Protocol of the Session on May 16, 2014

Wir danken an dieser Stelle unseren westfriesischen Freunden von der FNP für die Unterstützung und für die konstruktive Zusammenarbeit in dieser Sache. Ich danke auch unserer Europaministerin. Sie hat diese Aktion mit unterstützt und begleitet. Tusind tak, Anke.

(Beifall SSW und vereinzelt SPD)

Die EU muss ihre künftige Rolle definieren. Rund 500 Millionen wahlberechtigte EU-Bürgerinnen und -bürger entscheiden darüber, wer künftig den Kurs der EU bestimmt. Die EU ist gerade dabei, die tiefste Wirtschaftskrise seit den 1930er-Jahren zu überwinden. Unser interfraktioneller Antrag zeigt, dass es bei der EU nicht nur um Zahlen geht. Jetzt

(Angelika Beer)

ist die Zeit für eine politische und gesellschaftliche Debatte darüber, welche Fragen wir - die Europäer - gemeinsam entscheiden wollen und wie der vereinbarte, festverankerte gemeinsame Zweck der EU fortgesetzt wird.

Wir vom SSW wünschen uns in Zukunft ein soziales Europa, in dem nicht nur der Markt regiert, sondern in dem der Sozialstaatsgedanke eine tragende Säule der europäischen Zusammenarbeit ist. Dies ist bisher nicht der Fall. Wir lehnen Sozialdumping und ein Wettrennen um die niedrigsten Sozialstandards ab. Wir wünschen uns eine Union, die künftig weniger soziale Kälte beinhaltet und sich endlich damit beschäftigt, was es heißt, auch eine soziale Staatengemeinschaft zu sein.

(Beifall SSW, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt SPD)

Ich richte mich jetzt an die Tribüne: Gehen Sie zur Wahl, nehmen Sie teil, mischen Sie mit! Jede Stimme ist ein Gewinn. Ja, wir sind Europa. Vielleicht sollten wir aber an dieser Stelle etwas differenzieren und sagen: Wir sind nur ein Teil Europas, genauso übrigens wie die vielen anderen Europäer auch, die in Norwegen, auf Grönland oder auf den Färöern leben.

Nun zum Bericht. Im vorliegenden Bericht wird ein Schwerpunkt ganz unmissverständlich klar: die Zusammenarbeit mit Dänemark. Diese Zusammenarbeit deckt nahezu alle Lebensbereiche ab. Mehr noch, die Kooperation erstreckt sich nicht nur über das Gebiet von Syddanmark, wie es über viele Jahre zu einer gewissen Tradition geworden ist, sondern nun auch in Richtung Lolland-Falster und Sjaelland. So sieht eine echte, lebendige Kooperation zwischen Schleswig-Holstein und Dänemark aus. Es geht also voran. Das ist aus Sicht des SSW nur begrüßenswert.

Auch im Ostseebereich ist die internationale Zusammenarbeit vom Land wieder auf einem hohen Niveau unterwegs. Ganz besonders erfreulich ist es, dass es nach längerer Durststrecke gelungen ist, für die Kieler Woche 2014 eine Veranstaltung in Kooperation mit unserem Ostseejugendsekretariat auf die Beine zu stellen. Die Liste der vielen Kooperationen für Jugendliche und junge Erwachsene des Ostseeraums ist lang. Da werden etwa Konferenzen zum Thema Ehrenamt, Sport, Bildung oder zum Umgang mit Medien abgehalten.

Jetzt muss tatkräftig daran gearbeitet werden, dieses Niveau auch in Zukunft halten zu können. Große Herausforderungen werden auch im Bericht dargestellt wie etwa die Finanzierung für das Ostseeju

gendsekretariat. Ich versichere Ihnen, ich werde das wieder mit nach Kaliningrad nehmen; denn dort haben wir mit unseren anderen Kooperationspartnern auch im letzten Jahr gut verhandelt. Ich bin zuversichtlich, dass wir eine nachhaltige Finanzierung für das Jugendostseesekretariat finden werden.

