Unsere Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner hilft uns da nicht sehr viel weiter, im Gegenteil, sie agiert wie die Pressesprecherin des bayerischen Bauernverbands. Bei jedem Skandal werden neue Zehn-Punkte-Kataloge herausgeholt, die dann schnell wieder in der Schublade landen oder ohne Effekt bleiben. Die Küstenkoalition fordert nun endlich Konsequenzen. Die Kontrollen sollen ver
stärkt werden, und die Kosten sollen auf die Erzeuger übertragen werden, ähnlich wie beim TÜV, bei dem die zu Kontrollierenden auch die Kosten der Überprüfung tragen müssen. Und wir machen konsequente Landwirtschaftspolitik mit Minister Habeck, die auch die Umwelt schützt, und setzen uns in der EU für Agrarpolitik ein, die bäuerliche Strukturen stärkt. Wir wollen keinen Schimmel und keine anderen Pferde in unserem Essen.
Wir wollen gesunde Nahrung, faire Erzeugerpreise, kurze Produktionsketten, bessere Kennzeichnung und einen verantwortungsvollen Umgang mit unseren natürlichen Lebensgrundlagen. Da ist noch viel zu tun. Da müssen wir heran. - Danke.
Frau Abgeordnete, die politisch korrekte Bezeichnung würden heißen: „mit Exkrementen behaftet“. Dies noch einmal zu den Begrifflichkeiten. - Damit kommen wir zum nächsten Redner. Der Abgeordnete der CDU, Herr Abgeordneter Heiner Rickers, hat das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Antrag, den Sie gestellt haben, liebe Regierungsfraktionen, las sich zumindest so, dass wir ihm glatt hätten zustimmen können. Nach Ihrer Rede, liebe Frau Kollegin von Kalben, werden wir das nicht mehr tun. Ich werde Ihnen erklären, warum nicht.
Lebensmittel- und Futtermittelkontrollen verstärken, verbessern, das System überarbeiten - dagegen kann keiner etwas haben. Aber wenn Sie hier mit der großen Demo in Berlin im Rahmen der Grünen Woche beginnen und dann anfangen, Hetztiraden auf die Landwirtschaft herunterzubeten, dann ist das wahrscheinlich nicht das, was Sie in Ihrem Antrag inhaltlich gemeint haben. Deswegen werden wir, das möchte ich vorweg erwähnen, dem nicht zustimmen können.
Wir sind bisher immer davon ausgegangen, dass trotz all dieser Skandale, die wir mitbegleitet und miterlebt haben, die deutschen Lebensmittel bisher
als weltweit mit am sichersten gelten. Das soll natürlich so bleiben. Nichtsdestotrotz - das haben Sie angesprochen - wollen wir kein Pferdefleisch in der Lasagne, kein Aflatoxin im Vieh oder vielleicht auch irgendwann im Viehfutter oder in der Nahrung, und wir wollen natürlich auch keine Bioställe, die überbelegt sind und letztendlich gegen das Siegel verstoßen und damit auch keine Bio-Eier produzieren können.
Man muss sich natürlich fragen, ob all diese Lebensmittel- und Futtermittelskandale, abgesehen von EHEC vor zwei Jahren, auch wirklich diese ganz großen Skandale gewesen sind und ob wir uns nicht mit dem System der Eigenverantwortung doch auf einem richtigen Weg befunden haben, denn sonst wären all diese Skandale nicht aufgeklärt worden. Das sind sie, und das sind sie relativ schnell, und es ist auch relativ schnell gehandelt worden.
Ich will nicht verhehlen, dass die Ministerin Aigner über den Bundesrechnungshof ein Gutachten angeschoben hat, um dieses ganze Kontrollsystem vielleicht auf die Effektivität hin zu überprüfen; denn im Moment ist es so, dass natürlich jeder Getreidehändler, Milchfutterproduzent, Mischfutterproduzent, Landwirt, Bäcker, Metzger, und Händler von Lebensmitteln eigenverantwortlich für die hergestellten und in den Handel gebrachten Produkte haften muss. Das geht nach Produkthaftung, und das geht in diesem eigenverantwortlichen System auch in der Überwachung der Rückstellproben so weit, dass diese Eigenverantwortung kontrolliert werden muss und kann.
