a) Aus den Ergebnissen der Kommunalwahlen 2013 lernen - „Politische Jugendbildung“ fördern und einen Aktionsplan jetzt umsetzen!
Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Mein Vorschlag zur Worterteilung ist: Zuerst die Landesregierung mit dem Bericht zu b), dann die Piratenfraktion als Stellerin des ursprünglichen Berichtsantrags Drucksache 18/510 zu b), dann die CDU-Fraktion als Antragsstellerin zu a) und schließlich die Fraktionen nach Stärke. Ich sehe, dass das Ihre Zustimmung findet.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Werte Gäste! Heute legen wir einen Bericht zur politischen Jugendbildung vor. Die Federführung liegt im Bildungsministerium. Maßgeblich mitgewirkt haben auch das Sozialministerium und die Landeszentrale für politische Bildung. Ihnen danke ich sehr herzlich für die konstruktive Zusammenarbeit.
Unser Bericht ist kein Masterplan, der auf jede Frage eine passende Antwort hat. Er ist eine Bestandsaufnahme, die zeigt, wo wir bereits gut sind und wo wir besser werden können. Die drei Eckpfeiler unserer Aktivitäten im Bereich der politischen Ju
gendbildung sind: erstens die frühkindliche Sensibilisierung für die Regeln der Demokratie in den Kindertagesstätten, zweitens die politische Bildung unserer Schülerinnen und Schüler im Unterricht und drittens die außerschulische Jugendbildung.
Die von Willy Brandt formulierte Zielvorgabe, wir wollen mehr Demokratie wagen, hat dabei auch heute nichts von ihrer Aktualität eingebüßt. Unsere Formate reichen von der Kinderstube der Demokratie über Jugend debattiert, die Zukunftsschule.SH und die Organe der Schülervertretung bis hin zur Erstwählerkonferenz und zum Projekt jung und wählerisch.
Der Blick auf die Ressourcen, die wir dazu beisteuern, zeigt, dass das MBW die bisher zur Verfügung gestellten Ressourcen, nämlich 80.000 € Sachmittel und 155 Lehrerwochenstunden pro Jahr, auch weiterhin zur Verfügung stellen wird. Zudem wurde bereits im August dieses Jahres in Kiel eine Stelle für die politische Jugendbildung geschaffen. Wir konnten sie mit einer erfahrenen Lehrkraft besetzen. Ihre Aufgabe ist es, die unterschiedlichen Träger der politischen Bildung miteinander zu vernetzen und neue Formate zu entwickeln sowie Konzepte weiterzuentwickeln und dabei auch mit der Zukunftsschule.SH zusammenzuarbeiten. Zentrale Herausforderung im Bereich der politischen Jugendbildung für uns alle ist: Wie interessieren wir junge Menschen für demokratische Mitgestaltung? Wie gelingt es, Kinder, Schüler und Schülerinnen frühzeitig an Prozesse der politischen Mitbestimmung heranzuführen? Wie erhöhen wir die Wahlbeteiligung und die Wertschätzung für politische Prozesse? Wie wappnen wir uns gegen den erstarkenden Rechtsextremismus? Wie machen wir uns stark gegen Rechts? Dies alles sind unser aller Aufgaben. Ich hoffe, dass wir das in Zukunft gemeinsam gestalten werden, und bedanke mich - wie immer - auch dieses Mal für Ihre Aufmerksamkeit.
Ich eröffne die Aussprache. - Das Wort hat der Herr Abgeordnete Sven Krumbeck für die Fraktion der PIRATEN.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Im Februar dieses Jahres hat meine Fraktion einen Antrag mit dem Ziel in den Landtag
eingebracht, die politische Jugendbildung in diesem Land nachhaltig zu stärken und fortzuentwickeln. Hintergrund für diesen Antrag waren auch die Anhörungen, die im Zusammenhang mit dem Wahlalter 16 hier durchgeführt wurden und die immer wieder eines bestätigt haben: Junge Leute, Schülerinnen und Schüler wollen wählen. Sie sind verantwortungsbewusst und neugierig. Eine Neugier auf Politik und Meinungsbildung, die auf der einen Seite nicht immer gestillt werden kann, eine Neugier, die uns auf der anderen Seite aber freuen sollte, wenn wir uns über Wahlmüdigkeit, mangelnde Wahlbeteiligung und Politikverdrossenheit ärgern.
Im zähen Ringen um die Formulierung haben wir statt unseres ursprünglichen Antrags gemeinsam beschlossen, uns zunächst einen Bericht, eine Bestandsaufnahme von der Landesregierung geben zu lassen. Wir PIRATEN haben nie daran gedacht, von der Idee des Aktionsplans abzurücken, hätten es aber gut gefunden, wenn ein gemeinsames Signal für politische Jugendbildung von diesem Landtag ausgegangen wäre.
