Protocol of the Session on January 22, 2014

Deshalb wird die Landesregierung noch in Kürze eine eigene Bundesratsinitiative vorlegen. Sie enthält als zentralen Punkt die Aufhebung der Optionspflicht. Für die Fälle, in denen die Wirkungen des Optionsverfahrens bereits eingetreten sind oder nicht verhindert werden konnten, wird eine Übergangsregelung geschaffen. Den Betroffenen wird die Möglichkeit zum gebührenfreien Wiedererwerb der deutschen beziehungsweise der ausländischen Staatsangehörigkeit unter Beibehaltung der deutschen eröffnet. Der Gesetzentwurf deckt damit ähnlich wie der Gesetzentwurf von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Bundestag - alle Fallkonstellationen ab. Ich hoffe, dass Sie alle ihn als politischen Konsens mittragen.

In dieser Debatte wird der - wie ich finde - krampfhafte Versuch seitens der FDP und der Piratenfraktion unternommen, uns nachzuweisen, dass wir ein Ziel, das wir gemeinsam haben, nicht engagiert und vehement verfolgen. Dieser Versuch ist gescheitert. Wir tun alles, um das Optionsverfahren zu beenden, aber wir haben dies nicht allein in der Hand. - Herzlichen Dank.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Weitere Wortmeldungen sehe ich nicht. Es wurde kein Antrag auf Überweisung gestellt. Abweichend von der Geschäftsordnung schlage ich vor, den vorliegenden Änderungsantrag zu einem selbstständigen Antrag zu erklären. - Widerspruch sehe ich nicht.

(Minister Andreas Breitner)

Ich lasse zunächst über den Antrag der Fraktion der PIRATEN, Drucksache 18/1471, abstimmen. Wer zustimmen will, den bitte ich um sein Handzeichen. - Das sind die Stimmen der Fraktion der PIRATEN. Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Dieser Antrag ist bei Zustimmung der Fraktion der PIRATEN bei Ablehnung durch die Fraktionen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abgeordneten des SSW und bei Enthaltung der Fraktionen von CDU und FDP abgelehnt.

Wir kommen zum Änderungsantrag der Fraktionen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und der Abgeordneten des SSW, Drucksache 18/1504. Wer dem Antrag zustimmen will, den bitte ich um sein Handzeichen. - Das sind die Stimmen der antragstellenden Fraktionen. Gegenstimmen? - Das sind die Stimmen der Fraktion der PIRATEN. Stimmenthaltungen? - Die CDU-Fraktion. Damit ist dieser Antrag angenommen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 42 auf:

Attraktivität der Landespolizei erhalten

Bericht der Landesregierung Drucksache 18/1432

Ich erteile dem Innenminister Herrn Andreas Breitner das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit dem Berichtsantrag unterstreichen die Landtagsfraktionen ihren Willen, die Bemühungen der Landespolizei zu fördern, auch in Zukunft interessante Arbeitsplätze anzubieten. Das begrüße ich sehr, und dafür möchte ich mich ausdrücklich bedanken, denn eine ausreichende Anzahl an Nachwuchskräften und geschulte Fachkräfte für die Polizei sind leider keine Selbstverständlichkeit.

Wie nahezu alle Arbeitgeber steht auch die Landespolizei vor der Herausforderung, mit den Folgen des demografischen Wandels umgehen zu müssen, nämlich mit sinkenden Schülerzahlen kombiniert mit einem steigenden Bedarf an Einstellungen bei der Landespolizei. Dieser Bedarf wird in den Jahren zwischen 2018 und 2023 auf über 350 Stellen pro Jahr anwachsen.

Bislang ist es den Verantwortlichen der Werbe- und Einstellungsstelle gelungen, eine ausreichende Anzahl an Bewerberinnen und Bewerbern auszuwählen. Dazu hat auch die Tatsache beigetragen, dass das Ansehen der Polizei in der Öffentlichkeit nach

wie vor sehr hoch ist. Aktuellen Untersuchungen zufolge rangiert die Polizei auf den vorderen Plätzen der Beliebtheitsskala. Das betrifft sowohl ihr Ansehen in der Gesellschaft als auch ihre Attraktivität als Arbeitgeber.

