Protocol of the Session on December 12, 2013

(Vereinzelter Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

sondern schauen, ob man da wirklich einen Kompromiss finden kann. Deshalb, meine Damen und Herren, finden wir generell, dass der Antrag der PIRATEN in die richtige Richtung geht und einen vernünftigen Kompromiss aufzeigt. Wir sind jedenfalls sehr offen für eine liberalere Richtung des Gesetzes. Ob es zu einer Änderung kommt, werden wir dann in den Ausschussberatungen sehen.

Wir haben als SSW, da dieses Thema hochsensibel ist und auch religiöse Fragen streift, beschlossen, die Abstimmung für die SSW-Abgeordneten freizugeben.

(Dr. Patrick Breyer [PIRATEN]: Gratuliere!)

Allerdings kann ich Ihnen sagen, dass die drei SSW-Abgeordneten da eine einheitliche Haltung haben werden. Wir hätten das nicht tun müssen.

(Beifall SSW, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und PIRATEN)

Das Wort zu einem ersten Dreiminutenbeitrag hat der Abgeordnete Detlef Matthiessen.

(Zurufe)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Ich wollte eigentlich gar nichts zu diesem Thema sagen.

(Zurufe)

Ich finde schon, dass wir diese Frage mit größerer Ernsthaftigkeit diskutieren sollten.

(Zurufe)

Das Wort hat Herr Abgeordneter Detlef Matthiessen. Vielleicht ist es möglich, dass wir noch vor der Mittagspause dieses Thema, das viele Menschen im Land aus unterschiedlicher Richtung bewegt, ernsthaft weiter behandeln. - Jetzt hat der Abgeordnete Detlef Matthiessen das Wort.

Danke, Herr Präsident. - Im Grund diskutieren wir eine Petitesse. Es wird beantragt, dass man einige Stunden länger tanzen darf. Ob das geregelt wird oder nicht, geht den Antragstellern wahrscheinlich eher am Gemüt vorbei.

(Widerspruch PIRATEN)

Dass die Debatte im Hohen Haus allerdings mit so großem Engagement geführt wird, liegt daran, dass sich dahinter politische Philosophien oder das Bild der Freiheit eines Menschen in unserer Gesellschaft verbergen. Daher möchte ich das einmal aus meiner Wahrnehmung qualifizieren.

Die Verkürzung wird ja auch „Tanzverbot“ genannt. In Wirklichkeit formuliert das Gesetz kein Tanzverbot, sondern verlangt allen als gesellschaftlich organisierte Regel ein bestimmtes ernstes Verhalten ab. Das Gegenteil ist aus meiner Sicht ein Menschenbild, in dem sich die Freiheit in neoliberalistischer Prägung widerspiegelt.

(Widerspruch Rasmus Andresen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

- Herr Kollege Andresen, darf ich dazu reden, ohne dass Sie dazwischenrufen?

(Rasmus Andresen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und ich darf das auch kommen- tieren!)

- Sie haben genau die gleiche Möglichkeit wie ich, sich hier dazu zu äußern. Ich darf auch darauf aufmerksam machen, dass ich als ein Kollege, der etwas lebensälter ist, schon verschiedenen Dingen begegnet bin, die im Zusammenhang mit solchen Regelungen stehen.

(Unruhe)

Debatten über grenzenlose Öffnungszeiten, Bäderregelung, Shopping als Lebenswelt, medizinische Versorgung als Geschäft oder Privatisierung aller gesellschaftlichen Aufgaben in unserer komplexen Gesellschaft sind Folgen solcher Haltungen, die ich als neoliberalistische Prägung des Freiheitsbegriffs charakterisiere.

Wenn wir einmal das Christliche und die Toleranz gegenüber der Mehrheit beiseite lassen, die sich in unserer Gesellschaft als christlich bezeichnt, haben wir es mit einem staatlichen Feiertag zu tun.

(Wortmeldung Dr. Patrick Breyer [PIRA- TEN])

(Lars Harms)

- Ich lasse keine Zwischenfragen zu. - Wir haben es mit einem staatlichen Feiertag zu tun, dem Volkstrauertag, den Folgen des Krieges, in den Deutschland verwickelt war oder in den Deutschland Europa und die ganze Welt verwickelt hat. In meiner Familie sind sowohl mütterlicherseits als auch väterlicherseits Opfer zu beklagen, mit der Folge, dass in der Familie meines Onkels, obwohl die Eltern annonciert haben „in stolzer Trauer“, die Trauer in Wirklichkeit so tief war, dass sie depressiv wurden, den Hof verloren haben und dergleichen. Dieses Ereignis mag im Lauf der Geschichte vielleicht mehr in den Hintergrund des Gedächtnisses geraten. Wenn aber der Staat sagt, an solch einem Tag treffen wir besondere Regelungen, hat das seine Berechtigung.

