Protocol of the Session on January 24, 2014

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Rotwein ist viel ge- sünder! Bleiben Sie dabei!)

- Wenn Sie den sponsern, kann ich auch preismäßig etwas Vernünftiges hinbekommen.

(Christopher Vogt [FDP]: Das ist wieder so- zialistisch!)

- Ja, so sind wir. Sozialisierung hat sich sehr bewährt.

(Zuruf Christopher Vogt [FDP])

Wir können die Rotweindebatte nachher weiterführen. Ich habe dazu noch einige Vorstellungen.

Herr Abgeordneter, Zielabweichung ist kein Instrument von Willkür. Zielabweichung beantwortet eine sehr relevante Frage: Wie kriegt man es hin, dass ein Plan in der Lage ist zu atmen? Wir werden nicht alle drei Jahre über die aufzustellenden Grundsätze nachdenken. Wir lernen.

Wir können es an dem Beispiel Dodenhof sehr schön beschreiben.

(Volker Dornquast [CDU]: Falsche Verspre- chungen gemacht!)

- Gar keine falschen Versprechungen gemacht, Herr Kollege. Nein. Wir haben das gemacht, was Sie nicht zustande gekriegt haben.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Sie haben lange darum herumgeredet. Sie haben die Unternehmer alleingelassen. Wir tun das nicht. Wir stellen uns dem Dialog und versuchen, die sehr unterschiedlichen Interessen zusammenzubringen, weil wir sehen, dass wir eine andere Situation haben als die, die wir hätten, wenn eine ganz neue Ansiedlung käme.

Wir brauchen keinen großen Dialog darüber, dass wir bei einer völlig grünen Wiese heute nicht so entscheiden würden, dass dort ein so großes Einkaufszentrum entsteht. Es steht da jetzt aber. Es ist

ein familiengeführtes Unternehmen, ein starker Arbeitgeber, ein starker Ausbilder, der eine begründete Erwartung an die Politik hat, auch im Wettbewerb mit Hamburg nicht einfach alleingelassen zu werden. Dodenhof hat viel mehr Beziehungen zu Hamburg als zu den Umlandgemeinden.

Es gibt in einem nicht einfachen Kompromissfindungsprozess den Versuch, Antworten zu finden. Zielabweichung kann zeigen, dass man vernünftige Kompromisse schließen kann, die alle ertragen müssen. Daran merkt man, dass ein Kompromiss gut ist. Die Tatsache, dass es das einzige Zielabweichungsverfahren ist, das es bisher gibt, ist ein Beleg dafür, dass wir das ausgewählt tun. Keiner in diesem Raum muss Angst davor haben, dass Zielabweichung zur Durchbrechung des Planes führt. Nein, es macht Pläne zukunftsfähig, weil wir immer wieder auf Veränderungen reagieren können, die wir gar nicht vorhersehen können.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Herr Ministerpräsident, gestatten Sie eine weitere Anmerkung des Herrn Abgeordneten Dr. Breyer? Bitte schön.

Eine Nachfrage, Herr Ministerpräsident. Keiner bestreitet, dass es sinnvoll sein kann zu entwickeln und anzusiedeln. Aber gerade, wenn Sie sagen, es solle im Dialog mit den Beteiligten geschehen - meinen Sie nicht, dass der Landesplanungsrat mit all den gesellschaftlichen Gruppen, die dort vertreten sind, mit all den Parteien, Verbänden und Minderheitenvertretern, das Gremium ist, das auszutarieren und zu entscheiden? Sie haben mit dem neuen Gesetz die Möglichkeit, vereinfacht Abweichungen durchzuführen. Reicht das nicht aus? Muss bei Ihnen eine weitere Dispensmöglichkeit liegen? Ist nicht das bessere Verfahren das des breiten Dialogs?

In Bezug auf das Planungsverfahren klar nein.

(Beifall SPD und vereinzelt SSW)

Vielleicht bekommen wir den Landesplanungsrat im Laufe der Zeit dahin, dass es so wird. Heute ist es ein klares Beratungsgremium, aber ganz deutlich kein Entscheidungsgremium. Von daher ist er nicht

(Ministerpräsident Torsten Albig)

das geeignete Gremium, um solche Fragen zu entscheiden.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich habe versucht anzudeuten, dass es um mehr geht als um die gesetzgeberische Veränderung von Raumbezügen. Es geht um das Entwickeln von Planungen, indem Bilder unseres Landes aufgebaut werden. Landesplanung hat sich auf den Weg gemacht, eine Landesentwicklungsstrategie 2030 zu entwickeln. Das ist ein Prozess, der uns die gesamte Legislaturperiode beschäftigen wird. So etwas wie ein Bürgerkongress wie im letzten Jahr, wie die Regionalkonferenzen in diesem Jahr, eine intensive Befassung im parlamentarischen Raum wird uns dahin bringen, uns der Fragen, die ich eben angerissen habe, zu nähern: Was ist eigentlich Gleichwertigkeit von Lebensverhältnissen? Ist es die Fortsetzung des Bildes von Schleswig-Holstein, das wir aus der Vergangenheit kennen, oder sind wir in der Lage, für die Qualität von ländlichem Raum auch neue Qualitätsmaßstäbe zu entwickeln? Ist der Qualitätsmaßstab zentral, indem wir sagen, es müsse ein Gebäude vorhanden sein, an dem ein Arztschild angebracht sei, wobei es völlig egal ist, welcher Qualität dieser Arzt ist, oder brauchen wir neue Antworten auf solche Herausforderungen? Mein Eindruck ist: Wir beantworten diese Frage heute viel zu sehr quantitativ und viel zu wenig qualitativ.

