Die europäische Integration ist die einzige wirksame Antwort der europäischen Staaten auf den Prozess der Globalisierung. Nur gemeinsam wird man heute noch in der Welt gehört, kann mitreden und auf der Weltbühne mitbestimmen. Einzeln für sich genommen werden selbst die größeren europäischen Staaten zum Spielball einer Politik, die dann andere bestimmen. Das ist aus meiner Sicht das zentrale Argument, auch mit der Vertiefung der Europäischen Union, der Stärkung der Integration weiterzugehen und etwa eine Gemeinsame Außenund Sicherheitspolitik der europäischen Staaten wirkungsvoller zu gestalten, als wir das zuletzt in der Ukraine-Krise - bis zum heutigen Tag - erlebt haben. Da gibt es Defizite in der Europapolitik, an denen alle Mitgliedsländer und auch das Europäi
Wir werden den Menschen draußen im Land nicht sagen können, dass dieses Europa schon perfekt ist. Wir haben es nach wie vor in vielen Punkten zu verbessern.
Das setzt voraus, dass man dann auch in den wichtigen Handlungsfeldern die gemeinsamen Interessen kraftvoller und entschlossener gemeinsam verfolgt, als das bislang der Fall gewesen ist.
Die Landtagsdebatte gestern hat eigentlich ein Paradebeispiel dafür geliefert. Wir haben über Datenschutz gesprochen. Nur gemeinsam werden die europäischen Staaten im Bereich des Datenschutzes, der Sicherung der informationellen Selbstbestimmung ihrer Bürger, so weiterkommen, dass wir uns gegenüber denen, die von außen dieses Europa und seine Bürger - einschließlich der Regierungen und der Regierungsspitzen der Europäischen Union - ausspähen und belauschen, besser schützen können. Dazu gehört eben auch die Entwicklung einer Datenschutztechnik, einer Datenschutzinfrastruktur und eines Datenschutzrechts in der Europäischen Union, das beispielgebend ist und mit dem wir die Bürger des gemeinsamen Europa eben auch schützen und ihre Bürgerrechte und ihre Freiheit besser sichern.
Auf dieses Ziel gilt es, die Ressourcen der Europäischen Union in den nächsten Jahren - bis hin zur Entwicklung und Erforschung neuer Technologien zu konzentrieren.
Deutschland profitiert von allen Mitgliedsländern der Europäischen Union am meisten von der Integration Europas.
Wir sind ein Exportland. Unser Wohlstand basiert auf der Ausfuhr von Gütern und Dienstleistungen. 70 % dieser Ausfuhren gehen in den europäischen Wirtschaftsraum. Die Überwindung der Zollschranken und die Entwicklung des gemeinsamen Binnenmarktes sind also gerade für Deutschland von ganz zentraler Bedeutung. Das ist die Jobmaschine, die Arbeit, Beschäftigung und Wohlstand in diesem Land sichert - auch in Schleswig-Holstein.
Deshalb muss man feststellen: Wer dieses Europa infrage stellt, der setzt auch Hunderttausende deutscher Arbeitsplätze aufs Spiel.
Eine Anmerkung zum Thema europäische Solidarität: Ja, wir brauchen sie, und sie wird auch praktiziert. Unser Land, Deutschland, ist der größte Nettozahler, der als der wirtschaftlich stärkste Mitgliedsstaat die größten Mitgliedsbeiträge zum Haushalt der Europäischen Union leistet. Wenn man dazunimmt, welche Garantien und potenziellen Risiken wir im Zusammenhang mit der Bewältigung der Euro-Krise als wirtschaftlich starkes Mitgliedsland auf uns genommen haben, beweist das, dass wir in hohem Maße europäische Solidarität praktizieren. Aber diese Solidarität kann nicht bedeuten, dass deutsche Steuerzahler dauerhaft die Defizite europäischer Nachbarstaaten mitfinanzieren.
Es kommt also darauf an, auch die Maßnahmen, die zur Bewältigung der Euro-Krise getroffen worden sind, zwar in der Höhe, aber auch zeitlich begrenzt durchzuführen. Wir sehen ja die Erfolge, dass inzwischen Mitgliedstaaten wie Irland oder Portugal auch in der Lage sind, auf bestimmte europäische Sicherungen zu verzichten.
Da unterscheiden wir uns beispielsweise von Sozialdemokraten und Grünen im Europäischen Parlament. Wir wollen keine Vergemeinschaftung der Verschuldungspolitik. Erstens würde das dazu führen, dass in Deutschland die Schuldzinsen für den Staat kräftig in die Höhe schießen würden. Wir wären dann nicht mehr in der Lage wie bisher, Leistungen nicht nur in unserem Land, sondern auch im Rahmen der Europapolitik mitzufinanzieren. Zweitens würde es in Europa den Weg zu immer höheren Schuldenbergen erleichtern. Wir halten das für einen Irrweg.
