Protocol of the Session on August 23, 2012

(Beifall Abgeordneter Dr. Kai Dolgner [SPD])

Bereits der Landesrechnungshof verwies in seinen Bemerkungen 2011 darauf, dass die Finanzierung von Schulen in freier Trägerschaft neu geordnet werden müsse. Die Schulen in freier Trägerschaft - das ist unstrittig - sind ein wichtiger Bestandteil der schleswig-holsteinischen Schullandschaft. Ich habe persönlich mehrere dieser Schulen besucht und weiß um die Qualität der pädagogischen Arbeit, die dort geleistet wird.

Eine pluralistische Gesellschaft, in der Schülerinnen und Schüler in ihren individuellen Neigungen gefördert werden sollen, braucht ein umfangreiches Schulwesen, das so viele Angebote vorhält wie möglich. Dazu zählen für mich auch die Schulen in freier Trägerschaft. Die Privatschulen bieten pädagogische Konzepte an, die von vielen Eltern für ihre Kinder angenommen werden. Das ist ihr gutes Recht, und das ist schon im Grundgesetz so verankert.

Entgegen manchem Vorurteil haben wir in Schleswig-Holstein ein breites Spektrum an Schulen in freier Trägerschaft. Was bei uns weitgehend fehlt das ist der Region geschuldet -, das sind besonders im Vergleich zu katholisch geprägten Bundesländern die konfessionell gebundenen Schulen. Diese Schulen bekommen im laufenden Schuljahr fast 50,1 Millionen € an Landeszuschüssen. Das ist wahrlich nicht wenig, und es reicht natürlich nicht aus, um alle Wünsche und Ansprüche zu befriedigen. An manchen Schulen sind deshalb die Elternbeiträge so hoch, dass die vom Grundgesetz geforderte Zugänglichkeit für die Kinder einkommensschwacher Schüler - also das sogenannte Sonderungsverbot - nicht garantiert werden kann. An anderen Schulen sind die Lehrergehälter sehr niedrig angesetzt, und bei weiteren ist die Eigenkapitaldeckung sehr schwierig.

Die Haushaltslage des Landes gestattet es eben nicht, einfach mal auf eine hundertprozentige Förderung zu gehen. Wer das beantragt, betreibt Populismus - sonst nichts. Ein neues Bezuschussungsverfahren, das transparent, unkompliziert und gerecht ist sowie gleichzeitig noch von allen Beteiligten akzeptiert werden soll, schüttelt man nicht einfach aus dem Ärmel. Das hat auch die ehemalige CDU/FDP-Regierung nicht zu Wege gebracht.

Anders als von der FDP beantragt, wollen wir spätestens bis zur 14. Tagung im Rahmen der anste

(Anke Erdmann)

henden Schulgesetznovelle einen Gesetzentwurf zur Neuordnung der Förderung von Schulen in freier Trägerschaft von der Landesregierung vorgelegt bekommen. Hierbei zählt für uns der Grundsatz: Genauigkeit vor Schnelligkeit. Weiter haben wir den Wunsch nach einer breiten Beteiligung, zumindest sollte das aber nicht ausschließlich eine Beteiligung der betroffenen Schulen sein. Beteiligt sein sollten die Landesarbeitsgemeinschaft der Schulen in freier Trägerschaft, die Waldorfschulen, die Landesverbände der Kommunen und der Landesrechnungshof.

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Frau Abgeordneten?

Nein. - Da muss neben dem Bildungsministerium auch noch das Finanzministerium ran.

Nach der Bildungskonferenz in zwei Wochen wird eine Vielzahl weiterer Zielgruppengespräche stattfinden. Das ist hier vorhin bereits betont worden. Diese Bildungskonferenz verstehen wir natürlich als ein Auftaktgespräch. Es wird Gespräche mit den Schulen geben, die das Y-Modell anbieten. Weiter wird es Gespräche mit den Regionalschulen geben, und es wird viele Gespräche mit Schulen in freier Trägerschaft geben. Nur wer es versteht, in die Schule genau hineinzuhorchen - das kann man nicht nur durch eine reine Zahlenbetrachtung -, kann am Ende deren Bedarfe relativ genau erfahren.

Eines will ich in Abgrenzung zur FDP betonen: Wir wollen eben nicht die deutschen Privatschulen mit den Schulen der dänischen Minderheit über einen Kamm scheren. Das haben wir auch noch nie getan. Deren Finanzierung muss sich nach unserem Verständnis von Minderheitenpolitik von der der deutschen Schulen in freier Trägerschaft unterscheiden. Das Schulwesen der dänischen Minderheit ist für diese eine Existenzfrage. Das ist etwas völlig anderes als das Entscheidungsrecht von Eltern für eine Schule mit einem besonderen pädagogischen Angebot.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Herr Abgeordneter, erlauben Sie eine Zwischenfrage der Frau Abgeordneten Klahn?

