Protocol of the Session on February 21, 2013

- Nein, Sie hatten uns nicht gesagt, welche Zwischenfragen wir noch stellen sollten. - Aber gut, jetzt sind Sie erst mal dran.

- Beim nächsten Mal werde ich eine Liste machen. - Ich hatte also wenig Zeit. Aber haben Sie mitbekommen, dass ich versucht habe rüberzubringen, dass die gestaffelten Quoren die Mitte sind zwischen den beiden Problemen, dass wir nicht wollen, dass auf der einen Seite die Minderheit die Mehrheit dominiert, wir aber auch keine Boykottstrategie haben wollen, während wir auf der anderen Seite anerkennen - das war das Bolzplatzbeispiel -, dass es natürlich Dinge gibt,

die nur einen kleinen Teil interessieren, sodass also für uns der Kompromiss - Sie sind doch ein Mann der Mitte - in der Mitte liegt, nämlich nicht die Quoren abzuschaffen - das ist nämlich die Argumentation, die nur auf die Boykottstrategie guckt - und auch nicht das Quorum unabhängig von der Einwohnerzahl gleichzuhalten? Das ist nämlich die Strategie, die unabhängig von der Einwohnerzahl glaubt, dass alles gleichmäßig interessant ist für die gesamte Gemeinschaft. Sind Sie also bereit, zur Kenntnis zu nehmen, dass die Mitte zwischen Abschaffung des Quorums und Konstanthaltung des Quorums die gestaffelten Quoren nach Einwohnergröße sind? Können Sie diese Logik zumindest nachvollziehen, auch wenn sie ihr nicht zustimmen können?

- Nein, die kann ich nicht nachvollziehen, weil ich meine, dass man die vernünftige Mitte anders findet, nämlich so, wie wir das vorschlagen, indem man zum einen die Schwelle für ein Bürgerbegehren auch in den kleineren Orten niedriger ansetzt, also mit dem 4-%-Quorum, dass wir damit direkte Demokratie generell in allen Gemeinden erleichtern und die Kommunalvertretungen mit Themen aus der Bürgerschaft stärker konfrontieren, dass wir aber dann, wenn es zu einem Bürgerentscheid kommt, sagen: Gültig ist das Ganze nur, wenn mindestens ein Fünftel der Stimmberechtigten aufseiten der Mehrheit in die Waagschale eingebracht wird.

(Beifall FDP)

Das ist die vernünftige Mitte zwischen den beiden Ansätzen. Es gibt viel mehr Bürgerbegehren und Bürgerentscheide. Aber eine letztgültige Entscheidung, die dann das Kommunalparlament überrollt und sagt, da sei jetzt der Bürgerwille vorrangig und das Kommunalparlament habe dann nichts mehr zu entscheiden, das kann nur dann gelten, wenn eben 20 % der Stimmenberechtigten sagen, es soll so sein, also nicht irgendeine kleine Minderheit das macht, die sich für ein spezielles Thema interessiert.

(Beifall FDP)

Das Wort zu einem weiteren Kurzbeitrag hat die Fraktionsvorsitzende -

(Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Ich verzichte!)

- Sie verzichten. Das ist hier so angekommen.

Dann hat für die Landesregierung Herr Innenminister Andreas Breitner das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Seit der ersten Beratung des Gesetzentwurfs durch den Landtag im November 2012 hat es im Innen- und Rechtsausschuss eine schriftliche wie mündliche Anhörung zu dem Vorhaben gegeben. Ich finde, diese hat einige relevante Erkenntnisse gebracht.

Ich halte es nicht für verwunderlich, dass der Gesetzentwurf in einer Reihe von zentralen Punkten Beifall gerade aus dem Bereich der kommunalen Verbände erfahren hat. Dazu zählt die geplante Neufassung der §§ 16 a bis f Gemeindeordnung, die dem im März vergangenen Jahres erfolgten untauglichen Versuch zurücknimmt, Vorschriften zu vereinfachen und den Kommunen Gestaltungsoptionen zu eröffnen. Trotz vieler Warnungen hatte der Beschluss der alten Regierungsmehrheit jede der mehr als 1.100 Städte und Gemeinden im Lande genötigt, eine eigene Bürgerbeteiligungssatzung zu erlassen.

Die daraus resultierenden vielfachen Bitten um Hilfestellungen an das Innenministerium machen deutlich, dass den Kommunen tatsächlich ein Bärendienst erwiesen statt für sie eine Erleichterung geschaffen wurde.

Durch die heutige Entscheidung des Landtags wird weiterer unnötiger Aufwand vermieden.

(Beifall SPD)

Der Gesetzentwurf enthält darüber hinaus einige inhaltliche Neuerungen wie die Streichung der Altersgrenze von bisher 14 Jahren im Rahmen von Einwohnerfragestunden. Vor dem Hintergrund des Wahlalters von 16 Jahren bei Kommunalwahlen und wohl in Kürze auch bei Landtagswahlen erscheint es mir sachgerecht, der Reife junger Menschen in den Fragestunden Rechnung zu tragen.

Neu ist auch eine Vorschrift zur konsultativen, das heißt nicht bindenden, Einwohnerbefragung. Es ist sicherlich richtig, dass es einer ausdrücklichen Regelung nicht bedurft hätte. Sie trägt jedoch aus meiner Sicht dazu bei, die Einbindung der Einwohnerinnen und Einwohner in Meinungsbildungsprozesse zu fördern und schafft damit eine noch breitere Basis für Entscheidungen der Gemeindevertretungen.