Wenn wir diesen Status aber halten wollen, dann müssen wir alle gemeinsam etwas tun. Aktuell wird daher im Innenministerium ein Nachwuchskonzept erarbeitet. In Kooperation mit dem Fachbereich Medien der Fachhochschule Kiel wird die bisherige Form der Nachwuchswerbung wissenschaftlich untersucht. Hierbei steht die Frage im Mittelpunkt, welche unterschiedlichen Zielgruppen für den Polizeiberuf angesprochen werden sollen und wie diese zu bewerben sind. Dabei stehen Bewerberinnen und Bewerber mit Migrationshintergrund ebenso im Fokus wie Spezialisten, die eine Vorbildung in Bereichen vorweisen können, die auch bei der Polizei zum Einsatz kommen.

Um als Arbeitgeber attraktiv zu bleiben, sind auch die Rahmenbedingungen der Berufsausübung von großer Bedeutung. Dazu zählen natürlich die Besoldung und die Entwicklungschancen, aber auch die Frage der Vereinbarkeit von Familie und Beruf.

Mit Blick auf den Einsatz als Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte sind zudem die Themen Sicherheit und Trainingsbedingungen wichtig. Ein ehrlicher Blick zeigt da für die Landespolizei, dass die derzeitigen Einsatztrainings-, Lehr- und Unterbringungsmöglichkeiten im Bereich der Polizeidirektion für Ausbildung und der Bereitschaftspolizei in Eutin nicht ausreichen. Auch wenn bei der Unterbringung aktuell Fortschritte gemacht worden sind, bleiben weitere Anstrengungen notwendig.

Diese sind auch deshalb unverzichtbar, weil die Ausbildungsstätte der PDA AFB Eutin nicht nur in Konkurrenz zu anderen Arbeitgebern in der Wirtschaft steht, sondern die Landespolizei SchleswigHolstein muss sich beim Werben um neue Kräfte auch mit anderen, vor allem benachbarten Länderpolizeien und der Bundespolizei, vergleichen.

Ich bin daher sehr froh, dass in einem ersten Schritt die Realisierung der Einsatztrainingsstätte vorangekommen ist, und ich bin zuversichtlich, dass wir mit Unterstützung des Finanzministeriums auch die weiteren Projekte, die wir im Blick haben, werden realisieren können. Zu einer modernen Bürgerpolizei gehört eine moderne Ausbildung in modernen Unterrichtsräumen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, erfolgreiche Nachwuchswerbung allein reicht für eine in die

(Vizepräsident Bernd Heinemann)

Zukunft gerichtete Polizei nicht aus. Globalisierung sowie der rasante Technologiefortschritt führen zu neuen Formen der Kriminalität und damit zu steigenden Anforderungen an die Polizei bei der erfolgreichen Bekämpfung von Wirtschafts- und Internetkriminalität.

Das Phänomen Cybercrime ist dafür ein aktuelles Beispiel. Auch hier ist die Landespolizei gefordert, sich auf diese Veränderung der Kriminalität einzustellen. Wir wollen dafür Spezialisten gewinnen, zumal der Aufgabenschwerpunkt in der anspruchsvollen Ermittlungsunterstützung und weniger in der klassischen Ermittlungstätigkeit liegt. Das Innenministerium prüft zurzeit die Möglichkeiten, solche Spezialisten anzuwerben und einzustellen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, aus der genannten Untersuchung geht auch hervor, dass die Diskussionen um den mangelnden Respekt der Bürgerinnen und Bürger vor der Polizei, die zunehmende Gewalt gegen Polizeibeamte sowie die negative Berichterstattung in den Medien eine nachteilige Wirkung auf potenzielle Bewerberinnen und Bewerber für den Dienst in der Landespolizei haben.

Auch die Frage der Besoldung spielt eine wichtige Rolle. Insofern ist es notwendig, dass wir unseren Polizeivollzugsbeamtinnen und -beamten ausreichende finanzielle Anreize und eine Perspektive für ihre berufliche Entwicklung bieten. Dazu gehört neben einer angemessenen Beförderungsstruktur und der zeitnahen Übernahme von Tarifabschlüssen auch eine an den aktuellen Belastungen des Polizeidienstes orientierte Bezahlung.

