Protocol of the Session on May 15, 2014

Wir werden uns dann aber auch irgendwann einmal entscheiden müssen, was das Wichtigste ist. Deshalb hat die Koalition den Antrag auf den Weg gebracht, über den wir heute sprechen. Wie wir es schaffen können, die Haushalte zu konsolidieren, gute Bildungsstrukturen von der Krippe an lebenslang zu verankern und Infrastruktur auf die Zukunft auszurichten, sind politische Fragen und auch technische Fragen.

Zerlegungsmechanismen, die Organisation der Steuerverwaltung und die Untersuchung der bestehenden Strukturen auf ihre Zukunftstauglichkeit hin werden Themen sein, mit denen wir uns befassen müssen. Dabei sollen - ich sagte es - die Rechte der Landesparlamente unbedingt gewahrt bleiben. Wir wollen die föderalen Strukturen stärken.

Zum Antrag der FDP möchte ich nur kurz drei Dinge sagen. Erstens. Wenn Schleswig-Holstein - ich stimme da mit dem Kollegen Koch überein - Jahr für Jahr so wenig investieren würde, wie wir aus dem Länderfinanzausgleich bekommen, wäre unser Land ganz schön arm dran. Der Kollege Garg hat aber gerade eben noch einmal konkretisiert, wie man es verstehen kann. Trotz alledem zählt immer noch die Angabe der Basis, von der aus wir rechnen. Das hat der Kollege Koch auch schon gesagt.

Zweitens. Ganz grundsätzlich finden wir den Investitionsbegriff der FDP altbacken und überholt. Sie reden von Betoninvestitionen. Wir glauben an die Stärke einer gerechten und gebildeten Gesellschaft.

(Vereinzelter Beifall SPD - Zuruf Wolfgang Kubicki [FDP])

Das ist ein Werteunterschied, der sich mit Landtagsanträgen auch kaum überwinden lässt.

(Wortmeldung Dr. Heiner Garg [FDP])

- Ich lasse keine Zwischenfragen zu, danke.

(Dr. Heiner Garg)

Und drittens. Wenn es Ihnen darum ginge, die Finanzsituation der Länder zu stärken, würden Sie die Einnahmeseite stärken. Das geht nicht durch ungebremstes Spiel der marktliberalen Kräfte, das geht nur mit einer gerechten Steuergesetzgebung, die starke Schultern mehr tragen lässt als schwache.

(Vereinzelter Beifall SPD, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN und SSW - Wolfgang Ku- bicki [FDP]: Sie brauchen auch entsprechen- de Einkommen! - Weitere Zurufe FDP)

Ich beantrage die Ablehnung des Antrags der FDP, Drucksache 18/1824, sowie Zustimmung zu unserem Antrag in der Drucksache 18/1869 und zu der interfraktionellen Vereinbarung in der Beschlussempfehlung des Finanzausschusses, Drucksache 18/1807. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Das Wort für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat Herr Abgeordneter Rasmus Andresen.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Auch ich freue mich, dass wir es geschafft haben, einen interfraktionellen Antrag zum Umgang mit den Altschulden zu formulieren. Die Zinslasten sind eine große Bürde für den Landeshaushalt, auch weit über 2020 hinaus. Wir sprechen da über Zeiträume, die politisch kaum zu überblicken sind. Bei allem, was uns haushaltspolitisch trennt - auch das ist schon Teil der Debatte hier -, ist es gut, hier einen gemeinsamen Weg zu gehen und zu vereinbaren.

Die Einrichtung eines Altschuldentilgungsfonds lässt sich nicht isoliert betrachten. Sie ist eine von vielen Maßnahmen, die die Neuordnung der Finanzbeziehungen zwischen Bund und Ländern betreffen. Die vom Bund angekündigte Bund-LänderKommission muss ihre Arbeit zügig aufnehmen, denn die Zeit drängt. 2019 laufen mehrere Vereinbarungen aus, die für die Haushaltskonsolidierung auch der Länder entscheidend sind. Genau das ist auch einer der Gründe dafür, dass wir sagen, wir wollen das heute gern abstimmen. Wir haben einen Passus in unserem Antrag, der sich darauf bezieht, wie die Kommission zusammengesetzt werden soll.