Nein. - Hier werden wir weder rechtlich noch finanziell ein Gleichheitszeichen ziehen.

Ich bitte um Zustimmung zu unserem Antrag und danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Das Wort für den SSW hat Frau Abgeordnete Waldinger-Thiering.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Der Antrag der FDP zeigt, in welch einem Zeitalter sie sich gerade befindet. Mit großem Kopfschütteln hat man beim SSW den Antrag gelesen. In fast drei Jahren in Regierungsverantwortung mit einem Bildungsminister Klug, der die Verantwortung für das zuständige Ministerium hatte, wurde nichts für die allgemeinbildenden Schulen in freier Trägerschaft erreicht. Diese haben viele Jahre Schülerkostensätze in Höhe von 80 % erhalten. Demgegenüber bekommen die öffentlichen Schulen Schleswig-Holsteins eine hundertprozentige Förderung durch das Land Schleswig Holstein.

Die Landesregierung wird in diesem Antrag aufgefordert, bis zur 9. Tagung einen Gesetzentwurf zur Neuordnung der Ersatzschulfinanzierung vorzulegen. Diese soll eine Gleichstellung mit den allgemeinbildenden Schulen in freier Trägerschaft und den dänischen Schulen vorsehen.

Es ist natürlich lobenswert, dass die FDP ihre jetzige Oppositionsrolle ernst nimmt und die jetzige Landesregierung auffordert, einen Gesetzentwurf zur Neuordnung der Ersatzschulfinanzierung vorzulegen. Doch wir wollen nicht vergessen, dass sie selbst es war, die in der 17. Wahlperiode ausreichend Zeit und Verantwortung für dieses wichtige Thema hatte. Letztendlich vergleicht die FDP mit ihrem Antrag wieder einmal Äpfel mit Birnen, genauer gesagt: die deutschen allgemeinbildenden Ersatzschulen mit den Schulen der dänischen Minderheit. Das ergibt zwar eine schöne Tüte Obst mit vielen Vitaminen, aber mit unterschiedlichen Preisen und unterschiedlicher Herkunft.

Schulen in privater Trägerschaft sind eine Alternative zur öffentlichen deutschen Schule. Genau hier liegt der große Unterschied zwischen den Schulen

(Kai Vogel)

in privater Trägerschaft und den Minderheitenschulen des Dänischen Schulvereins.

Artikel 8 Abs. 4 der Landesverfassung lautet:

,,Die Erziehungsberechtigten entscheiden, ob ihre Kinder die Schule einer nationalen Minderheit besuchen sollen.“

Die Wahlmöglichkeit setzt voraus, dass das Land die Grundlagen dafür schafft, dass die Wahlmöglichkeit überhaupt ausgeübt werden kann. Daher müssen die dänischen Schulen entsprechend gleichgestellt werden. Aufgrund ihres besonderen Verfassungsrangs haben sie im Gegensatz zu anderen freien Schulen auch einen Anspruch auf hundertprozentige Förderung.

(Beifall SSW, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und PIRATEN)

Die FDP zeigt wieder einmal, dass bei ihr in Sachen Minderheit wenig hängen geblieben ist. Unsere Koalitionsabsprache ist allem Anschein nach nur eine leichte Sommerlektüre gewesen. Dies wird in vielen Anträgen der ehemaligen schwarz-gelben Landesregierung und heutigen Opposition deutlich.

Frau Abgeordnete, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Garg?

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Aber Sie stellen Zwischenfragen, nicht?)

Vielleicht zeigen uns diese Anträge aber auch nur, dass sich die neue Regierung auf dem richtigen Weg befindet, die Probleme der Menschen in Schleswig-Holstein erkannt hat und diese - gern auch im Dialog mit den Menschen in der Opposition - lösen will. In Sachen Minderheitenpolitik und mit Blick auf den vorliegenden Antrag muss der SSW der FDP aber leider eine Absage erteilen.

