Protocol of the Session on February 21, 2013

(Beifall Dr. Ralf Stegner [SPD])

Nun haben wir im Land Gemeinschaftsschulen, die brauchen eine Antwort auf die Frage: Dürfen wir eine Oberstufe einrichten? Ich finde es lustig, dass Sie auf der einen Seite kritisieren, das Ministerium schreibe Briefe auf gar nicht vorhandener gesetzlicher Grundlage, aber auf der anderen Seite kritisieren, wir schafften mit übertriebener Hast eine gesetzliche Grundlage.

Was sollen wir denn in Handewitt und Kellinghusen erzählen? Was macht eigentlich der Kollege Rickers in Kellinghusen, wenn er gefragt wird, ob er für die Einrichtung einer gymnasialen Oberstufe ist? Ich habe ihn in Kellinghusen als Unterstützer einer gymnasialen Oberstufe wahrgenommen.

Herr Wiegard, wie geht es Ihnen, wenn Sie mit Ihrem Bürgermeister in Bargteheide sprechen? Sind Sie für eine Oberstufe an der Dietrich-BonhoefferSchule oder dagegen?

Wie ist das in Lauenburg, Herr Schlie? Sagen Sie: „Jawohl, Lauenburg ist zu Recht die einzige Stadt im Kreis Herzogtum Lauenburg, die keine Oberstufe hat“, oder sagen Sie: „Ach doch, eine Oberstufe in Lauenburg könnte eine vernünftige Sache sein“?

(Zuruf Klaus Schlie [CDU])

In Nortorf gab es Veranstaltungen, in denen sich der Kollege Göttsch für eine zweistufige Oberstufe ausgesprochen hat.

Heute stimmen Sie dagegen und sind empört, dass wir es ermöglichen, Oberstufen an Gemeinschaftsschulen einzurichten.

(Dr. Ralf Stegner [SPD]: So ist das! So ist das wahre Leben! - Beifall SPD)

Weil die Schulentwicklungsplanung eine kommunale Aufgabe - da komme ich zu Herrn Krumbeck und nicht Landesaufgabe ist, ist es ein wenig schlankfüßig zu sagen, das Land solle erst eine fertige Schulentwicklungsplanung aufstellen und dann darüber nachdenken, ob und wo gegebenenfalls neue Oberstufen einzurichten sind. Das ist für die Schülerinnen und Schüler, die heute eine Ansage brauchen: „Was wird nach den Sommerferien aus mir?“, eine absolut unfaire Aussage zu sagen: Wir planen sozusagen bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag, und vielleicht gibt es eines Tages dann neue Oberstufen.

Herr Kubicki, ich bin Ihnen die Zahlen noch schuldig: In Niedersachsen gibt es 88 Gesamtschulen, denen stehen 292 Gymnasien und sage und schreibe 516 Hauptschulen gegenüber. Von einer flächendeckenden Wahlmöglichkeit zwischen G 8 und G 9, wie wir sie in Schleswig-Holstein anstreben, ist Niedersachsen weit entfernt und insofern kein geeigneter Vergleich.

(Vereinzelter Beifall SPD - Wolfgang Ku- bicki [FDP]: Bei Hauptschulen!)

Weil Sie zum wiederholten Male Rheinland-Pfalz ins Feld geführt haben, zum wiederholten Male meine Antwort: Rheinland-Pfalz hat nie bei G 8 oder G 9 mitgemacht, weil Rheinland-Pfalz schon immer G 8,5 hatte. Rheinland-Pfalz hat aber Modellgymnasien zugelassen, die G 8 erproben.

Wir haben in der Anhörung verschiedene Anregungen bekommen. Das betraf die Kooperation von beruflichen Schulen und Gemeinschaftsschulen. Das betraf die Frage der Profilbildung in der Region: Müssen alle Schulen mit den zwei gleichen Profilen anfangen, oder gibt es unterschiedliche? Frau Franzen, da gilt: Ein Habersaat, ein Wort! Ich danke Ihnen, dass Sie mir anlässlich Ihres Geburtstags den schönen Slogan geschenkt haben.

(Beifall Dr. Ralf Stegner [SPD])

Das nehmen wir alles auf. Ich danke nicht nur dafür, sondern stelle auch fest, dass ich heute im Landtag öfter zitiert worden bin als Heinrich Brüning. Auch dafür bedanke ich mich. - Vielen Dank.

(Beifall SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Zu einem weiteren Dreiminutenbeitrag hat Frau Abgeordnete Heike Franzen von der CDU das Wort.

