Protocol of the Session on August 23, 2012

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Aber natürlich geht es nicht nur um die Anzahl der Praxiswochen, sondern auch darum, sie pädagogisch und wissenschaftlich zu begleiten. Wir werden uns auch für eine bessere Studieneingangsphase starkmachen. Die Studierenden sollen ganz am Anfang einen realistischen Eindruck vom Lehramt erhalten. So könnten die massiv hohen Studienabbrecherquoten, die es auch in Lehramtsstudiengängen gibt, gesenkt und die Ressourcen zielgerichteter eingesetzt werden.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Und wir wollen eine individuellere Ausrichtung auf Stärken und Schwächen der Schülerinnen und Schüler unterschiedlichen Alters. Unabhängig von der Schulform rücken wir die Schülerinnen und Schüler in den Mittelpunkt.

Es geht darum, die Stärken unserer unterschiedlichen Hochschulen optimal zu nutzen und miteinander zu kombinieren. Wir sind deshalb für bessere Mobilität zwischen den Standorten. Es kann doch nicht sein, dass es in der Hand von einzelnen Professoren liegt, ob Prüfungsleistungen der jeweiligen anderen Universität anerkannt werden oder nicht. Wir fordern die Hochschulen deshalb auf, eine Mobilitätsvereinbarung zu verhandeln, um die Durchlässigkeit im Sinne der Studierenden deutlich zu erhöhen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Ich möchte abschließend noch zu den beiden Anträgen, sowohl von Ihrer Fraktion, Herr Vogt, der FDP, als auch zu dem Antrag der CDU-Fraktion, etwas sagen. Herr Günther, ich habe mich sehr darüber gefreut, dass Sie sich, endlich zurück in der Opposition, mit der Lehrerbildung auseinandersetzen und anscheinend auch schon die ersten Einrichtungen besucht haben. Das ist grundsätzlich zu begrüßen. Es ist auch nicht so, dass in Ihrem Antrag per se etwas Falsches steht. Wir unterstützen auch das Konzept der Uni Flensburg, wir wollen aber nicht, dass es als Stoppschild für die Lehrerbildung missbraucht wird, es sozusagen als Schlussstrich gilt für das, was noch an Reformen passieren soll. Wir können Ihrem Antrag deshalb leider nicht zu

stimmen und bringen in unserem Antrag zum Ausdruck, dass es ein gutes Konzept ist, es jedoch nicht der Schluss, sondern erst der Anfang ist.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Zum Antrag der FDP, zur ersten hochschulpolitischen Initiative meines sehr geschätzten Kollegen Vogt, bleibt mir nicht viel zu sagen. Ich habe gedacht, dass mit der Herabstufung des Bildungsministers in dem Bereich die Idee des Staatsexamens ausgestorben wäre. Denn das ist wirklich eine Idee, die man von den wenigsten hört. Dazu hört man von den Hochschulen wenig Unterstützung. Aber sonst inhaltlich in dem Bereich wenige Ideen zu haben, das ist keine Lösung.

Herr Kollege, Sie müssen zum Schluss kommen.

Deswegen können wir diesen Antrag aus vollster Überzeugung ablehnen. - Danke schön.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Für die Fraktion der FDP hat der soeben angesprochene Kollege Christopher Vogt das Wort.

Frau Präsidentin. Meine Damen und Herren! Ich bedanke mich für die Begrüßung durch den Kollegen Rasmus Andresen in der Runde der hochschulpolitischen Sprecher. Die neue Koalition - Sie haben es ja angesprochen - hat in ihrer Koalitionsvereinbarung, über die schon viel gesprochen und vor allem geschrieben wurde, deutlich gemacht, dass sie die von der bisherigen Koalition eingeleitete Neuordnung der Lehramtsausbildung in der bisher geplanten Form nicht umsetzen wird. Sie möchte stattdessen das Stufenlehrermodell durchsetzen, das meine Fraktion für den Bildungsstandort Schleswig-Holstein für völlig kontraproduktiv hält.

(Beifall FDP)

Meine Damen und Herren, machen wir doch uns und den Betroffenen nichts vor! Im Bereich der Lehrerbildung kann man auch Bildungsstrukturpolitik machen. Indem der Fokus in der Lehrerausbildung auf gewisse Schwerpunkte gelegt wird, ist

(Rasmus Andresen)

es möglich, bestimmte Schulformen zu stärken und andere zu schwächen. Genau das wird hier von Ihnen beabsichtigt. Die schönen Worte, die dort immer vorgebracht werden, bringen relativ wenig. Auch für die Bildungskonferenz bringen sie relativ wenig, da Sie sich schon für das Stufenlehrermodell ausgesprochen haben. Insofern ist es schön, dass Sie offiziell verlautbaren lassen, dass Gymnasien als eigenständige Säule neben der Gemeinschaftsschule stehen sollen. Durch die Änderung der Lehrerausbildung in Richtung Stufenlehrer tritt aber aus unserer Sicht faktisch eine Schwächung der Gymnasien ein.

