Protocol of the Session on March 20, 2013

Daher brauchen wir als absolute Untergrenze einen gesetzlichen Mindestlohn für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Deutschland unabhängig davon, wo sie gerade arbeiten. Oberhalb dieser Mindestlohngrenze gehört die Lohnfindung dann weiterhin in die Hände der Tarifpartner.

Ein weiteres Feld, auf dem wir eklatantes Versagen auf dem Arbeitsmarkt haben, ist die ungleiche Bezahlung von Frauen und Männern. Bis zum 21. März 2013 -, also bis morgen, müssen Frauen arbeiten, um durchschnittlich denselben Lohn zu erzielen, den ihre männlichen Kollegen bereits Ende letzten Jahres erreicht haben, also fast drei Monate länger. Der Equal Pay Day bringt damit die ungleichen Lohnbedingungen, mit denen Frauen auf dem Arbeitsmarkt konfrontiert sind, in den Fokus der Öffentlichkeit. Diese Aufmerksamkeit ist notwendig.

Frauen verdienen für gleiche und gleichwertige Arbeit immer noch deutlich weniger als Männer, auch wenn Frau Klahn eben versucht hat, das wegzudiskutieren. Es lässt sich nicht wegdiskutieren. Es ist Fakt.

(Vereinzelt Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN, SPD und SSW)

Der Gender Pay Gap, also die Lohnlücke zwischen Frauen und Männern, ist seit Jahren konstant hoch. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes betrug er 2012 unbereinigt im früheren Bundesgebiet 24 %. Im europäischen Durchschnitt sind es circa 16 %. Deutschland belegt damit innerhalb der EU einen der hinteren Plätze.

Der sogenannte bereinigte Gender Gap, also die Verdienstunterschiede, die nicht durch unterschiedliche Berufsbiografien erklärt werden können, lag 2010 bundesweit immerhin noch bei 7 %.

In Schleswig-Holstein ist der Lohnunterschied nach einer Studie der Hans-Böckler-Stiftung geringer als in allen anderen westdeutschen Ländern. Ich fürchte allerdings, dass dies eher an den unterdurch

schnittlich niedrigen Löhnen der männlichen Beschäftigten liegt, denn die Lohnungleichheit steigt, je höher eine Arbeit vergütet wird. In Führungspositionen verdienten Frauen zum Beispiel 2010 etwa 30 % weniger als Männer.

Kürzere Arbeitszeiten, ein deutlich höherer Anteil an Minijobs, längere Auszeiten aufgrund von Kindererziehung und damit verbundene geringere Karrierechancen für Frauen, eine Bevorzugung von Männern bei Qualifizierung und Weiterbildung sowie eine geringere Entlohnung frauendominierter Berufe sind die Hauptursachen für die eklatanten Unterschiede beim Einkommen. Hier muss sich endlich etwas ändern. Deshalb ist die Forderung nach Equal Pay richtig und wichtig.

(Beifall SPD und SSW)

In einer modernen Gesellschaft ist Entgeltungleichheit nicht akzeptabel. Jede muss die Chance haben, von ihrer Arbeit leben zu können, und sie muss auch im Alltag ausreichend versorgt sein. Vielen Frauen wird dies aufgrund der unterdurchschnittlichen Bezahlung noch schwerer gemacht als ihren männlichen Pendants. Freiwillige Maßnahmen zur Verringerung der Entgeltungleichheit hatten bisher keinen Erfolg. Daher sind verbindliche rechtliche Regelungen und eine noch stärkere Berücksichtigung dieses Problems in Projekten und Förderungen notwendig.

Wir brauchen mehr Betreuungsmöglichkeiten. An dieser Stelle erwähne ich gern noch einmal den Aufwuchs der U3-Finanzierung, die diese Koalition möglich macht

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

und die von CDU und FDP immer etwas kaltschnäuzig als rot-gün-blaue Wohlfühlpolitik abgetan wird. Darunter fassen Sie das, das ist unfassbar.

(Christopher Vogt [FDP]: Andere Sachen!)

- Ja, andere Sachen. Bei jedem Beispiel, das ich nennen werde, werden Sie sagen, Sie meinen andere Sachen. Altenpflege? - Die meinen Sie bestimmt nicht. Hier meinen Sie bestimmt auch andere Sachen als die Ausbildung oder die Pflege. Es sind immer andere Sachen.

