Protocol of the Session on March 20, 2013

(Beifall PIRATEN)

Wir wollen das. Im Moment steht auf der Seite des Landeslabors - glaube ich - ein einziger Fall, der zur Anzeige gebracht ist, und der ist schwer zu finden. Da gebe ich allen recht.

Allerdings darf man nicht vergessen, was der Abgeordnete Voß gesagt hat, dass wir uns juristisch auf sehr dünnem Eis befinden, wenn wir schon den Verdacht zur Anzeige bringen. Nordrhein-Westfalen und Bayern, von einem roten und einem schwarzen Ministerpräsidenten regiert, reiten da jetzt voran. Allerdings gibt es auch Länder wie Baden-Württemberg, die aufgrund von einer Reihe von Klagen und Prozessen die frühe Veröffentlichung von Verdachtsfällen wieder zurückziehen.

Um - ich bleibe im Bild - nicht die nächste Sau durchs Dorf zu treiben, rate ich, juristisch sauber zu prüfen, wie weit man da gehen kann. Wir wollen die Veröffentlichung auf einer Landesplattform, wir stehen in Gesprächen mit den Kommunen, aber wir wollen sie rechtssicher, sodass wir nicht nach zwei Monaten wieder einstampfen müssen, was wir da aufgebaut haben. Das werden wir juristisch sauber prüfen, um uns nicht selber ins Knie zu schießen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Weitere Wortmeldungen sehe ich nicht. Ich schließe die Beratung. Es ist beantragt worden, den Antrag Drucksache 18/622 sowie den Änderungsantrag Drucksache 18/663 dem Umwelt- und Agrarausschuss zu überweisen. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! Enthaltungen? - Dann ist das einstimmig so beschlossen.

Wir kommen jetzt zu Tagesordnungspunkt 31:

Für einen starken und ausgewogenen EU-Haushalt

Antrag der Fraktionen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abgeordneten des SSW Drucksache 18/623

Solide Haushalte in Europa

Änderungsantrag der Fraktion der FDP Drucksache 18/668

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Zunächst erhält für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Herr Abgeordneter Bernd Voß das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Europäische Parlament hat in der vergangenen Woche zum mehrjährigen Finanzrahmen Stellung bezogen und den Beschlüssen der Staats- und Regierungschefs von Anfang Februar eine ganz klare Absage erteilt. Der Vorschlag des Rates war eine Kampfansage an das Europäische Parlament und steht in weiten Teilen für eine völlig nach hinten gewandte Politik, wie auch Teile des FDP-Antrags.

(Minister Dr. Robert Habeck)

(Beifall Rasmus Andresen [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN] - Christopher Vogt [FDP]: Bitte?)

Der Rat hat zum ersten Mal in der Geschichte der EU eine reale Haushaltskürzung bei gestiegenem Auftrags- und Aufgabenvolumen vorgeschlagen. Er hat dabei völlig unausgewogene Kürzungen vorgeschlagen. Nach den Vorstellungen des Rates soll ausgerechnet bei den Ausgaben für Forschung, Bildung und Wettbewerbsfähigkeit überproportional gekürzt werden. Wie passt das mit der Agenda 2020 zusammen? Wie passt das mit dem Vertrag von Lissabon zusammen, mit den gewachsenen Aufgaben? Wie mit den Herausforderungen der Wirtschafts- und Finanzkrise? - Ich denke, an dieser Stelle passt überhaupt nichts zusammen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Jette Waldinger-Thiering [SSW])

Der größte Posten im EU-Haushalt sind die Agrarund Regionalförderung beziehungsweise Strukturförderung. Die Regionalförderung hat zum Ziel, die wirtschaftlichen und sozialen Ungleichgewichte zwischen den verschiedenen Regionen der EU abzumildern, wirtschaftlich und strukturell schwache Regionen zu unterstützen und sie damit wettbewerbsfähiger zu machen und sie sich nachhaltiger entwickeln zu lassen. Dazu gehört auch die Einhaltung von Umweltstandards, dazu gehört die Anpassung an den Klimawandel, dazu gehört auch die Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

In diese Zukunftsbereiche muss investiert werden. Die Herausforderungen sind durch die Wirtschaftsund Finanzkrise nicht kleiner geworden, sie sind erheblich gewachsen. Die EU kann als Wirtschaftsraum nicht bestehen, wenn die wirtschaftlichen Ungleichgewichte und damit auch die sozialen Spannungen so groß bleiben, wie sie jetzt sind, und größer werden.

