Protocol of the Session on February 20, 2014

- Sind das Millionen? - Ja. - Das sind in etwa 10 % der Gesamtausgaben. Das ist ein enormer Klotz am Bein, den wir seit Jahren mit uns herumschleppen. Wenn wir hier den Solidarzuschlag zur Tilgung von Schulden nutzen würden, könnten wir den Haushalt strukturell um 100 Millionen € bis 200 Millionen € jährlich entlasten. So würden wir auch wieder Raum für Investitionen in unserem Land gewinnen, Investitionen wie etwa für Kitas oder für die Straßensanierung oder auch für unsere Hochschulen. Der einzige Weg zu einem finanziell stabilen Land ist ein systematischer Abbau der Altschulden, die uns jährlich Unsummen an Zinsen und Tilgung kosten.

Für einen nachhaltig sanierten Haushalt und gleichzeitig für ein sozialverantwortliches Handeln brauchen wir einen Altschuldentilgungsfonds für die Länder und Kommunen. Dafür sollten wir uns alle einsetzen. - Danke.

(Beifall SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Bevor wir zu den Dreiminutenbeiträgen kommen, begrüßen Sie bitte mit mir den politischen Nachwuchs, Angehörige der Jungen Union Ostholstein. Seien Sie herzlich willkommen im Schleswig-Holsteinischen Landtag!

(Beifall)

Für die CDU-Fraktion erteile ich Herrn Abgeordneten Peter Sönnichsen das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mir ist das alles ein bisschen zu theoretisch, was hier gesprochen wird. Erstens. Das Schuldenmanagement hier in Schleswig-Holstein war bisher ein Zinsmanagement und nichts anderes. Das ist keine Kritik. Das ist aufgrund der gegebenen Situation ganz einfach Realität. Zweitens. Wir müssen nicht erst die Einhaltung des Abbaupfads und des strukturellen Defizits abwarten. Da widerspreche ich Herrn Dr. Garg. Wenn man Überschüsse hat - wie 2013 -, dann kann man auch sagen, das nehme ich, um meine Schulden abzubauen. Das ist überhaupt kein Problem im Weg.

(Beifall CDU und Detlef Matthiessen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Um das Ganze zu handhaben, muss ich einen Plan aufstellen. Ich muss Ziele formulieren, wohin ich will. Eventuell ist es auch einmal erforderlich, diese Ziele zwischendurch zu korrigieren. Aber im Grundsatz muss das sein. Wie machen das denn Privatpersonen, und wie machen es Unternehmen? Diese legen eine Leistungsrate fest. Aus dieser Leistungsrate zahlen sie die Zinsen, die sie bezahlen müssen, und alles das, was darüber hinausgeht, wird getilgt. Jeder, der schon einmal ein Haus gebaut hat, weiß, wie so etwas läuft. Genau so etwas muss auch für unser Land aufgestellt werden.

(Beifall CDU)

Sie glauben gar nicht - ich sage dies, weil auch der Kollege Andresen noch hier ist -, welche wunderbaren Wirkungen es hat, wenn man weiß, was man monatlich zu bezahlen hat. Dann nämlich kann ich bei jeder Einkommenssteigerung erkennen, welche Freiräume ich durch Gewinne für solche Dinge habe, die ich mir zusätzlich leisten möchte. Wenn man mit dieser Leistungsrate einen Teil abgetragen hat und die Zinsen dann mal steigen, bringt das nicht die Zahlung insgesamt in Gefahr, sondern dann tilge ich eben mal ein bisschen weniger, aber ich tilge. Das ist das Entscheidende.

Es ist zugleich auch eine etwas disziplinierende Maßnahme, meine sehr verehrten Damen und Herren. Wenn ich nämlich bedenke, dass die Landesregierung in der letzten Woche bereits 1,7 Millionen € aus dem Haushalt 2017 für das Theater in Schleswig zugesagt hat, dann fehlt mir dafür jedes

(Flemming Meyer)

Verständnis. Denn der Haushalt 2017 ist hier bisher noch gar nicht diskutiert worden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Schleswig-Holstein hat Schulden gemacht, egal unter welcher Regierung, und Schleswig-Holstein muss diese Schulden zurückzahlen. Da hilft kein Altschuldentilgungsfonds, da helfen auch kein Gejammer und kein Warten auf den Bund. Hilf dir selbst, dann ist dir geholfen. Dazu kann ich den Landtag nur auffordern.

