treuen oder in die Krippe bringen. Mit diesem Antrag übertrumpft die FDP sogar schon die SPD, die sonst alles immer so gießkannenartig regeln möchte.
Vor diesem Hintergrund müsste die Bundesratsinitiative eigentlich lauten, das Betreuungsgeld ohne Wenn und Aber wieder abzuschaffen und das Kindergeld zu erhöhen. Bayern macht es schon. Es hat ein Landeserziehungsgeld eingeführt, das gleichmäßig verteilt wird. In diesem Sinne würde mein Antrag lauten:
Der Landtag fordert die Landesregierung auf, die Anteile Schleswig-Holsteins am Betreuungsgeld zu verwenden, um ein Landeserziehungsgeld an alle Eltern im Land auszuzahlen unabhängig davon, inwieweit die Betreuungsangebote in Anspruch genommen werden oder nicht.
Sofern heute in der Sache abgestimmt werden sollte, würden wir der Nummer 1 im FDP-Antrag zustimmen, der Nummer 2 nicht.
Was ich vorgetragen habe, ist die Meinung der Sozial-PIRATEN, die mit der alten Meinung der SPD identisch ist. Meine Partei selbst hat sich dafür entschieden, das zu unterstützen, was der Koalitionsvertrag vorsieht, nämlich das Geld in infrastrukturelle Maßnahmen zu investieren. Deswegen könnten wir auch mit dem Antrag der Koalition leben. Wir wären aber gut beraten, wenn wir das im Ausschuss noch einmal erörtern würden. - Danke schön.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Betreuungsgeld gehört in meinen Augen zu den mit Abstand überflüssigsten Themen, die wir hier im Landtag überhaupt debattieren. Jetzt haben wir ja viele Zitate von der SPD gehört, aber ich möchte daran erinnern, dass es der frühere Landesvorsitzende der FDP und Bundestagsabgeordnete Jürgen Koppelin war, der in diesem Zusammenhang sagte, dass er sich mit dem Betreuungsgeld an Zeiten zurückerinnert fühle, wo man noch von „Kinder, Küche, Kirche“ schnackte. Das war das, was er dazu sagte.
Ich will nur einmal an eines erinnern: Der Bund gibt jährlich Milliarden für weit über 150 familienpolitische Einzelmaßnahmen aus. Viele davon haben einen mehr als zweifelhaften Nutzen. Mit dem Betreuungsgeld kommt eine weitere, unsystematische Geldleistung dazu. Irgendeine Strategie oder gar ein schlüssiges Gesamtkonzept in der Familienpolitik ist aber nicht erkennbar.
Im Gegenteil: Das Betreuungsgeld verfehlt sogar noch die einfachsten Grundsätze der Sozial- und Gleichstellungspolitik, und es passt damit nach Auffassung des SSW überhaupt nicht in ein modernes Familienförderungskonzept.
Wer ehrlich ist und sich um ein halbwegs sachliches Urteil bemüht, dem muss doch langsam klar sein, dass mit dem Betreuungsgeld ein Fehlanreiz geschaffen wird. Es ist doch kein Zufall, dass Studien immer wieder zum gleichen Ergebnis kommen: Übergeordnet betrachtet haben nun einmal die Kinder, die über einen längeren Zeitraum eine Bildungseinrichtung besuchen, die besseren Bildungschancen. Das ist ganz einfach Fakt und wird im Übrigen vom Deutschen Gewerkschaftsbund genauso gesehen wie vom Bund Deutscher Arbeitgeber.
Auch Erfahrungen mit ähnlichen Maßnahmen auf Landesebene zeigen es überdeutlich: Ein Betreuungsgeld hält nicht nur die Kinder, die es am dringendsten brauchen, aus den Bildungseinrichtungen fern. Vor allem bleiben hierdurch auch die Eltern, die eher gering qualifiziert, alleinerziehend oder gering verdienend sind, dem Arbeitsmarkt fern.
