Protocol of the Session on December 12, 2013

men. Neue Konzepte müssen dazu erstellt werden und das ganz schnell.

(Beifall CDU und PIRATEN)

Wir schlagen vor, die Verhandlungen und Gespräche am Runden Tisch für Schleswig-Holstein dazu weiterzuführen, um diese dringende gesamtgesellschaftliche Problematik fachübergreifend und lösungsorientiert anzugehen. Schade, dass die letzte Ausschusssitzung wegen des Sturmes Xaver ausgefallen ist. Wir hatten uns in der Sitzung darüber sehr viele Informationen erhofft. Ich hatte auch bis vorhin noch gehofft, dass die Ministerin anbieten würde, uns über die Gespräche zu informieren. Das wäre wirklich schön gewesen. Schade eigentlich, aber vielleicht hören wir ja gleich noch etwas von ihr.

Ob es dann, wie die Koalition es vorschlägt, 45.000 € für die Entwicklung eines Konzeptes zur Absicherung der freiberuflichen Hebammen braucht, wissen wir noch nicht. Insoweit sollten wir erst noch abwarten.

Frau Ministerin, handeln Sie und führen Sie die Verhandlungen des Runden Tisches fort - für die Zukunft der Frauen und der Kinder in SchleswigHolstein und für die Zukunft der Geburtshilfe in Schleswig-Holstein. Die Schwangeren brauchen Sicherheit und unsere Unterstützung. Und die fordern wir ein.

Wir freuen uns auf die Beratungen im Ausschuss.

(Beifall CDU, PIRATEN und Anita Klahn [FDP])

Für die Fraktion der PIRATEN hat der Abgeordnete Wolfgang Dudda das Wort.

(Zuruf)

Die Reihenfolge hatten wir vorhin geklärt. Wir gehen nach der Reihenfolge der Anträge, danach sprechen die Fraktionen nach Stärke. Dies nur, damit keine Irritationen entstehen. In diesem Fall bin ich ziemlich sicher, dass es allgemein üblich ist, so vorzugehen.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist eine alte Küstenweisheit: Sturm und Flut, das bringt die Kinder. Und diese alte Weisheit hat sich bei Xaver in der letzten Woche auch auf Sylt wieder bewahrheitet. Es gab dort nachts zwei Gebur

(Katja Rathje-Hoffmann)

ten, eine davon unvorhergesehen per Kaiserschnitt. Aber wegen des Sturms hätte ein Rettungshubschrauber gar nicht fliegen können. Von daher ergibt sich schon einmal eine ganz besondere Sachlichkeit für die Klinik auf Sylt.

Wir dürfen auch nicht vergessen, dass Sylt aufgrund seiner geografischen Lage eine Sonderstellung einnimmt. Auch ohne die Geburtenproblematik nimmt die Zahl der Einwohner auf Sylt ab, und zwar in einem Maße, dass damit der wirtschaftliche Standort Sylt ohnehin gefährdet ist. Wenn wir nicht für den Erhalt der Geburtshilfe kämpfen, wird dies die Abwanderung von der Insel derartig verstärken, dass Sylt als Wirtschaftsstandort fraglich werden wird. Auch das muss man ganz klar sehen.

Die Schaffung einer Geburtenstation auf der Insel und die finanzielle Unterstützung der Hebammen und Gynäkologen, insbesondere im Hinblick auf die Versicherung, sind daher unbedingt notwendig und ein wichtiger Zwischenschritt auf dem Weg zu einer richtigen und dauerhaften Lösung.

Diesem Anspruch werden die beiden Anträge für die Sylter Problematik dazu nur im Ansatz gerecht. Sie gehen jedoch in die richtige Richtung. Ich schließe mich dem an, dass wir das beraten und auch zu Ende führen müssen. Unser Antrag konkretisiert die Geschichte in Richtung Sylt und richtet den Fokus auch ein wenig auf das Vorgehen der Asklepios-Klinik, wozu ich Folgendes anmerken will:

Es kann nicht sein, dass das Land in den kostenintensiven Bereichen der medizinischen Versorgung einspringen muss und die rentablen Bereiche wie die der Kurklinik in privater Hand bleiben. Wir regen daher an, auch darüber nachzudenken, dass der Versorgungsauftrag der Asklepios-Nordseeklinik auf Sylt vollständig entzogen wird und in die Hände der Nordfriesland GmbH fällt.