Ich sage dazu gleich in meiner Rede inhaltlich noch etwas. Die Kommission wird jetzt eingerichtet. Ich glaube, es ist wichtig, das wir deshalb da zu einer Beschlussfassung kommen und die Diskussion darüber nicht noch über mehrere Monate im Ausschuss am Leben halten.

Zu diesen Vereinbarungen, von denen ich gerade sprach, gehören aus unserer Sicht der Länderfinanzausgleich, die Verwendung der Mittel aus dem Solidaritätszuschlag und verschiedene vertikale Finanzströme. Wir setzen uns mit unserem Antrag dafür ein, dass diese Verhandlungsprozesse transparent und unter Einbeziehung der Landesparlamente und Kommunen stattfinden.

Wer es mit Bund-Länder-Finanzbeziehungen ernst meint, muss die Verhandlungen in Berlin auf breitere Füße stellen. Es wird in der Debatte auch um Kompetenzfragen gehen müssen. Nicht alles ist aus unserer Sicht bei den Ländern besser aufgehoben. Gleichzeitig brauchen die Länder bei der Aufgabenerfüllung für andere Bereiche allerdings mehr Mittel vom Bund. Wir halten deshalb an unserer Forderung fest, das Kooperationsverbot abzuschaffen. Ich füge hier hinzu: Wenn das für den gesamten Bildungsbereich nicht geht, dann vielleicht in einem ersten Schritt ausschließlich für den Hochschulbereich.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Bei der Steuerverwaltung macht mehr Bundeskompetenz Sinn. Es ist nicht sinnvoll, dass die Länder die Kosten der Steuerprüfung tragen, aber keinen ausreichenden finanziellen Anreiz haben, Steuerdelikte aufzudecken, weil die Einnahmen zu einem Großteil nach Berlin wandern.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Das Mindestmaß muss sein, dass Kosten für Steuerverwaltungen im Länderfinanzausgleich abgezogen werden können. Alles andere begünstigt Länder, die Wettbewerbspolitik mit schlecht ausgestatteten Steuerverwaltungen betreiben.

(Lars Harms [SSW]: Wohl wahr!)

Das muss endlich ein Ende haben.

Wir wollen auch, dass in der Bund-Länder-Kommission Lösungen gefunden werden, den Sanierungsstau abzubauen. Deshalb haben wir diesen Aspekt auch in unseren Antrag mit aufgenommen. Man muss den Ländern und Kommunen wieder stärker die Möglichkeit geben, notwendige Zu

(Lars Winter)

kunftsinvestitionen beispielsweise in Bildung oder in den Breitbandausbau durchzuführen.

Wir Grüne wollen auch weiter darüber nachdenken - das ist jetzt kein Punkt der Koalition, sondern etwas, was wir Grüne schon einmal beschlossen haben -, dass man beim Länderfinanzausgleich auch die Überlegungen, beispielsweise Länder zusammenzulegen, zumindest nicht den Ländern zum Nachteil gereichen lässt.

(Beifall Detlef Matthiessen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Statt an einzelnen Steuerschrauben zu drehen, wollen wir die Verteilung des Steueraufkommens bis zu einer Neuverteilung der unterschiedlichen Steuerarten grundlegend diskutieren. Hier müssen wir mutiger werden, um voranzukommen. Daher geht der FDP-Antrag zum Finanzausgleich - die Kollegen haben das schon genannt - in die falsche Richtung. Sie fordern, dass Zuweisungen aus dem Länderfinanzausgleich ausschließlich für Investitionen verwendet werden dürfen.

Interessant ist übrigens, wenn wir schon über Investitionen und Investitionsquote reden, dass der größte Knick bei der Investitionsquote durch den schwarz-gelben Sparhaushalt 2011/2012 mit einem Minus von über 18 % eingetreten ist, Herr Kollege Garg.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Aber die Investi- tionsquote war trotzdem höher als jetzt, Herr Kollege!)

Das muss man zur Wahrheit vielleicht auch noch einmal dazusagen, wenn man sich hier immer über die Investitionsquote echauffiert.

Wenn man sich im Haushalt 2014 die eigenfinanzierten Investitionsquoten ansieht, dann wird deutlich: Hier liegen wir leicht im Plus. Auch das gehört zur Wahrheit dazu. Ich gehöre zu denen, die das Absenken der Investitionsquote sehr kritisch sehen, aber man kann diese Debatte nicht so schwarz-weiß führen, wie Sie es getan haben.