Falls sich aber doch noch der Wille zum Lernen zeigt, sind wir natürlich gern bereit, Nachhilfe zu geben. Unser Änderungsantrag zur verbesserten Förderung der allgemeinbildenden Schulen in freier Trägerschaft nimmt die Betroffenen mit. Ihre berechtigten Interessen werden in den Prozess eingebunden. Dies ist ein Beispiel dafür, wie Politik mit den Betroffenen gemacht wird - und nicht über ihre Köpfe hinweg.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Zu einem Dreiminutenbeitrag hat Herr Abgeordneter Dr. Heiner Garg das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich warte gern, bis sich die Kollegin WaldingerThiering gesetzt hat. Zumindest möchte ich die Chance haben, die Frage, die ich ihr gern als Zwischenfrage gestellt hätte, protokolliert zu sehen. Das fand ich schon bemerkenswert.

Mag sein, dass ich Sie falsch verstanden haben, aber ich habe Ihre Rede, als Sie auf die Landesverfassung aufmerksam gemacht haben, so verstanden, dass Sie gesagt haben, die hundertprozentige Finanzierung der dänischen Schulen stünde in der Landesverfassung. Wenn Sie dieser Auffassung sind beziehungsweise wenn das so wäre, dann frage ich Sie: Sind Sie dann auch der Auffassung, dass die vergangene Landesregierung die Verfassung gebrochen hat? Wenn das so wäre, würde mich, Frau Waldinger-Thiering, interessieren, warum Sie dann nicht gegen einen solchen Verfassungsbruch geklagt haben. Ich sage Ihnen ganz deutlich: Mir ist das mag auch an mir liegen - nicht bekannt, dass in der Landesverfassung die Rede von einer hundertprozentigen Finanzierung der dänischen Schulen durch das Land Schleswig-Holstein ist.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Stegner?

Aber selbstverständlich, gern.

Sehr geehrter Herr Kollege Dr. Garg, ist Ihnen bekannt, dass die Schulen der dänischen Minderheit die allgemeinbildenden Schulen der dänischen Minderheit sind? Insofern sind sie nicht mit anderen freien Schulen zu vergleichen.

Ist Ihnen zweitens bekannt, dass die Vereinbarung, die es über die Gleichstellung der Schülerinnen und Schüler der dänischen Minderheiten gegeben hat, zwar nicht in der Verfassung steht, aber hier im Landtag herbeigeführt wurde und erst durch die Regie

(Jette Waldinger-Thiering)

rung, der Sie angehört haben, aufgehoben worden ist? Sind Ihnen diese beiden Fakten bekannt?

- Herr Dr. Stegner, mir sind Ihre Argumente bekannt, die ich übrigens zum Teil auch teile. Mich hat nur interessiert, ob es möglicherweise ein Hörfehler meinerseits gewesen ist. Ich glaube, man sollte auch in einer emotional geführten Debatte schon sehr säuberlich trennen, was wirklich in der Landesverfassung steht und was nicht in ihr steht. Ich nehme für mich als ehemaliges Kabinettsmitglied der vergangenen Regierung in Anspruch, dass die vergangene Landesregierung keinen Verfassungsbruch begangen hat.

Das Wort hat jetzt zu einem weiteren Dreiminutenbeitrag Herr Abgeordneter Lars Harms vom SSW.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Da wir alle der Debatte gerade eben gelauscht haben und ich natürlich auch meiner Kollegin Waldinger-Thiering gelauscht habe, will ich gern wiedergeben, was sie gesagt hat.

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Warum tut sie es nicht selber?)

- Lieber Kollege, weil ich mich schneller gemeldet habe. Das ist ganz einfach. Manchmal ist schnell sein auch eine Qualität die dazu führt, dass man eine Rede halten kann, lieber Kollege Garg.

Es ist so, dass in Art. 8 Abs. 4 der Landesverfassung steht, dass es ein Wahlrecht für Eltern gibt, zwischen einer öffentlichen deutschen Schule oder einer dänischen Schule zu wählen. In ihrer Rede hat meine Kollegin nicht gesagt, dass die alte Landesregierung die Verfassung gebrochen hat, sondern sie hat mit ihrem Zitat nur deutlich machen wollen, dass der Staat schon in seiner Verfassung eine Verantwortung für die Wahlfreiheit zwischen dänischen Schulen und deutschen Schulen festgelegt hat. Das ist eine politische Festlegung, die man so interpretieren kann - weil dies die einzige freie Schulform ist, die in der Verfassung genannt ist -, dass eine ungleiche Behandlung zwischen den einzelnen freien Schulen dann eben auch herleitbar ist.

Unsere Auffassung ist, dass man selbstverständlich dann, wenn man als Staat sagt, wir wollen zwei Schulformen haben, zwischen denen man wählen kann, diese Schulformen auch gleichbehandelt. Das ist unsere Argumentation, weil wir diesen Arti