Ich darf daran erinnern, mit wem wir es bei Asklepios zu tun haben. Dieser Klinikbetrieb hat sein Vertrauen schon lange verspielt, auf Sylt sowieso durch Ausbeutung der Arbeitnehmer, durch ein amoralisches Profitstreben, das wirklich nicht mehr hinzunehmen ist, und insbesondere durch das unsoziale Verhalten gegenüber den Mitarbeitern, die erst nach einem langen Streik erreichen konnten, was woanders normal ist.

Es gibt aber einen Vertrag, der klar regelt, dass Asklepios Geburten auf Sylt zu ermöglichen hat. Basta! Pacta sunt servanda, mehr muss man dazu eigentlich gar nicht sagen.

Deshalb legen wir einen Änderungsantrag vor, der ganz ausdrücklich den Blick nach Sylt wirft. Es muss aktuell und dringend eine Übergangslösung her. Insoweit hat die Kollegin Katja Rathje-Hoffmann völlig recht, weil im Januar 2014 bereits alles zu spät sein könnte. Das muss jetzt überzeugend und kurzfristig geschehen.

(Beifall Dr. Patrick Breyer [PIRATEN])

Wir alle kennen die finanzielle Dimension. Mindestens 200 Geburten sind nötig, damit sich die Haftpflichtversicherung für einen Gynäkologen lohnt. Der Betreiber der Klinik auf Sylt will dieses Geld einsparen. Weil zu wenige Geburten auf der Insel stattfinden und weil sich Asklepios diese Versicherung nicht mehr leisten will und meint, sich diese auch nicht mehr leisten zu dürfen, sollen die Hebammen das selbst machen.

Ich frage mich, was von dem Versorgungsauftrag, den wir einmal erteilt haben, noch übrig geblieben ist. - Gar nichts. Wenn der Betreiber nach rein betriebswirtschaftlichen Gründen entscheidet, was er machen will und was nicht, und wenn er sich um Verträge scheren kann, dann frage ich mich auch, wofür wir überhaupt Verträge abschließen.

Das Fördergeld, das seinerzeit gewährt wurde, ist ja geflossen. Das kann aber nicht bedeuten, dass sich der Betreiber nun aus der Verantwortung ziehen kann. Das muss vielmehr bedeuten, dass er in besonderer Weise verpflichtet ist. So jedenfalls verstehen wir das. Das muss auch heißen: Wenn irgendeine Norm gegen die gängige Praxis spricht, muss der Betreiber eine andere Methode wählen. Die Verantwortung bleibt bei ihm. Da nutzt es auch nichts, ein Geburtshaus einzurichten, wenn den Hebammen kein Gynäkologe zur Seite steht und die Kostenfrage zudem nicht geklärt ist.

Menschwürdig Politik an Menschen, und zwar vor den Akten, das sind alles Bekenntnisse, die wir schon oft gehört haben und die wir immer wieder formulieren. Wir müssen sie aber auch umsetzen. Wir fordern nichts, was 2007 nicht bereits zwischen Land und Asklepios verbindlich vereinbart worden ist. Wir fordern nicht mehr als das, was selbstverständlich ist.

Bei allem Verständnis dafür, dass es natürlich wesentlich schicker ist, ein Hämatom nach einem Polospiel in der „Sansibar“ mit einem kühlen Glas Schampus zu heilen als einer vom Schmerz gebeutelten Gebärenden bei einer Steißgeburt zu helfen, bleibt die Erkenntnis, dass die Geburtshilfe unabdingbar ist. Die Zeit drängt. Handeln Sie jetzt! Stimmen Sie unserem Antrag zu! Lassen Sie uns

(Wolfgang Dudda)

die Anträge im Ausschuss beraten. - Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall PIRATEN)

Für die SPD-Fraktion hat Frau Abgeordnete Gitta Trauernicht das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch für die SPD-Fraktion ist die Absicherung der Geburtssituation angesichts des demografischen Wandels und der besonderen Beschaffenheit unseres Landes mit seinen Inseln und Halligen ein wichtiges Anliegen. Wir müssen feststellen, dass das eine Herausforderung ist.