Aber anstatt sich zunächst mit den vorgelegten Fakten zu beschäftigen, fand es die CDU sinnvoll, noch schnell einen eigenen Antrag vorzulegen. Ich finde das wenig freundlich und kollegial. Zugegeben, es ist vielleicht naiv anzunehmen, dass man bei den Themen, die Kinder und Jugendliche betreffen, fraktionsübergreifend miteinander hätte arbeiten können. Aber ich hatte diesen Wunsch. Darum habe ich auch bei dem ursprünglichen Antrag immer wieder versucht, alle Fraktionen einzubinden. Bis auf die Fraktion der CDU haben alle Fraktionen mitgemacht. Das Verhalten spricht für sich. Ich lasse das einfach einmal so stehen.
Der Landesregierung danke ich für den vorgelegten Bericht. Ich bin ehrlich: So richtig viel Neues habe ich ihm nicht entnehmen können. Er hat mich nicht sonderlich vorangebracht - verglichen mit meinen Kenntnissen von vor fast einem Jahr. Aber mindestens der Kollege Vogt war im letzten Jahr - ich habe das nachgelesen - skeptisch, ob politische Jugendbildung in die Kindertagesstätten gehört. Lieber Christopher, auch wenn du heute nicht da bist, das gehört schon in die Lebenswirklichkeit der Kleinsten. Jede Erfahrung zeigt uns, dass man das da am leichtesten lernen kann.
Der Bericht nennt viele gute Projekte, viele kreative Ideen, getragen von engagierten Leuten. Was der Bericht nicht aussagt, ist, ob diese Projekte und In
itiativen Früchte tragen, ob sie immer mehr Kinder und Jugendliche erreichen, ob sie erfolgreich sind. Da kommen uns auch immer wieder die komplizierten Strukturen in die Quere, die Aufgabenteilung zwischen Kommunen und Land. Das mag gut und praktisch sein, aber sie eröffnen der Landesregierung auch immer wieder den Einstieg in den Informationsausstieg.
Ich nehme den Faden aus meiner Rede im Februar auf. Wir wissen, dass die Gemeinden gehalten sind, Jugendliche zu beteiligen. Ob sie das tun, wie sie das tun, ob die Beteiligungsangebote ausgebaut werden, weiß die Landesregierung nicht nicht ihre Baustelle, interessiert sie nicht. Das sollte sie aber interessieren - sage ich. Mangels Controlling haben wir keine Ahnung. Da wurschtelt jeder so vor sich hin. Im Bericht taucht das als Überschrift auf. Das ist mir aber zu wenig. Da wüsste ich gern mehr.
Auch was in Schulen passiert, ist im Ansatz gut. Leider kenne ich auch zehnte und elfte Klassen, die noch nie etwas von einem Wahl-O-Mat gehört haben, die noch nie das Wählen erprobt haben. Das ist misslich. So, wie es im Bericht aufgeführt wird, könnte man davon ausgehen, dass diese Initiativen jeden jungen Menschen erreichen. Tun sie aber nicht. Das ist nicht gut und spricht am Ende doch für einen Aktionsplan, der genau festlegt, was in diesem Land für wen verbindlich sein muss.
So kritisch ich die Anregung der Kultusministerin finde, einen Gedenkstättenbesuch verbindlich für alle Schüler zu machen, würde sie damit immerhin erreichen, dass ziemlich jeder von Eindrücken erreicht wird, die bewegen, von Erkenntnissen, die aus keinem theoretischen Unterricht zu gewinnen sind.
Erreichen tun wir Kinder und Jugendliche über die ihnen eigenen Instrumente. Wir müssen ihre Sprache sprechen, ihre Ansprüche kennen. Im Herzogtum Lauenburg tut man das in hervorragenden Projekten in vorbildlicher Weise. Davon können andere lernen. Ich möchte, dass die erfolgreichen Strategien Modellcharakter bekommen. Darum bin ich wieder am Anfang meiner Idee: Wir brauchen einen Aktionsplan für politische Jugendbildung, am besten schnell, am besten als Signal des ganzen Landtags. Ich hege die Hoffnung, dass wir im Ausschuss eine solche Lösung erarbeiten können.
Ich nutze meinen letzten Satz, um all denen zu danken, die jetzt schon engagiert für politische Jugendbildung tätig sind - in den Vereinen und Verbänden, in den Gemeinden, in den Ämtern und in den Kreisen, in den Ausschüssen, in vielen lokalen Projekten, die der Bericht nennt -, und den Jugendlichen, die heute schon zeigen, dass Mittel der politischen Jugendarbeit gut investierte Mittel sind. Ich möchte noch mehr für sie alle tun. Darum freue ich mich auf die Beratung in den Ausschüssen. - Vielen Dank.
Meine Damen und Herren, begrüßen Sie mit mir eine weitere Gruppe der Schülerinnen und Schüler der Comenius-Regionalschule Quickborn. - Seien Sie uns herzlich willkommen im Schleswig-Holsteinischen Landtag!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Politik bedeutet für mich im Wesentlichen, dass ich nicht nur mein eigenes Lebensumfeld gemeinsam mit anderen gestalten kann, sondern auch die Möglichkeit, mit eigenen Ideen und politischen Überzeugungen die Zukunft zu gestalten. Das ist nach wie vor faszinierend an der politischen Arbeit. Mit unserem Tun hier im Parlament und mit unserer Haupttätigkeit, Gesetze zu beraten und zu beschließen, legen wir unter anderem die Grundlage für ein Miteinander der Menschen.
