Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Bevor ich zu meiner Rede komme, möchte ich einen Satz zu Ihnen, Herr Arp, sagen. Ich wundere mich doch etwas darüber, wie einfach Sie es sich jetzt machen, indem Sie einem anderen Ministerpräsidenten gegenüber Schuldzuweisungen machen, und dies vor dem Hintergrund, dass doch eigentlich Sie es waren, die uns in die Sackgasse geführt haben. Sie versuchen nun, wie es sowohl der Innenminister als auch der Kollege Stegner zum Ausdruck gebracht haben, in einem ordentlichen Verfahren aus der Sache wieder herauszukommen.
Für uns Grüne stand immer fest, dass ein gemeinsamer Weg mit den anderen Bundesländern eine Voraussetzung für einen guten Glücksspielstaatsvertrag ist. Wir wollen eine gemeinsame Lösung finden, wie es übrigens auch der ehemalige Ministerpräsiden Carstensen für die Landesregierung ursprünglich am 28. Oktober 2011 formuliert hatte und dies für die Landesregierung im Rahmen der Ministerpräsidentenkonferenz kurze Zeit später wiederholt hat. Doch leider waren diese Worte sehr schnell überholt. Es gab Arp auf Malta und die von der Presse betitelte „Sylter Sause“ und lustige Empfänge mit unklarer Finanzierung und Glücksspiellobbyisten wie Boris Becker. Dementsprechend negativ war das Presseecho. Die „taz“ titelte zum Beispiel: „Willst du viel, spiel in Kiel“, und die Wochenzeitung „der Freitag“ schrieb: „Die Zocker von der Kieler Förde“.
Wir hingegen wollen den von Herrn Carstensen anfangs gewünschten gemeinsamen Weg jetzt gehen, auch wenn er dank Ihnen deutlich schwieriger geworden ist. Ihr unsolidarischer Kamikaze-Kurs hat uns in die Sackgasse geführt. Auch wenn Schleswig-Holstein dem Staatsvertrag der anderen Länder jetzt beitritt, was unser Ziel ist, wird es aufgrund von vergebenen Lizenzen bei einem Sonderweg für Schleswig-Holstein bleiben. SchleswigHolstein ist außen vor, und wir haben erheblichen Einfluss auf die Ausgestaltung des ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrags verloren.
Auch bei anderen wichtigen Verhandlungen zwischen den Ländern stärkt Ihr Ausscheren unsere Verhandlungsposition nicht. Es ist deshalb folgerichtig, davon zu sprechen, dass eine einheitliche Lösung - wie sie der Ministerpräsident genannt hat - mit den anderen Bundesländern an sich von Bedeutung ist.
Wir sind uns in der Koalition einig, dem Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrag beizutreten. Für uns Grüne kann ich aber erklären, dass wir uns nicht die obrigkeitsobrigkeitsstaatlichen Gedanken der 15 Länder zu eigen machen. Frau Heinold hat diesen Standpunkt in den letzten Jahren immer wieder deutlich vertreten. Unsere grundsätzliche Position hat sich nicht geändert. Wir finden, dass es eine deutliche Schwäche ist, dass beispielsweise OnlineCasinospiele illegal bleiben. Man lässt so bewusst viele Tausend Spieler und Spielerinnen in der Illegalität. Das hilft aus unserer Sicht nicht unbedingt den Betroffenen.
Es ist auch richtig, dass die EU die 15 Länder noch einmal aufgefordert hat, dazu eine Datengrundlage vorzulegen. Das ist definitiv richtig. Wir sagen, dass das ein Kompromiss ist und dass das ein Punkt ist, den wir anders sehen als die anderen Länder. Es gibt aber viele gute Gründe dafür, auf die ich noch kommen werde, diesen Weg trotzdem zu gehen.