(Beifall CDU)

Bitte begrüßen Sie mit mir weitere politisch interessierte Gäste vom SPD-Ortsverein Steinbergkirche. Seien Sie herzlich willkommen im Schleswig-Holsteinischen Landtag!

(Beifall)

Wir kommen nun zu weiteren Dreiminutenbeiträgen. Für die SPD-Fraktion hat nun der Abgeordnete Lars Winter das Wort.

(Zuruf: Keine Zusagen machen!)

Doch, ich mache Zusagen. - Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Weil wir das gerade in der Rede nicht gesagt haben, schlage ich vor, dass wir beide Anträge an den Finanzausschuss überweisen, um dort gemeinsam zu einer Lösung und einer Regelung zu kommen, wie wir das weitere Vorgehen gestalten wollen.

(Beifall CDU)

Das war aus dem Parlament der bisher letzte Beitrag. Jetzt wenden wir uns der Landesregierung zu. Das Wort hat die Frau Finanzministerin Monika Heinold.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zum Glück muss frau sich nicht schämen.

(Heiterkeit BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Schauen wir uns das Jahr 2013 an. Es war äußerst erfolgreich. Herr Garg hatte es schon ganz richtig gesagt: Es war nicht nur Glück. Woran können wir erkennen, dass dieser gute Haushaltsabschluss nicht nur Glück war? Wir schauen uns die anderen west

deutschen Bundesländer an, die eine ähnlich gute Konjunktur hatten, die ähnliche Zinskonditionen hatten und die mit Ausnahme von Bayern und Schleswig-Holstein im Jahr 2013 mit einem Minus aus dem Jahr gegangen sind. Insofern können wir für Schleswig-Holstein alle gemeinsam feststellen: Die Schuldenbremse wirkt. Und es ist gut, dass sie wirkt.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD, SSW und FDP)

Diese Schuldenbremse wirkt erstens deshalb, weil wir sie mit ganz großer Mehrheit beschlossen haben. Das war gut so und ist etwas, das wir uns auch zur Schuldentilgung vornehmen sollten, um möglichst gemeinsam eine Verabredung zu treffen.

Zweitens: Diese Schuldenbremse wirkt, weil sie trennt, weil sie sagt: Das eine sind strukturelle Einnahmen, und das andere sind konjunkturelle Einnahmen. Das heißt, immer dann, wenn die Konjunktur besser ist als die strukturell eingeplanten Einnahmen, gibt es einen Automatismus, und der heißt: Die Nettoneuverschuldung reduziert sich beziehungsweise es ist, wenn der Betrag sehr groß ist, eine Tilgung. Bis 2020 haben wir also einen Plan.

Nun mag es den einen oder anderen bei Ihnen geben, der sagt, dieser Plan sei ihm nicht ehrgeizig genug. Dann sollten Sie aber noch einmal definieren, was Sie denn an strukturellem Beitrag - denn das ist ja dann strukturell und nicht konjunkturell schneller aus diesem Haushalt herauspressen wollen. Ich stelle fest, dass die Haushaltsanträge dies nicht widergespiegelt haben. Das ist auch kein Vorwurf; denn ich bin keine Vertreterin derjenigen, die sagen, wir sollten noch schneller strukturell zur Null kommen. Das möchte ich nicht.

(Beifall FDP und SSW)

Ich will auch begründen, warum. Wir haben ja nicht nur 27 Milliarden € Schulden, sondern wir haben 34 Milliarden € Pensionsverpflichtungen, und wir haben ungefähr 1 Milliarde € Sanierungsstau bei den Liegenschaften und mehrere Hundert Millionen € Sanierungsstau auf den Straßen.

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Genau!)

Außerdem haben wir noch UKSH und HSH, also wirklich große Risiken. Alle sagen, diese Schuldenbremse sei richtig, das strukturelle Defizit werde Stück für Stück reduziert und parallel dazu, nämlich immer dann, wenn die Konjunktur deutlich besser verlaufe als geplant, würden wir tilgen.

(Peter Sönnichsen)

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD, FDP und SSW)

Das wird in den nächsten Jahren auch passieren, es sei denn, hier stellt jemand die Schuldenbremse und die Verfassung infrage. Das macht erfreulicherweise aber niemand.

