Protocol of the Session on March 21, 2013

Daran anschließend meine zweite Frage. In Nordrhein-Westfalen hat die Bezirksregierung Arnsberg vor Entscheidung über Aufsuchungsanträge auf einer öffentlichen Informationsveranstaltung Karten der betroffenen Gebiete gezeigt. Wollen Sie auch in diesem Punkt Nordrhein-Westfalen einen Rechtsbruch vorwerfen?

Ich gehe davon aus, dass sie sich einem erheblichen Risiko von Klagen der Firmen ausgesetzt haben,

die Anträge stellen und ihre Geschäftsgeheimnisse gewahrt sehen wollen. Es ist tatsächlich so, dass diese Firmen einen tatsächlichen Aufwand betreiben. Die müssen geowissenschaftliche Untersuchungen und so weiter anstellen. Da gehen Ingenieurmannstunden ohne Ende hinein. Da ist also viel Geld zur Untersuchung bestimmter Gebiete ausgegeben. Wenn dann dort ein Antrag noch im Verfahren ist, ist niemand gehindert, für dasselbe Gebiet ebenfalls einen Antrag zu stellen. Ich bin an anderer Stelle kein Freund der Wahrung von Geschäftsgeheimnissen, das wird häufig übertrieben, so wie bei der Mitteilungspflicht von Vorkonzessionären bei der Konzessionsvergabe von Stromnetzen, wo sie dann eine DIN-A4-Seite abgeben. Da überwiegt natürlich das öffentliche Interesse auf Information - aber gerade in diesem Fall aus den von mir dargelegten Gründen eben nicht. Ich gehe davon aus, dass die Landesregierung Nordrhein-Westfalen dort einen Holzweg beschritten hat und dass die Landesregierung hier es sehr richtig gemacht hat, weil der Minister zu dem Zeitpunkt, ab dem der Schutz durch die Erteilung des Claims gegenüber dem Antragsteller gegeben ist, die Öffentlichkeit unterrichtet hat. Er hat uns als Abgeordnete, als geborene Geheimnisträger, in einem vorgezogenen Verfahren auch unterrichtet. Insofern bin ich mit der Informationspolitik der Landesregierung voll einverstanden.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Moratorium ist das nächste Stichwort. Der Antrag der PIRATEN wäre wunderbar, wenn es nicht auch hier die blöden Gesetze gäbe. Also wunderbar, aber nicht umsetzbar, weil bei jeden von Ihren Vorschlägen Betroffene dagegen klagen würden. Aufsuchungs- und Ausbeutungserlaubnisse ohne Rechtsgrundlage zu konditionieren, geht nicht.

Vor diesem Hintergrund hat die Koalition einen Änderungsantrag zu dem PIRATEN-Antrag gestellt. Der scheint zustimmungsfähig auch seitens der übrigen Opposition zu sein.

Beim Thema Ölgewinnung in Schleswig-Holstein stellen sich aber auch ganz andere Fragen. Sollen wir wirklich heute schon den letzten Tropfen Öl aus den Tiefen unseres Heimatbodens Schleswig-Holsteins herauspressen? Was bleibt dann noch für kommende Generationen? Wie ist das mit einer Klimaschutzpolitik zu vereinbaren? Wo bleibt da eigentlich eine Rohstoffstrategie?

Wir brauchen eine Strategie „weg vom Öl“ im Wärmebereich. Wir müssen aufhören, den wertvollen Rohstoff Öl in unseren Heizungskellern zu

(Detlef Matthiessen)

verbrennen, indem wir ein Programm zur wärmetechnischen Sanierung der Gebäude im Bereich Wohnen, Verwaltung, Gewerbe auflegen, um die Transmissionswärmeverluste zu minimieren. Das Wort „Heizungskeller“ muss endlich auf die Liste der aussterbenden Wörter kommen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die schwarz-gelbe Bundesregierung hat hier versagt. Ginge es so weiter, würden wir das letzte Haus in 200 Jahren noch nicht anfassen. Das ist ein wichtiger Grund für einen Politikwechsel nach der Bundestagswahl.