Eine Kontrolle kann es nur geben, wenn der Online-Bereich in die Legalität geführt wird. Das habe ich eben schon gesagt. Dies entspricht vielen Punkten, die auch sonst in der Suchtprävention Gültigkeit haben. Ich glaube, wir werden noch einmal darüber reden müssen. Egal, wie das Verfahren aussieht, es wird hier zum jetzigen Zeitpunkt keine gute Lösung geben. Wir sagen aber auch, dass das Staatsmonopol beispielsweise beim Lotto aufgrund der hohen Manipulationsgefahr absolut richtig ist. Auch hier gilt es, dass legal und unter staatlicher Kontrolle auch aus Verbraucherperspektive mehr erreicht werden kann. Zahlreiche Stellungnahmen, beispielsweise die des Gesamtverbandes für die Suchtkrankenhilfe, haben Ihnen in der Anhörung deutlich gemacht, dass der schleswig-holsteinische Sonderweg vor allem eine Verlierergruppe hat, nämlich die der Suchtkranken.
Die ohnehin anwachsende Gruppe der Spielsüchtigen wird - so befürchten die Experten - bei Aufgabe des Staatsmonopols weiter wachsen. Das darf nicht
passieren. Auch deshalb brauchen wir einen Neustart beim Glücksspiel. Wer die Glücksspieldebatte aus ökonomischer Perspektive betrachtet, der muss auch die sozialen Folgekosten einrechnen. Es gibt ein Gutachten von Professor Tilmann Becker von der Forschungsstelle Glücksspiel der Universität Hohenheim, der in seinen Berechnungen soziale Folgekosten von über 200 Millionen € errechnet hat. In seinem Gutachten macht er sehr deutlich, dass die sozialen Folgekosten bei einer weiteren Liberalisierung erheblich steigen würden. Wenn die Liberalisierung nur hier in Schleswig-Holstein stattfindet, dann würden diese Folgekosten natürlich zum Großteil hier bei uns anfallen. Ich weiß nicht, wie viele Lizenzen Sie vergeben wollen, um allein aus rein ökonomischer Sicht diesen Verlust durch die sozialen Folgekosten wieder auszugleichen.
Wer also ernsthaft behauptet, dass Glücksspiel ein lukratives Geschäft ist, der denkt betriebswirtschaftlich und nicht volkswirtschaftlich. Das ist nicht der Ansatz unserer neuen Koalition. Für uns ist die Glücksspieldebatte nämlich keine ökonomische Debatte, sondern im Kern eine Allgemeinwohldebatte.
Wer über Glücksspiel debattiert, der muss auch immer über Geldwäsche reden. Deutschland ist ein Geldwäscheparadies, das haben auch Zeitungsberichte in jüngster Zeit deutlich gemacht. Laut OECD werden in Deutschland jährlich circa 57 Milliarden € kriminell gewaschen. Glücksspiel fördert Geldwäsche. Das geht auch aus einer Stellungnahme von Professor Adams von der Universität Hamburg hervor, der sich mit diesem Thema im Rahmen einer Anhörung zur Geldwäscheprävention auseinandergesetzt hat. Aus dem Gutachten geht hervor, dass gerade der Online-Bereich sehr anfällig für Geldwäsche ist.
Herr Arp, über einen Aspekt der Geldwäsche sind Sie in Ihrem Statement ein wenig hinweggegangen. Ich meine damit die operative Ebene. Ihnen ist bekannt, dass zum Beispiel der Schleswig-Holsteinische Gemeindetag in einem Schreiben kurz vor der Sommerpause noch einmal sehr deutlich gemacht hat, dass man sich dort weder fachlich noch organisatorisch in der Lage sieht, die Kontrolle zu gewährleisten. Es gibt zu dieser Problematik sehr vie
le Artikel und Beiträge, in denen sich betroffene Menschen vor Ort in den Kommunen darüber äußern, wenn zum Beispiel Menschen, die vorher vor allem für das Standesamt zuständig waren, jetzt zusätzlich kriminelle Geldwäsche verhindern sollen. Das ist absurd.
Hier haben Sie als ehemalige Landesregierung und als Koalition gar nichts getan. Das wird Ihnen inzwischen aus der Fachwelt entgegengehalten.
