dafür einzustehen. Haben Sie zur Kenntnis genommen, dass ich keine Verdächtigungen in den Raum gestellt habe?
- Meine liebe Kollegin Ostmeier, ich möchte mich für meine Wortwahl Ihnen gegenüber entschuldigen und Ihnen meinerseits nichts unterstellen. Ich wäre aber dankbar, wenn wir die Debatte in der Frage, ob § 147 GVG noch zeitgemäß ist, etwas abstrakter führen würden und diese nicht mit einer Gefahr unterlegen würden, die im Raum stünde. Wir machen uns sonst in der Bevölkerung dahin gehend verdächtig, dass von diesem politischen Weisungsrecht Gebrauch gemacht würde.
Wenn wir die Frage Gewaltenteilung ja oder nein diskutieren und fragen, wie dies einzubetten sei und wie eine moderne Justiz unter Einbeziehung der Staatsanwaltschaften in einem demokratischen Rechtsstaat möglicherweise neu zu organisieren sei, was wir in der Frage der Selbstverwaltung der Justiz machen, dann bin ich in der Frage der logischen Einordnung dieser Frage sehr schnell bei Ihnen. Darüber kann man diskutieren. Sie tun dies ganz liebevoll, aber der Kollege Dr. Breyer tut es in seiner eigenen Art, nämlich durch die Aufstellung von Behauptungen, die sich nicht verifizieren lassen.
Es macht keinen Sinn, die Frage des § 147 GVG im Zusammenhang mit der Frage der politischen Einflussnahme und des Verdachts der politischen Einflussnahme durch Medien, Bevölkerung oder was auch immer zu diskutieren, denn dann kommen wir nicht weiter.
Wenn es zur Grundlage unserer Handlungen gemacht würde, dass irgendetwas in den Medien diskutiert wird, woraufhin wir gesetzliche Regelungen schaffen, dann sage ich: Gute Nacht, Marie. Wir müssen zunächst entscheiden, ob dahinter eine Mehrheit oder eine Minderheit steht und ob diese qualifiziert oder nicht qualifiziert ist. Ich stimme dem Kollegen Peters zu, systematisch sind wir näher beieinander, als dies momentan noch aussieht. Wir sind es aber nicht in der nicht verifizierbaren Behauptung, es bestünde die Gefahr der politischen Einflussnahme, die doch in den letzten Jahrzehnten effektiv nicht stattgefunden hat.
- Die Weisung ging an eine andere Staatsanwaltschaft, zu prüfen, ob Gründe für ein Wiederaufnahmeverfahren vorliegen. Das erwarte ich in der Tat von einer Justizministerin.
Herr Dr. Breyer, wenn das Modell umgesetzt worden wäre, was Sie im Kopf haben, dann säße Herr Mollath heute noch in der Psychiatrie. Er säße bis zu seinem Lebensende in der Psychiatrie.
Herr Abgeordneter, ich bitte Sie, eine Zwischenbemerkung oder eine weitere Frage von Frau Abgeordneter Ostmeier zuzulassen. Den Kollegen Dr. Breyer bitte ich, keine weiteren Zwischenrufe zu machen, sodass hier Dialoge entstehen.
Herr Dr. Breyer, das können Sie selbstverständlich gern tun. Herr Kollege Kubicki, ich gehe davon aus, dass Sie der Frau Kollegin Ostmeier das Wort geben.
Ich würde den Vorschlag, den Sie gemacht haben, mit der Attitüde, die Sie gern hätten, gern annehmen, nämlich die Diskussion im Rahmen einer sachlichen Debatte, unabhängig von irgendwelchen Verdächtigungen und Befürchtungen, zu führen. Ich würde mich freuen, wenn Sie genauso, wie Sie es eben geschildert haben, an dieser Diskussion teilnehmen, um das Thema abschließend zu erörtern. Ich würde Ihnen auch nicht unterstellen wollen, dass Sie als Strafverteidiger vielleicht eine andere Ansicht haben. Ich glaube, diese Anschuldigungen mit den Worten Trip und Lobbyis
mus brauchen wir beide nicht. Ich bin also gern gemeinsam und sachlich mit Ihnen auf dem Weg. Ich schließe mich Ihnen gern an. Mal schauen, ob wir ein gemeinsames Ergebnis hinkriegen. - Danke.
