Protocol of the Session on May 15, 2014

Eine Vernachlässigung der Infrastruktur lässt das bereits heute bestehende versteckte strukturelle Defizit in diesem Bereich weiter wachsen, was zukünftige Generationen stark belasten wird.

Meine Damen und Herren, ich denke, wir sind uns einig darin, dass wir mehr Mittel für die Infrastruktur bereitstellen müssen und dass diese Notwendigkeit einfach nicht von der Hand zu weisen ist. Ob dies Mittel aus dem Länderfinanzausgleich sein werden, ist aus unserer Sicht noch diskussionsbedürftig. Wir möchten daher den Antrag der Kollegen von der FDP und den Antrag der Regierungsfraktionen zur Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen gern an den Ausschuss überweisen. - Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall PIRATEN)

Vielen Dank. - Für die Kolleginnen und Kollegen des SSW hat Herr Abgeordneter Lars Harms das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir diskutieren heute über zwei Dinge:

Erstens. Was geschieht mit Finanzmitteln, die zusätzlich über den Finanzausgleich die Haushaltslage verbessern könnten? Zweitens. Wie handhaben wir einen zukünftigen Schuldenabbau?

Betrachten wir einmal die erste Fragestellung nach dem Länderfinanzausgleich: Wir können feststellen, dass diese Zahlungen genauso wenig zweckgebunden sind wie allgemeine Steuereinnahmen. Deshalb lassen sich die Zahlungen aus dem Finanzausgleich bei den Ausgaben auch nicht bestimmten Haushaltstiteln zuordnen. Die FDP will das nun ändern und die Ausgabeermächtigung für diese Mittel quasi auf Investitionen beschränken.

Ich glaube nicht, dass eine solche Bindung sinnvoll ist, da sich das Parlament politischen Gestaltungsspielraum verbaut. Ich habe da ein anderes Parlamentsverständnis als die FDP. Wir sind dafür gewählt zu entscheiden, wie mit Einnahmen und Ausgaben umgegangen werden soll. Da sollte es so wenig Beschränkungen wie möglich geben.

Aber selbst wenn man die Bindung an Investitionen gesetzlich festschreiben wollte, würde dies in der Sache nichts ändern. Wir investieren jetzt schon ein Mehrfaches dessen, was uns der Finanzausgleich bringt. Insofern erfüllen wir rechnerisch schon jetzt das, was die FDP mit ihrem Antrag erreichen will. Der Antrag bringt uns also nicht weiter.

Da ist es sinnvoller, sich damit zu befassen, wie die Finanzbeziehungen zwischen dem Bund und den Ländern in Zukunft gestaltet werden. Hier gibt es sicherlich viel mehr Möglichkeiten, Gelder für Investitionen freizuschaufeln, zumal man nicht weiß, ob man immer Zahlungen aus dem Länderfinanzausgleich bekommen wird. Diese können - wie in der Vergangenheit - auch einmal geringer ausfallen oder wegfallen. Sollen wir dann Investitionen einstellen? - Doch wohl hoffentlich nicht.

Mit unserem Antrag zu den Bund-Länder-Finanzbeziehungen gehen wir deshalb den richtigen Weg. Wir müssen nämlich eine Diskussion über die Vergrößerung der finanziellen Spielräume führen. Hier muss die Diskussion möglichst schnell angestoßen werden, damit sich in naher Zukunft wirklich etwas ändern kann. Nur dann haben wir die Chance, die Investitionsquote nachhaltig verbessern zu können.

(Torge Schmidt)

Der zweite Teil der Frage, die ich zu Anfang angeführt habe, betrifft die andere Seite der Medaille, nämlich die Schulden. Wenn wir die Schulden in den Griff bekommen, dann können wir uns finanzielle Spielräume erarbeiten. Zu meinen, dass dies allein und womöglich blitzschnell geht, ist allerdings weltfremd. Natürlich müssen wir darauf achten, dass wir als Land handlungsfähig bleiben und unsere staatlichen Aufgaben nicht vernachlässigen. Hierzu zählen der soziale Zusammenhalt, der Ausbau der Kultur, die Pflege der Infrastruktur, die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit und vieles mehr. Deshalb ist es illusorisch, dass wir die Schulden allein in den Griff bekommen können. Was wir für Länder und Kommunen brauchen, ist ein Altschuldentilgungsfonds unter Beteiligung des Bundes. Mit Beteiligung des Bundes meine ich auch eine finanzielle Beteiligung.

