Protocol of the Session on August 23, 2012

Da Sie die Verknüpfung gebracht haben, möchte ich noch einmal eine Lanze für die Universität Kiel brechen. Dass frischer Wind, wenn er aus der falschen Richtung weht, eine ganze Menge Gestank verbreiten kann, das musste die Frau Ministerin in der letzten Zeit erleben. Frau Professor Wende, die Lehramtsausbildung in Kiel in der Öffentlichkeit als suboptimal zu bezeichnen und zu sagen, sie lasse zu wünschen übrig, ist stillos, zumal Sie sich noch nicht einmal ein Bild davon gemacht haben. Bei einer Präsidentin der Flensburger Universität

hätte man vielleicht noch von einem groben Foulspiel gesprochen. Jetzt aber haben Sie sogar Ihre eigenen Mitarbeiter umgeruppst. Ich finde: Wer öffentlich seine eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kritisiert, der könnte tatsächlich ein Praktikum am Zentrum für Lehrerbildung machen. Dort können Sie einiges in Sachen Motivation und Mitarbeiterführung lernen.

(Rasmus Andresen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was hast Du eigentlich in den letzten Jahren für Kontakte zu Hochschulen gehabt?)

Ich bleibe beim Fußball. Frau Ministerin, ich möchte Ihnen dringend etwas empfehlen: Manche mögen es als erfrischend empfinden, wenn Sie einmal so und einmal so reden, immer so, wie der Schnabel gerade gewachsen ist. Ich finde, Sie sind gerade auf dem besten Weg, sich zum Giovanni Trappatoni der schleswig-holsteinischen Landespolitik zu entwickeln.

(Zuruf Abgeordneter Dr. Ralf Stegner [SPD])

Das ist ein hoher Unterhaltungswert bei einer sehr geringen Halbwertszeit.

Dem Antrag der FDP können wir auch nicht zustimmen. Sie wissen genau, dass ein Zurück zu den Staatsexamina überhaupt nicht mehr möglich ist. Die Studiengänge müssen 2013 akkreditiert werden. Ihr Antrag bedeutet im Kern, dass die Lehrerausbildung ab dem nächsten Wintersemester in Flensburg nicht mehr stattfinden kann. Deshalb kann ich nur an Sie appellieren, diesen Antrag zurückzuziehen und stattdessen unserem Antrag zuzustimmen.

Zum Abschluss möchte ich sagen: Frau Professor Wende, Sie haben am 27. März 2012 eine super Presseerklärung gewählt:

„In beispielloser Teamarbeit ist es uns… gelungen, ein… exzellentes und innovatives Modell zu entwickeln.“

- Dem können wir alle gemeinsam nur zustimmen.

(Beifall CDU)

Für die SPD-Fraktion erteile ich dem Herrn Abgeordneten Martin Habersaat das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! In der Hochschullandschaft gibt es immer wieder Debat

(Daniel Günther)

ten über den Sinn und Nutzen von Akkreditierungsagenturen. Unabhängige Experten sind unterwegs und versehen die Studiengänge mit einem Qualitätssiegel. Das musste im Rahmen des BolognaProzesses mit allen neuen Bachelor- und Masterstudiengängen passieren, und das haben wir hier im Hause häufig besprochen. Meines Wissens nach dürfen in Deutschland derzeit zehn Agenturen dieses Siegel vergeben, die damit gutes Geld verdienen und teilweise dafür, teilweise aber auch für ihre Begutachtungen kritisiert werden.

Dabei geht es sehr viel billiger. Viel Aufwand könnten wir den deutschen Hochschulen ersparen, wenn wir die Kollegen Daniel Günther und Heike Franzen künftig an den Akkreditierungsrat ausleihen.

(Dr. Ralf Stegner [SPD]: Oha!)

In einer Pressemitteilung vom 21. August 2012 berichten die beiden von einem Besuch des Zentrums für Lehrerbildung der CAU am selben Tag. Diese Pressemitteilung war um 14:49 Uhr online in unserem Landtagssystem. Ein einziger Vormittag reichte Ihnen beiden, um festzustellen: Alle Lehramtsstudiengänge an der CAU, an der man 27 Fächer in verschiedenen Kombinationen mit den Abschlüssen Bachelor und Master studieren kann, sind fachwissenschaftlich hervorragend und pädagogisch ausgezeichnet. Es gibt in allen 27 Fächern nichts zu verbessern, alles ist perfekt, wunderbar!

