Protocol of the Session on March 21, 2014

(Unruhe)

Meine Damen und Herren! - Danke.

Herr Albig, Sie rühmen sich ja ständig Ihres angeblich so guten Verhältnisses zu den Kommunen aber nur, weil Sie den Kommunen Ihre Mogelpackung von der Rücknahme des FAG-Eingriffs unterjubeln wollen.

(Beifall CDU und FDP)

Ich kann Ihnen sagen: Die Gemeinden und Städte haben dies in Schleswig-Holstein längst durchschaut. Sie provozieren mit Ihrer FAG-Reform ganz bewusst eine Verfassungsklage der Kreise gegen das Land.

Also: Stellen Sie endlich diese Reform vom Kopf auf die Füße! Die Eckpunkte in unserem Entschließungsantrag geben Ihnen die Chance dazu.

(Vereinzelter Beifall CDU)

Herr Ministerpräsident, in Ihrer Regierungserklärung haben Sie vieles gesagt. Über vieles ist der Wind hinweggeweht, und vieles ist vergessen. Manchmal muss man sich aber die Zitate doch wieder ansehen. Sie haben damals gesagt:

„Der Weg hin zur Entscheidung muss akzeptiert sein… Das ist die Bedeutung von guter Bürgerbeteiligung.“

(Vereinzelter Beifall SPD)

Ich kann Ihnen nur sagen: Davon sind Sie beim FAG meilenweit entfernt. - Herzlichen Dank.

(Beifall CDU und FDP)

Das Wort für die SPD-Fraktion hat die Abgeordnete Beate Raudies.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Endlich, endlich liegt er auf dem Tisch des Hauses - der Gesetzentwurf der Landesregierung zur Reform des kommunalen Finanzausgleichs. Eine Reform des FAG steht seit vielen Jahren auf der politischen Agenda, und der Reformbedarf ist auch hier im Haus weitgehend anerkannt. Ich darf auf die Debatte in der letzten Tagung verweisen.

Lieber Herr Callsen, wenn Sie sagen, dieses Gesetz sei ein Stolperstein für viele Kommunen, dann sage ich Ihnen: Sie haben keine Ahnung, wie die kommunalen Finanzen in diesem Land im Detail aussehen. Das ist leider so.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW - Volker Dornquast [CDU]: Der war gut!)

Ich freue mich immer noch darüber, dass diese Landesregierung dieses Reformwerk angepackt hat.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Toll!)

Meine Damen und Herren Abgeordnetenkollegen, jetzt liegt es in unserer Hand, die Reform zu einem erfolgreichen Abschluss zu bringen.

(Vereinzelter Beifall SPD)

Zunächst einmal geht mein Dank an den Innenminister und seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die

(Johannes Callsen)

sich seit eineinhalb Jahren damit befasst haben, um uns heute diesen Gesetzentwurf vorzulegen. In diesen Dank möchte ich auch die kommunalen Landesverbände, den Landesrechnungshof und die Mitglieder des FAG-Beirats einbeziehen, die am ganzen bisherigen Verfahren ebenfalls beteiligt waren.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Meine Damen und Herren, über die Grundsätze des kommunalen Finanzausgleichs haben wir in diesem Haus bereits häufiger gesprochen. Es ist Aufgabe des Landes, im Rahmen seiner finanziellen Möglichkeiten für eine ausreichende und gerechte Verteilung der den Kommunen zustehenden Steuermittel zu sorgen und dabei die unterschiedliche Belastung mit Ausgaben auszugleichen. Gleichzeitig darf der Ausgleich nicht dazu führen, dass die Empfänger von Ausgleichsleistungen daraus dauerhaft Überschüsse erzielen.