Ob Schleswig-Holstein nun 40 oder 50 Millionen € für diese unsinnige Maßnahme verpulvern muss, ist in diesem Zusammenhang leider sogar zweitrangig. Ganz abgesehen von der Finanzlage in Bund und Ländern muss doch eins klar sein: Geld auszugeben, um Kinder von Bildungsangeboten fernzuhalten und ihnen schlechtere Startchancen zu geben, ist schon für sich allein äußerst zweifelhaft. Aber wenn diese Millionen an Steuergeldern dann sogar noch dazu dienen, um ihre tendenziell eher gering qualifizierten Eltern vom Arbeitsmarkt fernzuhalten, dann haben wir es in den Augen des SSW wirklich mit einem ausgemachten politischen Blödsinn zu tun, der schleunigst korrigiert werden muss.
In einem Punkt wiederhole ich mich in diesem Zusammenhang sehr gern: Für den SSW gibt es überhaupt keinen Zweifel daran, dass die Milliarden, die das Betreuungsgeld kostet, beim Ausbau qualifizierter Betreuungs- und Bildungsangebote viel besser angelegt wären.
Denn wir haben gemeinsam mit unseren Partnern von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN völlig andere familien- und bildungspolitische Vorstellungen:
Wir wollen den konsequenten Ausbau der frühkindlichen Bildungsinfrastruktur. Wir wollen damit ganz konkret in die Zukunft Schleswig-Holsteins investieren, statt an völlig überholten Familien- und Rollenbildern festzuhalten. Ich meine, das sind wir vor allem auch den Kleinsten im Land ganz einfach schuldig.
Unabhängig davon, wie das Verfassungsgericht in dieser wichtigen Angelegenheit auch entscheidet, ist es für den SSW wichtig, dass wir bei der Stärkung der frühkindlichen Bildungsinfrastruktur nicht nachlassen.
Dies gilt ganz besonders in Zeiten, in denen der Rechtsanspruch im Großen und Ganzen erfüllt ist, denn es geht hier nicht um die Verwahrung unserer Kinder. Es geht also nicht nur um die Schaffung von Betreuungsplätzen. Nein, es geht um nicht weniger als die bestmögliche Förderung ihrer Entwicklung.
Im Sinne der Kinder und im Sinne einer wirklich modernen Familienförderung brauchen wir also auch eine hohe Qualität der frühkindlichen Bildung. Hierzu gehören verbindliche Qualitätsstandards und eine angemessene Finanzierungsgrundlage für die frühkindliche Bildung, denn wir wollen endlich allen die gleichen Bildungschancen geben. All dies kostet Geld, das wir ganz offensichtlich haben. Man muss nur die richtigen Schwerpunkte setzen, und genau das werden wir tun.
Für die Landesregierung erteile ich der Ministerin für Soziales, Gesundheit, Familie und Gleichstellung, Frau Kristin Alheit, das Wort.
Herzlichen Dank, Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich weiß nicht, die wievielte Debatte dies zu diesem Thema in diesem Hause ist. Trotz der zahlreichen Debatten ist es immer wieder erstaunlich, dass das Betreuungsgeld weiter polarisiert und weiter spaltet wie - ehrlich gesagt - kaum ein anderes Thema in unserer Gesellschaft. Ich finde, hier gibt es zum Teil schrille Töne und etwas schräge Argumente, denn meine Vorredner haben es schon gesagt: Wer das Betreuungsgeld infrage stellt, der stellt mitnichten die Entscheidungsfreiheit von Eltern im Hinblick darauf, wie sie Familie organisieren wollen, infrage.
Die Freiheit, sich mit betreuungsbedürftigen Kindern für oder gegen eine Berufstätigkeit zu entscheiden, hängt nicht vom Betreuungsgeld ab, sondern vielmehr von guten öffentlichen Betreuungsmöglichkeiten.
Die Freiheit, ein solches Angebot nicht anzunehmen, setzt nämlich voraus, dass es eine große Anzahl von solch guten Einrichtungen gibt.
- Ich glaube, hier müssen wir noch etwas tun, auch wenn ich Ihre Einschätzung teile, dass wir in den letzten fast zwei Jahren in Schleswig-Holstein gut vorangekommen sind.
Ich bin der festen Überzeugung, dass all die anderen familienpolitischen Leistungen, die hier angesprochen worden sind, nicht dazu führen, dass wir die Diskussion anders führen sollten. Ich teile die Auffassung, dass wir uns sehr genau ansehen müssen, was die wissenschaftliche Evaluation, die von den früheren Bundesfamilienministerinnen von der Leyen und Schröder angestoßen worden sind, ergibt, um daraus die richtigen Schlüsse zu ziehen.
