Herr Dr. Stegner, das Schlaue an Ihrer Argumentation ist, dass sie in sich selbst unlogisch und brüchig ist. Auf die Frage damals, warum Sie uns beschimpfen, während der Oberbürgermeister die Unternehmen einlädt, Arbeitsplätze zu schaffen, um Steuereinnahmen für Schleswig-Holstein zu generieren, um übrigens dazu beizutragen, dass wir in Schleswig-Holstein 80 Millionen € bekommen, davon 20 Millionen € für den Landessportverband – Sie müssen denen jetzt einmal erklären, warum das nicht mehr so sein soll, woher das jetzt kommen soll, haben Sie gesagt - ich bin fast vom Stuhl gefallen -, das sei etwas völlig anderes, denn als Oberbürgermeister von Kiel habe Albig die Aufgabe, für das Wohl der Stadt zu sorgen.
Soll ich das so verstehen, dass Unternehmen, von denen Sie sagen, das seien kriminelle Organisationen, zum Wohl der Stadt beitragen, wenn sie sich in Schleswig-Holstein ansiedeln? Soll ich das so verstehen, dass das Wohl der Stadt Kiel etwas anderes ist als das Wohl des Landes Schleswig-Holstein, das heißt, wenn es der Stadt Kiel gutgeht, geht es Schleswig-Holstein schlecht und umgekehrt?
Das zeigt, dass Sie in der Sache nicht argumentieren, sondern denunzieren wollen, weil es so schön war, im Wahlkampf Schwarz-Gelb damit zu denunzieren, anstatt sich mit den Fakten auseinanderzusetzen. Ich will die Grünen ausdrücklich ausnehmen, weil die Position - wir wissen das aus der Vergangenheit - durchaus differenzierter war.
Ich will mich gar nicht über die Frage streiten, ob der Glücksspielstaatsvertrag nun notifiziert ist oder nicht. Das Verfahren ist abgeschlossen, aber die erheblichen Bedenken, die die Europäische Kommission in einem Notifizierungsverfahren äußert, sollten Anlass dazu geben, nachzudenken und nachzubessern. Denn die Folge einer Umsetzung, ohne auf diese Bedenken Rücksicht zu nehmen, könnte ein Vertragsverletzungsverfahren werden. Ich möchte nicht im nächsten Jahr hier stehen und sagen: Hier saßen eine Reihe von herausragenden guten Persönlichkeiten, denen wir hier gesagt haben, wo die rechtlichen Probleme sind, und die darauf nicht hören wollten und uns dadurch einen
Schaden für unser Gemeinwesen in die Welt gesetzt haben, der kaum noch zu regulieren und wiedergutzumachen ist.
Noch einmal: Es fällt möglicherweise das staatliche Lottomonopol, wenn wir nicht aufpassen, dies mit einer vernünftigen Regulierung zu verteidigen. Ich sage das in aller Deutlichkeit. Es gibt in verschiedene Parteien Leute, die sagen: Lasst die doch auf diesem Weg weiterlaufen. Das Ergebnis wird anschließend ein völlig freier liberalisierter Markt ohne staatliches Lottomonopol sein. Das ist etwas, was wir in Schleswig-Holstein jedenfalls nicht wollen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich bin völlig ruhig, gelassen und relaxt, weil ich spannenderweise, Herr Innenminister, auch daran teilnehmen werde, wie das Land Schleswig-Holstein begründen will im Notifizierungsverfahren zur Aufhebung des Glücksspielgesetzes, wie Sie unter Geltung der Niederlassungs- und Verkehrsfreiheiten, der Dienstleistungsfreiheiten in Europa erklären wollen, warum ein Markt, der reguliert worden ist, in dem Anbieter zugelassen werden, nun wieder so gestaltet werden soll, dass keine Anbieter zugelassen werden, wie Sie also erklären, warum Online-Poker, jetzt gesetzlich möglich, künftig nicht mehr möglich sein soll. Diese Begründung wird sehr spannend. Und ob die akzeptiert werden wird, das schaue ich mir in aller Ruhe und Gelassenheit an. Denn eins kann ich sagen: Poker hat nicht das höchste Suchtpotenzial. Wenn das die Argumentation gewesen sein sollte, um zu sagen, wir brauchen hier einen Ausschluss, dann gute Reise.
