Meine sehr geehrten Damen und Herren, die soziale Gerechtigkeit ist ein weiterer Wert, dem in Sonntagsreden schnell zugestimmt, der aber bei seiner konkreten Umsetzung am Montag infrage gestellt wird. Der neue Finanzausgleich wird erstmals soziale Lasten berücksichtigen. Dies ist ein Novum in unserem Land und beendet eine jahrzehntelange Ungerechtigkeit bei der Mittelverteilung.
Über die Hälfte der Ausgaben der Kreise und kreisfreien Städte sind Sozialausgaben. Daher ist es entscheidend, wie hoch die tatsächlichen Lasten sind. Diese sind regional sehr unterschiedlich. Das kann man schon an der Zahl der Personen in Bedarfsgemeinschaften sehen. Herr Dr. Garg, es handelt sich nicht um Bedarfsgemeinschaften, sondern um Personen in Bedarfsgemeinschaften.
- Jetzt habe ich Sie provoziert. Ich habe mich aber entschieden, meine Rede zu Ende zu führen und keine Zwischenfragen zu beantworten.
Während im Jahr 2012 im Kreis Stormarn 4,2 % der Einwohnerinnen und Einwohner SGB-II-Leistungen empfangen haben, sind es im Kreis Dithmarschen 9,0 % und in der Stadt Neumünster sogar 14,0 % gewesen.
Nun gibt es Kritiker, die behaupten, die Städte hätten gar nicht mehr Sozialausgaben als die Kreise; denn in den Kreisen würden absolut gesehen viel mehr SGB-II-Empfänger leben. Das ist genauso richtig wie absurd.
Natürlich ist das Bruttoinlandsprodukt von China in absoluten Zahlen mehr als doppelt so hoch wie das Bruttoinlandsprodukt von Deutschland. Sind die Menschen in China aber deshalb reicher? Natürlich nicht.
Es kommt auf die Pro-Kopf-Zahlen an. Das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf ist in Deutschland mehr als sechsmal so hoch wie in China. Der gleiche Maßstab gilt für die Frage, ob eine Kommune reich ist beziehungsweise welche sozialen Lasten sie tragen muss. Entscheidend sind die Pro-Kopf-Zahlen. Neumünsters Lasten sind natürlich viel höher als in jedem anderen Kreis in Schleswig-Holstein.
Deshalb erfolgt im neuen Finanzausgleich ein Soziallastenausgleich mit dem Indikator „Personen in Bedarfsgemeinschaften“. Das ist neu, das ist gerecht, das ist fair, und das bildet die Wirklichkeit ab.
Meine Damen und Herren, wie eine Monstranz vor sich her getragen wird auch gern die Behauptung, die Landesregierung habe den Nachweis der Auskömmlichkeit des Finanzausgleichs nicht erbracht. Diese Landesregierung nimmt ihren Verfassungsauftrag ernst. Die Leistungsfähigkeit der steuerschwachen Kreise, Städte und Gemeinden wird gesichert, eine unterschiedliche Belastung durch Aufgaben wird ausgeglichen und eine angemessene Finanzausstattung erreicht.
1,4 Milliarden € stehen 2014 für den kommunalen Finanzausgleich zur Verfügung. Zum Vergleich: Im Jahr 2007, als die damalige Große Koalition den 120-Millionen-€-Eingriff durchführte, waren es 972 Millionen €. 2015 wird die Summe erneut steigen. Ein weiteres Plus von 100 Millionen € ist nicht
Der Gesetzentwurf wird zeigen, dass die Decke groß genug ist. Anders gesagt: Ausgerechnet in solch steuerstarken Jahren den Nachweis führen zu wollen, dass die Steuereinnahmen bei Land und Kommunen nicht reichen, ist - gelinde gesagt - mutig.
Das Glück steigender Steuereinnahmen, von dem unsere erfolgreiche Finanzministerin Monika Heinold gern spricht, begünstigt Land und Kommunen eben gleichermaßen.
Herr Minister, Herr Koch bittet erneut um eine Zwischenfrage beziehungsweise -bemerkung. Ich frage Sie, ob Sie diese jetzt zulassen.
Vielen Dank, Herr Minister. Ihre Logik war vorhin, dass die Höhe des Finanzausgleichs 2014/2015 allein aufgrund des absoluten Anstiegs auskömmlich sein müsse, weil es dann 1,5 Milliarden € seien. Dann müssten doch auch die Steuereinnahmen für den gesamten Landeshaushalt auskömmlich sein. Schließlich macht der kommunale Finanzausgleich nur einen Teil der gesamten Steuereinnahmen aus.