(Beifall SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Denn das Jugendostseesekretariat zeigt uns, dass die Zusammenarbeit der jungen Menschen in der südlichen Ostsee von ganz großer Bedeutung ist. Es zeigt, wie wir Demokratie leben und wie die jungen Menschen in der südlichen Ostsee Demokratie irgendwann einmal leben können. Der Kampf für das Jugendostseesekretariat lohnt sich also. Ich werde auch weiter dafür kämpfen.

Die Nordseekooperation hinkt wie auch in der Vergangenheit etwas hinterher. Der Wille vonseiten der Nordseekommission, die Zusammenarbeit voranzubringen, ist da. Der Wille vonseiten der Ministerin ist auch da. Doch die allgemeine politische Durchschlagskraft könnte aus Sicht des SSW im Landtag noch ausgeweitet werden. Die Einsicht in die Attraktivität des Nordseeraums hat noch nicht alle Gebietsstaaten erreicht. An der Landesregierung ist es, in diesem Fall am Ball zu bleiben; denn schließlich sind wir das Land zwischen den Meeren und nicht das Land am Meer. Vielleicht sollte man im Zusammenhang mit der Nordseekooperation einmal in neue Richtungen denken. Die kulturelle Zusammenarbeit mit Dänemark funktioniert gut. Vielleicht könnte man einmal überlegen, sie auf ein anderes Mitglied der Nordseeregion auszuweiten.

Der Bericht zeigt, die bilaterale Zusammenarbeit Schleswig-Holsteins funktioniert, sie funktioniert sogar sehr gut. Sie ist das Ergebnis jahrzehntelanger Vorarbeit. Diese umfassenden Ziele zeigen doch, dass wir schon längst in einem gelebten Europa der Regionen leben. Daran sollten wir auch in Zukunft festhalten; denn schließlich ist eine Kooperation mit Dänemark nicht weniger europäisch als eine Zusammenarbeit mit Frankreich.

Ja, wir brauchen die enge internationale Zusammenarbeit aller europäischen Staaten und Regionen, wozu natürlich auch Schleswig-Holstein gehört. Was wir nicht brauchen, ist ein Modell im Sinne von Vereinigten Staaten von Europa. Die größte Herausforderung für die kommenden Jahre zeichnet sich schon jetzt ab, nämlich dass die Bevölkerung sowie die nationalen Parlamente in die Entscheidungsprozesse weiter aktiv einbezogen

(Jette Waldinger-Thiering)

werden. Nur so kann die Attraktivität der Europäischen Union weiterentwickelt werden.

Ich möchte noch einmal auf die Stellen in unserem Hanse-Office zurückkommen. Wenn immer wieder hinterfragt wird, wieso die Stellen nicht besetzt sind, und gefordert wird, die Landesregierung hätte viel mehr europapolitische Themen setzen können, müsste das auch eine Aufforderung sein. Ich möchte den Ball zurückspielen und sagen: Ein Arbeitsplatz im Hanse-Office, eine Tätigkeit dort, müsste karrierefördernd sein. Europa sind wir. Das möchte ich mit auf den Weg geben.

Ich möchte auch noch einmal sagen: Wir haben zum Beispiel die Aktion im Ostseeraum, das Blaue Wachstum, das Maritime Cluster - der Wirtschaftsminister ist nicht da - und vieles mehr. Ich meine, diese Landesregierung hat die Ostseekooperation wirklich vorangetrieben. Darauf bin ich stolz.

(Beifall SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank. - Für die CDU-Fraktion hat die Abgeordnete Astrid Damerow das Wort. Frau Kollegin, Sie haben noch 9 Minuten. Diese Zeit ist von Ihrem Zeitkontingent übriggeblieben.

(Zuruf Klaus Schlie [CDU]: Das muss nicht ausgeschöpft werden!)

Verehrte Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir haben es heute schon mehrfach gehört: Am 25. Mai 2014 findet die Europawahl statt. Müssen wir befürchten, dass am Ende keiner hingeht? Die Erfahrungen des laufenden Wahlkampfs, die Berichterstattung - im Übrigen auch heute in den „Kieler Nachrichten“ zu lesen - und unsere eigenen Erfahrungen lassen uns dies befürchten. Eine am Mittwoch von der Zeitschrift „Cicero“ veröffentlichte Umfrage unterstreicht diese Aussage: 57 % der 2.000 Befragten würden sich in einem Referendum zwar für den Verbleib Deutschlands in der EU aussprechen, aber nur 20 % interessieren sich überhaupt für den Ausgang der Europawahl. 57 % für die EU - das ist schon nicht überwältigend aber 20 % Interesse an der Wahl - das ist verheerend.

