Protocol of the Session on March 21, 2014

Wie bei den Gemeindesonderschlüsselzuweisungen gilt auch hier: Die Zusammenführung von zusätzlicher Kreisumlage und Finanzausgleichsumlage wirkt sich auf die einzelnen Gemeinden unterschiedlich aus. Ja, es gibt unter den steuerstarken Gemeinden auch solche, die von der Systemumstellung profitieren würden. In der Summe führt die Reform für abundante Gemeinden jedoch zu einer Mehrbelastung von 4 Millionen €. Von einer Umverteilung von unten nach oben kann also überhaupt nicht die Rede sein.

Viertens. Durch die systematischen Änderungen haben wir uns ein wenig vom Gutachtenergebnis entfernt. Das Aufkommen aus Kreisumlage und Finanzausgleichsumlage sinkt durch die Reform etwas ab. Beide Umlagen sind für die Neuverteilung der Schlüsselmasse jedoch wichtig. Durch eine Anpassung der Nivellierungssätze erhöhen wir die Bemessungsgrundlage beider Umlagen und damit auch deren Aufkommen. In der Summe ändert sich das Umlagevolumen durch die Reformen kaum.

Fünftens. Wir erhöhen die Darlegungspflichten für Kreisumlageerhöhungen.

(Beifall Burkhard Peters [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Damit begegnen wir den reflexartigen Ankündigungen mancher Kreise, die Kreisumlagesätze aufgrund der FAG-Reform anzuheben. Werden die Reformgewinne der kreisangehörigen Gemeinden und Städte durch eine höhere Kreisumlage aufgefressen, würde das Gutachtenergebnis ad absurdum geführt werden.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Deswegen bin ich der Forderung des Gemeindetags nach einer Erhöhung der Darlegungspflichten gern nachgekommen. Die Forderungen von Gemeindetag und Städteverband waren jedoch unisono weitreichender. Sie forderten einen Genehmigungsvorbehalt des Innenministeriums. Ich verschließe mich diesem Ansinnen nicht grundsätzlich. Trotzdem habe ich ihn in unserem Gesetzentwurf bewusst nicht vorgesehen, denn ich setze auf einen verstärkten Dialog zwischen Kreisen und kreisangehörigen Gemeinden. Eine Genehmigungspflicht könnte sogar der Totengräber dieses Dialogs werden. Das möchte ich nicht.

Sechstens. Eine weitere wesentliche Änderung stellt die Einführung von regelmäßigen anlassbezogenen Evaluationen dar. Dadurch tragen wir potenziellen Änderungen in der kommunalen Landschaft Rechnung und verwenden möglichst aktuelle Werte.

Eine erste Evaluation werden wir bereits 2015 für das FAG 2016 vornehmen. Das neue FAG ist ein atmendes System. Es ist nicht starr, nicht unflexibel und auch nicht nach kurzer Zeit überholt. Wir passen unsere Systematik sich verändernden Aufgaben an.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Darüber hinaus bietet sich dem Landtag die Möglichkeit, den Gutachtenzeitraum noch während des parlamentarischen Verfahrens auf das Jahr 2012 auszudehnen. Damit hätten wir quasi zwei Evaluationen in zwei Jahren. Mehr Aktualität ist nicht möglich.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Einnahmen von Land und Kommunen haben sich in den letzten Jahren sehr positiv entwickelt. Derzeit verzeichnet die Finanzausgleichsmasse beträchtliche Zuwächse. All das führt dazu, dass sich die finanzielle Situation der Kommunen in Summe stetig verbessert. Angesichts dieser Entwicklungen habe

(Minister Andreas Breitner)

ich keinen Anlass, an der Auskömmlichkeit des kommunalen Finanzausgleichs zu zweifeln.

Darüber hinaus darf nicht vergessen werden: Schleswig-Holstein ist ein Konsolidierungsland. Es befindet sich im Sanierungsverfahren des Stabilitätsrats und erhält Konsolidierungshilfen. Daher besteht kaum Spielraum für eine Erhöhung der Finanzausgleichsmasse.

Gleichwohl gilt: keine FAG-Reform ohne zusätzliche Mittel. - Wir nehmen daher die FAG-Reform zum Anlass, weitere 13,5 Millionen € über den Gesetzentwurf für Schulsozialarbeit und Hortmittagessen zur Verfügung zu stellen. Damit führen wir eine ausgelaufene Förderung des Bundes fort und das für eine Aufgabe wie die Schulsozialarbeit.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Sie ist uns aus bildungspolitischen Gründen zu wichtig, als sie auf die lange Finanzierungsbank zwischen Bund, Ländern, Land und Kommunen zu schieben.

Statt uns an dieser Stelle über die Frage zu streiten, welche staatliche Ebene wann was bezahlt, übernehmen wir die Finanzierung lieber gleich selbst. Betroffene Schülerinnen, Schüler und Eltern erwarten zu Recht von uns, dass diese wichtige Aufgabe fortgeführt wird. Welche staatliche Ebene was davon bezahlt, ist ihnen letztlich egal.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, der reformbegleitende Dialogprozess endet nicht mit dem parlamentarischen Verfahren. Ich kann Ihnen aus eigener Erfahrung sagen: Diese intensive Form der Kommunikation ist fordernd und arbeitsaufwendig, sie bringt aber auch Spaß, denn sie ist anregend, hilfreich und gewinnbringend. Sie kann, wenn man sie ernst nimmt, dazu führen, dass man Änderungen macht.

