Protocol of the Session on May 14, 2014

Herr Präsident! Meine liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich finde, der Kollege Harms hat gerade eben eindrucksvoll unter Beweis gestellt, dass er überhaupt gar nicht begreift, worin das Problem in dieser Sache besteht.

(Beifall CDU, FDP und Wolfgang Dudda [PIRATEN])

Obwohl Sie zumindest zum Schluss gesagt haben, Sie wüssten gar nicht, warum sie verzichtet hat, frage ich trotz alledem: Wenn Sie alle außer Herrn Harms das so normal finden, warum verzichtet sie dann auf dieses Rückkehrrecht? Seien Sie doch ehrlich miteinander: Sie alle hat doch auch in den letzten Monaten ein komisches Gefühl beschlichen.

Was hier behauptet wird, ist schlicht unwahr: In Ihrem Koalitionsvertrag steht nichts von dem, was jetzt in diesem Gesetzentwurf steht.

(Vereinzelter Beifall CDU und Beifall Oliver Kumbartzky [FDP])

Der Koalitionsvertrag lässt sogar ausdrücklich offen, ob zukünftig in Flensburg weiterhin nur Sek I unterrichtet wird. Das steht in Ihrem Koalitionsvertrag. Dann haben wir im April 2013 plötzlich die erste Einigung mit den Universitäten Kiel und Flensburg, in der von wenigen Fächern auf SekII.-Niveau gesprochen wird. Dann haben wir im September 2013 den nächsten Kompromiss, der verhandelt wird - sieben Fächer auf Sek-II-Niveau, die nach Flensburg gehen. Dann haben wir Ende März 2014 zur Überraschung aller Universitäten da wurde gar kein Kompromiss mehr ausgehandelt - plötzlich 13 Fächer auf Sek-II-Niveau. Selbst die

(Lars Harms)

Naturwissenschaften, bei denen Sie selbst früher alle gesagt haben, das sei nicht finanzierbar - so haben wir es heute auch schriftlich dokumentiert bekommen -, sollten alle nach Flensburg gelegt werden.

Im Gesetzentwurf - das ist das Tüpfelchen auf dem i - kommt dann noch oben drauf, dass alle Fächer plötzlich auf Sek-II-Niveau angeboten werden sollten. Dass einen da ein komisches Gefühl beschleicht, wenn ausgerechnet die ehemalige Präsidentin der Universität Flensburg solche Vorschläge macht, ist doch kein Wunder.

Dann lesen wir plötzlich in den „Kieler Nachrichten“ am 9. April 2014, dass Frau Wende sich selbst ein Rückkehrrecht genehmigt habe. Herr Harms, wenn Sie das so normal finden, dann versetzen Sie sich einmal in das Präsidium Ende Mai 2012. Das müssen Sie sich einmal vorstellen: Da sitzt die designierte Ministerin. Alle Präsidiumsmitglieder, die dort zusammengesessen haben, wussten, dass diese Frau in Kürze Ministerin des Landes SchleswigHolstein wird und darüber entscheidet, wie viel Geld zukünftig an die Universität Flensburg geht. Dann sagt die Ministerin einmal so nebenbei: Im Übrigen möchte ich Sie bitten, dass Sie mir garantieren, dass Sie mir einen Lehrstuhl frei machen, wenn ich als Ministerin scheitere.

(Zurufe Rasmus Andresen [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN] und Wolfgang Kubicki [FDP])

Was ist denn das für ein Umgang? Es geht doch nicht um irgendein Rückkehrrecht, das man sich erwirkt hat, sondern es geht darum, dass sie das Präsidium dazu gedrängt hat, sie zurückzunehmen, wenn sie als Ministerin scheitert. Natürlich war sie in allen Entscheidungen befangen, die sie weiter getroffen hat.

(Beifall CDU, FDP und PIRATEN)

Zwei Jahre lang ist das alles geheim gehalten worden. Nicht nur wir haben das alle nicht gewusst. Geben Sie es doch zu: Sie haben das doch auch alle nicht gewusst und es in der Zeitung gelesen. Der Ministerpräsident behauptet, dass er es am 9. April 2014 nicht gelesen, sondern erst am 17. April 2014 erfahren habe. Aber was wird denn der Ministerpräsident zu Frau Wende gesagt haben, als er das gelesen hat? Glauben Sie, er hat zu ihr gesagt: Mensch, Wara, ich nehme dich in den Arm, schön, dass du an deine Zukunft denkst, schön, dass du dich sozial ein bisschen abgesichert hast? - Er hat gesagt: Um Gottes willen, was hast du da angerichtet? Wie kriegen wir die Kuh vom Eis? Das müssen wir alles

geheim halten! Erklär schnell deinen Rücktritt von diesem Recht, und ich als Ministerpräsident übernehme die gesamte Verantwortung dafür, damit dieser Lobbyismusvorwurf aus der Welt geschafft wird. - Das ist doch die Wahrheit, die hinter diesem Gespräch steht.