In den letzten fünf Jahren wurde die Europäische Union sehr wohl wahrgenommen und durchaus auch viel diskutiert. Leider jedoch - auch das wurde heute bereits angesprochen - reduzierte sich dies

meist auf zwei Gleichungen: Europa gleich Krise und Europa gleich Bürokratie und Bevormundung. Argumente für diese Gleichungen lassen sich stets schnell finden.

Es stimmt, die Stabilität der Eurozone ist noch immer gefährdet. In den Mitgliedsstaaten fehlen Wirtschaftswachstum und daraus folgend Beschäftigung. Die Ursachen dafür sind vielfältig. Die europäischen Staaten haben in der Vergangenheit hart gerungen, um diese Krise zu bewältigen. Sie sind immer noch dabei. Es gibt erste positive Anzeichen dafür, dass dieser Weg richtig war, auch wenn es noch immer großer Anstrengungen aller Staaten bedarf, um hohe Arbeitslosigkeit und soziale Ungleichgewichte zu beseitigen.

Die andere Gleichung, Europa gleich Bürokratie und Bevormundung, begegnet uns genauso häufig. Natürlich ist es richtig, dass der Amtsschimmel in Brüssel manchmal sehr laut wiehert und sich um Dinge kümmert, die vor Ort genauso gut oder besser erledigt werden könnten. Das muss sicherlich anders werden. Hier ist noch viel zu tun. Das Prinzip der Subsidiarität muss in der Tat noch wesentlich stärker mit Leben gefüllt werden.

Aber, meine Damen und Herren, auch wir können und müssen im Bundestag und in den Landtagen noch mehr tun. Wir müssen uns abgewöhnen, EURegelungen mit immer weiteren Vorschriften zu befrachten. Nicht alles, was von der EU kommt und hier beklagt und kritisiert wird, ist die reine Lehre der EU, sondern sehr häufig packen wir als Parlamentarier noch die eine oder andere Vorschrift obendrauf. Ich nenne hier nur das ganz aktuelle Beispiel der fliegenden Bauten. Ich denke, hier müssen wir uns ab und an einmal auch an die eigene Nase fassen.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, bei all den Problembetrachtungen vergessen wir allerdings leider häufig, genauso temperamentvoll und genauso intensiv die positiven Errungenschaften der Union zu erwähnen, einfach weil sie - hiervon nehme ich mich gar nicht aus - für uns selbstverständlich geworden sind: Grenzübertritte ohne Ausweise und Zollkontrollen; eine einheitliche Währung, die gerade für die Exportnation Deutschland große Vorteile bringt; unsere Kinder können problemlos im europäischen Ausland studieren und erhalten dafür sogar eine Förderung; Arbeitskräfte pendeln zwischen den Mitgliedsstaaten - gerade wir im grenznahen Raum zwischen Deutschland und Dänemark erleben das tagtäglich -; wir haben gemeinsame Umwelt- und Verbraucherstandards und - das muss man wirklich immer wieder betonen, auch wenn es

(Jette Waldinger-Thiering)

sehr häufig gesagt wird, aber es ist eben keine Selbstverständlichkeit - ohne unsere Verankerung in der Europäischen Union keine friedliche Wiedervereinigung Deutschlands und auch nicht fast 70 Jahre dauernden Frieden. Europa, meine Damen und Herren, ist eben mehr als Krise, Bürokratie, Bevormundung oder Förderpolitik.

(Beifall CDU und Birgit Herdejürgen [SPD])

Natürlich müssen wir auch Lösungen für die Probleme von heute finden, seien es Klimawandel, Energiebedarf, die Rechte der Minderheiten in unseren Mitgliedsstaaten, der Umgang mit den zunehmenden Flüchtlingsströmen in die EU hinein und auch innerhalb der EU, die weitere Harmonisierung des Binnenmarktes oder auch die Inhalte des aktuell diskutierten Freihandelsabkommens. Wie schaffen wir es, innerhalb der EU die Lebensbedingungen anzugleichen? Wie sieht eine erfolgreiche europäische Außenpolitik in Zukunft aus?