Frau Ostmeier, ich lade Sie gern zu einem Gläschen Wein ein, um diese persönlichen Differenzen zwischen uns beiden auszubügeln. Es war nicht meine Absicht, Sie in irgendeiner Form anzugehen.
Sehr geehrter Herr Kollege Kubicki, sind Sie mit mir der Auffassung, dass die Justiz in Italien, wir sprachen gerade davon, eine der wenigen Institutionen war, die dem unsäglichen Treiben des ehemaligen Ministerpräsidenten Berlusconi entgegentrat? Sind Sie mit mir einer Meinung, dass diese handfeste Art und Weise, sich dem Einfluss des Staates zu widersetzen, möglicherweise auch damit zu tun hat, dass die Staatsanwaltschaft und die Justiz dort insgesamt eine stärkere Autonomie besitzen als in Deutschland?
- Herr Kollege Professor Dr. Peters, es ist schwierig, die politischen Windungen, die Sie mit der politischen Ablehnung von Berlusconi und seiner strafrechtlichen Verantwortung verbinden, in Übereinstimmung zu bringen. Ich kann Ihnen aber sicher sagen: Auch in Deutschland würden Vertreter von Regierungen bei strafrechtlich relevantem Verhalten konsequent verfolgt werden, und zwar völlig egal, ob die Staatsanwaltschaften Weisungen unterliegen könnten oder nicht.
Anders wären eine Reihe von Ermittlungsverfahren gegen Regierungsvertreter überhaupt nicht denkbar gewesen, und zwar gilt dies nicht nur für ausgeschiedene, sondern auch für amtierende Vertreter.
- Ja, das ist auch ein Argument. Gegen Regierungsvertreter, die nicht Abgeordnete sind, darf man ermitteln, ohne dass die Immunität aufgehoben wird. Gegen die anderen kann man erst ermitteln, nachdem man die Immunität aufgehoben hat. Dies dient dem Schutz davor, aus politischen Gründen in unrechtmäßiger Weise Gegenstand eines Ermittlungsverfahrens zu werden. Das ist ein guter Grund, das ist ein gutes Recht. Ich weiß, dass die PIRATEN einmal gefordert haben, diese Immunitätsregel zugunsten von Abgeordneten als Sonderrechte abzuschaffen. Herr Dr. Breyer, davon sind Sie mir Ihrem Beitrag heute offensichtlich abgerückt.
Frau Präsidentin, obwohl mir viel auf der Seele liegt, möchte ich die Debatte nicht weiter vorantreiben,
aber ich sage: Ich empfehle die systematische Erörterung und wunderbare Aufsätze zu diesem Thema, auch von der NRV, aus dem letzten Jahr. Nordrhein-Westfalen ist hier ein beredtes Beispiel. Lassen Sie uns darüber in aller Sachlichkeit und unter formalen Aspekten der Gewaltenteilung in Deutschland unter der Ägide des Grundgesetzes diskutieren. Lassen Sie uns dies nicht mit Verdachtsmomenten, die immer wieder auftauchen, belegen. Dann können wir in einer ruhigen und sachlichen Debatte - nicht von heute auf morgen - im Rahmen der Debatte über die Frage der Selbstorganisation der Justiz noch einmal darauf zurückkommen.
Es ist eine Tatsache, dass viele andere Länder skeptisch sind und dass übrigens auch nicht alle in meiner eigenen Partei der Auffassung sind, man sollte die Selbstverwaltung der Justiz vorantreiben. Auch hier besteht eine gewisse Skepsis. Dies deutet darauf hin, dass das Problem komplexer ist, als dass wir es hopplahopp einfach mit einer Änderung des § 147 GVG bewältigen könnten. - Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit ihrem Antrag greift die CDU ein Thema auf, das schon länger diskutiert wird und für das sich auch unsere Justizministerin Anke Spoorendonk bereits engagiert hat. Ich erinnere daran, dass sie sich bereits auf der Justizministerkonferenz im November des vergangenen Jahres gemeinsam mit Sachsen dafür ausgesprochen hat, eine Reform des externen Weisungsrechts gegenüber den Staatsanwaltschaften ins Auge zu fassen. Bedauerlicherweise hat sich die Mehrheit der Justizministerinnen und Justizminister schon gegen den ersten Schritt ausgesprochen, nämlich eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe zur Prüfung von Reformmöglichkeiten einzusetzen.