Das bisherige System ist ungerecht und benachteiligt diejenigen, die viel für andere leisten und/oder hohe Soziallasten zu tragen haben. Die hohe Verschuldung vieler zentraler Orte, Kreise und der kreisfreien Städte ist kein Zeichen verantwortungsloser Haushaltswirtschaft, sondern einer fehlerhaften Verteilung der zur Verfügung stehenden Finanzmittel. Das Ziel der Reform ist daher, das Geld den Aufgaben folgen zu lassen, die Soziallasten besser als bisher abzubilden und das Verfahren transparenter zu machen. Das ist mit diesem Gesetzentwurf gelungen.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich jetzt auf einzelne Punkte des Gesetzentwurfs eingehen. Einer der Hauptkritikpunkte am Gesetzentwurf der Landesregierung ist - diesen Kritikpunkt hat auch Herr Callsen gerade wieder vorgetragen -, dass die neue Finanzverteilung die Landkreise benachteilige. Diesen Kritikpunkt werden wir im Rahmen des parlamentarischen Verfahrens sorgfältig prüfen. Dabei werden uns bis zur zweiten Lesung sicherlich noch aktuellere Zahlen zur Verfügung stehen. Die jetzigen Berechnungen, die Gewinn- und Verlustbilanzen der einzelnen Kommunen sind eine Momentaufnahme und werden sich bis zur zweiten Lesung noch einmal ändern, wenn nämlich die Zahlen der Mai-Steuerschätzung für Schleswig-Holstein vorliegen. Eine objektive Betrachtung der Kreisfinanzen wird auch dadurch erschwert, dass zurzeit noch nicht für alle Kreise vollständige Jahresabschlüsse vorliegen. In der Vergangenheit haben die

Jahresrechnungen der Kreise häufig eine verbesserte Finanzlage ausgewiesen.

Es wird also spannend werden, sich die aktualisierte Finanzplanung aller Kreise und kreisfreien Städte genau anzuschauen, denn auch die FAG-Masse ist von 1,141 Milliarden € in 2012 auf 1,411 Milliarden € in 2014, also um rund 300 Millionen €, gestiegen.

Bei näherer Betrachtung zeigen sich im System noch einige Unwuchten, um die wir uns im parlamentarischen Verfahren kümmern sollten. So haben die Gutachter des NIW nachgewiesen, dass die Städte und Gemeinden, die Aufgaben für das Umland erfüllen, für diese Funktion nicht ausreichende Mittel erhalten. Als Folge des Gutachtens sieht der Gesetzentwurf eine Erhöhung des Topfs für die übergemeindlichen Aufgaben auf 15,16 % der Schlüsselmasse vor. Von dieser Steigerung profitieren bisher allerdings nicht die ländlichen Zentralorte und die Stadtrandkerne 1. und 2. Ordnung. Hier stellten die Gutachter sogar einen Minderbedarf fest. Dieses auch für mich überraschende Ergebnis muss sicher noch weiter erörtert werden.

Ich habe heute den „Kieler Nachrichten“ entnehmen können, dass die Kollegin Nicolaisen, die heute bedauerlicherweise nicht an der Sitzung teilnehmen kann, gesagt hat, der Bedarf der zentralen Orte steige, gerade was die Finanzierung von Büchereien und Kinderbetreuungskosten angehe. Dem will ich durchaus zustimmen. Aber diese Mittel kommen ja gerade nicht aus der Schlüsselmasse, sondern die werden über Vorwegabzüge oder außerhalb der Schlüsselmasseverteilung im FAG zugewiesen. Das war vielleicht nicht das passende Beispiel.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW - Zuruf Johannes Callsen [CDU])

In der Gruppe der sogenannten abundanten, also der wohlhabenden Gemeinden gibt es ebenfalls Auffälligkeiten. Durch die Zusammenfassung der zusätzlichen Kreisumlage mit der FAG-Umlage steigt in den abundanten Städten und Gemeinden, deren Steuerkraft nur knapp über dem Grundbetrag liegt, die Belastung progressiv an. Zusätzlich trifft diese Gemeinden der höhere Ausgleich bei den Gemeindeschlüsselzuweisungen und das damit verbundene Absinken des Grundbetrags. Hier sollten wir prüfen, ob innerhalb der Gruppe der abundanten Gemeinden noch Verschiebungen möglich sind.

Aber um auch dies noch einmal deutlich zu sagen: Es ist eine Frage der interkommunalen Solidarität, dass nicht so leistungsstarke Kommunen an der Finanzkraft starker Kommunen teilhaben.

(Beate Raudies)

Ich möchte die Gelegenheit aber auch nutzen, um auf die Highlights des neuen FAG hinzuweisen. Zum ersten Mal werden im FAG die Soziallasten berücksichtigt, die Kreise und kreisfreie Städte zu tragen haben. Das war auch höchste Zeit.