Die Modifizierung oder Novellierung der Erschwerniszulagenverordnung hat zu deutlichen Vereinfachungen geführt. Sie orientiert sich an den zunehmend veränderten Einsatzbedingungen und Belastungen im Polizeidienst. Sie macht aber in einem zweiten Schritt - ich glaube, das ist der wichtigere und entscheidendere Schritt - eine deutliche Anhebung der Zulage für den Dienst zu ungünstigen Zeiten und eine Anhebung für die Erschwernisse in besonderen Dienstformen notwendig.

Ich möchte noch eine Bemerkung zu den Belastungen der Beamtinnen und Beamten in der Landespolizei anfügen, die aktuell wieder einmal Gegenstand der öffentlichen Diskussion sind. Bezogen auf den Gesamtpersonalkörper der Landespolizei ergibt sich aktuell ein durchschnittlicher Stundenstand von 47 Stunden vergütbarer Mehrarbeits- und Überstunden. Überstunden- und Mehrarbeitsstände einzelner Beamtinnen und Beamten liegen

deutlich über diesem Durchschnitt. Das ist in der Regel durch deren besondere Aufgabenwahrnehmung beziehungsweise deren besondere Spezialisierung bedingt. Dies bedeutet aber auch, dass ein überwiegender Teil der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter über einen Stundenstand verfügt, der unter einer Wochenarbeitszeit liegt. Insofern ist der Mehrarbeitsstand der Landespolizei im Durchschnitt und generell betrachtet nicht besorgniserregend.

Dass die Überstundenstatistik als Indikator der Arbeitsbelastung nur bedingt geeignet ist, habe ich gestern bei meinem Besuch auf dem Polizeirevier in Norderstedt erfahren. Von der Arbeitsbelastung her ist Norderstedt der polizeiliche Schwerpunkt im Kreis Segeberg. Im Vergleich der Überstunden ist der Durchschnitt in Segeberg 47 Stunden, in Norderstedt auf dem am stärksten belasteten Polizeirevier aber nur 25 Stunden. Sie sehen - und das ist die Schlussfolgerung daraus -, die Überstunden sind als alleiniger Indikator der Arbeitsbelastung zumindest differenziert zu betrachten. Und genau so steht es auch in meinem Bericht, und genau so ist es nach meiner fachlichen Auffassung auch richtig.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Sie können sich über diese Fakten und diesen Befund noch haben Sie es nicht getan, aber der eine oder andere hat es ja schon öffentlich gemacht - aufregen, und Sie dürfen sich auch empören. Dennoch bleiben es Tatsachen, die diese Schlussfolgerung rechtfertigen. Sie haben von mir einen Bericht angefordert. Ein Bericht beschreibt die Dinge so, wie sie sind, und nicht, wie wir sie uns vielleicht wünschen, um unsere eigenen Legenden weiter fortschreiben zu können. Das wäre sicherlich der einfachere und auch der widerspruchslosere Weg, aber es ist nicht mein Weg. Ich gehe weiterhin den Weg der Wahrheit und der Klarheit, auch wenn ich dafür nicht immer Applaus bekomme. Und dass die nüchterne Analyse nicht dem gewerkschaftlichen Weltbild entspricht, nehme ich in Kauf. Das gehört zur Wahrheit und zur Klarheit dazu.

Über die von mir genannten Anreize hinaus wird eine erfolgreiche Steigerung der Attraktivität der Polizei nur gelingen, wenn die Gesellschaft ihr mit Respekt und nicht dem ständigen Verdacht des unrechtmäßigen Handelns begegnet.

(Beifall CDU und FDP)

Die Diskussionen um die Polizeimaßnahmen in Hamburg haben neben der Debatte um die Rechtmäßigkeit und Verhältnismäßigkeit der gewählten Mittel bei vielen Bürgerinnen und Bürgern auch ei

(Minister Andreas Breitner)

ne besondere Bereitschaft geweckt, der Institution Polizei öffentlich ihre Solidarität und Anerkennung zu bekunden. Es ist die Frage: Mit welchem Respekt begegnen wir den Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten, die täglich im Einsatz sind, um Fehler und Defizite unserer Gesellschaft auszugleichen? Diese Frage mag sich jeder selbst stellen und für sich beantworten. - Herzlichen Dank.

(Beifall SPD)

Die Landesregierung hat die vereinbarte Redezeit um 4 Minuten überzogen. Diese 4 Minuten stehen deshalb allen Fraktionen zur Verfügung.