Also: Wir brauchen mehr Betreuungsmöglichkeiten, und wir kümmern uns darum. Wir brauchen Arbeitsbedingungen, die eine Vereinbarkeit von Familie und Beruf erlauben und die mehr Möglichkeiten umfassen. Wir brauchen mehr Frauen in Führungspositionen und eine stärkere Berücksichti

(Ministerin Monika Heinold)

gung von Frauen in der Personalentwicklung in Unternehmen. Wir brauchen eine stärkere Beratung für breite und geschlechterunabhängige Berufsbilder von jungen Frauen und Männern und von Jungen. Wir brauchen eine Neubewertung von frauendominierten Berufen, denn sonst werden Männer dort nie anfangen.

Meine Damen und Herren, mit der Überwindung der Lohnunterschiede zwischen Frauen und Männern können wir nicht nur zu einer gerechteren Gesellschaft beitragen. Es geht auch um die Frage der Wertschätzung der Arbeit und der Fähigkeiten von Frauen auf dem Arbeitsmarkt. Die Landesregierung tritt deshalb für gute Arbeit, für eine gerechte Entlohnung, für Mindestlohn und für Equal Pay ein. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Die Landesregierung hat ihre Redezeit um weniger als 1 Minute überzogen. Gibt es Bedarf, diese Minute auszuschöpfen? - Ich sehe das nicht. Es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Ich schließe die Beratung. Wir kommen zur Abstimmung.

Zweite Lesung des Gesetzentwurfs zur Änderung des Mitbestimmungsgesetzes, Drucksache 18/191: Ich lasse über den Gesetzentwurf der Fraktionen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abgeordneten des SSW in der vom Ausschuss empfohlenen Fassung abstimmen. Wer zustimmen will, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Bis auf von Frau Ostmeier, die einmal dafür, einmal dagegen war, sind das klare Verhältnisse. Mit den Stimmen der Fraktionen von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abgeordneten des SSW sowie der Abgeordneten der PIRATEN ist dieser Gesetzentwurf angenommen.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Abstimmung zur ersten Lesung des Entwurfs eines Mindestlohngesetzes, Drucksache 18/620: Es ist beantragt worden, den Gesetzentwurf, Drucksache 18/620, sowie den Änderungsantrag, Drucksache 18/662, an den Wirtschaftsausschuss zu überweisen. Wer so beschließen will, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Es wird gewünscht, auch den Sozialausschuss mitberaten zu lassen. Erhebt sich dagegen Widerspruch? - Das sehe ich nicht. Es geht also um

eine Überweisung federführend an den Wirtschaftsausschuss und mitberatend an den Sozialausschuss.

Wir kommen zur Abstimmung über die Teile c) und d) der gemeinsamen Beratung. Es ist beantragt worden, den Antrag Drucksache 18/619 und den Antrag Drucksache 18/657, das ist der Änderungsantrag, an den Wirtschaftsausschuss federführend und mitberatend an den Sozialausschuss zu überweisen. Wer so beschließen will, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Diese sehe ich nicht. Die Überweisung ist so angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung in der Sache zum Antrag der Koalitionsfraktionen, Drucksache 18/ 627, zum Änderungsantrag der FDP-Fraktion und zu dem der CDU-Fraktion. Ich lasse zunächst über den Änderungsantrag der Fraktion der CDU, Drucksache 18/661, abstimmen. Wer zustimmen will, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen. - Stimmenthaltungen? - Der Änderungsantrag ist mit den Stimmen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP, den Abgeordneten des SSW und einem Abgeordneten der PIRATEN abgelehnt.

(Zurufe FDP: Ja!)

Wir kommen zum Änderungsantrag der Fraktion der FDP, Drucksache 18/658. Wer zustimmen will, den bitte ich um sein Handzeichen. - Das sind die Abgeordneten der FDP und vier Abgeordnete der Fraktion der PIRATEN. Gegenstimmen? - Eine Stimme der PIRATEN sowie die Stimmen der Fraktionen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abgeordneten des SSW. Bei Enthaltung der CDU-Fraktion ist dieser Antrag abgelehnt.

Ich lasse über den Antrag der Fraktionen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abgeordneten des SSW, Drucksache 18/627, abstimmen. Wer zustimmen will, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Dieser Antrag ist mit den Stimmen der SPD-Fraktion, der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abgeordneten des SSW sowie der Abgeordneten der PIRATEN so angenommen.

Ich danke Ihnen. - Ich unterbreche die Sitzung. Wir setzen die Beratung um 15 Uhr fort. Guten Appetit!

(Unterbrechung: 13:08 bis 15:03 Uhr)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich darf Sie bitten, Platz zu nehmen. Wir wollen die Beratungen fortsetzen.

(Ministerin Monika Heinold)

Wir kommen zum Tagesordnungspunkt 30:

Lebens- und Futtermittelkontrollen wirksam gestalten!