(Beifall SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Denn bei genauerem Hinsehen müssen wir feststellen, dass die Kommunen, die große soziale Lasten tragen, bisher nicht auskömmlich ausgestattet sind. Maßgebend für die Berechnung des neuen Soziallastenausgleichs sind die Einwohnerzahl, die Einnahmen, also Steuer- oder Umlagekraft, sowie die Anzahl der Personen in Bedarfsgemeinschaften. Die Bezugsgröße „Personen in Bedarfsgemeinschaften“ scheint ein guter Indikator für alle sozialen Leistungen zu sein, also sowohl für die Kosten der Unterkunft nach SGB II, die Kinder- und Jugendhilfe nach SGB VIII oder die Sozialhilfe nach SGB XII. Wichtig dabei ist auch: Dieser Indikator ist nicht beeinflussbar.

Im kreisangehörigen Bereich profitieren Städte und Gemeinden mit hohen Soziallasten vom Wegfall der sogenannten KdU-Umlage. Über diese Umlage werden derzeit die Wohnortgemeinden an den Kosten der Unterkunft beteiligt. Aufgabenträger sind aber die Kreise; diese erhalten folglich höhere Schlüsselzuweisungen. So entlastet die Streichung der KdU-Umlage nicht nur den kreisangehörigen Bereich, sondern führt auch zum Wegfall von Bürokratieaufwand. Denn diese Umlage wird ja bisher zwischen Kreisen und Gemeinden abgerechnet. Was für ein Aufwand, nur um innerhalb zweier Kommunalgruppen Geld zu verschieben! Künftig liegen Aufgabe und Finanzierung in einer Hand.

Meine Damen und Herren, der Gesetzentwurf sieht auch erstmalig eine regelmäßige Evaluation, also eine Überprüfung der Verteilungsschlüssel vor. Alle fünf Jahre werden künftig die kommunalen Finanzströme überprüft. Die erste Evaluation erfolgt bereits nach einem Jahr, also zum Finanzausgleichsjahr 2016. Das ist gut. Wir werden nie wieder 40 Jahre rückblickend sagen müssen: „Wir wissen nicht, wie das FAG zustande gekommen ist.“

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

So wird eine Anpassung möglich, wenn den Kommunen neue Aufgaben zuwachsen oder übertragen werden oder wenn Kosten durch Dritte erstattet werden. So geschieht es etwa bei den Kosten der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung, die inzwischen vollständig der Bund über

nimmt, oder auch bei den Betriebskosten für die Betreuung der Krippenkinder, in die das Land bis 2017 mit 80 Millionen € jährlich einsteigen wird.

Meine Damen und Herren, auf breite Unterstützung in meiner Fraktion stößt auch die Bereitstellung von 13,5 Millionen €, die das Land künftig den Kreisen und kreisfreien Städten zur Finanzierung der Schulsozialarbeit und des Hortmittagessens zur Verfügung stellt. Mit diesen zusätzlichen Landesmitteln können die Kommunen die Schulsozialarbeit in Schleswig-Holstein nun quantitativ und qualitativ sichern. Damit setzen wir einen wichtigen Akzent für bessere Bildungschancen.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Erlauben Sie mir an dieser Stelle abschließend noch einige Anmerkungen zum Entschließungsantrag der CDU-Fraktion. Ich freue mich, dass heute ein Antrag auf dem Tisch liegt, der uns Gelegenheit gibt, nun tatsächlich auch einmal im Detail über einzelne Punkte zu reden statt nur über allgemeine, nebulöse Anmerkungen.

(Beifall SPD - Zuruf Johannes Callsen [CDU]: Das ist auch nötig!)

- Ja, bisher war das immer nur ein Stochern im Nebel. Jetzt wird es konkreter.

Es heißt, der Finanzbedarf der Kommunen sei nicht ermittelt worden. Ich warte im Ausschuss auf konstruktive Vorschläge dazu, wie wir den Finanzbedarf der Kommunen ermitteln, vielleicht mit einem Durchschnittskostensatz pro Einwohner nach Gemeindegröße plus Zuschläge für Schulen, Büchereien, Theater oder Sportstätten minus Abschläge für Schwimmbäder oder ähnliche kostenträchtige Einrichtungen. Ganz ehrlich: Ich finde, die Methode „Einnahmen minus Ausgaben“ ist durchaus eine gute Methode, um den Finanzbedarf einer Kommune zu ermitteln.

(Beifall SPD)