Nun haben wir eine zweite Entwicklung, und das ist Berlin. Dort gibt es einen Koalitionsvertrag, den ich von dieser Stelle aus ausdrücklich begrüße, weil er zum ersten Mal auch die Unterschrift der CDU auf Bundesebene trägt, wonach die Altschulden gemeinsam angepackt werden sollen. Das ist ein riesengroßer Fortschritt.

Ich glaube nicht, dass die Große Koalition in Berlin, die ja noch dabei ist, sich ein bisschen zurechtzuruckeln, alle Teile ihres Koalitionsvertrags umsetzt. Manches muss vielleicht auch gar nicht umgesetzt werden, darüber wäre ich froh. Aber bei der Frage der Altschulden habe ich als Landesfinanzministerin natürlich ein extrem großes Interesse daran, dass es eine Gemeinsamkeit und eine gemeinsame Verabredung gibt.

Wenn wir jetzt als Konsolidierungsland Schleswig-Holstein als Erste sagen: „Wir machten das mal eben alleine“, dann senden wir ein falsches Signal an den Bund. Wir sollten nach wie vor sagen: Wir wollen, dass es eine Lösung gibt, bei der der Bund uns hilft, ob mit Soli oder mit anderen Mitteln, mit unserer großen Altlast umzugehen.

Warum möchte ich, dass der Bund uns hilft? Wenn wir die 27 Milliarden € Schulden einmal herunterbrechen und uns überlegen, dass es vielleicht gelingen könnte, ab 2021 ungefähr 500 Millionen € im Jahr zu tilgen, also jedes Jahr 500 Millionen € aus dem herauszuziehen, was wir haben, zusätzlich zu der Milliarde für Pensionen, zusätzlich zu der Milliarde an Zinsen, also 2,5 Milliarden € aus dem von uns erwirtschafteten Geld für Altlasten, dann bräuchten wir immer noch 54 Jahre, bis wir die Schulden abgetragen haben. Deshalb habe ich ein extrem großes Interesse daran, den Bund nicht aus der Pflicht zu lassen, sondern zu sagen: Wir wollen eine gemeinsame Lösung für die Altschulden.

(Beifall SSW)

Ich hoffe, dass der Bund etwas Kluges beschließt. Der erste Zeitplan war, das sollte Mitte der Legislaturperiode fertig sein, und jetzt höre ich aus Berlin, das werde erst Ende 2016 der Fall sein. Deshalb sage ich: Noch weiter nach hinten geschoben werden darf das nicht. Wenn wir gemeinsam feststellen, dass der Bund nichts auf die Reihe bekommt - aber,

Herr Koch, das werden Sie Herrn Schäuble wahrscheinlich nicht unterstellen wollen -, und wenn wir davon ausgehen, dass sich dies in der Zukunft abbildet, dann sollten wir uns zusammensetzen und gucken, ob wir nicht gemeinsam einen Altschuldentilgungsfonds hinbekommen zwischen Bund, Ländern und Kommunen. Dann bin ich sehr dafür, dass wir die Konsequenzen dessen, was in Berlin beschlossen wird und was uns in der Verpflichtung bestimmt auch treffen wird - wir werden da ja nicht herausgelassen werden -, mit breiter Mehrheit in unserer Verfassung verankern. Damit hätten wir dann eine stabile Grundlage, um tatsächlich das zu machen, was wir schon lange hätten machen müssen, nämlich unseren Kindern und Enkeln zu sagen: „Wir haben einen Plan und lassen nicht einfach alles auf euren Schultern liegen.“

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD, FDP und SSW)

Die Landesregierung hat die verabredete Redezeit um 1 Minute überzogen. Das steht dann allen Fraktionen für einen Dreiminutenbeitrag plus 1 Minute zu. Wenn er es wünscht, dann hat jetzt der Herr Abgeordnete Koch das Wort.

(Zuruf)

- Entschuldigung, das geht gar nicht, das stimmt nicht. Entweder 3 Minuten oder 1 Minute. Ich nehme jetzt einmal an, Sie wählen 3 Minuten.

(Tobias Koch [CDU]: Mir reichen 3 Minu- ten!)

- Okay.