(Beifall SPD und SSW)

Es kam ein Qualitätssiegel drauf, fertig. Das geschah in nicht einmal vier Stunden. Wie viel einfacher könnte die Hochschulwelt sein, wenn Sie durch die Hochschulen dieser Welt tigerten und die Stempel verteilten!

Nun sind allerdings für Akkreditierungen in der Wirklichkeit unabhängige Experten nötig. Man kann die Tatsache, dass jemand keinerlei Verbesserungsmöglichkeiten sieht, entweder darauf zurückführen, dass es tatsächlich keine Verbesserungsmöglichkeiten gibt. Es kann aber auch daran liegen, dass derjenige vielleicht nicht imstande oder nicht willens ist, Verbesserungsmöglichkeiten zu erkennen. Es ist kein Geheimnis, dass selbst an der CAU Stimmen vorhanden sind, die eine Verbesserung der Ausbildung von Lehrerinnen und Lehrern für möglich halten und die sogar bereit sind, mit der Landesregierung über solche Verbesserungen zu sprechen.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

In der 16. Legislaturperiode hat eine Große Koalition die Schulstrukturen in Schleswig-Holstein grundlegend verändert. Es wäre ein zwingender nächster Schritt gewesen, die Lehrerausbildung schnell entsprechend zu novellieren. Nun ist dies in Ansätzen in der letzten Legislaturperiode geschehen, allerdings wurde die abgewählte Landesregierung teilweise behindert, und zwar von sich selbst. Da tauchte im Wahljahr 2011 sogar ein Dinosaurier aus dem Sommerloch auf. Es war aber nicht Nessie, sondern die vom Bildungsminister propagierte Rückkehr zur Staatsexamensausbildung. Niemand sonst wollte diese Rückkehr, aber noch im November 2011 beharrte das Ministerium in seinem Bericht auf dem Staatsexamen als Option gegenüber konsekutiven Studienabschlüssen.

Inzwischen ist in Flensburg ein Schritt in die richtige Richtung gelungen, und Frau Wende hat als Präsidentin der Universität Flensburg ihre Hausaufgaben gemacht. Nun fordern Sie sie auf, dort weiterzumachen, wo Herr Dr. Klug aufgehört hat. Das finde ich vernünftig. Wir wollen ein Lehramt für die Primarstufe, und wir wollen ein Lehramt für die Sekundarstufen I und II. Das entscheidende Kriterium ist für uns das Alter der Kinder, nicht die Art der Schule, auf der sie gelandet sind.

(Beifall SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Ich möchte Sie alle einmal zu einem kleinen Gedankenexperiment einladen. Wir stellen uns einmal zwei Schülerpaare vor. Auf der einen Seite des Raums stehen ein 10-jähriger Fünftklässler und ein volljähriger Oberstufenschüler, und auf der anderen Seite des Raums stehen zwei 14-jährige Schülerinnen, die eine Gemeinschaftsschülerin, die andere Gymnasiastin. Den größeren Unterschied zwischen den jeweils beiden Schülern, die dort stehen, sehen doch wirklich nur Konservative und Philologen zwischen den beiden 14-Jährigen.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Natürlich brauchen wir gute Lehrerinnen und Lehrer, und zwar für unsere Grundschulen, Gemeinschaftsschulen und Gymnasien, und selbstverständlich auch für alle anderen Schulen, die es noch gibt. Sie werden es aushalten müssen, dass das, was wir jetzt machen, anders ist als das, was die frühere Landesregierung angefangen hat, indem sie die Gymnasiallehrerausbildung unter Denkmalschutz stellen wollte. Leider war das der einzige Punkt, bei dem Denkmalschutz eine Priorität hatte. - Vielen Dank.

(Martin Habersaat)

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Meine Damen und Herren, wir haben eine weitere Gruppe des Friedrich-Schiller-Gymnasiums aus Preetz zu Gast hier im Landeshaus. - Herzlich willkommen!