(Beifall CDU und FDP - Zurufe)

- Ich habe auch alle zu Ende reden lassen und mir das angehört, jetzt müssen Sie mich auch bis zum Schluss ertragen.

Herrn Habersaat sieht man zumindest sein schlechtes Gewissen noch an, wenn er solche Presseerklärungen ausschickt.

(Lachen SPD - Zuruf Olaf Schulze [SPD])

Aber ausgerechnet Herr Stegner, der jeden, der einmal eine Zeitlang sein Geld nicht mit Diäten oder mit Pensionen aus schlechter Regierungstätigkeit finanziert hat, als Lobbyisten bezeichnet, sagt zu diesem Lobbyismusvorwurf bei Frau Wende, es sei ein „Mindestmaß an sozialer Absicherung“, was sie sich selbst zubillige.

(Beifall CDU, FDP und PIRATEN)

Ich frage Sie an der Stelle bei einer solchen hohnhaften Presseerklärung: Was denken eigentlich die befristet eingestellten Lehrkräfte an unseren Schulen, die die Ministerin jetzt im Sommer in die Arbeitslosigkeit schicken wird, wenn sie solche hämischen Bemerkungen über eine soziale Mindestabsicherung lesen, Herr Stegner?

(Beifall CDU, FDP und PIRATEN)

Frau von Kalben, ein letzter Satz zu Ihnen: Ich fand sympathisch, was Sie gestern im „Schleswig-Holstein-Magazin“ gesagt haben, menschlich hätten Sie Verständnis und politisch wollten Sie das nicht bewerten. Ich würde Ihnen empfehlen, dass Sie einmal anfangen, die Arbeit von Frau Wende und dieser Landesregierung zu bewerten. Damit sollten Sie wirklich anfangen. Sie mögen sich mit dem dritten Kompromiss, den Sie jetzt ausgehandelt haben, noch einen Moment über die Zeit retten, aber Sie haben einen solchen Schaden in unserer gesamten Bildungslandschaft - verursacht durch diese Ministerin - erzeugt, dass Sie sich wirklich fragen sollten, ob Sie jetzt nicht den letzten Ausweg aus diesem Dilemma nutzen sollten.

(Rasmus Andresen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Den Scherbenhaufen, den ihr vorgelegt habt!)

(Daniel Günther)

Die Chance haben wir Ihnen mit dieser Aktuellen Stunde gegeben. - Herzlichen Dank.

(Beifall CDU und FDP)

Das Wort für die FDP hat Herr Abgeordneter Christopher Vogt.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben heute einige wirklich bemerkenswerte Beiträge gehört. Herr Kollege Harms hat es sogar geschafft, völlig neben der Debatte zu liegen. Er hat über Sachen gesprochen, um die es hier heute gar nicht geht. Herr Dr. Stegner hat mit der Aussage, dass sei ja wohl das Mindestmaß an sozialer Absicherung, in den letzten Tagen seine Form vollendet.

Sie haben es auch heute noch einmal wiederholt: Es könne ja nicht jeder eine herausgehobene Stellung haben. Da haben Sie vollkommen Recht. Herr Dr. Stegner, es gibt aber sowohl für Abgeordnete als auch für Regierungsmitglieder entsprechende Regelungen. Sind die nicht mehr ausreichend? Wollen Sie die ändern? Dazu habe ich nichts gehört. Herr Dr. Stegner, wenn wir für jeden, der aus seinem Beruf herausgeht und in die Landesregierung oder den Landtag hineingeht, einen neuen Lehrstuhl oder Vergleichbares schaffen, wird es für dieses Land verdammt teuer. Das können wir uns gar nicht leisten.

Ich bitte Sie, einmal in das Hochschulgesetz des Landes Schleswig-Holstein zu gucken. Dort gibt es ganz klare Regelungen zur Besetzung von Professorenstellen. Das, von dem wir wissen, dass es hier gelaufen ist, ist rechtswidrig. Dieser geheime Beschluss ist schlichtweg rechtswidrig.