Irgendwann steht man vor einem gewaltigen Schuldenberg und kommt nicht mehr weiter. Auch in diesem Punkt gibt es in der Europapolitik in einer zentralen Frage zwischen uns und anderen politischen Kräften, etwa den Sozialdemokraten, einen ganz
wesentlichen Unterschied. Man darf nicht davon ausgehen, weil wir alle für die europäische Integration sind, dass wir auch in jedem einzelnen Punkt einer Meinung sind. Es muss gerade auch in der Europapolitik darum gehen, dass wir uns hier und auch auf einer anderen Bühne - wo auch immer über den richtigen Weg streiten.
Eine Anmerkung zum Freihandelsabkommen, weil der Kollege Voß davon gesprochen hat. Herr Kollege Voß, wir sind ganz einer Meinung, wir haben vor einiger Zeit ja auch schon einmal über dieses Thema im Landtag diskutiert, dass bei den Verhandlungen die Transparenz fehlt und wir darauf bestehen, dass europäische Standards, etwa beim Verbraucherschutz, beim Gesundheitsschutz und bei Umweltfragen, gesichert bleiben.
- Lassen Sie mich diesen einen Gedankengang bitte noch zu Ende führen. Dann können Sie eine Zwischenfrage stellen.
Wir sind dafür, dass erstens die Transparenz gewährleistet wird, die bisher bei den Verhandlungen zwischen der Kommission und der USA nicht besteht, und dass wir zweitens klar sagen, ein solches Abkommen kann es nur dann geben, wenn auch die europäischen Standards in den genannten Bereichen erhalten bleiben.
Einen Satz bitte noch. - Das heißt dann natürlich aber auch, dass es beispielsweise etwas seltsam erscheint, wenn etwa der Bundeswirtschaftsminister, Herr Gabriel, gerade kürzlich mit Kanada ein Freihandelsabkommen unterzeichnet hat,
in dem dieselben Regelungen zur Schiedsgerichtsbarkeit vereinbart worden sind, die die Sozialdemokraten und auch Herr Gabriel in punkto Freihandelsabkommen mit den USA ablehnen. Das ist eine nicht ganz konsequente Haltung.
Vielen Dank, Herr Kollege. - Ich teile auch Ihre Kritik. Wir Grüne tun das in Bezug auf das Agieren des Bundeswirtschaftsministers. Davon aber einmal abgesehen, nehme ich auch sehr wohlwollend zur Kenntnis, dass sich Ihre Landtagsfraktion in diesem Punkt scheinbar auch wieder anders aufstellt und positioniert als es Ihre Mitglieder im Europäischen Parlament tun. Denn ich bitte Sie zur Kenntnis zu nehmen, dass Ihre schleswig-holsteinische Europaabgeordnete, Britta Reimers, mit der ich schon das Vergnügen hatte, auf zwei, drei Podien des Europawahlkampfes zu sitzen, immer diejenige war und ist, die das geplante Freihandelsabkommen am härtesten verteidigt. Zum Thema Transparenz hat sie am Montag Abend bei einer Veranstaltung im Audimax der FH Lübeck sogar behauptet, alle Dokumente stünden transparent zur Verfügung und es gebe überhaupt keinen Nachbesserungsbedarf. Ich freue mich, dass Sie es als Landtagsfraktion anders sehen als Ihre Europakandidaten. Ich bitte Sie aber zur Kenntnis zu nehmen, dass Ihre Kandidaten, für die Sie Wahlkampf machen, dort eine andere Position vertritt, als Sie sie gerade vorgetragen haben.
Herr Kollege Andresen, ich nehme das einmal zur Kenntnis. Haben Sie bitte Verständnis dafür, dass ich erst einmal mit der Kollegin Reimers über diese Veranstaltung und die Behauptung sprechen werde. In der Vergangenheit haben wir allzu oft erlebt, dass es sich hinterher bestenfalls als eine Halbwahrheit herausgestellt hat.
Die FDP ist natürlich grundsätzlich für den Abschluss eines Freihandelsabkommens, allerdings unter den genannten Bedingungen. Das hat im Übrigen auch unser Spitzenkandidat, Alexander Graf Lambsdorff, auf dem Bundesparteitag der FDP in Dresden bekräftigt. Die Liberalen werden im Europaparlament einem Freihandelsabkommen nicht zustimmen, wenn dort nicht die genannten Forderungen, also die Einhaltung europäischer Normen bei
Verbraucherschutz, Gesundheitsschutz und Umweltfragen, berücksichtigt werden. Es ist unsere Position, und dabei bleiben wir.
Herr Kollege Klug, ich habe eine Nachfrage. Habe ich es richtig verstanden, dass Sie Investitionsschutzstillhalteabkommen mit der Schiedsgerichtsbarkeit auch bei Handelsabkommen zwischen der EU und den USA für notwendig halten, also zwischen Staaten, die eine eigene gute Gerichtsbarkeit haben?
- Sie haben mich nicht verstanden. Ich habe gesagt, ich finde es etwas seltsam, dass der Bundeswirtschaftsminister solche Vereinbarungen mit Kanada gerade unterzeichnet hat, die er - Sie sind zu 100 % identisch mit den Regelungen zur Schiedsgerichtsbarkeit - gleichzeitig beim Freihandelsabkommen mit den USA ablehnt. Das ist eine etwas seltsame Geschichte, die Kanadier anders zu sehen als die Nordamerikaner in den Vereinigten Staaten. Nur das habe ich kritisiert.