(Beifall FDP)

Indem Sie den Gymnasien ein eigenständiges Lehramt wegnehmen und nur noch nach Sekundarstufe I und II ausbilden wollen, zerstören Sie eine qualitativ hochwertige Ausbildung, um über diesen Weg Ihr Langfristziel „eine Schule für alle“ schrittweise durchzusetzen. Wenn Sie etwas anderes erzählen, entspricht das nicht ganz der Wahrheit. Man kann das Stufenlehrermodell gut finden oder auch nicht. Wir warnen Sie auf jeden Fall vor diesem Weg. Wenn die Koalition es trotzdem umsetzen möchte, wäre es aus unserer Sicht ein Gebot der Transparenz und der Offenheit, offen zu kommunizieren, was das Ziel dieser Ausbildung ist.

(Zuruf Abgeordneter Dr. Ralf Stegner [SPD] - Wolfgang Kubicki [FDP]: Sie werden nicht gut ausgebildet? Wollen Sie das sagen?)

- Frau Kollegin von Kalben, lieber Herr Kollege Kubicki - ich will nicht stören; ich mache einfach weiter. - Frau Ministerin Wende hat gegenüber der der „taz“ - auch Liberale lesen jeden Tag mit Freude die „taz“

(Beifall)

so weit ist es schon gekommen vom 6. August 2012 auf die Frage, ob das Gymnasium erhalten bleiben sollte, gesagt - ich zitiere Frau Professor Waltraud Wende -:

„Ja, weil ich akzeptiere, dass viele Eltern ihre Kinder an das Gymnasium schicken wollen.“

Das ist ein Satz wie in Stein gemeißelt. Was Sie damit eigentlich sagen wollen, ist nichts anderes, als dass Sie das Gymnasium als eigenständige Schulform maximal dulden, Sie es aber nicht weiter unterstützen wollen. Das ist das Problem, das wir an dieser Stelle damit haben.

(Beifall FDP und CDU)

Frau Ministerin, es sollte Ihnen nicht um die Nivellierung gehen, es sollte Ihnen vielmehr darum gehen, die jeweiligen Fähigkeiten und Begabungen der Schülerinnern und Schüler bestmöglich zu fördern, nicht nur an den Gemeinschaftsschulen, sondern auch an den Gymnasien. Dabei muss Ihnen egal sein, ob die Gymnasien von Ihnen als ungeliebtes Kind angesehen werden oder nicht, viel wichtiger ist doch die Frage, ob das Angebot vor Ort von den Menschen angenommen wird. Das scheint beim Gymnasium nach wie vor ganz offensichtlich der Fall zu sein. Deshalb muss auch dort die Bildungsqualität verbessert und nicht verschlechtert werden.

(Beifall FDP, CDU, Abgeordnete Birgit Her- dejürgen [SPD] und Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

- Kollege Habersaat, Applaus von Ihrer Seite, muss ich ganz ehrlich sagen, macht mich ein wenig fertig. Wenn wir uns zumindest in den Grundsätzen einig sind, ist das schon einmal viel wert.

Meine Damen und Herren, ich möchte jetzt gar nicht über die Verteilung der 300 zusätzlichen Lehrerstellen reden, das Thema hatten wir schon. Auch dort kommt das Gymnasium nicht so toll weg, wie sich das der eine oder andere gewünscht hätte.

Vielleicht noch abschließend - weil mir die Zeit gerade davonläuft - zu den Anträgen, lieber Kollege Günther. Ihrem Antrag können wir leider nicht ganz zustimmen. Wir haben - wie Sie schon gemerkt haben - einen Änderungsantrag gestellt, weil wir Ihren Weg für den zweitbesten Weg halten und wir - wie gesagt - den Abschluss eines Staatsexamens für den besseren halten.

(Wortmeldung Abgeordneter Rasmus Andre- sen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

- Nein, ich lasse keine Zwischenfrage zu, Kollege Andresen. - Schade, ja.

Wir halten nach wie vor den Weg des Staatsexamens für den besseren. Unsere Bedenken kennen Sie ja. Unter anderem halten wir ihn aus finanziellen Gründen für besser.

Den unter anderem blumigen Antrag der Koalition lehnen wir mit ebenso großer Überzeugung ab, wie Sie das bei unserem tun werden. Insofern freue ich mich auf die Abstimmung. Wir werden unseren Antrag aufrechterhalten und diesen Weg weiter propagieren. - Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall FDP)

(Christopher Vogt)

Für den SSW erteile ich der Frau Abgeordneten Jette Waldinger-Thiering das Wort.

