Protocol of the Session on August 23, 2012

Unsere Auffassung ist, dass man selbstverständlich dann, wenn man als Staat sagt, wir wollen zwei Schulformen haben, zwischen denen man wählen kann, diese Schulformen auch gleichbehandelt. Das ist unsere Argumentation, weil wir diesen Arti

kel aus unserer Sicht so verstehen. Das war aber kein Vorwurf meiner Kollegin an die alte Landesregierung, die Verfassung gebrochen zu haben, sondern eine Verfassung ist ja auch immer auslegbar. Unsere Auslegung ist die, die wir vorgenommen haben. Wir unterscheiden die dänischen Schulen im Rahmen der freien Trägerschaft eben von anderen freien Schulen. Andere haben das anders interpretiert, etwas weniger formalistisch in Bezug auf die Landesverfassung, inhaltlich aber gleich. Da sind wir innerhalb der Koalition auf der gleichen Linie. Es gibt einen Unterschied zwischen dänischen Schulen und anderen freien Schulen. Ich glaube, das wird in diesem Hohen Haus auch niemand bestreiten.

(Beifall SSW und SPD)

Mir liegen nun keine weiteren Wortmeldungen mehr vor. - Entschuldigung, doch, die Landesregierung möchte noch einmal das Wort. Diese darf man natürlich überhaupt nicht vergessen. Ich hatte immer im Kopf, die Landesregierung habe mal eine Wortmeldung zurückgezogen. Das hat damit aber nichts zu tun. Sie hat natürlich das Wort, selbstverständlich.

Danke schön. - Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ein funktionierendes Bildungssystem braucht durchdachte Strukturen und eine klare Architektur, aber auch Freiräume für Innovation und unkonventionelle Wege. Das Neue kommt nur bedingt durch gezielte Planung, sondern eher durch die Ermöglichung von Freiräumen in diesem Feld.

Blickt man zurück auf pädagogische Innovationen, dann stellt man rasch fest, dass viele Innovationen von den freien Schulen ausgegangen sind. Ich erinnere hier nur an die Kooperation von Kindergarten und Grundschule, an das frühe Sprachenlernen, an den alters- und fachübergreifenden Unterricht, an die Wochenplanarbeitszeit, an den Verzicht auf das Sitzenbleiben oder an die Ganztagsschule. Das sind allesamt Beispiele für pädagogische Innovationen des öffentlichen Schulsystems, die auf die Schulen in freier Trägerschaft zurückgehen.

Wir alle sollten also ein echtes Interesse am Erhalt der Schulen in freier Trägerschaft haben. Weil dem so ist, brauchen auch die Schulen in freier Träger

(Dr. Heiner Garg)

schaft eine verlässliche finanzielle Perspektive. Genau daran aber mangelt es in Schleswig-Holstein.

Aus diesem Grund werden wir in den kommenden Monaten in Zusammenarbeit mit dem Landesrechnungshof, der Landesarbeitsgemeinschaft der Schulen in freier Trägerschaft, den Waldorfschulen und den kommunalen Landesverbänden ein Konzept erarbeiten, das den Schulen in freier Trägerschaft eine transparente und verlässliche Finanzierung und damit eine tragfähige Zukunft ermöglicht.

Gestatten Sie mir aber auch noch eine Bemerkung zu dem Antrag der FDP-Fraktion. Auf den ersten Blick ist das eine grandiose Idee. Alle Schulen in freier Trägerschaft werden den Schulen für die dänische Minderheit gleichgestellt. Warum haben Sie diese grandiose Idee nicht bereits in Ihrer eigenen Regierungszeit umgesetzt?

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Vermutlich deshalb, weil Sie genauso gut wissen wie ich, dass die Schulen der dänischen Minderheit etwas grundsätzlich anderes sind als die Schulen in freier Trägerschaft.

(Beifall SPD und SSW)

Wohl auch deshalb, weil Sie vermutlich genauso gut wissen wie ich, dass die Schulen in dänischer Minderheit eine besondere Stellung im schleswigholsteinischen Schulwesen haben. Für die dänische Minderheit sind die dänischen Schulen nicht lediglich eine Alternative zum öffentlichen Schulsystem, sondern sie sind darüber hinaus ein Raum, der es ihnen ermöglicht, ihre kulturelle Identität zu leben.

Die Ermöglichung von dänischen Schulen und der in der schleswig-holsteinischen Verfassung garantierte Schutz von Minderheiten - darüber, dass dieser Schutz von Minderheiten in der Verfassung festgeschrieben ist, müssen wir jetzt wohl nicht diskutieren - sind aufs Engste verbunden. Dänische Schulen sind zwei Seiten einer Medaille. Und weil dem so ist, sollen für die dänischen Schulen in Zukunft wieder 100 % der Mittel, die auch die öffentlichen Schulen zur Verfügung haben, bereitgestellt werden.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Weitere Wortmeldungen sehe ich nicht. Dann kommen wir jetzt zum Abstimmungsverfahren.