Sie wissen, dass der Pferdefleischskandal zuerst in England - aufgrund von hohen Preisen für Rinder aus Geschäftemacherei und Profitdenken und natürlich illegal - aufkam und dass, obwohl man wusste, dass die Erntebedingungen in Serbien schwierig und auch die Lagerbedingungen unklar waren, trotzdem 45.000 t nach Niedersachsen gelangen konnten und auch noch an über 4.000 Betriebe verteilt wurden. Man wusste natürlich auch, dass, wenn ein Biobetrieb junge Hennen aufstellt, die dann zukünftig legen sollen, er oft 5 % oder 10 % mehr bestellt, weil im Laufe der Legeperiode auch 5 % oder mehr Prozent dieses Viehbestandes diese Legeperiode nicht überleben und sie dann am Ende tatsächlich rechtmäßig irgendwo ihre Besatzdichte fahren, obwohl sie am Anfang getäuscht haben. Das alles ist uns bekannt.
Schlecht ist natürlich, dass wir durch diese Skandale einen großen Imageschaden erlitten haben und dadurch letztendlich auch unsere Landwirtschaft, die Erzeuger und den Handel in Misskredit bringen. Ich wundere mich. Ich bin bei den Viehhandelsbetrieben gewesen und bei den Einkäufern für die Lebensmittelketten hier in Schleswig-Holstein und habe gefragt: Warum läuft zum Beispiel das ganze Überwachungssystem in der Landwirtschaft anders? Sie kennen QM, QS. Im Moment wird kein Rindfleisch ohne QS mehr für den Markt angenommen. Da ist einfach kein Handel mehr drin. Die Großen können also anscheinend all das umgehen, und der Kleine wird wie immer überprüft,
und von ihm wird verlangt, dass er alle Vorschriften einhält, und zwar auch in der konventionellen Landwirtschaft.
Wir haben festgestellt, dass es Verbesserungsbedarf gibt. Das ergibt sich aus den Aussagen in dem Bericht. Den gibt es - da kann ich Frau Aigner nur zitieren - auf allen Ebenen: sowohl auf EU, als auch auf Bundes- und auf Landesebene. Sie wissen, die Lebensmittel- und Futtermittelkontrolle und -überwachung ist Hoheitsrecht der Länder. Wo sollen diese Überwachungen anfangen? - Am Flaschenhals.
Ich kann also unserem Minister nur mit auf dem Weg geben - ähnlich wie heute in der Pressemitteilung von Hamburg -: Fangen Sie dort an, wo das angelandet wird. Hamburg hat tatsächlich für den Hafen alle Anlandungen von Futtermitteln oder -komponenten aus den Ländern, die ich vorhin genannt habe, also aus Serbien und Kroatien oder auch aus den Ländern, wo schlechte Erntebedingungen vorlagen, zumindest vorläufig gesperrt. Die Chargen werden nur freigegeben, wenn eine Probe genommen und diese für gut befunden wurde.
Ich muss Ihnen noch eines mitgeben, lieber Minister. Es gibt seit dem 1. September 2012 im Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch den § 40. Da ist es auch in Nordrhein-Westfalen und Bayern gang und gäbe - schließen Sie sich diesem positiven Beispiel an -, dass dort, wo Verstöße zu verzeichnen sind, diese öffentlich im Internet unter der Adresse www.lebensmittelwarnung.de veröffentlicht werden. Das klappt in Bayern hervorragend. Wir wundern uns, warum Sie das in Schleswig-Holstein im letzten halben Jahr nicht angegangen sind. Da hätte nicht nur der Verbraucher, sondern die ganze Handelskette Möglichkeiten, gegen diese öffentlich
vorzugehen und deren Produkte nicht in den Handel zu bringen, weil sie öffentlich an den Pranger gestellt würden. Das wirkt abschreckend. Ich hoffe, dass Sie daran arbeiten und das in Zukunft auf den Weg bringen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bitte begrüßen Sie mit mir auf der Tribüne Mitglieder und Teilnehmer der Seniorenunion Oldenburg, des Grone-Bildungsinstituts in Kiel und den CDU-Ortsverband in Weddelbrook. - Herzlich willkommen im Schleswig-Holsteinischen Landtag!
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen! Sehr geehrte Herren! Zu den drei bereits genannten Lebensmittelskandalen kann ich noch einen hinzufügen: die 40 t Putenfleisch, die um das 30-Fache des Erlaubten mit Antibiotika belastet waren.