Die Mittel aus dem Solidarpakt könnten sehr gut für einen Altschuldentilgungsfonds genutzt werden. Ein solcher Altschuldentilgungsfonds ist die Voraussetzung dafür, dass es realistisch ist, dem Schuldenproblem Herr werden zu können.

Sollten wir es schaffen, dass ein solcher Altschuldentilgungsfonds eingerichtet und regelmäßig mit Mitteln außerhalb der Haushalte der Länder und Kommunen gespeist wird, so haben wir die Möglichkeit, realistisch zu planen, wie die Schulden abgebaut werden können. Ein Tilgungsplan, der über mehrere Jahrzehnte reichen wird, kann deshalb nur aufgestellt werden, wenn man die Rahmenbedingungen für diese Schuldentilgung kennt.

In dem Moment, in dem wir mithilfe eines Altschuldentilgungsfonds in die Tilgung der Schulden einsteigen, verbessert sich finanzielle Spielraum bei uns und in den Kommunen nachhaltig. Genau das muss das Ziel sein. Deshalb bin ich froh, dass wir hier einen fraktionsübergreifenden Antrag auf den Weg bringen. Am Ende sollte klar sein, dass ein Altschuldentilgungsfonds nachhaltig zum Schuldenabbau beitragen kann. Das muss unser gemeinsames politisches Ziel sein, nämlich dass wir die Bundesebene von einer solchen Maßnahme überzeugen. - Vielen Dank.

(Beifall SSW und vereinzelt SPD)

Vielen Dank. Zu einem Dreiminutenbeitrag erteile ich Herrn Abgeordneten Dr. Garg das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nach dem Beitrag, den der Kollege Harms eben geleistet hat, wünsche ich mir, dass ihn viele Kolleginnen und Kollegen von uns aus Hessen oder aus Bayern verfolgt haben. Herr Kollege Harms, Sie haben dokumentiert: Mit dem Geld, das andere erwirtschaften, können Sie sehr großzügig umgehen. Ich glaube, das ist eines der Probleme, die wir in den letzten Jahrzehnten gehabt haben. Es wurden Gelder ausgegeben, die eben nicht sinnvoll verwendet wurden. Dies hat der Ministerpräsident selbst eingeräumt. Sie stellen sich hier hin, blasen sich auf und erzählen, dies sei alle Unsinn, die FDP wolle nur die 158 Millionen € aus dem Länderfinanzausgleich investieren, die wir in diesem Jahr bekommen. Eigentlich wissen Sie es besser. Daher war das schlicht peinlich, was Sie zu diesem Thema abgeliefert haben.

(Beifall FDP)

Herr Kollege Winter, bei Ihrem Beitrag habe ich mich gefragt, ob Sie das ernst meinen, was Sie am Ende Ihrer Rede herausposaunt haben.

Wenn Sie das ernst gemeint haben, dann frage ich Sie: Sie sitzen doch in Berlin endlich wieder in der Regierung. Warum haben Sie Ihre einnahmeorientierte Finanzpolitik denn nicht umgesetzt? Sie hätten doch die Möglichkeit gehabt, das zu tun. Das haben Sie aber nicht.

(Beifall FDP - Zuruf SPD)

- Oh, so etwas! Ich erinnere mich an Plenardebatten, in denen der FDP vorgeworfen wurde, an sämtlichen Versäumnissen der vergangenen Bundesregierung schuld zu sein, weil sie sich nicht durchgesetzt habe. Sie haben doch offensichtlich Ihr Kernversprechen aus dem Wahlkampf nicht eingelöst. Also sollten Sie sich hier nicht so aufblasen.