Leider reicht die Zeit nicht. Wenn wir diese Debatte führen, sollten wir das mit dem gebotenen Ernst und der gebotenen Tiefe machen und nicht denken, die Welt bestehe nur aus Disco. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Vereinzelter Beifall)

Danke schön. - Das Wort zu einem weiteren Kurzbeitrag hat der Abgeordnete Bernd Heinemann.

Meine Damen und Herren! Herr Präsident! Ich möchte noch einige Argumente hinzufügen. Zunächst zum Ausgangspunkt der ersten Rede, die wir heute gehört haben: Das Osterfeuer gehört nicht an den Ort der Kreuzigung, sondern an den Ort der Auferstehung. Deswegen ist es gut nachvollziehbar, dass sich ein Polizist, der glaubender Christ ist, durch diesen Einsatz in besonderer Weise gekränkt fühlt und deswegen besonders heftig nachsetzt. Das kann ich mir durchaus vorstellen.

Ich will einmal auf das ganze Zielgebiet abheben, das Zielgebiet derjenigen, die christlichen Glaubens sind, und zwar tief religiös, und die an solchen Tagen Dienst haben, zum Beispiel Türsteher, zum Beispiel Prostituierte, zum Beispiel Discjockeys, zum Beispiel Kellnerinnen, zum Beispiel Polizisten. Auch diese Menschen haben ein Recht, ihre religiösen Empfindungen wertgeschätzt zu wissen und dem folgen zu können. Dabei hilft ihnen der Staat, indem er Rahmenbedingungen setzt, die das möglich machen.

Die christliche Kirche ist gut am Ostermontag, sie ist gut am Pfingstmontag, sie ist gut am ersten

Weihnachtstag, sie ist gut an Heiligabend, sie ist gut am zweiten Weihnachtstag, sie ist auch gut an Himmelfahrt. Aber die christliche Kirche ist schlecht, bevormundet und ist intolerant, weil sie an zwei Tagen Feiertagsruhe fordert und ab und zu einmal mit den Glocken läutet?

Meine Damen und Herren, wir sollten das Verhältnis wahren, entsprechend unserer inneren Empfindung frei darüber abstimmen, keinen dafür verteufeln - an dieser Stelle passt der Ausdruck einmal und Menschen, die in dieser Situation Dienst tun, nicht zwingen, aus dieser Situation herauszukommen. Versuchen Sie einmal als Türsteher, an dem Abend freizunehmen! Viel Spaß!

(Beifall Dr. Andreas Tietze [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Das Wort zu einem weiteren Kurzbeitrag hat der Abgeordnete Tobias von Pein.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist aus mir unverständlichen Gründen irgendwie ein emotionales Thema. Das verstehen viele junge Menschen überhaupt nicht.

(Beifall PIRATEN)

Sie verstehen nicht, warum - bleiben wir einmal bei Kiel - Karfreitag um 21 Uhr im Tucholsky, um 23 Uhr im MAX oder um 22 Uhr beim Funpark in Trittau die Türen zu sind, wo sonst viele Menschen feiern können, zu einer Uhrzeit, zu der nach meinem Wissen in den meisten Kirchen keine Gottesdienste mehr stattfinden. Ich möchte einmal jemanden hören, der um 3 Uhr nachts eine kirchliche Veranstaltung besucht.

Es geht darum, abzuwägen und Störungen zu unterbinden, auch beim Tanzverbot. Deswegen ist die Richtung des PIRATEN-Antrags richtig und der Karfreitag zu schützen. Da geht es um eine Abwägung. Aber es ist nicht einzusehen, dass das 24 Stunden gelten soll.

(Beifall PIRATEN, Rasmus Andresen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und Lars Harms [SSW])

Für viele junge Auszubildende, die eine Woche lang arbeiten, ist nicht einzusehen, dass man am Gründonnerstag nach 24 Uhr - das ist der Tag, an dem man abends weggehen kann - nicht feiern gehen kann.

(Detlef Matthiessen)

(Beifall PIRATEN)

Es ist eine sehr kleine Problematik, aber eine Grundsatzfrage, die niemand versteht und viele junge Menschen bewegt. Ich finde es schade, dass diese Entscheidungen immer eher von denen getroffen werden, die es doch nicht mehr so betrifft. Ich möchte da niemandem zu tief in die Augen schauen.

(Beifall PIRATEN, Rasmus Andresen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und Lars Harms [SSW] - Zurufe)

Ich bin vielleicht noch ein bisschen wilder als der eine oder andere hier.

(Zurufe)

Ich lade auch gern jemanden ein, und dann können wir noch einmal darüber reden.

(Beifall PIRATEN, Rasmus Andresen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und Lars Harms [SSW])