- Ein paar Minuten noch, Sie sind gleich dran, Herr Kubicki. Das wird bestimmt ein interessanter Beitrag von Ihnen, aber ein paar Minuten lang habe ich noch das Wort.
Ich möchte noch ein paar Sätze zur EU-Notifizierung sagen. Es ist interessant zu beobachten, dass man nicht einmal eine Einigung darüber erzielen kann, ob die Gesetze von der EU notifiziert sind oder nicht. In der Debatte vom März fühlte sich jeder bestätigt, nachdem die EU dazu Stellung genommen hatte. Für uns steht fest, dass es sehr wohl so ist, dass die EU den Ländern massive Hausaufgaben auf den Weg gegeben hat. Diese gehören für uns mit zu dem Verfahren. Das hat der Innenminister in einer etwas anderen Ausprägung eben bereits gesagt. Dies kann jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass wir diesen Weg gehen müssen, denn sowohl die EU als auch Rechtsanwalt Martin Arendts sagten in einem Gutachten, dass die EU feststellt, dass wir in Deutschland ein einheitliches Regelungssystem brauchen.
Ihre Blockade im Zusammenhang mit dem Staatsvertrag der anderen Länder führt jedenfalls nicht dazu, dass wir ein einheitliches Regelungssystem schaffen. Genau deshalb müssen wir diesen Weg gehen. Es geht nicht nur um Solidarität mit den anderen Ländern. Es geht auch darum, ob wir insgesamt als Bundesrepublik unserer Verantwortung gerecht werden oder nur einseitig auf kurzfristige ökonomische Interessen schielen.
Herr Arp, zum Schluss möchte ich noch etwas zu Ihrem Antrag sagen. Wir haben den Initiativantrag im Zusammenhang mit der Kanzlei in unserer Frak
tion ernsthaft und ausgiebig diskutiert. Es gibt in unseren Reihen sehr starke Bedenken an dem Vorgehen, das will ich deutlich sagen. Wir glauben aber, dass Ihr Antrag daran nichts ändert. Zum einen wurde diese Kanzlei schon beauftragt, zum anderen sind wir noch nicht Teil des Staatsvertrags. Daher haben wir von außen gar nicht so viele Möglichkeiten, das, was schon beschlossen wurde, zu korrigieren. Wir werden Ihren Antrag daher ablehnen, weil er uns in der Sache nicht weiterführt. Dennoch ist der Punkt klar. Wir Grüne haben auch Bedenken. Wir glauben eher, dass es insgesamt nur sehr wenige Kanzleien gibt, die sich bundesweit mit dem Glücksspielrecht auseinandersetzen und dazu arbeiten. Dass man so automatisch in eine solche Situation kommen kann, ist nicht gut. Das ist nicht schön, aber das werden wir durch so einen Initiativantrag aus Ihren Reihen nicht ändern können.
Wir Grüne haben es uns in der Vergangenheit bei der Bewertung der Glücksspielgesetze nicht einfach gemacht. Das werden wir auch weiterhin nicht tun. Wir überlegen sehr genau, und wir wägen sehr genau ab, was für das eine und für das andere spricht. Wir glauben allerdings, und das ist keine Überraschung, dass diese Insellösung der Vorgängerkoalition es zum einen nicht einfacher gemacht hat, eine tragfähige Lösung zu finden. Zum anderen ist es aber nötiger geworden, eine Lösung zu finden. Ich bin sicher, dass wir gemeinsam in der Koalition und mit der Landesregierung diesen Weg gut und rechtssicher hinbekommen werden.
Vielen Dank, Herr Kollege. - Auf der Tribüne haben wir einen weiteren Gast. Ich begrüße Florian Zumkeller-Quast. Er ist Vorsitzender der Jungen Piraten in Deutschland. - Seien Sie uns allen herzlich willkommen im Kieler Landeshaus!