(Beifall FDP)

Herr Kollege Andresen, ich finde es spannend, mit Zahlen zu jonglieren. Ich hatte mich darauf vorbereitet, dass diese Rechenkünste hier von Ihnen präsentiert werden. Die Realität sieht allerdings anders aus, als Sie sie gerade geschildert haben. Die Investitionsquote in Abhängigkeit von den Nettoausgaben lag 2009 bei 8,7 %. 2009 war Schwarz-Gelb noch nicht an der Regierung. 2010 stieg sie auf 10,5 %. 2011 lag sie bei 10,4 % und sank im Jahr 2012 auf 8,4 %. Von 2012 auf 2013 sank sie auf 7,6 % und liegt jetzt gerade noch bei 7,3 %. Dasselbe gilt übrigens auch für die eigenfinanzierten Investitionen, die von einem absoluten Stand von

(Lars Harms)

662,1 Millionen € auf etwas über 630 Millionen € gefallen sind und heute, im Jahr 2014, nur noch bei mageren 458,3 Millionen € liegen.

Herr Kollege Andresen, wenn man schon Zahlen bemüht, um zu versuchen, darzustellen, dass diese Landesregierung mehr investiert anstatt weniger, dann sollte man die richtigen Zahlen parat halten. Diese Landesregierung investiert so wenig wie keine andere Landesregierung zuvor. Genau deswegen ist es richtig, sich darüber zu unterhalten, wie man da Abhilfe schafft.

(Beifall FDP)

Das Wort hat der Abgeordnete Tobias Koch von der CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Redner aller Fraktionen haben heute gelobt und begrüßt, dass es gelungen ist, bei der Altschuldentilgung einen fraktionsübergreifenden Konsens zu erreichen. Der Kollege Winter sagte sogar, es sei gute Tradition in diesem Hause, dass wir grundlegende finanzpolitische Entscheidungen interfraktionell gemeinsam treffen.

Wenn aber die Regierungsfraktionen über die beiden anderen vorliegenden Anträge heute mit ihrer Einstimmenmehrheit abstimmen wollen, dann könnte man daraus schlussfolgern, dass diese beiden Anträge nicht so gravierend und nicht so grundlegend seien. Dem ist aber nicht so. Die Frage, wie viel wir investieren, ist durchaus eine genauso grundlegende Frage. Ob die Forderung nach mehr Investitionen in die Straßen, wie der Ministerpräsident sie gestern erhoben hat, eine verwerfliche Forderung ist, auch das sollten wir noch einmal grundlegend klären.

Das Gleiche gilt auch für die Ziele Schleswig-Holsteins für die Bund-Länder-Kommission. Das können Sie nicht heute mit einer Einstimmenmehrheit beschließen. Auch die Frage, welche Ziele wir als Land bei dieser Kommission verfolgen wollen, ist doch eine grundlegende. Wir sollten versuchen, auch darüber eine breitere Mehrheit herzustellen als nur eine Einstimmenmehrheit. Deshalb plädiere ich nachdrücklich dafür, auch diese beiden Anträge in den Ausschuss zu überweisen.

Sollten die Regierungsfraktionen nicht bereit sein, diesen Dialog mit der Opposition zu führen, dann möchte ich darum bitten, dass wir über die beiden

Punkte des Antrages der Regierungsfraktionen zumindest einzeln abstimmen; denn wie ich in meiner Rede ausgeführt habe, würden wir dem ersten Punkt zustimmen wollen. Aber das wäre der schlechtere Weg. Die Inhalte im zweiten Punkt sollten wir genauso gemeinsam diskutieren. Ich denke, wir können zu einer gemeinsamen Position kommen. Nur dann hat es Gewicht. Wir sollten heute nicht mit einer Einstimmenmehrheit etwas durchpeitschen, wie es Ihre Fraktion leider oft genug macht. Bei grundlegenden Fragen sollten wir in der Tat versuchen, eine große Mehrheit herzustellen. - Herzlichen Dank.

(Beifall CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege. Bleiben Sie bitte noch einen Moment bei mir. - Jetzt hat Monika Heinold, Ministerin für Finanzen, das Wort. - Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Heute ist ein guter Tag; denn mit dem Beschluss, der gleich gefasst wird, machen wir deutlich, dass wir die Altschulden nicht einfach auf die zukünftigen Generationen abwälzen. Wir sagen, wir wollen selber für den Altschuldenberg einstehen und ihn nicht einfach an die Kinder und Enkel weiterreichen. Das ist gut. Wenn wir aber davon ausgehen, dass es realistisch betrachtet mindestens 50 bis 60 Jahre dauern wird, bis wir die Altschulden getilgt haben, dann können wir den heute Geborenen sagen: „Mit Glück könnt ihr an eurem 60. Geburtstag mit einem Glas Sekt darauf anstoßen, dass ihr zumindest keine Landes-Staatsschulden mehr habt.“ Das ist also ein mühsamer, aber auch ein notwendiger Prozess. Viel Vergangenheit muss aufgearbeitet werden.