Auch Schleswig-Holstein profitiert von dieser Politik. In der letzten Förderperiode 2007 bis 2013 haben wir ungefähr 830 Millionen € aus den verschiedenen EU-Fonds bekommen. Was für SchleswigHolstein als finanzschwaches Bundesland gilt, gilt in der europaweiten Sicht noch viel mehr für besonders strukturschwache Gebiete in den finanzschwachen Staaten. Aber auch für Deutschland kann es auf Dauer nicht gut sein, wenn ganze Regionen in Europa von wirtschaftlicher Entwicklung und vom Wohlstand abgekoppelt bleiben. Das ist unabhängig davon, dass wir als Exportnation natürlich erhebli

ches Interesse daran haben, dass sich Europa weiterentwickelt. Spart Deutschland bei der EU und setzt falsche Prioritäten, hat dies für SchleswigHolstein nicht nur direkte finanzielle Einschnitte zur Folge. Ich nenne ein Beispiel für falsche Prioritäten. Beim Kernfusionsreaktor ITER wird überhaupt nicht gespart; da darf so richtig lustig weitergebaut werden. Hingegen wird bei Connecting Europe, bei den Energienetzen, die für die Entwicklung unseres Landes entscheidend sind, gekürzt. Wir ahnen, welche Lobby dort wieder am Werk war.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Die grüne Lob- by!)

Wir brauchen einen starken, einen ausgewogenen EU-Haushalt auch für Schleswig-Holstein. Denn die Umsetzung der Beschlüsse des Europäischen Rates würde für Schleswig-Holstein erhebliche Einschnitte bedeuten. Für Schleswig-Holstein würde die Umsetzung der Beschlüsse nach den derzeitigen Schätzungen der Landesregierung Mindereinnahmen von ungefähr 150 Millionen € bis 180 Millionen € im Zeitraum bis 2020 nach sich ziehen. Damit wären viele Projekte und Förderprogramme im Land gefährdet, sie wären stark unterfinanziert. Das bedeutet konkret zum Beispiel weniger Geld für Umweltmaßnahmen zur Umsetzung von Wasserrahmenrichtlinie und Natura 2000, für integrierte Projekte im ländlichen Raum und für den Küstenschutz. Bei den Mitteln der ersten Säule der Agrarpolitik, den Direktzahlungen, soll dagegen kaum gekürzt werden.

Wenn ich mir den Stand der Verhandlungen zur Reform der EU-Agrarpolitik im Rat angucke, stelle ich fest, dass von den ursprünglich guten Vorschlägen der EU-Kommission sehr viele auf der Strecke geblieben sind, kaum noch etwas nach ist und wir im Grunde von einem „Greenwashing“ reden können, auch nach den Beschlüssen von letzter Nacht. Sie haben wieder dermaßen viele Auswege gelassen. Da ist die einzige Perspektive, dass Bund und Länder relativ viel in die eigene Umsetzungskompetenz bekommen haben und wir daher dort stark reingehen müssen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Das ist ein krasses Missverhältnis, das ist falsche Prioritätensetzung. Damit kann niemand erwarten, dass die Bevölkerung draußen auch nur annähernd akzeptiert, was hier umgesetzt wird.

Es wird aber weiter verhandelt zwischen Parlament und Rat. Wir müssen dranbleiben. Letztlich ist noch

(Bernd Voß)

nichts endgültig entschieden. Hier noch einmal eine ganz klare Botschaft an die CDU: Ihr Kollege im Europäischem Parlament, Reimer Böge, wird da entscheidend mit verhandeln, dass die Interessen des Parlaments durchgesetzt werden. Hauptgegenspieler wird die schwarz-gelbe Bundesregierung sein.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Für die Fraktion der CDU hat Herr Abgeordneter Rainer Wiegard das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen, meine Herren! Die Weitsicht der Abgeordneten im Europäischen Parlament bewahre uns davor, dass sich die EU etwa ein Beispiel an der Investitionstätigkeit der neuen Landesregierung in Schleswig-Holstein nimmt.

(Beifall CDU und FDP)

Dort würde man sich über die Vorschläge, die von hier kommen, sehr wundern und würde die Frage zurückstellen: Warum fordert die neue Landesregierung und die links-dänische Mehrheit in diesem Landtag von Bund und EU immer wieder mehr Investitionen für die Infrastruktur Schleswig-Holsteins, während sie zugleich die eigenen Investitionen auf den Stand von 1974, also auf den Stand von vor 40 Jahren, als es die EU in dieser Form überhaupt noch nicht gegeben hat, zurückführt?