Meine Damen und Herren, wer das Betreuungsgeld infrage stellt, der zweifelt nicht die Kompetenz von Eltern bei der Frage, wie sie ihren Kindern einen guten Start ins Leben ermöglichen, an. Es muss aber erlaubt sein, hinzugucken, welche Anreize ge
boten werden und ob dieses Betreuungsgeld nicht genau das konterkariert, was wir alle wollen, nämlich gleiche Bildungs- und Entwicklungschancen für alle Kinder in unserem Land.
Sie wissen es: Die Landesregierung teilt die Auffassung, dass das Betreuungsgeld - gemessen an diesem Ziel - einen Fehlanreiz darstellt. Vor allem aber ist es nicht so, dass wir nicht wüssten, was wir mit dem Geld an anderer Stelle tun sollten, denn und hier komme ich auf Ihr Argument zurück - wir haben viel im Bereich der Betreuung erreicht, aber wir müssen noch mehr erreichen. Wir müssen den Betreuungsbereich weiter bedarfsgerecht ausbauen. Wir müssen vor allem weiter in die Qualität der Betreuung investieren.
Meiner festen Überzeugung nach ist es so, dass der Anspruch auf Betreuungsgeld, der von den Eltern angenommen wird, kein Beleg dafür ist, dass wir genau die Kinder fördern, die Förderung benötigen. Ich halte umgekehrt die Tatsache, dass die prognostizierten Antragzahlen nicht erreicht sind, nicht für einen Beleg dafür, dass es unter den anspruchsberechtigten Eltern Widerstand gibt und dass dieses Geld aus grundsätzlichen Erwägungen heraus nicht in Anspruch genommen wird. Ich glaube auch nicht, dass es - wie im Antrag der CDU suggeriert an den fehlenden Informationen liegt.
Ich habe mir heute Morgen die bei uns im Ministerium vorhandenen und von uns und vom Bund herausgegebenen Broschüren angesehen, die nicht erst bei der Beantragung des Elterngeldes ansetzen, sondern sehr viel früher, nämlich bei der Information von Müttern in Frauenarztpraxen. Das ist gutes Informationsmaterial. Ich bin sicher, dass weder im LASD noch irgendwo anders in unserem Haus abschreckend informiert wird. Dies suggerieren Sie in Ihrem Antrag ein wenig. Wir wollen, dass die Leute das Geld in Anspruch nehmen können. Wir informieren sehr gut dazu.
Ich nehme Ihren Hinweis auf Bayern gern mit. Sie wissen aber, dass man in Bayern im Gegensatz zu allen anderen Bundesländern bereits seit 1989 eine Form des Betreuungsgeldes anbietet. Dort hat man natürlich schon Strukturen, die wir erst aufbauen müssen. Das ist eine Serviceleistung, die ich mir gern überlegen will. Es ist aber völlig klar: Wir informieren gut, und wir bemühen uns, dass Eltern so gut wie möglich über ihre Ansprüche Bescheid wissen. Ich möchte aber keinen Zweifel daran lassen:
Ich komme noch einmal auf die Evaluation zurück: Ich bin überzeugt, dass die Landesregierung sich ganz genau damit auseinandersetzen und dass die neue Ministerin Schwesig diese vorantreiben wird. Ich gehe auch davon aus, dass die Öffentlichkeit Rechenschaft darüber verlangen und von der Politik einfordern wird, wie wir mit den Erkenntnissen umgehen, die sich daraus ergeben.
Ich freue mich, dass es nach dem Beitrag von Herrn Dr. Garg eigentlich so sein müsste, dass Sie dem Antrag der Koalitionsfraktionen zustimmen, für den ich sehr dankbar bin. Der FDP-Antrag ist besser als die jetzige Lage. Der vorliegende Koalitionsantrag aber macht deutlich, wie die Haltung wirklich sein müsste. Ich würde mich freuen, wenn Sie sich entschließen könnten, sich dem anzuschließen. Er macht nämlich deutlich, dass das Betreuungsgeld nicht der richtige Weg ist.
Dass man in Hamburg das Betreuungsgeld vor dem Bundesverfassungsgericht angreift, ist ein richtiger Weg. Ich schätze die Chancen, hier zu gewinnen, für sehr hoch ein. Wir hätten so die Mittel zur Verfügung, um die richtigen Dinge damit zu tun. - Vielen Dank.