Uns drücken aber nicht nur die Altschulden, sondern auch der Infrastrukturinvestitionsstau. Auch das ist benannt worden. Ich erinnere mich daran, dass ich in meiner Oppositionszeit einen Berichtsantrag an die Landesregierung gestellt und den kommunalen Sanierungsstau abgefragt habe. Die Landesregierung hat das beantwortet, nicht kleinteilig für jede Gemeinde, aber sie hat die Städte und Gemeinden ab 10.000 Einwohnern und Einwohnerinnen aufgeführt. Für den Zeitraum 2010 bis 2015, also über fünf Jahre, ist bilanziert worden. Das Ergebnis war, dass unseren Kommunen circa 3,6 Milliarden € fehlen, um ihre Infrastruktur zu sanieren.

Dazu kommen unsere Landesstraßen, unsere Gebäude, Universitätsklinika und Hochschulen. Wir

(Dr. Heiner Garg)

haben also unheimlich viel an Infrastruktur. Ich finde es richtig, dass der Landesrechnungshof diesen Punkt in seinem Bericht aufgegriffen hat. Ich habe mich mit dem Ministerpräsidenten darauf verständigt, dass die Landesregierung jetzt damit beginnen wird, diesen Infrastrukturinvestitionsstau zu erheben und zu bilanzieren, damit wir dann schauen können, wie wir damit umgehen.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Wir waren bei Altschulden und Infrastruktur. Der dritte große Punkt ist die Bildung. In Sonntagsreden heißt es immer: „Bildungsinvestitionen sind Investitionen in unsere Zukunft.“

Wenn wir über Investitionsquoten reden, dann umfasst das in der Regel keine Bildung. Es umfasst den Bau, aber keine Lehrer und Lehrerinnen. Deshalb ist es für mich ganz wichtig, dass wir, wenn wir uns über Investitionsquoten unterhalten, definieren, woran wir es festmachen.

Ich nenne das schöne Beispiel der Hochschulen. Wir haben früher Baumittel zur Bauunterhaltung bekommen. Das schlug sich in der Investitionsquote nieder. Heute bekommen Sie einen Zuschuss, weil Sie diesen Bereich nach Zielvereinbarungen und in Autonomie - was ich richtig finde - selber regeln. Plötzlich gehört das aber nicht mehr zur Investitionsquote. Mit dieser Systematik werden wir nicht die richtige Antwort finden. Deshalb finde ich es gut, im Ausschuss darüber zu diskutieren.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Ein bisschen schwierig finde ich es - damit bin ich beim Antrag der FDP -, wenn der Anschein erweckt wird - ich formuliere es sehr vorsichtig -, dass circa 190 Millionen € aus dem Länderfinanzausgleich, die wir bekommen, frei wären. Sie sind nicht frei. Dieses Geld wird jetzt für anderes bezahlt. Insofern ist Ihr Antrag ein halber Haushaltsantrag, weil er sagt, wofür das Geld ausgegeben werden soll, nämlich für Infrastruktur, er sagt aber nicht, woher dieses Geld genommen werden soll. Dieser zweite Teil kann aber im Ausschuss nachgearbeitet werden oder sich in Haushaltsanträgen wiederfinden. Das wird er mit Sicherheit auch.

Dann komme ich zu der Frage, wieso wir zulasten der Infrastruktur des Landes konsolidieren. Das war ein Vorwurf, der uns gemacht wurde. Dazu sage ich Ihnen, das war mit der Schuldenbremse letztendlich so angelegt. Im Bericht an den Stabilitätsrat aus dem April 2012 - das war also noch nicht diese Re

gierung, sondern die Vorgängerregierung - wird dem Stabilitätsrat gemeldet - wir haben das übernommen, weil wir zurzeit auch keine andere Antwort haben -, dass die Mittel für Hochbau in unserem Land von 190 Millionen € im Jahre 2010 auf 147 Millionen € im Jahre 2014 abgesenkt werden. Das ist natürlich eine Reduzierung von Investitionen. Natürlich ist es das.