Es geht noch viel weiter, Herr Innenminister. Auch das wissen Sie. Was passiert, wenn Ihnen die Europäische Kommission - was ich vermute -, wenn wir jetzt den Glücksspielstaatsvertrag bei uns in Kraft setzen wollen, auch noch eine Reihe von Fragen stellen wird, die Sie dann beantworten und bei denen wir weiter diskutieren müssen, beispielsweise warum bei Sportwetten nur 20 Lizenzen zu vergeben sind. Bei UMTS war es klar. Da war die Frequenzanzahl das Ausschlusskriterium. Sie können, wenn Sie kein anderes technisches Ausschlusskriterium haben, einen Markt doch nur so begrenzen, dass Sie Kriterien für jedermann schaffen. Wenn der die Kriterien erfüllt, dann hat er eine Zulassung zu erhalten. Sie können nicht einfach sagen: Nach 20 Wettlaufhunderennen ist Schluss, abgesehen davon, dass ich von Herrn Dr. Stegner auch gern einmal wissen wollte, welche 20 Unternehmen er denn für seriös genug hält, die Lizenzen jetzt unter dem Glücksspielstaatsvertrag zu erhalten. Nach seiner
Auffassung gibt es die ja überhaupt nicht. Aber wenigstens einen sollten Sie uns nennen, Herr Dr. Stegner, einen vielleicht, den Sie für seriös genug halten, dass er eine Lizenz erhalten sollte. Oder Sie sollten künftig zur Frage der Lizenzvergabe wirklich schweigen und nicht Personen und Unternehmen angreifen,
die in anderen Ländern residieren, die dort zugelassen sind, dort kontrolliert werden, die börsennotierte Aktiengesellschaften sind und mit Sicherheit mehr umsetzen, als Sie in Ihrem Leben jemals erreichen werden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich wünsche mir eine wirklich fundierte, ruhige und sachliche Debatte auch in den Ausschüssen und keine Polemik. Ich wünsche mir, dass wir alle sehr sorgfältig darauf achten, dass kein Schaden entsteht. Denn, Herr Stegner, es nützt überhaupt nichts, anschließend zu sagen: Ihr seid verantwortlich - den Schaden tragen dann die Menschen dieses Landes –, weil Einnahmen, die wir generieren könnten, oder Schadenersatzleistungen, die wir zahlen müssten, den Menschen hier im Land Schleswig-Holstein verlorengehen, etwas, das wir eigentlich nicht wollen können bei einem Land, das kurz vor der Haushaltskrise steht.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich habe auch kein Verständnis dafür, dass es hier eigentlich nur ein Geraune, eine ablehnende Haltung gibt, wenn ein Beamter des Landes Schleswig-Holsteins von einer Institution ausgezeichnet wird, bei der sich die Regulierungsbehörden der Länder - das sind öffentliche Einrichtungen, keine privaten -, hochrangige Juristen aus 38 Ländern und 32 Staaten der Vereinigten Staaten, zusammenfinden, um einen unserer Beamten in London auszuzeichnen. Wann haben wir so etwas schon einmal? Der letzte Preisträger vor einem Jahr war der Präsident der Regulierungsbehörde von Spanien. Dann zu sagen, es ist schlimm, es ist fürchterlich, ist so provinziell, kleinkariert und peinlich, dass es mir wirklich die Schuhe auszieht.
Ich weiß, wovon ich rede, weil die Verordnungsfragen, die unter dem Gesetz standen, eine ganz schwierige Materie waren. Ich bin auch ganz stolz darauf, dass die relativ kleinen Abteilungen des Innenministeriums - ich hätte das nie vermutet; ich musste meine Sicht vom Beamten ein bisschen rela
tivieren - in der Lage waren, eine komplexe Materie so vernünftig zu regeln, dass sie europaweit Anerkennung gefunden hat.
- Selbstverständlich. Holland, Spanien übernehmen die Regelungen aus Schleswig-Holstein! Die Regulierungsbehörden aus anderen Ländern versuchen, die Regelungen, die hier geschaffen worden sind, zu übernehmen. Wir müssen stolz darauf sein, selbst wenn wir anderer Auffassung sind, dass wir bei uns Beamte haben, die in der Lage sind, so etwas abzuarbeiten.
Ich habe schon gesagt, die Hessen sollten vielleicht darauf verzichten, mit unglaublich viel Geld eine teure Anwaltskanzlei zu beauftragen, sondern sich für zwei, drei, vier oder fünf Wochen unsere Beamten ausleihen. Dann wäre das Problem der Überprüfung aber geregelt. Das wäre preisgünstiger und
- ich sage es von hier aus - mit Sicherheit auch besser, als eine interessengeleitete Anwaltskanzlei, die bisher ihr Geld damit verdient hat, das genaue Gegenteil von dem zu tun, was Sie jetzt gerade machen wollen, mit mehr als 100.000 € auszustatten. Noch einmal: Wenn schon diesen Weg, bieten Sie doch schleswig-holsteinische Hilfe an bei der Umsetzung des Sportwettenstaatsvertrages. Dann ist uns viel geholfen. Ansonsten eine schöne Diskussion. - Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Dr. Stegner, man kann mit Fug und Recht das Zustandekommen des schleswig-holsteinischen Glücksspielrechts kritisieren. Das haben auch wir mit deutlichen Worten getan. Um den Anschein einer Einflussnahme zu vermeiden, haben wir, als ich mich diese Woche mit dem Geschäftsführer der schleswig-holsteinischen Spielbanken getroffen habe, das Gespräch aufgezeichnet. Es wird im Internet für jeden zum Nachhören bereitge
Auch ist es sicherlich richtig, dass eine bundeseinheitliche Vorgehensweise Sinn macht, gerade im Zeitalter des Internets, wobei wir natürlich auch innerhalb der EU über 20 Insellösungen, wenn Sie es so nennen wollen, haben. Dennoch kann das nicht Vorrang vor dem Inhalt der einheitlichen Lösung haben.
