Das hat auch die jüngste Pressekonferenz zum FAG gezeigt. Sie haben es selbst heute schon angekündigt.
Meine Damen und Herren, ich komme darauf zu sprechen, was es heißt, wenn hier von „parlamentarischem Verfahren und Dialog“ gesprochen wird. Das wissen wir. Es wird zum Schein mit allen geredet, aber auf geäußerte Kritik wird am Ende keine Rücksicht genommen, es sei denn, diese Kritik liegt auf der Linie der Koalitionsfraktionen.
Da ist nur die Frage, wer sich von den Fraktionen am Ende in welchen kritischen Punkten durchsetzt. Einige Punkte sind innerhalb Ihrer Koalition ja selbst noch strittig, zum Beispiel die Frage, ob das Innenministerium künftig eine Erhöhung der Kreisumlage tatsächlich erst genehmigen muss. Der Minister hat es eben angesprochen. Wenn das allerdings so kommt, dann, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist das der Genickbruch für die Kreise und ein massiver Eingriff in die kommunale Selbstverwaltung in Schleswig-Holstein.
Wir wissen ja: Die Kreise sind SPD, Grünen und SSW ohnehin ein Dorn im Auge. Mit ihrer Politik setzt diese Regierungskoalition also schon wieder auf Zentralismus und Bevormundung anstatt auf Entscheidungs- und Gestaltungsfreiräume vor Ort.
Angesichts der Bedeutung des kommunalen Finanzausgleichs für Schleswig-Holstein verstehe ich immer noch nicht, Herr Innenminister, warum Sie bei einer solchen Mammutreform nicht einen breiten Konsens in Schleswig-Holstein anstreben und herbeizuführen versuchen.
Dafür allerdings, Herr Kollege Dr. Stegner, wäre zunächst einmal Einvernehmen über die Zahlengrundlage nötig gewesen, und genau das ist das Problem dieser Reform.
1,4 Milliarden € - so hoch ist schließlich die Summe, über die wir reden und bei deren Verteilung es auch der notwendigen Balance bedarf. Diese notwendige Balance fehlt allerdings. Herr Breitner will dort Zuweisungen erhöhen, wo Aufgaben mit hohen Kosten wahrgenommen werden. Damit bestraft er all diejenigen Kommunen, die tatsächlich Leistungen mit einer hohen Effektivität und niedrigen Kosten erbringen. Genau das aber ist der falsche Weg.
Die richtige Balance für eine vernünftige Verteilung der kommunalen Finanzmasse zu finden zwischen den Aufgaben auf der einen Seite und ihrer effektiven Erfüllung auf der anderen Seite, das muss doch die Maßgabe für eine Reform des FAG in Schleswig-Holstein sein.
Deswegen brauchen wir eine Aufgaben-KostenAnalyse, um zu ermitteln, welche Aufgaben zu welchen Kosten wahrgenommen werden können. Das Ergebnis muss dann auch in das FAG einfließen.
Auch Doppelberechnungen darf es bei einem neuen FAG nicht geben. Eine Aufgabe darf bei der Mittelverteilung nur einmal berücksichtigt werden - sowohl aus sachlichen Gründen als auch im Sinne der Transparenz. Wir haben das in unserem Antrag beschrieben.
Meine Damen und Herren, es fehlt aber nicht nur eine generelle Aufgaben-Kosten-Analyse. Auch beim zentralörtlichen System fehlt eine tragfähige Erhebung der tatsächlich bestehenden Aufgaben. Es ist doch eine Tatsache: Die zentralen Orte - der Minister hat es gesagt - nehmen eine wichtige Versorgungsfunktion für das Umland wahr. Auch dies muss im Finanzausgleich berücksichtigt werden.
Dass es tatsächlich nicht so ist, das haben doch Beispiele der vergangenen Wochen ausreichend gezeigt.
Und schließlich: Die Mittelverteilung muss sich an den Strukturen des Landes ausrichten und nicht umgekehrt. Es kann nicht sein, dass die Landesregierung versucht, über das FAG die kommunalen Strukturen in Schleswig-Holstein zu verändern, so
wie es die Grünen - Frau von Kalben hat es vor wenigen Tagen noch einmal öffentlich deutlich gemacht - ja auch gezielt vorhaben.
Es darf auch nicht sein, dass sich diese Landesregierung auf Kosten der Kommunen bereichern will. Ich sage an dieser Stelle klipp und klar: Finanzmittel, die der Bund den Kommunen zur Entlastung bereitstellt, müssen auch bei den Kommunen ankommen.
Aber nicht nur bei den Mitteln für die Grundsicherung ist Transparenz für diese Landesregierung ein Fremdwort. Auch bei der FAG-Reform verstehen SPD, Grüne und selbst der SSW offenbar nur noch Spanisch.
Ich frage mich wirklich ernsthaft, ob der Minister sein eigenes Zahlenwerk selber überhaupt noch versteht, nachdem er zum fünften Mal an den unzähligen Stellschrauben des FAG gedreht hat und zu immer neuen Rechenergebnissen für einzelne Gemeinden kommt.
Erstens. Das FAG produziert wenige vermeintliche Gewinner auf Kosten zahlreicher Verlierer gerade in der Fläche.
Kreisen und Gemeinden werden Möglichkeiten genommen, auf die Herausforderungen der Zukunft zu reagieren, etwa beim demografischen Wandel oder beim Breitbandausbau.
Drittens. Die Reform wird teuer für die Bürger. Sie dürfen mehr bezahlen für kommunale Angebote. Die Koalitionsfraktionen haben in der letzten Debatte dazu ja auch noch die Erhöhung der Hebesätze für die Gemeindesteuern auf das bundesdeutsche Niveau vorgeschlagen.
Ich kann nur sagen: Das wäre ein Plus von 10 % bei der Grundsteuer, und mit einem solchen Vorschlag, liebe Kolleginnen und Kollegen der Koalition, konterkarieren Sie doch völlig Ihre Vorstellungen von bezahlbarem Wohnen und von der Mietpreisbremse.
Viertens. Sie schaffen Druck für eine kommunale Gebietsreform getreu dem Motto: Nimm den Gemeinden das Geld weg, dann werden sie sich schon zusammenschließen müssen. Wer in Ihren Koalitionsvertrag aus dem Jahre 2005 schaut
(Lachen SPD - Zurufe Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und Rasmus Andresen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] - Beifall Martin Habersaat [SPD])
- das ist sowohl bei der Bildungspolitik richtig als auch bei der Frage der kommunalen Strukturen -, der wird feststellen: Sie haben die kommunale Gebietsreform dort schon festgeschrieben, und Sie sollten den Menschen heute ehrlich sagen, was Sie mit der FAG-Reform tatsächlich erreichen wollen.