Frau Wende, wir fordern Sie noch einmal auf: Veröffentlichen Sie diesen Beschluss. Wenn das alles so harmlos ist, wie wir von den Kollegen gehört haben, kann es nicht so schlimm sein, also veröffentlichen Sie es. Wir werden das heute noch vom Wissenschaftlichen Dienst prüfen lassen. Egal, ob wir feststellen, dass es rechtswidrig oder mit dem Hochschulgesetz vereinbar war - wir glauben es nicht -, der Schaden in der Hochschullandschaft ist da.

Frau Ministerin Wende, hier im Raum steht, dass Sie nicht unabhängig sind, nicht frei im politischen Handeln. Da können wir noch so viel Getöse von den Koalitionsfraktionen hören, wir möchten es

gern heute noch prüfen. Im Zweifel können wir uns dann ja entschuldigen.

(Lachen SPD)

Wir glauben allerdings, dass wir völlig richtig liegen und die Kollegen völlig neben der Spur. - Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall FDP und CDU)

Herr Abgeordneter Dr. Ralf Stegner hat das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn sich der Kollege Günther hier hinstellt und fragt, warum verzichtet Frau Wende auf ihr Rückkehrrecht, kann ich nur sagen, wenn man hier so scheinheilig auftritt und sozusagen mit Schmutz wirft und hofft, da bleibe etwas hängen, und solche Reden hält, dann ist das doch Unglaubwürdigkeit pur. Herr Kollege Günther, sparen Sie sich solche Reden und solchen Zynismus, wie Sie ihn hier an den Tag gelegt haben.

Nehmen Sie bitte eines zur Kenntnis: Das, was wir bei der Lehrerausbildung machen, darüber diskutieren wir morgen und nicht heute. Das ist der Wille der rot-grün-blauen Regierungskoalition. Das wird von der Ministerin umgesetzt - Punkt.

(Anita Klahn [FDP]: Basta!)

Es wird nicht die eigene Politik von Frau Wende, die sich gegen irgendjemanden wendet, umgesetzt. Insofern brauchen Sie sich auch nicht an die Kollegin von Kalben wenden. Das ist gemeinsame Politik, die wir hier gemeinsam durchsetzen. Da können Sie noch so zetern, wir werden es tun.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Herr Kollege Günther, ich dachte, Sie seien lang genug Parlamentarier, um zu wissen, dass der Landtag über Haushalte entscheidet. Falls Sie das nicht wissen, möchte ich es Ihnen gern von dieser Stelle aus noch einmal sagen.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Den Haushalts- entwurf stellt die Regierung auf!)

Herr Kollege Günther, damit Sie es verstehen: Der Landtag ist der Haushaltsgesetzgeber. Das nennt man Königsrecht des Parlaments. Sie sind lang genug dabei. Sie stimmen da sogar mit. Das hat überhaupt nichts damit zu tun, dass eine einzelne Minis

(Daniel Günther)

terin nicht Parteimitglied ist, wie es ja gegenteilig behauptet wird. Wenn Sie aber einmal die Schmutzkanone aufrichten, wird eben nicht mehr differenziert. Der Landtag beschließt das als Haushaltsgesetzgeber, und das wird auch so bleiben.

Lassen Sie mich zu dem Thema mit der sozialen Absicherung einen Satz sagen. Ich habe das überhaupt nicht mit der Situation, die andere haben, verglichen. Ich will nur sagen, dass jemand, der ein solches Amt annimmt, sich selbstverständlich, wenn er nicht Millionär ist oder andere Dinge hat, auch darum kümmert, was danach passiert. Was ist daran denn bitte kritisierenswert? Das ist normal. Wir wollen keine Heiligen haben, nach dem Motto: Es ist egal, wovon die nachher leben. Nehmen Sie bitte auch zur Kenntnis, dass Frau Wende Lebenszeitprofessorin in den Niederlanden gewesen ist. Sie ist als Professorin auf die Universitätsstelle in Flensburg berufen worden. Sie war Lebenszeitprofessorin. Reden Sie hier also keinen Unsinn wider besseres Wissen.

Was den Lobbyismus angeht, sage ich: Das ist schon ein starkes Stück. Lobbyismus, der sich darauf richtet, für bestimmte einzelne Branchen Besonderheiten zu erreichen - mir fällt da zum Beispiel die Glücksspielbranche ein -, ist etwas komplett anderes, als sich für Schulen und Hochschulen in diesem Land einzusetzen. Das ist die Pflicht der Ministerin, und die führt sie vorzüglich aus, wie ich finde.