Der aktuelle Glücksspielstaatsvertrag ist für mich nicht akzeptabel, weil er fast eine totale Prohibition von allem Internet-Glücksspiel vorsieht, die einfach nicht durchsetzbar und kontraproduktiv ist. Sie zwingt nämlich Spieler im besten Fall zur Nutzung ausländischer Angebote, wo Rückerstattungsansprüche, Spielersperren oder die Bekämpfung von Geldwäsche durch deutsche Behörden nicht mehr möglich sind.
Außerdem bezweifele ich, ob der Staatsvertrag einer Überprüfung vor dem Europäischen Gerichtshof standhalten würde, unabhängig von der Frage, was die EU-Kommission da veranlassen wird.
Nachholbedarf besteht aus meiner Sicht aber gerade auch bei der Suchtprävention. Denn die Arten von Glücksspiel, die für die Spielsucht das größte Problem darstellen, werden vernachlässigt, nämlich Spielhallen und Spielautomaten. Da treten wir PIRATEN für eine Verlangsamung des Spiels ein, um Spielsucht entgegenzuwirken, aber auch um deren Einsatz zum Zwecke der Geldwäsche entgegenzuwirken.
Was wir für völlig kontraproduktiv halten, ist das Spielhallengesetz, das eine totale Videoüberwachung vorsieht. Videoüberwachung hilft weder gegen Spielsucht noch gegen Geldwäsche. Das ist der falsche Weg.
Ich kann dem Glücksspielstaatsvertrag deswegen nicht zustimmen. Was die Frage angeht, die wir hier diskutiert haben, den Anschein einer Einflussnahme der Lobby zu vermeiden, ist es natürlich gerade der falsche Weg, eine Anwaltskanzlei zur Vorbereitung hoheitlicher Aufgaben einzuschalten. Das ist eine hoheitliche Aufgabe, die vom Staat gemacht werden muss.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Betrachtet man die Diskussionen zu den glücksspielrechtlichen Vorschriften in der gesamten Bundesrepublik, so kann man feststellen, dass die Diskussion im Laufe der Zeit immer schräger geführt wurde. Am Anfang der Diskussionen stand die Frage, ob es überhaupt akzeptabel ist, dass der Staat Regelungen einführt, die zu einer verstärkten Spielsucht führen können. Ich nenne nur das Stichwort Monopolstellung des Staates und die Frage, ob man so etwas privatisieren und damit ausweiten kann.
Diese Diskussion wäre es eigentlich wert gewesen, vernünftig zu Ende geführt zu werden. Stattdessen hat aber die alte Landesregierung den Interessen der Glücksspiellobby dienen wollen
und natürlich auch die Einnahmen des Landes durch die Liberalisierung des Glücksspiels steigern wollen. Hierfür ging die damalige schwarz-gelbe Landesregierung sogar den Weg in die Einbahnstraße und klinkte sich aus dem gemeinsamen Staatsvertrag aus. Damit wandelte sich die Diskussion weg von der Suchtprävention in eine Finanzdiskussion, und dies führte dazu, dass man in den anderen Bundesländern den Staatsvertrag änderte und somit auf den damaligen schleswig-holsteinischen Weg einschwenkte. Das Ganze sollte ein Kompromiss werden, aber auch dieser Kompromiss wurde damals von Schwarz-Gelb abgelehnt. Der Effekt ist, dass wir nach unserer Auffassung jetzt einen schlechteren Staatsvertrag haben, als er ursprünglich einmal angedacht war. Auch das muss man hier sagen.
Wenn wir also heute über den Staatsvertrag reden, dann reden wir auch über einen Staatsvertrag, der mehr zulässt, als in der Vergangenheit möglich war. Das an sich ist schon für uns das maximale Entgegenkommen, und deshalb ist es auch klar, dass die einseitigen Landesregelungen so schnell wie möglich weg müssen. Es ist nämlich nicht staatliche Aufgabe, mehr Süchtige zuzulassen, um Geld zu verdienen,
sondern es ist staatliche Aufgabe, Sucht zu verhindern, lieber Kollege Arp. Wir alle wissen, dass die Liberalisierung des Glücksspiels dazu führt, dass legal und damit in wesentlich größerem Umfang für Glücksspiel geworben wird. Wo mehr geworben wird, gibt es mehr Spieler, und wo es mehr Spieler gibt, gibt es auch mehr Süchtige.
Für den SSW hat es daher allerhöchste Priorität, Spielsucht zu verhindern. Deswegen muss das Glücksspielgesetz der alten Regierung so schnell wie möglich weg.