(Beifall SPD)

Ich möchte eine Raumplanung, eine Raumbeziehung schaffen, die diese Frage mit den Menschen in diesem Land und in einem ganz breiten Diskurs klärt, nicht aber in dem Diskurs, in dem genau der, der etwas sagt, genau das bekommt, was er sagt, sondern in einem Diskurs, bei dem wir abwägen und entscheiden, wie wir uns eine solche Frage stellen und beantworten müssen.

Ein Schleswig-Holstein, von dem wir alle gemeinsam wollen, dass es lebenswert, familienfreundlich, tolerant und weltoffen ist, braucht eine Landesplanung, die sich solchen Debatten stellt. Ich möchte dieses Land als ein mutiges und nicht als ein verzagendes Schleswig-Holstein, als ein Land haben, das nicht Fehler wie andere, auch ländlich geprägte Länder, macht, wie dies einige ländlich geprägte Länder in Deutschland bereits erlebt haben. In dem Moment, in dem Mut verloren geht, greift nicht nur Demografie zu, sondern dann greifen auch Wanderungsbewegungen zu. Dann können Sie Kreise gründen so groß, wie Sie wollen, Sie werden gegen das Ausbluten vom Land keine Antwort mehr finden.

Wir aber wollen Antworten auf die Fragen finden, auch mit den Menschen im Land zusammen: Wie geht Zukunftsfähigkeit ländlicher Räume, und wie kommen wir endlich aus diesem verhängnisvollen Gegeneinander heraus: ländlicher Raum hier, städtischer Raum dort?

Wenn wir nach dem Herzen unseres Landes fragen, dann hat es zwei Kammern: eine Herzkammer ländlicher Raum und eine Herzkammer Städte. Aber nur dann, wenn beide Kammern funktionieren, wird das Herz unseres Landes schlagen.

(Beifall SPD und SSW)

Wir werden dazu in der Landesplanung die Stellschrauben identifizieren.

(Zuruf Wolfgang Kubicki [FDP])

Möglicherweise werden wir sehen, dass ein Impuls der Metropolregionen hin und wieder auch hilft. Da sind wir natürlich gar nicht auseinander. Das Bild ging jetzt nicht, weil die dritte Herzkammer nicht passt. Ich habe sehr darauf gesetzt, dass Sie einen Zwischenruf machen, um dieses noch einmal deutlich machen zu können.

(Zuruf Wolfgang Kubicki [FDP])

- Sehen Sie, es geht doch. Manchmal ist das, was Sie tun, durchaus hilfreich.

(Heiterkeit SPD - Christopher Vogt [FDP]: Das Lob können wir zurückgeben!)

Sehen Sie, so viel Einigkeit hält eine Herzkammer aus.

(Heiterkeit SPD - Christopher Vogt [FDP]: Ja, da stehen einem die Haare zu Berge!)

- Ihnen mehr als mir. Aber wir wollen da jetzt nicht ins Detail gehen.

(Heiterkeit)

Landesplanung will Partner von Politik sein. Wir wollen Leitplanken definieren für die Entwicklung unseres Landes, von der Bildung bis hin zur Ansiedlung. Das ist die eigentliche Aufgabe, wenn wir über Landesplanung reden. Die Landesplanung in Schleswig-Holstein war viel zu kleinteilig, war viel zu bürokratieversessen. Ich möchte gern mit Ihnen gemeinsam Landesplanung politischer verstehen. Die Debatte der letzten Wochen zur Landesentwicklung zeigt: Wir sind auf einem guten Weg.

Ich bitte Sie herzlich: Beteiligen Sie sich überall und auf allen Ebenen an der Diskussion. Es geht noch intensiver, als wir es im letzten Landesplanungsrat erlebt haben. Dazu darf durchaus noch

(Ministerpräsident Torsten Albig)

ein bisschen mehr beigetragen werden. Wir führen gerade eine Online-Befragung zu Bädern durch. Teilen Sie dies doch bitte im Rahmen Ihrer politischen Bezüge mit. Jede Anregung ist uns willkommen.

Wenn wir gemeinsam einen solchen Prozess voranbringen, dann werden wir in der Tat eine moderne Landesplanung für Schleswig-Holstein auf den Weg bringen, wie es sie in nicht vielen Ländern gibt. Dann haben wir einen guten Grund, den Menschen zu sagen: Wir wissen, wie weit unser Land in zehn oder in 15 Jahren sein soll. Wir wissen dies deshalb, weil wir euch gefragt haben und weil wir auf euch hören. Das ist mein Weg von Landesplanung, und darum geht es im Kern. Deshalb bitte ich um Zustimmung zu dem ersten gesetzlichen Baustein. - Danke schön.

(Anhaltender Beifall SPD, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN und SSW)

Die Landesregierung hat die vereinbarte Redezeit um 3 Minuten überzogen. Wenn gewünscht, können diese 3 Minuten auch von den einzelnen Fraktionen genutzt werden. - Weitere Wortmeldungen sehe ich jedoch nicht.

Bevor wir zur Abstimmung kommen, begrüßen Sie bitte mit mir 25 Schülerinnen und Schüler des Thor-Heyerdahl-Gymnasiums in Kiel, 15 Schülerinnen und Schüler des Friedrich-Schiller-Gymnasiums in Preetz mit dem Wahlpflichtkurs „Schweigen ist Silber, Reden ist Gold“,

(Heiterkeit)

zehn Mitglieder des Vereins Deutscher Studenten aus Kiel sowie den Bundestagsabgeordneten Matthias Ilgen. - Seien Sie alle herzlich willkommen im Schleswig-Holsteinischen Landtag!

(Beifall)