Das Wort für die SPD-Fraktion hat die Frau Abgeordnete Simone Lange.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Landesregierung! Ich finde es prima, dass Sie Ihre Redezeit so weit überschritten haben; dann muss ich nicht so schnell sprechen, denn ich habe mir sehr viel aufgeschrieben. Vielen Dank für den schriftlichen Bericht und auch vielen Dank für die mündlichen Ausführungen dazu.

Das Interesse an einer attraktiven Landespolizei ist groß, und ich gehe davon aus, dass Sie alle hier im Raum dieses Interesse mit uns teilen. Attraktiv ist, was gute Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen vorweist. Dazu gehören vor allem die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, dazu gehören Weiterentwicklungs- und Aufstiegsmöglichkeiten sowie Sicherheit und ein positives Ansehen des Berufsstandes. Um mit Letzterem zu beginnen: Das Ansehen des Polizeiberufes steigt nicht, wenn aus dem politischen Raum heraus immer wieder die notwendigen Veränderungen in der Landespolizei infrage gestellt und zum Teil sogar skandalisiert werden.

(Beifall SPD)

Ob beim Thema Schließung von Polizeistationen, der unterstellten Datensammelwut im Zusammenhang mit dem Vorgangsabarbeitungssystem @rtus, ob durch Anwürfe wegen überzogenen Einsatzverhaltens, ob im Bereich der IT-Ausstattung oder beim Digitalfunk - darauf werden wir gleich noch zu sprechen kommen -, es gab kaum eine Tageszeitung, in der nicht irgendeine Negativschlagzeile zu lesen war, gerade in den letzten Tagen. In meinen

Augen erzeugt dies leider ein Bild, das nicht der Realität entspricht.

Die Landespolizei ist im Wandel und muss sich auch im Wandel befinden, um sich zukunftsfähig aufzustellen. Kriminalität schläft nicht, und gesellschaftliche Veränderungen erzeugen neue Herausforderungen für die öffentliche Sicherheit und Ordnung.

Der uns vorliegende Bericht führt aus, welche Problemlagen aktuell zu bewältigen sind. Zugegeben: An der einen oder anderen Stelle hätte ich mir durchaus noch ausführlichere Lösungswege gewünscht, gerade im Bereich Vereinbarkeit Familie und Beruf. Aber der Bericht ist ehrlich, und er führt vor allem an, dass alle Wünsche und Ziele der Landespolizei im Spannungsfeld zwischen den Möglichkeiten der Haushaltslage und den Notwendigkeiten der Sicherheitsbedürfnisse stehen. Deshalb gilt es, Schwerpunkte zu setzen.

Ein Schwerpunkt ist und bleibt, neben der Bewältigung des Einsatzgeschehens den neuen Kriminalitätsphänomenen mit den richtigen Instrumenten zu begegnen, ohne den Präventionsauftrag der Landespolizei zu vergessen. Aktuelles Beispiel ist die Zunahme der Enkeltrickfälle, und zwar bundesweit, aber eben auch in Schleswig-Holstein. Profi-Banden sind unterwegs und schädigen Hunderte und sogar Tausende telefonisch, indem sie sie zur Auszahlung ihrer Ersparnisse überreden.

Solche Phänomene brauchen eine schlagkräftige Landespolizei mit entsprechenden Spezialisten im Bereich der Wirtschaftskriminalität und im Bereich Cybercrime.

Ich meine, wir brauchen eine stärkere Öffnung für fachspezifische Kompetenzen. Mehrjährige Spezialausbildungen innerhalb der Landespolizei, wie sie bereits stattfinden, sind eine Möglichkeit, der stärkere Einsatz interdisziplinärer Teams eine andere. Ich halte es für eine attraktive Polizei der Zukunft für unabdingbar, mehr auf die Interdisziplinarität zu setzen.

(Vereinzelter Beifall SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Nicht jeder und jede muss alles können. Ziel muss es doch sein, Ermittlungseinheiten zu bilden, die die notwendigen Fachkompetenzen abbilden. Ich freue mich, dass die Landesregierung in dem Bericht diesen Ansatz wählt und auch beschreibt, wie sie dem akuten Bedarf an externen Spezialisten durch entsprechende Konzepte begegnen will. Das werden wir unterstützend begleiten.