(Beifall SSW)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, auch die Beteiligungsrechte für Bürgerbegehren und Bürgerentscheide - das stand hier heute auch im Mittelpunkt - werden sich deutlich verändern. Der Gesetzentwurf erweitert nicht nur den möglichen Gegenstand von Bürgerbegehren um B-Plan-Aufstellungsbeschlüsse, auch Quoren und eine Reihe von anderen formalen Hürden werden gesenkt.

Wir erfüllen damit unser Versprechen aus dem Koalitionsvertrag, die Menschen in unserem Land stärker in politische Prozesse und Entscheidungen einzubinden.

Anstoß für diese Initiative ist die besorgniserregende Entwicklung, dass sich viele Menschen von politischen Prozessen abwenden. Geringe Wahlbeteiligungen sprechen eine deutliche Sprache und fordern uns zum Gegensteuern auf, um das Interesse an der Politik vor Ort wieder zu wecken. Früher war es eine Art höfliche Distanz gegenüber der Politik oder Parteiendemokratie, die spürbar war. Heute begegnet uns häufig offene Verachtung. Darauf müssen wir reagieren.

Die verstärkte Bürgerbeteiligung kann ein Instrument sein, dieser Entwicklung entgegenzuwirken. Sie wird sicher kein Allheilmittel sein, aber eine gute Möglichkeit, aktiv zu demokratischen Beteiligungen einzuladen.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Für unseren Staat ist die aktive politische Betätigung als Ausdruck der Identifikation mit unserem demokratischen System lebensnotwendig. Mehr Bürgerbeteiligung ist daher keine Bedrohung der gewählten kommunalpolitischen Vertreterinnen und Vertreter oder eine Schwächung des kommunalpolitischen Ehrenamts. Die repräsentative Demokratie steht selbstverständlich nicht zu Disposition, sie soll aber um mehr direktdemokratische Elemente ergänzt werden. Das ist kein Widerspruch, und das wird auch nicht der Untergang des Abendlandes sein.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung.

Ich lasse zunächst über den Änderungsantrag der Fraktion der FDP in der Drucksache 18/544 abstimmen. Wer zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Das ist die Fraktion der FDP. Wer

(Präsident Klaus Schlie)

ist dagegen? - Das sind die Fraktionen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, die Abgeordneten des SSW sowie die Fraktionen von CDU und PIRATEN, wenn ich das richtig interpretiere.

(Zuruf SPD: Ja!)

Enthaltungen sehe ich nicht. Damit ist der Änderungsantrag in der Drucksache 18/544 mit den Stimmen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, den Abgeordneten des SSW sowie der Fraktionen von CDU und PIRATEN gegen die Stimmen der Fraktion der FDP abgelehnt.

Ich lasse jetzt über den Gesetzentwurf der Fraktionen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abgeordneten des SSW -

(Hans-Jörn Arp [CDU] spricht mit seinem Nachbarn - Unruhe)

- Ich würde das gern weiterführen, Herr Abgeordneter.

(Hans-Jörn Arp [CDU]: Ja, ich höre gern zu!)

Ich lasse jetzt über den Gesetzentwurf der Fraktionen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abgeordneten des SSW in der Drucksache 18/310 in der vom Ausschuss empfohlenen Fassung abstimmen. Wer zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Da sind die Fraktionen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, die Abgeordneten des SSW und die Fraktion der PIRATEN. Wer ist dagegen? - Das sind die Fraktionen von CDU und FDP. Damit ist der Gesetzentwurf in der Drucksache 18/310 mit den Stimmen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW sowie der Fraktion der PIRATEN gegen die Stimmen der Fraktionen von CDU und FDP in der Fassung der Drucksache 18/501 angenommen.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SSW und PIRATEN)

Ich rufe Tagesordnungspunkt 15 auf:

Demenzplan für Schleswig-Holstein erstellen und umsetzen

Antrag der Fraktionen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abgeordneten des SSW Drucksache 18/491

Versorgung von Demenzerkrankten als Teil einer regional organisierten sozialräumlichen Pflegeinfrastruktur

Änderungsantrag der Fraktionen von CDU und FDP Drucksache 18/552

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall.

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat, wenn ich das richtig nachvollziehe, der Abgeordnete Flemming Meyer vom SSW.

(Zuruf SSW: Genau!)

- Okay, vielen Dank.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist mittlerweile gut ein Jahr her, dass wir unseren letzten Antrag zum Thema Demenz abschließend hier im Landtag diskutiert haben. Eingebracht hatten wir ihn bereits 2011. Doch trotz der erschreckenden Zahlen und Prognosen zu demenziellen Erkrankungen in Schleswig-Holstein gab es in der letzten Wahlperiode keine Mehrheit für den Antrag. Dass wir dies bedauern, versteht sich von selbst; denn nach wie vor sehen wir hier Handlungsbedarf. Natürlich waren CDU und FDP auf diesem Gebiet nicht tatenlos. Aber wir hätten uns angesichts der großen Herausforderung, vor der wir stehen, schon eine deutliche höhere Priorität gewünscht.

(Beifall SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die intensive Auseinandersetzung mit dieser Problematik, die wir nicht nur im Landtag, sondern auf allen Ebenen führen, zeigt, dass wir mit diesem Wunsch nicht allein dastehen.

Worum es hier geht, habe ich schon mehrmals deutlich gesagt: Wir müssen unser Land weit besser für die Herausforderungen, die mit der Zunahme von Demenzerkrankungen einhergehen, rüsten.