Wir sind aber davon überzeugt, dass es gelingen kann, diese Herausforderung bei guter Kooperationsbereitschaft aller Beteiligten und bei gutem Willen zu meistern. Das vermissen wir jedoch beim Asklepios-Konzern.

Wir wohnen nun schon seit geraumer Zeit einem Schauspiel der besonderen Art bei. Wir sind uns nicht ganz sicher, ob es sich um ein Drama oder um eine Posse handelt. Der Hauptakteur ist ein Krankenhauskonzern mit 3 Milliarden € Umsatz, 44.000 Mitarbeitern und 80 Klinikstandorten, einer davon auf Sylt.

Die Handlung: Dieser Konzern sieht sich nicht mehr in der Lage, seinem mit dem Land vereinbarten Versorgungsauftrag nachzukommen, also 100 Geburten auf Sylt zu gewährleisten. Mal liegt das an den Hebammen, mal liegt das an den Gynäkologen, mal liegt das an den Chirurgen, mal ist die EUGesetzgebung schuld. Zuletzt wurden die Leitlinien der Fachgesellschaft zur Sicherung der Qualität herangezogen. Der Konzern attestiert sich selbst ein Qualitätsniveau, das dem von Costa Rica, Mexiko oder Albanien entspricht.

Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Garg?

Ich gestatte eine Zwischenfrage.

Vielen Dank, Frau Kollegin. Frau Kollegin Trauernicht, können Sie mir sagen, ob der Asklepios-Konzern für seinen Sicherstellungsauftrag auf der Insel

Sylt einen Sicherstellungszuschlag von den Kassen bekommt?

- Ja, er bekommt einen Sicherstellungszuschlag von den Krankenkassen.

(Martin Habersaat [SPD]: Das wussten Sie bereits!)

- Das wusste er schon. Das war eine rhetorische Frage, die ich aber gern beantwortet habe.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich komme noch einmal auf das Thema der Qualität zurück, weil dieses sehr ernste und sensible Thema nun von diesem Konzern ins Spiel gebracht wird. Man kann sich nicht des Eindrucks erwehren, dass diese Thema als letzte Karte gezogen wurde, um sich von der Last des Versorgungsauftrags befreien zu lassen. Meine Damen und Herren, das ist einfach unerträglich.

(Vereinzelter Beifall SPD, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN und SSW)

Das ist unerträglich gegenüber den Schwangeren auf dieser Insel. Das ist unerträglich gegenüber dem Gemeinwesen Sylt. Das ist unerträglich gegenüber der Landesregierung, weil sie diesen Konzern auf Sylt mit Landesmitteln unterstützt hat. Das ist unerträglich gegenüber der Landesregierung, die sich um eine Lösung bemüht. Das lassen wir uns als Abgeordnete nicht gefallen.

Hier wird Vertrauen verspielt und Porzellan zerschlagen. Man lässt grundsätzliche Zweifel an der Verlässlichkeit der Versorgung durch einen privaten Konzern zu, und das alles wegen 100 Geburten, die man offensichtlich nicht wuppen kann oder nicht wuppen will.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Ich bin dankbar dafür, dass die Sozialministerin und die Staatssekretärin den Konzern nicht einfach aus der Verantwortung entlassen haben, eine intensive Prüfung der Sachlage vornehmen und in einem engen Austausch mit den Akteuren vor Ort stehen. Zudem haben sie erklärt, dass die Fortsetzung der Geburtshilfe auf Sylt möglich ist und der Versorgungsauftrag gegenüber der Asklepios Nordseeklinik gilt. - Gut so, Frau Ministerin.

(Vereinzelter Beifall SPD, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN und SSW)

Meine sehr geehrten Kollegen, ich möchte etwas zum Thema der Qualität sagen, weil es sich hierbei in der Tat um ein sensibles Thema handelt. Natür

(Wolfgang Dudda)

lich müssen wir davon ausgehen, dass auch die Qualität der Geburtshilfe auf einer Insel sichergestellt werden muss.