Bei dieser Gelegenheit möchte ich mit einem offensichtlichen Missverständnis aufräumen. Wenn ich von „Dialog“ spreche und ihn umfassend praktiziere, so ist damit keinesfalls gemeint, dass alle Fragen am Ende im Konsens gelöst werden könnten.

Das ist im Übrigen ebenso wenig zutreffend wie die häufige Gleichsetzung von Transparenz und Verständlichkeit. Wir haben all unsere Überlegungen und Bestimmungen im Gesetzentwurf zu jeder Zeit jedem zugänglich gemacht. Damit ist jedoch nicht verbunden, dass alle Regelungen und Stellschrau

ben für jeden sofort und einfach nachzuvollziehen sowie eingängig sind. Kommunaler Finanzausgleich ist eben nicht nur wichtig, sondern auch sehr komplex. Er bleibt ein Thema für finanz- und kommunalpolitische Feinschmecker.

(Heiterkeit Lars Harms [SSW])

Die Erwartung, Transparenz bedeute, 1,4 Milliarden € schwere Reformvorhaben unabhängig vom inhaltlichen Abstand des Zuhörers zum FAG einfach und jedem verständlich in wenigen Sätzen erläutern zu können, geht fehl.

(Beifall Dr. Patrick Breyer [PIRATEN])

Meine sehr geehrten Damen und Herren, jeder von uns muss sich schließlich an Folgendem messen: Geht es ihm in diesem Land um eine einzige Kommune - zum Beispiel um seine Heimatkommune -, geht es ihm um vier Kommunen - die kreisfreien Städte -, geht es um elf Kommunen - die Kreise -, um 79 Kommunen - die abundanten Gemeinden -, oder geht es ihm um alle 1.121 Kommunen in Schleswig-Holstein? Das ist die Gretchenfrage der FAG-Reform. Unsere Antwort lautet: Uns geht es um alle Kommunen im Land.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Das neue FAG wird modern, aufgabenbezogen, sozial gerecht, einfacher, transparenter und verfassungsfest. Es wird vor allem sämtlichen Kommunen gleichermaßen gerecht.

Nutzen Sie diese hervorragende Grundlage für die kommenden Beratungen! Ich freue mich, nach eineinhalb Jahren des Dialogs mit Dritten jetzt auf die intensive Zeit unseres Gesprächs mit Stellungnahmen, Anhörungen und Debatten.

Die Kommunen im Land haben einen Anspruch auf diese abschließende Phase eines bedeutenden Reformvorhabens. - Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Anhaltender lebhafter Beifall SPD, BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN und SSW - Beifall Hartmut Hamerich [CDU])

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Landesregierung hat die vereinbarte Redezeit um 12 Minuten überzogen. Diese Redezeit steht damit selbstverständlich auch allen Fraktionen zur Verfügung.

(Minister Andreas Breitner)

Lassen Sie mich Ihnen mitteilen, dass auch der Kollege Wolfgang Dudda erkrankt ist. Wir wünschen auch ihm gute Besserung!

(Beifall)

Ich begrüße auf der Tribüne den ehemaligen Kollegen und Staatssekretär a. D. Uwe Jessen. Seien Sie uns herzlich willkommen!

(Beifall)

Das Wort für die CDU-Fraktion hat der Herr Oppositionsführer, der Abgeordnete Johannes Callsen.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nach mehreren Fehlstarts hat es Minister Breitner heute geschafft, seinen Reformentwurf endlich in den Landtag einzubringen. Das ist die einzige Leistung, die überhaupt anerkennenswürdig ist.

(Lachen Dr. Ralf Stegner [SPD])

Es ist schwer vorstellbar, dass es nach den Irrungen und Wirrungen der letzten Monate mittlerweile in Schleswig-Holstein überhaupt noch jemanden gibt, der diesen Gesetzentwurf bejubelt.

Man muss nur nach Nordfriesland schauen. Selbst Kreistagsabgeordnete der SPD fühlen sich durch das FAG gebeutelt. SSW-Kreistagsabgeordnete sehen sich sogar gezwungen, an den Anstand dieser Landesregierung zu appellieren. Wie beschämend ist das für Ihre Regierung, Herr Albig?

(Beifall CDU und FDP)

Herr Breitner, Sie posten heute, Sie würden einen Meilenstein vorlegen. Ich kann nur sagen: Diese FAG-Reform wird für viele Kommunen in Schleswig-Holstein zu einem Stolperstein.

Nachdem der Minister den ursprünglichen Entwurf des Entwurfs im September letzten Jahres präsentiert hatte, musste er schon prompt zum ersten Mal nacharbeiten. Erst war die Zahlengrundlage falsch, dann verdonnerte der Ministerpräsident höchstpersönlich seinen Innenminister zum Nachsitzen. Daraufhin wurde auch die zweite Kabinettsbefassung verschoben.

Herr Breitner, für mich ist völlig unerklärlich, wie Sie in Ihrem Zeitplan jetzt trotzdem weiter fortschreiten können, zumal die Kommunen im Herbst Planungssicherheit darüber brauchen, wie die Zahlen für das kommende Haushaltsjahr aussehen.

(Beifall CDU)

Auch der Entwurf, den wir heute behandeln, wird nicht der letzte sein; da bin ich mir sehr sicher. Dafür muss niemand in diesem Hause ein Hellseher sein.

(Zurufe SPD)