Das Europäische Parlament hat ein paar Kernforderungen aufgestellt, die erfüllt sein müssen, bevor man über den mehrjährigen Finanzrahmen, der vom Europäischen Rat vorgelegt worden ist, abstimmt. Zu diesen Kernforderungen gehört vor allen Dingen zunächst einmal eine Revisionsklausel, damit das nächste Parlament, das ja erst im kommenden Jahr gewählt wird, auch die Chance hat, gegebenenfalls Anpassungen des Finanzrahmens und der Umsetzung der Programmgestaltung vorzunehmen. Ansonsten würde sie ja für die gesamte Wahlperiode des neuen Parlaments keinerlei Einfluss auf die Haushaltsgestaltung haben.

Zu den Kernforderungen gehört vor allen Dingen auch eine deutlich erhöhte Flexibilität der Ausgaben zwischen den Ausgabekategorien, und zwar innerhalb des Niveaus des mehrjährigen Finanzrahmens, genauso wie eine deutlich höhere Flexibilität zwischen den Haushaltsjahren einschließlich des Verzichts auf die Rückerstattung von nicht ver

brauchten Mitteln im Rahmen dieser jährlichen Haushaltsplanung.

Das sind neben ein paar anderen die Kernforderungen, um die es gehen wird. Transparenz will ich auch noch hinzufügen - Transparenz insbesondere auf der Einnahmeseite. Reimer Böge, der hier eben schon angesprochen wurde, hat ja in der vergangenen Woche schon sehr deutlich gemacht, dass die Einnahmeseite für diesen mehrjährigen Finanzrahmen noch nie so intransparent gestaltet wurde. Es gab noch nie so viele Rabatte und Ausnahmeregelungen, so viele Zugeständnisse, die das ganze Verfahren völlig intransparent machen. Deshalb ist es notwendig, auf der Einnahmeseite deutlich mehr Transparenz herzustellen.

(Beifall CDU und PIRATEN)

Das sind die Kernforderungen, mit denen das Europäische Parlament die Verhandlungen mit dem Rat und der Kommission führen wird. Wir haben volles Vertrauen in die Institutionen, dass sie auch ohne den Rat der links-dänischen Mehrheit dieses Hauses in der Lage sind, ihre Aufgaben zu erfüllen.

(Vereinzelter Beifall CDU - Heiterkeit Lars Harms [SSW])

- Lars Harms, ich lasse Sie sich noch einen Augenblick amüsieren. - Die Kernforderung, die Sie in Ihrem Antrag hier vorgelegt haben, ist vor allem die, die Europäische Union solle sich in ihrem Ausgabeverhalten danach richten, wie Sie es in dieser neuen Regierung in Schleswig-Holstein hier auch einrichten, nämlich Geld ausgeben, das Sie gar nicht haben.

(Beifall CDU, FDP und PIRATEN)

Sie verlangen doch tatsächlich, die 27 Staats- und Regierungschefs der Mitgliedsnationen sollen sich, nachdem sie nun gerade eineinhalb Jahre darum gerungen haben, einen einstimmigen Beschluss herbeizuführen, was ihnen Anfang Februar gelungen ist, nun wieder zusammensetzen und mindestens das haben Sie in Ihrem Antrag geschrieben - weitere 85 Milliarden € lockermachen. Wo leben Sie eigentlich?

(Beifall CDU und FDP - Dr. Ekkehard Klug [FDP]: In Bullerbü!)

Niemand, der auf der europäischen Ebene ernst genommen werden will, hat auch nur im Ansatz die Vorstellung, das Niveau des Finanzrahmens zu verändern. Es geht um die Kernforderung, und es geht um die Programmausgestaltung, es geht um mehr

(Bernd Voß)

Flexibilität, und es geht um Transparenz. Das sind die Forderungen.

Noch einmal: Wir sind davon überzeugt, dass die drei europäischen Institutionen, die miteinander verhandeln, das auch ohne den Rat aus SchleswigHolstein ganz gut hinkriegen. Sie warten nicht dringend und sehnsüchtig darauf, von uns endlich eine Wegweisung zu bekommen. Wir werden deshalb Ihren Antrag ablehnen. Es gibt einen weiteren Antrag von Herrn Ekkehard Klug von der FDP, der den Finanzrahmen etwas umfassender, nicht nur auf den mehrjährigen Finanzrahmen konzentriert, darstellt. Diesem Antrag werden wir zustimmen. Ihren Antrag kann man nur ablehnen. - Herzlichen Dank.

(Beifall CDU, FDP und Wolfgang Dudda [PIRATEN])