Deshalb dürfte der Landeshaushalt doch kein strukturelles Defizit mehr aufweisen, weil wir bei 8 Milliarden € Steuereinnahmen genauso viel Zuwachs haben wie die Kommunen mit ihren 1,5 Milliarden €.
- Erstens, Herr Abgeordneter, haben wir einen Überschuss gemacht. Zweitens bin ich der Meinung, dass die Finanzausstattung auskömmlich ist. Diesen Nachweis haben wir auch in unserem Gesetzentwurf geführt. Ich bin Kritikern begegnet, die genau das Gegenteil behaupten. Sie werden Schwierigkeiten haben, diesen Nachweis in einer Zeit zu führen, in der wir exorbitant steigende Steuereinnahmen auch bei den Kommunen haben.
Beim Land gibt es steigende Steuereinnahmen. Aber 17, 7 % sind der kommunale Anteil. Das ist so viel wie nie zuvor. Da soll mal jemand sagen, das sei nicht auskömmlich. Das wird ein Kunststück sein. Wir glauben das nicht. Wir sagen, das ist auskömmlich. Das Geld wird für die Aufgabenerledigung der Kommunen reichen.
Meine Damen und Herren, anders als die schwarzgelbe Vorgängerregierung hat diese Landesregierung zugesagt, den 120-Millionen-Eingriff wieder zurückzuführen.
Ausgesprochen herzlichen Dank, Herr Minister. Damit ersparen Sie uns allen auch einen Dreiminutenbeitrag.
Wir können gönnen. - Herr Minister, Sie sprachen völlig zu Recht an, dass zum ersten Mal die Soziallasten berücksichtigt werden. Sie haben den Indikator angesprochen, nämlich die Personen, die in Bedarfsgemeinschaften leben. Das ist genau der Punkt, den ich kritisiert habe. Ich bin der Auffassung, dass Sie damit die tatsächlichen sozialen Belastungen der Kreise und kreisfreien Städte nicht komplett abbilden; denn Sie bilden dadurch vor allem die Belastungen durch SGBII-Leistungen, aber nicht durch SGB XIILeistungen ab.
- SGB XII ist mit drin. Es sind SGB II, SGB VIII und SGB XII berücksichtigt. Wir haben auf die Personen in Bedarfsgemeinschaften abgestellt. In Ihrer Rede haben Sie nicht die Personen in Bedarfsgemeinschaften angesprochen, sondern die Bedarfsgemeinschaften. Sie haben gesagt, Sie zählen die Bedarfsgemeinschaften. Wir aber zählen bewusst nicht die Bedarfsgemeinschaften, weil diese Zahl
keine Konstante hat. Wir zählen die Personen in Bedarfsgemeinschaften. Wir können nachweisen, dass genau dieser Indikator, die Personen in Bedarfsgemeinschaften, eine wunderbare Grundlage ist, um zu bemessen, welche gesellschaftlichen Lasten auf die Kommunen zukommen.
Ich habe nur noch eine Frage: Wie bilden Sie durch Personen in Bedarfsgemeinschaften oder durch Bedarfsgemeinschaften diejenigen Menschen ab, die einen Rechtsanspruch auf SGB-XII-Leistungen haben?
- Wir haben sie gezählt. Wir haben die Personen in den Bedarfsgemeinschaften gezählt, und wir haben die Bedarfsgemeinschaft als Grundlage genommen. Wir können uns dazu gerne noch einmal zusammensetzen. Wir berücksichtigen mehrere Bücher der Sozialgesetzgebung.
Herr Minister, es gibt eine weitere Bitte, eine Bemerkung machen zu dürfen, nämlich vom Kollegen Lars Harms. Gestatten Sie es ihm?
Herr Minister, ist es richtig, dass Sie im Verfahren ermittelt haben, wie viele Leute nach den beiden Sozialgesetzbüchern entsprechend betroffen sind und auch durch die Kreise, kreisfreien Städte und kreisangehörigen Gemeinden betreut werden, was das - wenn man so will - in Summe ausmacht, dass man dann geguckt hat, welcher Indikator diese Belastung am besten widerspiegeln könnte, und dass das
dazu geführt hat, dass Sie Personen in Bedarfsgemeinschaften als Indikator ausgewählt haben? Das einfach nur als Erklärung für den Kollegen Garg.
Vielen Dank. So habe ich das auch verstanden. Herzlichen Dank für diese Unterstützung. Ich stimme Ihnen zu.