Es ist beantragt worden, über die Anträge zum Teil in der Sache abzustimmen mit Ausnahme des CDU-Antrags, für den Überweisung beantragt wurde. Gibt es dazu Ergänzungen?

(Heike Franzen [CDU]: Ich habe in meiner Rede für die CDU-Fraktion Abstimmung in der Sache beantragt!)

- Ja, okay, auch für den CDU-Fraktion-Antrag Abstimmung in der Sache. Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat für den CDU-Antrag einen Überweisungsantrag gestellt. Wir werden das dann im Abstimmungsverfahren entsprechend berücksichtigen.

Ich lasse zunächst über den Antrag der Fraktion der FDP, Drucksache 18/77, abstimmen. Hierzu wurde mündlich eine modifizierte Fassung vorgetragen, die Sie alle gehört haben. Wer diesem Antrag in seiner modifizierten Fassung seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. - Wir haben noch einen kleinen Schlenker zu machen. Die Anträge müssen zunächst für selbstständig erklärt werden. Wenn dem keiner widerspricht, dann verfahren wir so. - Ich sehe keinen Widerspruch. Bitte.

Wir haben doch gerade eben etwas anderes beantragt. Ich möchte darum bitten, dass zunächst noch einmal abgeklärt wird, was wir vorhin beantragt haben, als ich oben war. Das haben wir so nicht besprochen.

Es ist für den CDU-Antrag Überweisung beantragt worden. Das, was hier vorliegt, hat auch die Rednerin wiederholt beantragt. Das ist aber unabhängig davon, wie wir jetzt im Verfahren vorgehen. Wir verfahren so, dass wir zunächst über die Anträge abstimmen, die wir sozusagen als alleinstehende Anträge behandeln. Wenn dem nicht widersprochen wird, dann können wir so verfahren. - Das ist der Fall.

Dann lasse ich jetzt einzeln über die Anträge abstimmen. Zunächst lasse ich abstimmen über den Antrag der Fraktion der FDP, Drucksache 18/77. Hierzu wurde mündlich eine modifizierte Fassung vorgetragen, die wir alle gehört haben. Wer dieser Fassung zustimmen will, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. - Das ist die Fraktion der FDP. - Ge

(Ministerin Dr. Waltraud Wende)

genstimmen? - Enthaltungen? - Dann ist das mit den Stimmen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SSW, PIRATEN und CDU abgelehnt, natürlich bei Zustimmung der antragstellenden Fraktion.

Dann lasse ich abstimmen über den Antrag der CDU-Fraktion. Zum selbstständigen Antrag wurde hier von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Überweisung beantragt. Das ist die weitestgehende Fassung. Deshalb frage ich jetzt nach Zustimmung für den Überweisungsantrag. - Einzelne Hände der CDU sind wieder weg. Ich lasse also die stehen, die jetzt im Raum zu sehen sind. - Gegenstimmen? Enthaltungen? - Dann ist dieser Antrag bei einer Stimme der PIRATEN und den Stimmen der CDU und FDP als Gegenstimmen mit den Reststimmen der PIRATEN, von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SSW und SPD überwiesen.

Dann lasse ich abstimmen über den Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und der Abgeordneten des SSW, Drucksache 18/116. Wer zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Dann ist dieser Antrag bei Gegenstimmen von FDP und CDU und bei Enthaltung von drei Abgeordneten der PIRATEN und mit Zustimmung von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SSW und zwei Abgeordneten der PIRATEN so angenommen.

Wir kommen jetzt zum nächsten Tagesordnungspunkt. Ich rufe Tagesordnungspunkt 32 auf:

Neuordnung der Lehramtsstudiengänge

Antrag der Fraktion der CDU Drucksache 18/100

Änderungsantrag der Fraktionen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abgeordneten des SSW Drucksache 18/128

Änderungsantrag der Fraktion der FDP Drucksache 18/133

Das Wort hat der Antragsteller, Herr Abgeordneter Daniel Günther.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es scheint, als hätten wir bei der Einbringung des Antrags geahnt, was die Kollegin Anke Erdmann hier im Schleswig-Holsteinischen Landtag in der gestrigen Sitzung ausformuliert hat, indem sie gesagt hat: Wir wollen eine neue Kultur der

Zusammenarbeit in den Landtag bringen. Wenn gute Anträge von der Opposition kommen, dann wollen wir nicht kleinlich sein, sondern diesen Anträgen zustimmen.

(Beifall Abgeordnete Dr. Ralf Stegner [SPD] und Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Was könnten wir als Oppositionsfraktion für eine bessere Steilvorlage machen, als einen Antrag in diesen Landtag einzubringen, der besagt: Das Konzept der heutigen Bildungsministerien für die Neuordnung der Lehramtsstudiengänge in Flensburg ist hervorragend, und der Landtag unterstützt sie ausdrücklich darin, dieses Konzept umzusetzen? - Sie können diesem Antrag heute doch im Prinzip nur Ihre Zustimmung geben.