(Beifall)

Wir fahren fort in der Debatte, und ich erteile dem Kollegen Rasmus Andresen das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Vorweg erstmal einen Dank an die neue Landesregierung, an die Bildungsministerin, aber auch an die guten Koalitionsverhandlungen zu dem Thema. Denn man kann sagen - das hat man in den ersten Reden von Ihnen deutlich gehört -, dass nach Jahren der bildungspolitischen Tristesse, wo man nicht wusste, was Sache war, von Ihnen ein deutliches Signal ausgeht. Nach über sieben Jahren Stillstand bei der Lehrerbildung begeben wir uns jetzt auf den Weg, der eine zukunftsfähige Lehrerbildung entwickeln soll.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD - Zuruf Abgeordneter Wolfgang Ku- bicki [FDP])

Wir Grüne haben uns in der Vergangenheit immer stark für die Universität Flensburg eingesetzt, nicht aus einem Selbstzweck heraus, sondern weil die Universität Flensburg große Bedeutung für eine zukunftsfähige Lehrerbildung hat.

(Unruhe - Glocke der Präsidentin)

Das Wort hat der Abgeordnete Rasmuss Andresen und nicht die Abgeordneten Kubicki und Stegner. Ich bitte jetzt um Aufmerksamkeit für die Redner.

Es kostet vor allem Zeit, wenn zwischendurch immer etwas durchgesagt wird. Aber vielen Dank, Frau Präsidentin.

Wir haben uns nicht aus einem Selbstzweck heraus für die Uni starkgemacht, sondern weil sie eine große Bedeutung für die Lehrerbildung hat. Die

vielen Akteure an der Universität Flensburg haben unter Beweis gestellt, wie schlagkräftig die Uni trotz harter finanzpolitischer Auflagen und kruder bildungspolitischer Vorstellungen der ehemaligen Koalition, die in den Fraktionen noch weiterleben, ist.

Das Konzept ist deshalb der erste Schritt für die Uni Flensburg und nicht der letzte. Wir wollen den Gemeinschaftsschullehrer als gleichberechtigte Säule im Lehramt. So entsteht Wettbewerbsgleichheit zwischen den Hochschulen, bessere Qualität für zukünftige Schülerinnen und Schüler und eine größere Auswahlmöglichkeit für Schulen mit Oberstufenanbindung. Es ist dringend an der Zeit, dass sich auch die Christian-Albrechts-Universität in der Lehrerbildung neu aufstellt. Wir wollen und werden einen Dialog mit der Christian-AlbrechtsUniversität beginnen, und die ersten Signale, die aus der Hochschule kommen, sind sehr positiv.

Die Augen vor notwendigen Veränderungen beim Gymnasiallehramt unter dem Motto ,,Wird schon alles gut gehen“ zu verschließen, so, wie Sie es anscheinend immer noch tun, ist unverantwortlich. Unverantwortlich, Herr Günther und Frau Franzen, sind auch der von CDU geführte Krieg und das ewige Ausspielen der Standorte in Flensburg und Kiel.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

Niemand in der Koalition stellt die Leistung unserer beider Hochschulen oder der Muthesius Kunsthochschule in der Lehrerbildung in Abrede. Überall wird zielgerichtet an einer guten Lehrerbildung gearbeitet. Dies schließt jedoch Veränderungen nicht aus, im Gegenteil: Viele Akteure an den Hochschulen wünschen sich Veränderungen. Und wir werden gemeinsam an den Veränderungen arbeiten.

Es würde die Hochschulen stärken, wenn Sie diese Arbeit konstruktiv begleiten würden, anstatt sie ständig zu blockieren. Das wäre mal was. Sie haben dazu - Herr Kubicki, ich weiß nicht, ob Sie da Zeit haben - am 8. September 2012 auf der Bildungskonferenz die Gelegenheit, die das Ganze nicht abschließend, sondern als Startschuss beraten wird.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Na ja! - Christo- pher Vogt [FDP]: Wollen Sie wirklich, dass er kommt?)

- Herr Vogt, Sie können vielleicht als Fachpolitiker zu der Bildungskonferenz kommen. Aber zu Ihrem kruden Antrag werde ich gleich auch noch etwas sagen.

(Martin Habersaat)

Ein wichtiger Eckpfeiler für die neue Lehrerbildung ist ein stärkerer und früherer Praxisbezug. Für uns Grüne ist es beispielsweise vorstellbar, dass man orientiert am Flensburger Modell eine bestimmte Anzahl an Praxissemesterstunden für Bachelor- und Masterstudiengänge festlegt.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)