Protocol of the Session on March 20, 2013

Ist es jetzt besser?

Ja, es ist etwas besser.

Man hört hier nicht so gut, ob man laut ist oder nicht. Danke.

Ich möchte noch auf eine zentrale Forderung Ihres Antrags eingehen. Dass das gegenwärtige Kontrollsystem überprüft werden soll, ist vollkommen richtig. Selbst das beste System schwächelt gelegentlich. Damit sich keine Fehler einschleichen, muss die gängige Praxis also immer wieder überprüft werden.

Vor diesem Hintergrund erscheint es mir aber nicht besonders ratsam, aus aktuellem Anlass überstürzt die Erhebung weiterer Gebühren zu beschließen. Wenn man wirklich etwas verbessern möchte, dann

(Oliver Kumbartzky)

muss man in Ruhe überlegen und es dann geplant und nicht überhastet machen.

(Beifall PIRATEN)

Ich plädiere außerdem dafür, nicht gleich den Bundesrat oder die EU anzurufen,

insbesondere deshalb nicht, weil wir es mit einem Bereich zu tun haben, den wir weitgehend selbst organisieren können.

Herr Habeck, ein Punkt, an dem man unmittelbar ansetzen kann, ist das Verbraucherinformationsgesetz. Dessen Wahrnehmung scheint mir in Schleswig-Holstein doch sehr sperrig zu sein. Zum einen weiß kaum ein Verbraucher davon, zum anderen ist der Informationszugang sehr mager. Den Gebührenkatalog konnte ich auf Anhieb nicht im Netz finden. Das MELUR war spontan nicht in der Lage, mir zu sagen, wo ich ihn finden kann. Auf eine E-Mail mit der Bitte um Zusendung des Gebührenkatalogs ist bis heute keine Antwort gekommen.

Außerdem gehe ich davon aus, dass nach einem Skandal, wenn auch nur 1 % der Bevölkerung auf die Idee kommen würde, wirklich einmal ernsthaft im Rahmen des Verbraucherinformationsgesetzes anzufragen, die Aufsichtsämter hoffnungslos überlastet und lahmgelegt wären.

Verbesserungen sind an dieser Stelle mit relativ wenig Geld zu haben. Das könnte zum Beispiel dadurch geschehen, dass das dänische Smiley-System, das auch der Bezirk Berlin-Pankow erfolgreich eingeführt hat, in Schleswig-Holstein eingesetzt wird.

(Beifall PIRATEN)

Denn würden die ohnehin erhobenen Kontrollergebnisse der Lebensmittelkontrolleure der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden, dann hätten auch die Unternehmen ein dringendes Interesse daran, ihre Selbstkontrolle zu verbessern.

(Beifall PIRATEN)

Im Übrigen hat eine Emnid-Umfrage ergeben, dass 93 % der Deutschen für die Einführung des SmileySystems wären.

(Beifall PIRATEN)

Da die Bundestagswahl nicht mehr fern ist, empfehle ich Ihnen, diese Gelegenheit so schnell wie möglich beim Schopf zu greifen und sich die politischen Mehrheiten zunutze zu machen.

Lassen Sie uns dieses Mal alles richtig machen, und stimmen Sie unserem Änderungsantrag zu!

(Beifall PIRATEN)

Für die Abgeordneten des SSW hat der Herr Abgeordnete Flemming Meyer das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Immer wieder werden wir mit neuen negativen Schlagzeilen aus dem Lebens- und Futtermittelbereich konfrontiert. Die Skandale reißen nicht ab, ob es Pferdefleisch in der Lasagne ist, ob es falsch deklarierte Bio-Eier sind oder Schimmelpilze im Futter, die Kollegin Kirsten EickhoffWeber erwähnte auch noch Antibiotika im Putenfleisch, und seit gestern wissen wir, dass wir jetzt auch noch einen Skandal in Frankreich mit illegal importiertem Schafsfleisch haben. Die Anzahl der Skandale in der letzten Zeit war noch nie so hoch.