Antrag der Fraktionen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abgeordneten des SSW Drucksache 18/622

Neugestaltung der Lebens- und Futtermittelkontrollen prüfen

Änderungsantrag der Fraktion der PIRATEN Drucksache 18/663

Das Wort hat die Frau Abgeordnete Eka von Kalben von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Gäste! Wir sind hoffentlich satt, und „wir haben es satt“ - mit diesem Slogan sind vor wenigen Wochen Tausende Menschen durch Berlin gezogen. Ihnen gemeinsam war die Wut über das, was wir heute auf den Tellern finden, und die Wut darüber, wie heute unser Essen erzeugt wird. Massentierhaltung, Antibiotika-Einsatz, Gentechnik, Billigfleisch, Agrarindustrie sind einige Stichworte. Unsere Grundnahrungsmittel werden heutzutage geschändet, mit Zucker aufgeplustert und in bunten Billigverpackungen an die Kunden verramscht. Auf den Packungen locken leckere Früchte, die in Wirklichkeit bestenfalls noch Aromastoffe sind. Die Menschen, die sich aus allen Teilen der Republik bei -9 ºC vor dem Hauptbahnhof in Berlin getroffen haben, wussten, warum sie dort waren. Sie wollten klarmachen: Wir brauchen eine Wende in der Agrarpolitik.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Dabei wussten die Demonstrierenden zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht, dass uns schon wieder eine Kette von neuen Lebensmittelskandalen bevorstand. Kriegen Sie sie noch zusammen? Zuerst hatten wir die falsch deklarierten Eier, Hühnerhalter hatten Eier als Freilandeier deklariert, obwohl die Hennen entweder gar keinen oder zu wenig Auslauf hatten. Obwohl in der Presse überall vom „Bio-Eierskandal“ die Rede war, waren vor allem konventionelle Betriebe mit Bodenhaltung betroffen. Dennoch wiegt der Betrug bei Biobetrieben besonders schwer. „Warum soll ich noch mehr Geld für Bioei

er ausgeben, ist ja eh alles“ - Entschuldigung! „Beschiss“, mag sich mancher Kunde gedacht haben. Die Bioverbände müssen einen Weg finden, die auch im Biobereich fortschreitende Entwicklung hin zu agrarindustriellen Strukturen einzudämmen. Vertrauenswürdiges Bio kann nur in bäuerlichen Strukturen entstehen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SSW und vereinzelt PIRATEN)

Der zweite Punkt: das Pferdefleisch in der Lasagne. Plötzlich tauchte überall als Rindfleisch deklariertes Pferdefleisch auf. Falsch deklariertes Fleisch, vielleicht auch noch mit Medikamentenrückständen, wie teilweise befürchtet, gehört nicht in unser Essen. Dann innerhalb weniger Wochen der dritte Skandal: Schimmelpilze im Tierfutter, dessen Giftstoff Aflatoxin bis auf unseren Teller gelangen kann. - Drei Lebensmittelskandale innerhalb weniger Wochen.

Damit wir uns nicht falsch verstehen: Die allermeisten Landwirte und Landwirtinnen, natürlich auch in konventionellen Betrieben, arbeiten sehr engagiert und ehrlich. Sie verdienen nicht üppig, und sie tun alles, damit wir Lebensmittel in guter Qualität und zu vernünftigen Preisen auf den Teller bekommen. Aber die Zahl der schwarzen Schafe in der Erzeugung und in der Weiterverarbeitung nimmt zu, sodass sie in der Herde der weißen Schafe keine Einzelerscheinungen mehr sind. Wir wollen unsere schleswig-holsteinische Landwirtschaft stärken, insbesondere auch die regionale Vermarktung. Die beste Kontrolle ist vor Ort gegeben, wenn Erzeugung und Verkauf Hand in Hand gehen; denn gerade bei der Verpackung, bei der Lagerung, bei der Deklarierung entstehen die Fehler, entstehen auch die Missstände durch die sogenannten schwarzen Schafe.

Die nachhaltigste und artgerechteste Erzeugung ist gegeben, wenn wir uns regional ernähren. Auch wenn ich weiß, wie schwierig dieser Begriff zu definieren ist: Wo „regional“ draufsteht, darf nicht China drin sein.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt SPD)

Unsere Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner hilft uns da nicht sehr viel weiter, im Gegenteil, sie agiert wie die Pressesprecherin des bayerischen Bauernverbands. Bei jedem Skandal werden neue Zehn-Punkte-Kataloge herausgeholt, die dann schnell wieder in der Schublade landen oder ohne Effekt bleiben. Die Küstenkoalition fordert nun endlich Konsequenzen. Die Kontrollen sollen ver