Wir stehen vor großen Herausforderungen nach innen wie nach außen. Kein Staat der Europäischen Gemeinschaft wird diese Fragen für sich allein beantworten können. Nur gemeinsam und solidarisch können wir uns gegenüber diesen Herausforderungen bewähren.

Deshalb dürfen wir es auch nicht zulassen - das finde ich jetzt ganz wichtig, und ich freue mich, dass so viele junge Leute hier sind -, dass verantwortungslose populistische Zeitgenossen und Nörgler mit teils fragwürdigem Demokratieverständnis alles bisher Erreichte durch antieuropäische und vor allem radikal-nationalistische Kraftmeierei gefährden.

(Beifall CDU, PIRATEN und vereinzelt SPD)

An dieser Stelle will ich einschieben: Ich bedanke mich ausdrücklich bei allen Kollegen, dass wir es geschafft haben, im Landtag einen gemeinsamen Antrag anlässlich der Europawahl zustande zu bekommen. Das ist ja nun nicht immer ganz einfach. Die vergangenen Tage haben gezeigt, dass es hier auch sehr hoch hergeht. Umso wertvoller, denke ich, ist dieser gemeinsame Wahlaufruf, den wir heute auf den Weg bringen.

(Beifall CDU, vereinzelt SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und PIRATEN)

Die europäische Idee, verehrte Kolleginnen und Kollegen und auch liebe Zuhörer, mag nicht mehr leicht zu vermitteln sein, wenn sie ausschließlich an die Gründungsmotive der Gemeinschaft anknüpft. Doch die aktuelle Situation in der Ukraine zeigt uns

sehr deutlich, dass das friedvolle Zusammenleben der Staaten und Völker in Europa eben keine Selbstverständlichkeit ist. Die Europäische Union ist keineswegs perfekt. Das haben wir in den letzten Jahren erfahren und gelernt, das erleben wir tagtäglich. Aber über allem, denke ich, dürfen wir wirklich nicht vergessen: Uns einen gemeinsame Werte und Prinzipien. Sie sind der Garant dafür, dass wir ein Leben in Freiheit, Frieden und Demokratie führen können.

(Beifall CDU)

Nun müssen wir aber auch die Chancen nutzen, die notwendigen Änderungen und Verbesserungen durchzuführen. Das Europäische Parlament ist heute ein einflussreicher und entscheidender Akteur. Das Europäische Parlament ist Ausdruck der parlamentarischen Demokratie und im Übrigen das einzige direkt gewählte Organ in der Europäischen Union. Deshalb ist es wichtig, durch die Wahlbeteiligung dieses Parlament weiter zu stärken.

Schauen Sie sich die Inhalte und Wahlprogramme der einzelnen Parteien an. Einiges ist hier heute dargestellt worden. Ich verzichte für meine Partei darauf. Der Wahlkampf läuft. Das ist wichtig und richtig, und dieser Diskurs gehört dazu. Aber über allem vergessen Sie nicht: Bitte nutzen Sie Ihr Recht zur freien, geheimen und unabhängigen Wahl, die ja nun wirklich nicht selbstverständlich ist, stärken Sie mit Ihrer Stimme das Europäische Parlament und damit Europa, und nutzen Sie den Einfluss, den Sie damit haben. - Ich danke Ihnen.

(Beifall CDU, SPD und vereinzelt BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort für die Fraktion der PIRATEN hat der Herr Abgeordnete Sven Krumbeck.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte mich im Namen der Piratenfraktion für unsere fehlinterpretierbare Aussage aus unserem Debattenbeitrag entschuldigen. Es geht uns nicht darum, zu zeigen, wer der bessere Mensch, der bessere Demokrat, die empirischere Fraktion in Minderheitenangelegenheiten ist. Es war nicht unser Interesse, hier jemanden bloßzustellen. Wir sind uns bewusst, dass es im Ältestenrat abgesprochene Verfahren gibt, und es war nicht unsere Absicht, diese zu missachten. Wir werden das nächste Mal anders verfahren. Deswegen Entschul

(Astrid Damerow)

digung! Es wird hoffentlich nicht wieder vorkommen. - Vielen Dank.

(Beifall PIRATEN, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)