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben in der Vergangenheit bereits ausgiebig und sehr umfassend über die Frage diskutiert, wie der Glücksspielmarkt reguliert werden soll, wel
che Probleme, Voraussetzungen und Notwendigkeiten es gibt, und wir haben festgestellt, dass wir unterschiedliche Ansichten haben. Das ist auch gut so. Deshalb streiten wir ja auch.
Ich finde es richtig gut und bemerkenswert, wenn wir in der Sache streiten, uns mit Problemen beschäftigen und versuchen würden, sie in der einen oder anderen Form zu lösen. Ich bestreite der neuen Regierungskoalition nicht das Recht, einen anderen Weg einzuschlagen als den, den CDU und FDP für Schleswig-Holstein vorgesehen haben. Was ich jedoch bestreite, ist die Impertinenz und Unverfrorenheit, Herr Kollege Dr. Stegner, mit der Sie, statt sachlich zu argumentieren, ständig mit Beleidigungen und Unterstellungen arbeiten, die ihresgleichen suchen.
Ich komme gleich dazu. Glauben Sie etwa, dass die sozialdemokratisch geführte Regierung in Dänemark, die den Glücksspielmarkt ähnlich wie wir reguliert hat, der Geldwäsche und Prostitution Vorschub leistet? Ich könnte jetzt einmal ganz frech sagen: Mittlerweile weiß ich, dass zum Repertoire von Sozialdemokraten die Förderung der Prostitution gehört, wenn der Ministerpräsident aus Rheinland-Pfalz veranlasst, dass Spesenritter Geld überwiesen bekommen, damit sie in Bordelle gehen. Ich frage Sie: Ist der amtierende Ministerpräsident, Herr Albig, ein Förderer von Geldwäsche und Prostitution, der noch in seiner Eigenschaft als Oberbürgermeister der Landeshauptstadt Kiel alle Unternehmen aufgefordert hat, doch nach SchleswigHolstein zu kommen und sich dort anzusiedeln? Wollte er damit Geldwäsche und Prostitution fördern?
In der nächsten Woche findet auf der Kieler Förde ein Segelwettbewerb statt. Trimarane fahren hier. Es gibt Vereinbarungen zwischen der Landeshauptstadt Kiel, Oberbürgermeister Albig, und dem Sponsor Betfair, das zu organisieren. Hat er damit Geldwäsche und Prostitution gefördert? Wollte er das? Herr Dr. Stegner, hören Sie damit auf, so zu argumentieren! Oder aber Sie müssen sich den Satz von Gustav Heinemann zu eigen machen: Wer mit einem Finger auf andere zeigt, zeigt mit drei Fingern auf sich selbst.
Herr Ministerpräsident, ich erwarte von Ihnen hier auch ein Wort der Richtigstellung im parlamentarischen Bereich, dass Sie sich diese Anwürfe des Kollegen Stegner gegen Hans-Jörn Arp und mich als Person nicht zu eigen machen, oder wir werden
hier bunte Tage erleben. Ich sage Ihnen das allen Ernstes, weil ich nicht will, dass die neue politische Kultur, von der Sie gesprochen haben, damit einhergeht, dass alle diejenigen, die in dieser Frage anderer Auffassung sind als Herr Stegner, persönlich denunziert werden.
Herr Dr. Stegner, das Schlaue an Ihrer Argumentation ist, dass sie in sich selbst unlogisch und brüchig ist. Auf die Frage damals, warum Sie uns beschimpfen, während der Oberbürgermeister die Unternehmen einlädt, Arbeitsplätze zu schaffen, um Steuereinnahmen für Schleswig-Holstein zu generieren, um übrigens dazu beizutragen, dass wir in Schleswig-Holstein 80 Millionen € bekommen, davon 20 Millionen € für den Landessportverband – Sie müssen denen jetzt einmal erklären, warum das nicht mehr so sein soll, woher das jetzt kommen soll, haben Sie gesagt - ich bin fast vom Stuhl gefallen -, das sei etwas völlig anderes, denn als Oberbürgermeister von Kiel habe Albig die Aufgabe, für das Wohl der Stadt zu sorgen.