(Zurufe FDP)

Aus unserer Sicht gehören nicht nur die Gebäudesanierung oder der Gebäudebau im Bildungsbereich zu sinnvollen Zukunftsinvestitionen, wie Sie dies beschrieben haben, sondern Bildungsausgaben insgesamt.

(Beifall Dr. Marret Bohn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Wir Grüne glauben, dass wir eine grundsätzliche Diskussion über die Investitionsquote und darüber brauchen, wie man zu klugen Lösungen kommen kann. Dies werden wir jedoch nicht mit Ihrem Antrag leisten können, weil der - hier schließe ich mich dem Kollegen Koch an - schon systematisch keinen Sinn macht. - Vielen Dank.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SSW und vereinzelt SPD)

Für die Fraktion der PIRATEN hat Herr Abgeordneter Torge Schmidt das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Finanzbeziehungen des Bundes zu den Ländern, der Länder untereinander und damit im weiteren Sinn auch der Kommunen müssen im Jahr 2019 neu verhandelt beziehungsweise geregelt werden. Wir begrüßen es sehr, dass die Landesregierung diese Verhandlungen nicht im Hinterzimmer und hinter verschlossenen Türen führen möchte. Die Regierung zeigt im Gegenteil Bestrebungen, den anstehenden Verhandlungsprozess in einem offenen und transparenten Verfahren zu gestalten, in das neben der Landesregierung auch Landesparlamente und die Vertreterinnen und Vertreter der Kommunen einbezogen werden sollen. Das klingt erst einmal vielversprechend.

Was genau wir unter der Einbeziehung der Landesparlamente verstehen dürfen und ob diese sich gar für die Beteiligung aller Fraktionen an dem Verhandlungsprozess einsetzen werden, werden wir sicherlich noch im Ausschuss besprechen. An dieser Stelle unterstützen wir PIRATEN im Sinne unserer Grundsätze ganz ausdrücklich die Absicht der Landesregierung, an dieser wichtigen Stelle der Finanzverhandlungen der Bundesländer für mehr Transparenz zu sorgen.

Wir befürworten weiter die Intention der Landesregierung, neben den horizontalen Finanzbeziehungen zwischen den Ländern auch die vertikalen Finanzbeziehungen zwischen Bund und Ländern einzubeziehen. Wir würden an dieser Stelle jedoch noch ein Stück weiter gehen und auch Subventionen der Europäischen Union mit in den Verhandlungsprozess einbeziehen. Eine Einschränkung allein auf Bundes- und Ländermittel erscheint unzureichend, wenn man sich die Höhe der Mittel anschaut, die Schleswig-Holstein und anderen Ländern - gerade Bayern - von der EU zugebilligt wur

(Rasmus Andresen)

den. Wir plädieren also für eine vollumfängliche Analyse aller Finanzbeziehungen unter Einbeziehung der dann hoffentlich strukturell nach Bereichen sortierten EU-Subventionen.

(Vereinzelter Beifall PIRATEN)

Ob wir nach einer vollumfänglichen Analyse zu dem Schluss kommen, dass Zuweisungen aus dem Länderfinanzausgleich optimalerweise für Investitionen verwendet werden sollten und ob diese Mittel in Höhe von momentan ungefähr 115 Millionen € im jeweiligen Haushaltsjahr eine adäquate Summe darstellen, werden wir dann sehen. Dass die Regierungen der vergangenen Legislaturperioden es versäumt haben, die notwendigen Mittel für den Erhalt und den Ausbau von Infrastruktur bereitzustellen, haben wir bereits gestern ausführlich diskutiert. In diesem Punkt dürfte weitgehend Einigkeit bestehen.

Wir brauchen eine funktionsfähige und gut ausgebaute Infrastruktur; sei es in den Bereichen Straße, Hochbau oder Breitbandausbau. Eine weitere Vernachlässigung der Infrastruktur ist nicht nur nicht generationengerecht, sie wäre auch nicht im Sinne des Schuldenabbaus, auf den wir uns alle gemeinsam verständigen konnten und zu dem wir uns in unserem gemeinsamen Antrag bekannt haben.

(Beifall PIRATEN)

Eine Vernachlässigung der Infrastruktur lässt das bereits heute bestehende versteckte strukturelle Defizit in diesem Bereich weiter wachsen, was zukünftige Generationen stark belasten wird.