Wer also davon ausgegangen ist, dass wir nach dem großen Dioxin-Futtermittelskandal eine kontrollierte und gut überwachte Lebens- und Futtermittelproduktion haben, der wurde eines Besseren belehrt. Fakt ist, die Kontroll- und Frühwarnmechanismen im Lebens- und Futtermittelbereich haben nicht gegriffen. Es reicht eben nicht, wenn die Lebensmittel- und Futtermittelbranche in Eigenverantwortung ihre Produkte selbst kontrolliert. Wir brauchen Kontrollinstanzen, die unabhängig vom Unternehmen arbeiten. Das heißt, die Lebensmittelüberwachung durch unabhängige Behörden muss gestärkt werden.

Für Schleswig-Holstein bedeutet dies, dass unsere Landeslabore finanziell und personell in die Lage versetzt werden müssen, diese Aufgaben ordnungsgemäß zu erledigen. Natürlich ist dies nicht zum Nulltarif zu haben. Wird die Lebensmittelüberwachung vom Staat ausgeführt, um die Einhaltung bestehender Regelungen bei den wirtschaftenden Betrieben zu kontrollieren, ist dies nicht nur eine normale Verwaltungsleistung, sondern hier gewährleistet der Staat, dass Spielregeln in einer Branche eingehalten werden. Dies kommt allen Betrieben und den Verbrauchern zugute. Aus diesem Grund ist es nur recht und billig, wenn sich eine Branche dann auch in Gänze an den anfallenden Kosten beteiligt.

(Beifall SSW und SPD)

Wir dürfen nicht mehr unterscheiden, ob eine Probe positiv oder negativ getestet wurde, sondern alle

(Uli König)

Beprobungen sind grundsätzlich als gebührenpflichtig anzusehen.

(Beifall SSW und SPD)

Dies gilt aber nicht nur für Schleswig-Holstein. Derzeit wird davon ausgegangen, dass bundesweit rund 1.600 Kontrolleure fehlen. Im Jahr 2011 wurden bei rund 1,1 Millionen Betrieben nur 500.000 Kontrollen durchgeführt. Wenn also die Qualität der Kontrollen erhöht werden soll, dann muss die Kontrolldichte auch erhöht werden, und zwar bundesweit.

Daneben muss sichergestellt werden, dass die Kontrollsysteme der Länder besser miteinander verzahnt werden, soll heißen: Wenn ein Produkt in Bayern bereits beprobt wurde, müssen auch die Kollegen in Hamburg darüber in Kenntnis gesetzt werden. Hier müssen die Verwaltungsstrukturen besser aufeinander abgestimmt werden.

Gleiches gilt in Bezug auf die Zusammenarbeit mit dem Bund. Dies ist auch eine Forderung des Vorsitzenden des Bundesverbandes der Lebensmittelkontrolleure, Martin Müller. Da es scheinbar keine klaren Zusammenarbeitsstrukturen gibt, bitten wir die Landesregierung um Überprüfung des Systems. Gleiches gilt auch für die Zusammenarbeit auf europäischer Ebene. Auch dort müssen die Strukturen verbessert und vereinheitlicht werden. Verunreinigte und zu beanstandende Produkte dürften das Herkunftsland erst gar nicht verlassen.

Unabhängige Lebens- und Futtermittelkontrollen sind keine Maßnahmen, um die Wirtschaft zu gängeln. Im Gegenteil, sie erhöhen das Vertrauen der Bevölkerung in die Produkte und schaffen Sicherheit. Auch wenn diese nicht zu hundert Prozent gewährleistet werden kann, erschweren diese Kontrollen doch den kriminellen Ansatz.

(Beifall SSW, SPD und PIRATEN)

Wir kommen jetzt zu den Dreiminutenbeiträgen. Zunächst hat für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN der Herr Abgeordnete Bernd Voß das Wort.

Sehr verehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Gleich vorweg: Heiner Rickers und Oliver Kumbartzky, ich weiß nicht, welche Rede ihr vorhin gehört habt. Ich fand die von Eka von

Kalben hochmoderat. Sie hat überhaupt keine Branche angegriffen, sondern war sehr konstruktiv.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich bitte, dass Sie sich künftig in Landtagssitzungen entsprechend verhalten und Ihre Reden an das anpassen, was hier gesagt worden ist.