Auch einem Vorstoß der LINKEN im Bundestag, der unter anderem das Ziel einer Streichung der §§ 146 bis 149 des Gerichtsverfassungsgesetzes vorsah, in denen auch das externe Weisungsrecht geregelt ist, blieb der Erfolg versagt.
Obgleich die CDU mit ihrem Antrag also auf einen längst fahrenden Zug aufspringt, erscheint es mir sinnvoll und geboten, das Thema hier im Landtag auch zu erörtern. Die Debatte zeigt das ja auch.
Eine Öffnungsklausel im Bundesrecht, wie sie der Antrag der CDU ins Auge fasst, sieht vordergründig erst einmal sinnvoll aus. Angesichts des Meinungsbildes auf der Justizministerkonferenz dürften die Erfolgsaussichten einer solchen Bundesratsinitiative allerdings gegenwärtig gering sein. Wie gesagt, dort hat man schon eine Arbeitsgruppe abgelehnt, die nur darüber reden sollte, ob da etwas geht. Eine Gesetzesinitiative ist dann umso schwerer umzusetzen.
Wir sind uns sicher alle darin einig, dass in unserem Land in der jüngsten Vergangenheit und gegenwärtig mit dem externen Weisungsrecht sehr verantwortungsvoll umgegangen wird und es nicht zu politischen Einflussnahmen kommt. Das heißt im Klartext: Schon seit Jahren haben Justizminister, gleich welcher politischer Couleur, davon keinen Gebrauch gemacht. Es geht also im Wesentlichen darum, durch eine Beschränkung des externen Weisungsrechts diesen Zustand auch für die Zukunft abzusichern und schon den Anschein einer möglichen Einflussnahme zu minimieren.
Das ist allerdings ein sehr theoretisches Problem. Dabei sollte eine weitere Entwicklung nicht außer Acht bleiben, die eine ganz ähnliche Stoßrichtung verfolgt, für die sich unsere Justizministerin besonders engagiert, nämlich eine größere Autonomie
Die dazu, also zur größeren Autonomie der Justiz, eingerichtete Arbeitsgruppe, hat den rechtspolitischen Sprechern der Landtagsfraktionen gestern ein spannendes Eckpunktepapier für eine Strukturreform der Justiz vorgestellt, das es jetzt zu diskutieren gilt. Es werden völlig zu Recht die Staatsanwaltschaften in Überlegungen einbezogen. Zwar nehmen sie keine rechtsprechenden Aufgaben wahr, ihre Ermittlungs- und Anklagetätigkeit bereitet aber die Rechtsprechung vor, sodass letztlich wie es in dem Papier heißt - Gerichte und Staatsanwaltschaften zwei ineinandergreifende Arme der Justiz sind, die gemeinsam den Rechtsstaat tragen. Dies ist der Hintergrund, vor dem wir Reformmöglichkeiten des externen Weisungsrechts diskutieren müssen. Es ist schlau, da sehr, sehr vorsichtig und sehr, sehr langsam sowie ganz in Ruhe heranzugehen.
Auf der anderen Seite müssen wir ebenfalls - und das ist wichtig - den Verfassungsgrundsatz der parlamentarischen Verantwortung fest im Blick haben. Denn bei aller Nähe zur Rechtssprechung ist und bleibt staatsanwaltschaftliches Handeln Exekutivtätigkeit,
(Beifall Abgeordnete Jette Waldinger-Thier- ing [SSW], Dr. Ralf Stegner [SPD], Anita Klahn [FDP] und Wolfgang Kubicki [FDP])
die durch das Volk zu kontrollieren ist. Das Volk ist mittelbar das Parlament und die sie tragenden Regierungen. Was ich nicht will - und was wir alle nicht wollen, denke ich -, ist eine Rückkehr zum Generalstaatsanwalt als politischen Beamten. Das wäre noch eine Nummer schlimmer. Irgendeine Form der Einflussnahme des Volkes auf die Tätigkeit der Exekutive muss es aber geben. Das ist ein Verfassungsgrundsatz. Darauf ist unser Staat aufgebaut. Das dürfen wir bei allem Engagement und bei allen Emotionen nicht vergessen. Deshalb sind die Regelungen so, wie sie sind.