Die Häufung der Skandale der letzten Wochen zeigt, dass das heutige System der Eigenkontrolle in der Lebensmittel- und Futtermittelerzeugung nicht ausreichend ist. Das sind keine Einzelfälle; da ist etwas faul. In der Agrar- und Futtermittelpolitik muss das Vertrauen der Verbraucherinnen und Verbraucher zurückgewonnen werden. Hier gilt die alte Volksweisheit: Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser.
Jeder Verbraucherin, jedem Verbraucher muss ein mündiger und selbstständiger Konsum ohne viel Aufwand möglich sein. Verbraucherpolitik hat sich auf den realen Verbraucher auszurichten und ihn in seinem Alltag abzuholen. Verbraucherinnen und Verbraucher müssen sich unabhängig von den ihnen zur Verfügung stehenden finanziellen Mitteln darauf verlassen können, dass die Lebensmittel, die sie kaufen, gesund sind, dass sie ehrlich und echt sind.
Die gern geführte Argumentation, dass der Verbraucher mit seiner ,,Geiz ist geil“-Mentalität die Verantwortung dafür trägt, ist irreführend,
Sehr geehrte Damen, sehr geehrter Herren, es reicht nicht mehr, dass die zuständige Bundesministerin reflexartig Maßnahmen und Aktionspläne ankündigt, wenn wieder einmal ein verbraucherpolitischer Skandal hochkommt. Wir brauchen endlich strukturelle Änderungen, um die Lebens- und Futtermittelmittelüberwachung zu verbessern. Die amtliche Lebensmittelüberwachung wird traditionell als ein Teil der Daseinsvorsorge betrachtet.
Erforderlich ist die Offenlegung der behördlichen Untersuchungsergebnisse. Diese Transparenz ist nicht nur im Hinblick auf gleiche Wettbewerbsbedingungen für redliche Anbieter unverzichtbar.
Sie soll den einzelnen Lebensmittel- und Futtermittelunternehmer noch stärker und kontinuierlicher als bisher veranlassen, seinen Betrieb im Einklang mit den lebensmittel- und futtermittelrechtlichen Vorschriften zu betreiben. Nur wenn Täuscher und Betrüger Sorge haben, öffentlich genannt zu werden, wird sich etwas ändern.
Mangelhafte Produkte müssen auf allen Produktionsstufen schnell identifizierbar sein und vom Markt genommen werden können. Die gesamte Lieferkette muss für die Kontrolleure transparent werden, und zwar über alle Handelsstufen hinweg. Wir brauchen eine wirkliche Rückverfolgbarkeit. Lug und Trug darf sich nicht lohnen. Betrüger sind hart zu bestrafen. Dazu sind die Sanktionen im Lebensmittel- und Futtermittelbereich zu verschärfen. Darüber hinaus sind Vorschläge zu prüfen, abgeschöpfte Unrechtsgewinne für die Verbraucherarbeit zu verwenden.
Um die finanzielle Basis für eine unabhängige staatliche Lebensmittel- und Futtermittelüberwachung zu sichern, muss die gesetzliche Grundlage für kostendeckende Gebühren auch für Regelkontrollen bei den Produzenten geschaffen werden. Die Lebensmittel- und Futtermittelindustrie ist an den Kosten der erforderlichen vermehrten Kontrollen zu beteiligen.
Eine risikoorientierte Kontrolle bei den Produzenten ist notwendig. Die Eigenkontrolle der Unternehmen reicht nicht aus. Dabei brauchen wir Teams unabhängiger Kontrolleure, die auch ökonomischen Sachverstand mitbringen. Diese sind in der
Es bedarf bundesweiter effektiver Strukturen. Es kann nicht sein, dass in den Ländern unterschiedlich stark kontrolliert wird. Dazu sind auf Landes-, Bundes und europäischer Ebene die gesetzlichen Grundlagen zu schaffen. Das heißt, es sind dicke Bretter zu bohren.
Bis es soweit ist, muss in Schleswig-Holstein dafür Sorge getragen werden, dass das Landeslabor seine Aufgaben im Bereich der Lebensmittel- und Futtermittelsicherheit verantwortungsvoll wahrnehmen kann.
Dazu gehört neben der finanziellen und der personellen Ausstattung auch die Ausbildung der zukünftig in Schleswig-Holstein erforderlichen Fachkräfte.