Wir hatten hier drei Skandale nacheinander, bei denen es keine unmittelbare oder gravierende Gefährdung der Verbraucherinnen und Verbraucher gegeben hat. Nichtsdestotrotz waren alle drei Skandale ein Stück aus dem Tollhaus und machen deutlich, dass wir noch erhebliche Lücken haben.

Auf einige Punkte möchte ich noch kurz eingehen. Der erste Punkt betrifft die Kostenbeteiligung der Wirtschaft an den Untersuchungen zugunsten des Verbraucherschutzes. Das ist in gewisser Weise ein Baby des SSW. Der SSW hatte dazu ja bereits in der letzten Legislaturperiode einen Entwurf eingebracht. Wann, wenn nicht jetzt, wäre die Chance größer, dies auch durchzusetzen, wo wir doch eine bundesweite Stimmung dafür haben? Wenn ich mir die Debatten in den anderen Bundesländern ansehe, dann können wir uns nicht mehr dahinter verstecken, dass dies zu mehr Wettbewerbsverzerrung führen würde. Wir können es umsetzen.

Der andere Punkt, den ich deutlich machen möchte, ist dieser: Wir als Regierungskoalition haben sehr gut im Blick, dass es kleine oder mittelständische Unternehmen sehr stark treffen könnte, wenn es probeweise geht. Wir werden wohl in irgendeiner Weise auf eine Tonneneinheit und auf bestimmte Umlagesysteme kommen müssen, um so handwerkliche Lebensmittelverarbeitung nicht an die Wand zu fahren.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Der nächste Punkt, den ich ansprechen möchte, betrifft den Bundesrechnungshofbericht, der schon mehrfach angesprochen worden ist. Der ist inzwischen auch schon eineinhalb Jahre alt. Eine zentrale Botschaft dieses Rechnungshofberichts ist es, dass wir eine Art Kompetenzbündelung brauchen. Viel wichtiger aber ist noch dieses: Wir brauchen eine Waffengleichheit bei der Lebensmittelüberwachung, bei der Lebensmittelaufsicht. Es kann nicht sein, dass in der Lebensmittelaufsicht gewissermaßen Mitarbeiter einer Kreisverwaltung einem multinationalen Konzern entgegengestellt werden.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

(Flemming Meyer)

Gestatten Sie mir auch noch ein Wort zu den unendlich vielen Aktionsplänen von Frau Aigner, die wir jedes Mal wieder präsentiert bekommen, seit wir den Dioxinskandal vor zwei Jahren hatten. Da ist einmal die Forderung nach einer Positivliste aller Futtermittel. Das ist bis heute nicht umgesetzt worden. Das ist im Grunde eine alte Forderung, damit endlich klar ist, was wo rein darf.

Wenn ich an das Thema Nennung von Ross und Reiter im Lebensmittel- und Futtermittelgesetz denke, das zwischendurch mal herausgenommen und in der vorletzten Woche erweitert in das Gesetz hineingenommen wurde, dann möchte ich daran erinnern, dass sich Grüne und Rote im Bundestag insoweit der Stimme enthalten haben, denn so, wie das in das Gesetz hineingenommen wurde, öffnet das Tür und Tor für Denuntiationen. Das kann nicht sein. Vielmehr muss eine rechtsfeste Regelung gefunden werden. CDU/CSU und FDP haben die Veröffentlichung aus populistischen Gründen in das Gesetz aufgenommen.

(Oliver Kumbartzky [FDP]: Transparenz, na klar, aber handwerklich sauber!)

Ein weiterer Punkt, den ich noch kurz ansprechen möchte, betrifft die Haftpflichtversicherung. Denn die Haftpflichtversicherung ist nach wie vor nicht gesichert. Die letzten Fälle haben erneut deutlich gemacht, dass Landwirte und Verarbeiter bei den letzten Futtermittel- und Lebensmittelskandalen auf ihren Kosten sitzengeblieben sind, wie es bisher aussieht.