noch einmal von der Monopolkommission bestätigt worden, dass der Weg, den wir gehen, der rechtskonforme ist, und dass der Weg, den Sie gehen wollen, der falsche Weg ist. Wie wollen Sie am Ende erklären, auch nach dem Entwurf, den Sie uns am Ende vorlegen werden und den wir in den Beratungen ja auch durchdiskutieren werden, dass der 21. Antragsteller keine Lizenz bekommt? Das ist diskriminierend, und das hat mit einem freien Markt innerhalb Europas nichts zu tun.

Ich bin gespannt auf Ihre Antworten. Zumindest können es nicht die sein, die Herr Stegner gegeben hat, der hier am liebsten eine sozialistische Bananenrepublik hätte und der heute sagt, alles sei damit erledigt, wir wischen alles vom Tisch, und nichts geht mehr. Wir haben Ihr Benehmen als Don Quijote der SPD zur Kenntnis genommen, Ihren Kampf als Junker gegen den Fortschritt, wie wir ihn hier haben, gegen das modernste Glücksspielgesetz Europas. Das ist schon bedauerlich. Noch bedauerlicher aber sind Ihre ständigen Beleidigungen uns gegenüber, gegenüber meinem Kollegen Wolfgang Kubicki und auch gegen mich persönlich, nicht nur in diesem Haus, sondern auch über dessen Grenzen hinweg.

Ein Mindeststandard muss doch unseren demokratischen Standards eines transparenten, diskriminierungsfreien und offenen Verfahrens auch bei der Konzessionserteilung gerecht werden. Dies ist in der jetzigen Form, wie sie nun mit dem Entwurf vorliegt, nicht so. Es muss sichergestellt werden, dass schon der Anschein der Mauschelei, der schon beim 21. Antragssteller entstehen könnte, verhindert wird. Deshalb sage ich Ihnen: Stimmen Sie unserem Entschließungsantrag zu, und beraten Sie ihn offen in der Diskussion in den Ausschüssen, die sich damit beschäftigen werden!

Zu diesen und vielen anderen Schwerpunkten hat die CDU hier - und das während der letzten sieben Jahre - immer gestanden und hat nicht herumgeeiert. Wir haben eine klare Haltung, nämlich einen von der EU-Kommission notifizierten Glücksspielstaatsvertrag als Grundlage. Ihr Weg ist und bleibt eine ordnungspolitische Katastrophe. Es ist der falsche Weg zum Schaden des Breiten- und Behindertensports in Schleswig-Holstein.

Für diejenigen, die das erste Mal dabei sind, sage ich: Die Einnahmen aus den Sportwetten kommen zu 30 % dem Breitensport zugute. Der Profisport

in Schleswig-Holstein, aber nicht nur hier, profitiert davon, dass durch unseren Weg, indem wir in die Legalität gegangen sind und Lizenzen verteilt haben, Sportveranstalter und Sportvereine heute für Sportwettenanbieter werben dürfen. Man sieht das beim THW Kiel, man sieht das bei Flensburg-Handewitt, man sieht das in Lübeck, man sieht es aber auch in allen Stadien heute in der Bundesliga, die gerade ihre 50. Saison beginnt. Sie sehen es aber auch bei Pferdeveranstaltungen, bei Radfahrveranstaltungen, bei Handballveranstaltungen. Und selbst beim großen Hamburger Tennisturnier wirbt inzwischen die Hansestadt mit Bet-at-home als Namensgeber. Dort regiert bekanntlich Herr Scholz von der SPD. Sie sehen, wie verlogen diese Diskussion ist.

(Beifall CDU und FDP - Zuruf SPD: Ist das denn ein städtisches Turnier?)

- Das ist ein privates Turnier, Herr Kollege, das privat ausgerichtet wird, bei dem der Bürgermeister der Stadt Hamburg aber eigentlich hätte einschreiten müssen, weil es dafür keine Rechtsgrundlage gab. Er hat das erste Jahr sogar nicht nur an den Rothenbaum verkauft, sondern sogar die Namensrechte an einen Sponsor. Das alles belegt, wie verlogen dies ist.

(Beifall CDU)

Frau Kraft macht das mit Tipico. Ich könnte das hier alles aufzählen. - Und was macht der Kollege Beck, der federführend ist? Der baut sich seinen eigenen Rennpalast dahin und sucht jetzt Sponsoren aus der Sportwettenindustrie, die ihm auch noch seinen Schaden ersetzen.

Meine Damen und Herren, Sie sehen also, wir haben ein breites Thema, über das wir in den nächsten Wochen und Monaten diskutieren werden. Wir vertrauen auf den rechtsstaatlichen Weg des Innenministers und nicht auf den von Herrn Stegner. Das macht uns ein Stück weit sicherer.

Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit. Wir warten ab, wie wir das Verfahren dann rechtsstaatlich durchkriegen - aber nur auf der Basis eines von der EU notifizierten neuen Vertrags.

(Beifall CDU und FDP)

Das Wort für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat Herr Kollege Rasmus Andresen.

(Hans-Jörn Arp)