Wir brauchen auch eine Strategie „weg vom Öl“ im Verkehrsbereich. Wir müssen aufhören, den wertvollen Rohstoff Öl in Otto- und Dieselmotoren zu verbrennen, indem wir ein Programm zur Verkehrsverlagerung und eine Politik zur Verkehrsvermeidung einleiten. Mit moderner Informationstechnik wird der Verkehrsteilnehmer der Zukunft auf einen sinnvollen Mix von Verkehrsträgern zugreifen, der seinem Nutzerprofil entspricht. Autobahnwahn bringt uns bei der ökologischen Verkehrswende jedenfalls nicht voran. Die schwarz-gelbe Bundesregierung hat auch hier versagt. Ginge es so weiter, wären die ersten deutschen Elektroautos in 20 Jahren noch nicht zu sehen. Ein weiterer Grund für einen Politikwechsel nach der Bundestagswahl.

Meine Damen und Herren, wir müssen dafür sorgen, dass Öl ein Kapitel der Vergangenheit wird. „Weg vom Öl“, das ist die Aufgabe der Energiewende, die Aufgabe der Verkehrswende, die vor uns liegt. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die FDP-Fraktion hat jetzt der Herr Abgeordnete Oliver Kumbartzky das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst möchte ich festhalten, dass auch die FDPFraktion ebenso wie alle anderen Fraktionen im Landtag umwelttoxisches Fracking strikt ablehnt. Wir haben den gemeinsamen Antrag im Dezember 2012 mitgetragen. Wir stehen nach wie vor dazu und unterstützen die Landesregierung bei ihrem Handeln zu diesem Thema.

(Beifall FDP, vereinzelt SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Wolfgang Kubicki [FDP]: Was nicht so häufig vorkommt!)

- Diesen Applaus habe ich gerade genossen.

Aber ich möchte noch etwas Positives sagen, Herr Habeck. Ich begrüße auch, dass Minister Habeck die alte FDP-Forderung nach einem Bodenkataster beziehungsweise einer Landesuntergrundplanung befürwortet und voranbringen will. Das finden wir sehr gut. Die langfristigen Ziele für Energiespeicherung, Geothermie und Trinkwasserversorgung müssen, unabhängig von Fragen wie Fracking oder CCS, in einem solchen Plan festgeschrieben werden.

(Beifall FDP, vereinzelt SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Weiter geht es mit dem Lob. Ich will an dieser Stelle auch unseren Ausschussvorsitzenden Hauke Göttsch

(Beifall FDP - Zurufe CDU: Oh!)

und auch die Landesregierung loben, weil wir im Umweltausschuss jedes Mal intensiv und sachlich über dieses Thema diskutieren und die Landesregierung uns wirklich hinreichend informiert.

Aber - jetzt kommt das Aber -, Herr Habeck, eine Sache wollte ich noch ansprechen. Als wir am 12. Dezember 2012 - dieses Datum kann man sich gut merken - hier über dieses Thema diskutiert haben, sagte Minister Habeck - ich zitiere es wörtlich -:

„Es kann gut sein, dass rot-grün-regierte Länder demnächst Aufsuchungserlaubnisse erteilen müssen - hoffentlich nicht Schleswig-Holstein.“

Sie können mir wirklich nicht erzählen, Herr Dr. Habeck, dass Sie damals nicht gewusst haben, dass nur wenige Wochen später genau diese Erlaubnisse erteilt werden;

(Beifall PIRATEN)

denn das Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie, deren Fachaufsicht in Ihrem Ministerium ist, hat, wie wir alle wissen, letzte Woche genau diese Aufsuchungs- und Bewilligungserlaubnisse vergeben. Da hätten Sie in der Landtagsdebatte wirklich offener sein und das wirklich offen ansprechen sollen.

(Beifall FDP und PIRATEN)

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Matthiessen?

(Detlef Matthiessen)

Bitte schön.

Allmählich erreichen Sie PIRATEN-Niveau: Rechtsgrundlagen egal. Es muss Ihnen doch klar sein, dass es erstens eine gebundene Entscheidung ist, die dort getroffen wird, und dass zweitens eine Aufsuchungserlaubnis keineswegs eine FrackingErlaubnis ist, sondern dass die natürlich vom später einzureichenden Betriebsplan abhängt.