Deshalb ist politische Jugendbildung ein Handlungsfeld, das enorm wichtig ist. Es muss auch früh und intensiv beginnen, dass man junge Menschen anspricht und für die politische Arbeit begeistert. Denn es ist die junge Generation, die künftig in den Parlamenten sitzen wird. Sie wird über die Geschicke unter anderem ihrer Gemeinde, ihrer Stadt, unseres Landes und so weiter mit voller Leidenschaft debattieren, muss über bessere Lösungen
Neben dem uns vorliegenden Bericht der Landesregierung hat die CDU-Fraktion thematisch passend dazu - Herr Krumbeck! - einen Antrag eingebracht. Durch die Herabsetzung des Wahlalters auf 16 Jahre und eine niedrige Wahlbeteiligung bei der Kommunalwahl in Schleswig-Holstein ist aus unserer Sicht konkreter Handlungsbedarf geboten. Es tut mir ja leid, dass die PIRATEN bei der Kommunalwahl so schlecht abgeschnitten haben. Aber das können Sie uns nicht anlasten und darauf zurückführen, dass wir uns mit Ihrem Antrag nicht so intensiv beschäftigt hätten. Wir haben uns intensiv mit dem Antrag beschäftigt. Das haben Sie wohl auch in der Ausschussberatung gemerkt.
In Gesprächen mit Schülerinnen und Schülern meines Wahlkreises, bei Veranstaltungen „Jugend im Landtag“ oder „Jugend im Kreistag“, aber auch bei Gruppenbesuchen von Jugendlichen hier im Landeshaus ist mir immer wieder deutlich geworden, dass das Thema Wahlen und Mitbestimmung im Schulunterricht nicht hinreichend behandelt wird. In diesem Punkt tun sich aus meiner Sicht Lücken im Bericht der Landesregierung auf. Die Verankerung der politischen Jugendbildung in den Lehrplänen ist formal gegeben, Frau Ministerin, aber hier scheinen noch Lücken zu sein.
Schülerinnen und Schüler fühlen sich nicht richtig informiert. Auch das ist eine Sache, die wir dringend im Ausschuss aufarbeiten sollten: Wie kann man anders vorgehen, was kann man anders machen? Ich habe auch den Eindruck, dass einige Lehrer Probleme haben, Politik, gerade Kommunalpolitik, deutlich rüberzubringen. Politik fängt eben vor Ort, in der Gemeinde an.
Im Vorwege der Kommunalwahl - auch das wurde deutlich - waren zwar viele Jugendliche darüber informiert, dass Kommunalwahl ist und dass sie zur Wahlurne gehen sollen, aber sie hatten wenig Kenntnisse darüber, was die einzelne Gemeindevertretung, was die Stadtvertretung oder der Kreistag eigentlich zu tun haben, und sind deswegen nicht zur Wahl gegangen.
Obwohl Jugendliche mit 16 wählen dürfen, sind sie in diesem Alter noch nicht wählbar. Sie müssen 18 Jahre alt sein, um gewählt werden zu können. Dies wird von einigen Jugendlichen heute noch nicht gut verstanden. Dies zum Thema schulische Jugendbildung.
Hier wird hervorragende Arbeit geleistet. Besonders für den Landesjugendring und seine ihm angeschlossenen Jugendverbände kann ich nur lobende Worte finden. Die ehrenamtliche Arbeit, die dort stattfindet, will ich auch im Namen der CDU-Fraktion ausdrücklich loben.
Nur von Lob und Dank aber können die ehrenamtlich Tätigen in diesem Bereich der außerschulischen Jugendarbeit nicht leben. Der Mitteleinsatz für diesen Bereich ist seit Jahren gleichbleibend. Auch hier gilt aber: Wenn wir die politische Jugendbildung ernst nehmen wollen, dann müssen wir mehr in diesen Bereich investieren. Es kann nicht sein, dass wir bei gleichbleibenden Mitteln eine gleichbleibende Arbeit erwarten.
Gleiches gilt auch für die Arbeit der Mitgliedsverbände des Verbandes politischer Jugendarbeit in Schleswig-Holstein, VPJ. Wenn wir ausgerechnet bei den politischen Jugendverbänden sparen, entziehen wir politisch engagierten Heranwachsenden die Grundlage, über verschiedene Politikansätze zu diskutieren. Es geht um unsere Jugendverbände, es geht um unsere Jugendorganisationen, die zwar eigenständig und losgelöst von der Mutterpartei sind, aber trotzdem der Ort sind, an dem der Nachwuchs der Parteien herangebildet wird. Es ist keineswegs zum Schaden für unser Gemeinwesen, wenn wir deutlich machen, dass diese Nachwuchsförderung für die Demokratie auch Kosten verursacht.