Sehr geehrte Frau Landtagspräsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Dass Veränderungen an den Schulstrukturen immer auch Veränderungen bei der Lehrerausbildung nötig machen, sollte eigentlich allen klar sein. Ich sage „eigentlich“, weil die Vorgängerregierung doch recht lange gebraucht hat, um diese Notwendigkeit zu erfassen und entsprechende Schritte einzuleiten.

Nach Meinung des SSW hätte bereits zeitgleich mit der Schulreform 2007 eine Reform der Lehrerbildung in Angriff genommen werden müssen. Weil diese Chance vertan wurde, hätte die Neuordnung der Lehramtsstudiengänge eigentlich ganz oben auf der To-do-Liste von Schwarz-Gelb stehen müssen. Doch statt eine Modernisierung anzugehen, hat man zwischenzeitlich sogar mit der Rückkehr zum Staatsexamen geliebäugelt.

Erst Ende März dieses Jahres konnte man sich zu dem Beschluss durchringen, dass es ab dem Wintersemester 2013/2014 an der Uni Flensburg erstmals ein neues Lehramt für Regional- und Gemeinschaftsschulen und ein eigenständiges Lehramt für Grundschulen geben soll. Dass es nun plötzlich alles ganz schnell gehen und dieses Konzept unverzüglich umgesetzt werden muss, ist uns klar. Doch ein merkwürdiger Beigeschmack bleibt.

Wie schon gesagt, sehen auch wir bei der Weiterentwicklung der Lehrerausbildung ohne Zweifel dringenden Handlungsbedarf. So stehen zum Beispiel die Grundschulen und damit die hier tätigen Lehrkräfte in Zukunft vor großen Herausforderungen. Diesen Umstand und die Tatsache, dass bis heute Lehrer für Schularten ausgebildet werden, die es überhaupt nicht mehr gibt, haben wir natürlich im Blick. Ich will an diesem Punkt - und vor dem Hintergrund des Konzepts zur Neuordnung der Lehramtsstudiengänge der Uni Flensburg - ganz deutlich sagen: An der von der Vorgängerregierung in Auftrag gegebenen Umsetzung werden wir selbstverständlich festhalten. Die CDU weist in ihrem Antrag nochmals freundlich darauf hin, dass die Akkreditierung der derzeitigen Lehramtsstudiengänge Ende 2013 ausläuft. Natürlich ist uns bekannt, dass wir hier schnell handeln müssen. Das ist gar keine Frage. Trotzdem möchte ich auf eine Tatsache aufmerksam machen: Wir erwarten erst in diesen Tagen die detaillierte Beschreibung der neu

en Lehramtsstudiengänge. Es dürfte doch jedem klar sein, dass das Akkreditierungsverfahren erst im Anschluss eingeleitet werden kann.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von CDU und FDP: Ich kann Sie also beruhigen, wir werden diesen Prozess auf keinen Fall verzögern. Uns muss dabei aber klar sein, dass die Umsetzung dieses Konzepts nur der erste Schritt für eine zukunftsfähige Lehrerbildung sein kann. Die Landesregierung muss den Dialog mit der Christian-Albrechts-Universität aufnehmen, um ein Konzept zur Modernisierung der dortigen Lehramtsstudiengänge auf den Weg zu bringen. Darüber hinaus ist es erklärtes Ziel dieser Regierung, schon bald ein Lehrerbildungsgesetz zu erarbeiten. Hierdurch soll unter anderem die Kooperation und Mobilität zwischen Flensburg und Kiel gestärkt werden. Dabei sollen selbstverständlich auch die Stärken beider Standorte berücksichtigt werden, sodass für beide Universitäten eine langfristige Perspektive entsteht. Das halten wir für eine gute Idee.

(Beifall SSW und vereinzelt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Aus Sicht des SSW ist in Sachen Lehrerbildung aber auch darauf zu achten, dass die Minderheitensprachen ausreichend berücksichtigt werden. Ich will nur daran erinnern, dass zum Beispiel die Unterrichtsversorgung für Friesisch nach wie vor ungenügend ist. Deshalb fordern wir hier selbstverständlich weiterhin einen Ausbau der Angebote.

Es lässt sich also festhalten, dass wir nicht nur das Konzept zur Neuordnung der Lehramtsstudiengänge der Uni Flensburg umsetzen, sondern die gesamte Lehrerbildung im Land zukunftsfähig aufstellen,

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Und was ist mit Hamburg!)

denn perspektivisch wird ein gemeinsames Modell der Hochschulen für die Lehrerbildung in Schleswig-Holstein entstehen. Dies wäre nicht weniger als ein großer Fortschritt in der Lehrerbildung in unserem Land.