Da stimme ich Ihnen uneingeschränkt zu, Herr Matthiessen, absolut. Ich habe aber gerade Herrn Habeck zitiert, wie er hier an diesem Pult sagte:

„Es kann gut sein, dass rot-grün-regierte Länder demnächst Aufsuchungserlaubnisse erteilen müssen -“

- Aufsuchungserlaubnisse!

„hoffentlich nicht Schleswig-Holstein.“

Wusste Herr Habeck damals denn noch nicht, dass genau diese Erlaubnisse ein paar Wochen später erteilt werden? Wäre das vor zwei Jahren mit einer anderen Ministerin oder einem anderen Minister passiert und wäre Herr Habeck Oppositionsführer, dann weiß ich, was hier los gewesen wäre, wie er das skandalisiert hätte.

(Beifall FDP und CDU - Hans-Jörn Arp [CDU]: Das Sein bestimmt das Bewusst- sein!)

Ich will wirklich noch einmal betonen - Herr Matthiessen; deswegen danke für Ihren Einwurf -, dass die erteilen Konzessionen eben nicht bedeuten, dass damit automatisch Erlaubnisse für Bohrungen oder Fracking erteilt werden. Solche Maßnahmen müssen natürlich in einem gesonderten Verfahren beantragt werden. Fakt ist, dass diese Anträge eben noch nicht gestellt wurden.

Nun komme ich zum Antrag der PIRATEN. Es ist sicher nicht erst seit heute bekannt, dass Sie dieses Thema als Ihr Kernthema, Ihr Lieblingsthema auch für die anstehenden Wahlkämpfe entdeckt haben. Sie versuchen permanent, die Menschen mit Ihren Anträgen und Geschichten zu verunsichern. Sie sind doch internetaffin. Schauen Sie einmal auf die

Internetseite des Umweltministeriums. Dort steht wirklich sehr detailliert in Fragen und Antworten beschrieben, was in Sachen Fracking unternommen wird und unternommen wurde. Es ist also ein reiner Schaufensterantrag, den Sie eingereicht haben. Es ist auch schon gesagt worden, für ein Moratorium gibt es schlicht keine Rechtsgrundlage.

Ich will aber auch noch einmal zum Thema Bergrecht sagen, dass wir uns selbstverständlich vorstellen könnten, dass es dort Änderungen gibt zum Stichwort Transparenz und zum Stichwort Umweltverträglichkeitsprüfung. Derzeit sind ja nur Fördermaßnahmen ab einer gewissen Förderungsgröße UVP-pflichtig. Ich denke, auch schon die Erkundungen sollten UVP-pflichtig gemacht werden.

(Beifall PIRATEN)

Man sollte übrigens auch ernsthaft schauen, wie es weitergeht. Wenn es nämlich keine bundeseinheitliche Regelung in unserem Sinne gibt, sollte man schauen, ob man nicht eine Länderklausel in so ein Gesetz einbauen könnte.

(Beifall PIRATEN)

Die Wirksamkeit der CCS-Länderklausel hat Herr Dr. Habeck ja unlängst bestätigt. Der vor Kurzem und leider drei Monate später als angekündigt - vorgelegte Gesetzentwurf schließt nach den Worten des Ministers CCS rechtssicher und dauerhaft aus.

Wir sollten also wirklich weiter wachsam und kritisch die weitere Entwicklung begleiten und gemeinsam auch in enger Abstimmung mit der Landesregierung alles tun, um umwelttoxisches Fracking in Schleswig-Holstein zu verhindern. Beim Schutz der Umwelt, des Grundwassers und der Gesundheit der Menschen darf es keine Kompromisse geben.

Anträge wie der von den PIRATEN bringen uns da leider nicht weiter. Ich wäre trotzdem dafür, dass wir die Anträge in den Ausschuss überweisen, um dort noch einmal inhaltlich einzusteigen, gerade was die Debatte über die grundsätzliche Reform des Bundesbergrechts betrifft. Ich finde den Antrag in Ordnung, aber bei einigen Punkten müssten Sie vielleicht noch genauer nachjustieren. Dann freue ich mich auf die Debatte im Ausschuss mit unserem Ausschussvorsitzenden Hauke Göttsch, der dazu einladen wird.