Stattdessen sehen wir, dass Änderungsanträge eingebracht worden sind. Ich sage ganz ehrlich: Bei der Frau Ministerin ist man sich nicht immer sicher, ob das damals Ausgesprochene heute für sie noch gültig ist. Sie ist immer unterwegs. Die Verantwortlichen wissen immer nicht genau, ob das jetzt ihre Privatmeinung ist oder die Meinung der Landesregierung. Das Thema Studienbeiträge will ich hier gar nicht lange aufwärmen. Sie hat uns dieses Thema im Bildungsausschuss erläutert. Sie hat mit einem Sozialdemokraten gesprochen, der ihr erklärt hat, dass das nicht sozial verträglich ist. Wenn ein solches neues Argument in die Debatte eingebracht wird, dann ist es vollkommen logisch, dass sie ihre alten Aussagen revidiert.

Wir wollen Ihnen allerdings nicht immer wieder alte Positionen vorwerfen. Wir müssen jetzt das beachten, was Sie als Ministerin machen. Wir haben aber keine Lust mehr darauf, wie die Verantwortlichen bei diesem fröhlichen Ratespiel „Waltraut Wende im Land unterwegs - spricht sie privat, spricht sie als Ministerin?“ weiterhin einfach nur zugucken. Sind aktuelle Beispiele gefällig? Gestern stand in der „Dithmarscher Landeszeitung“: Die Landesregierung will die Hauptschulabschlüsse abschaffen. Ist das wirklich die Meinung der Landesregierung? - Im Koalitionsvertrag habe ich darüber nichts gelesen. Was ist mit dem Konzept des Stufenlehrers?

(Zuruf Abgeordneter Dr. Ralf Stegner [SPD])

Das steht im Koalitionsvertrag drin, Herr Dr. Stegner. Die Ministerin stellt dies zur Disposition. Wir wollen das jetzt wissen. Die Universität in Flensburg braucht die Planungssicherheit.

(Beifall CDU und FDP)

(Vizepräsident Bernd Heinemann)

Sie wissen es, und die Frau Ministerin weiß es ebenfalls: Andernfalls riskieren wir, dass gar keine Studierenden mehr aufgenommen werden können. Sie lassen die Verantwortlichen im Unklaren. In Ihrem Antrag lese ich: Das Konzept ist ein erster wichtiger Schritt. Ich kann mich gut an den früheren Ministerpräsidenten von Schleswig-Holstein, Gerhard Stoltenberg, erinnern. Wenn der sagte, das sei ein erster guter Entwurf, dann wusste man, dass das Ganze Murks ist. Er hat es aber etwas höflicher ausgedrückt.

(Vereinzelter Beifall CDU)

Es ist ein zukunftsweisendes Konzept. Lassen Sie Ihre Ministerin nicht im Regen stehen! Ich weiß, dass Sie das Wort Schulfrieden nicht mehr hören können. Frau Professor Wende hat gesagt, das sei das Unwort des Jahres. Sie haben immer Schulfrieden gefordert, als Sie in der Opposition waren. Jetzt sind Sie in der Regierung, und jetzt hängt Ihnen das Wort zum Halse heraus. Ich kann nicht verstehen, was Sie eigentlich wollen, denn das zweigliedrige Schulsystem ist bei uns im Land doch Konsens. Wenn man ein zweigliedriges Schulsystem hat, dann braucht man natürlich auch eine schulartspezifische Lehramtsausbildung.

(Martin Habersaat [SPD]: Den Zusammen- hang gibt es nicht!)

- Doch, diesen Zusammenhang gibt es sehr wohl. Ich kann es auch nicht besser sagen als die Kollegen vom SSW, die in ihrem Antrag vom 9. September 2011 geschrieben haben: Zukünftig müssen angehende Lehrer für die Schularten ausgebildet werden, die es im Lande gibt. Ich verstehe einfach nicht, warum hier ohne Not ein Fass aufgemacht wird. Es gibt doch eine vernünftige Trennung zwischen Flensburg und Kiel. Warum stellen Sie jetzt wieder eine Verbindung und eine Vermischung her? Soll die Sekundarstufe-II-Ausbildung plötzlich doch wieder in Flensburg stattfinden? Diese Doppelstrukturen haben wir doch gerade abgeschafft, weil sie nicht effizient waren.

Da Sie die Verknüpfung gebracht haben, möchte ich noch einmal eine Lanze für die Universität Kiel brechen. Dass frischer Wind, wenn er aus der falschen Richtung weht, eine ganze Menge Gestank verbreiten kann, das musste die Frau Ministerin in der letzten Zeit erleben. Frau Professor Wende, die Lehramtsausbildung in Kiel in der Öffentlichkeit als suboptimal zu bezeichnen und zu sagen, sie lasse zu wünschen übrig, ist stillos, zumal Sie sich noch nicht einmal ein Bild davon gemacht haben. Bei einer Präsidentin der Flensburger Universität