(Vizepräsident Bernd Heinemann)

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Die Relation in Niedersachsen ist nicht schlechter als in Schleswig-Holstein! - Martin Habersaat [SPD]: Schleswig-Holstein hat 137 Gemein- schaftsschulen und 99 Gymnasien! - Wolf- gang Kubicki [FDP]: Und wie viele G-9-An- gebote machen Sie? - Martin Habersaat [SPD]: Wir arbeiten daran!)

- Das Wort hat Frau Abgeordnete Franzen. - Auch von mir noch einmal herzlichen Glückwunsch!

Herzlichen Dank, Herr Präsident! - Herr Habersaat, es ist schön, wenn ich Ihnen an meinem Geburtstag eine Freude machen konnte. Ich muss allerdings doch ein bisschen Wasser in den Wein gießen.

Herr Dr. Stegner, Sie haben deutlich gemacht, Sie würden die Hälfte der demografischen Entwicklung innerhalb des Schulsystems bei den Lehrkräften zurückhalten. Meine Damen und Herren, das ist nicht richtig. Das müssen Sie auch einmal zur Kenntnis nehmen. Sie haben 300 Lehrerplanstellen versprochen. In diesem Jahr bauen Sie 213 ab. Bleiben definitiv noch 87 über. Sie werden in den Jahren 2014 und 2015 noch einmal 100 Lehrerplanstellen mehr abbauen, als die schwarz-gelbe Landesregierung geplant hat.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Das kann man nicht vergleichen, nein? Sie rechnen das an- ders!)

Damit gehen Sie weit über das hinaus, was wir jemals vorgesehen hatten. Bis 2020 werden unter dem Strich sage und schreibe 190 Lehrerplanstellen in Schleswig-Holstein übrig bleiben. Das ist der Stellenabbaupfad, den die Finanzministerin vorgestellt hat. Das ist vielleicht mehr, als wir gesagt haben - das will ich gar nicht in Abrede stellen -, aber es ist deutlich weniger als das, was Sie versprochen haben; das waren nämlich 750 Lehrerplanstellen.

Herr Dr. Stegner, Sie haben gesagt, Sie wollten an den Schulen Freiheit optimieren. Was Sie mit Ihrem Vorschaltgesetz machen, ist, an unseren Schulen Freiheit einzuschränken.

(Beifall CDU und FDP)

Die Schulen haben nicht mehr die pädagogische Freiheit, Unterricht zu organisieren, selber darüber zu entscheiden: Wann können wir wie gemeinsames Lernen, Differenzierung, Binnendifferenzierung oder äußere Differenzierung, so in unserer Schule organisieren, wie wir es für unsere Schule, für unsere Lehrkräfte und für unsere Kinder in der

Schule brauchen? Das unterbinden Sie in Zukunft. Das ist keine Optimierung von Freiheit, sondern Einschränkung von Freiheit.

Frau Abgeordnete, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Stegner?

Wenn ihm das so auf der Seele liegt, dann mal los!

Liebe Frau Kollegin Franzen, wären Sie bereit, zur Kenntnis zu nehmen, dass Sie die Freiheit der Gemeinschaftsschulen dadurch eingeschränkt haben, dass Sie ihnen die Differenzierungsstunden weggenommen haben? Wären Sie darüber hinaus auch bereit, zur Kenntnis zu nehmen, dass wir im Juli 2009 - Union und SPD - vereinbart hatten, dass wir von den nach Schülerrückgang theoretisch wegfallenden Stellen 50 % zur Haushaltskonsolidierung einsetzen und 50 % zur Qualitätsverbesserung einsetzen wollten, und Sie danach gemeinsam mit der FDP beschlossen haben, alle Stellen zu streichen, die nach dem Schülerrückgang theoretisch eingespart werden könnten, demgegenüber die SPD bei der Vereinbarung geblieben ist und mit den Grünen und dem SSW in der Koalitionsvereinbarung verabredet hat - nichts anderes steht drin -

(Zuruf Wolfgang Kubicki [FDP] - Weitere Zurufe)

- Darf ich das in Ruhe zu Ende führen, Herr Präsident? Das wäre nett, sodass das Protokoll -

Würden Sie bitte die Zwischenrufe während der Zwischenfrage unterlassen, weil es sonst für das Protokoll schwer ist, das aufzunehmen!

- Ich lege großen Wert darauf, dass das im Protokoll steht, nämlich dass wir in der Koalition vereinbart haben, dass wir von den theoretisch durch den Schülerrückgang wegfallenden Lehrerstellen 50 % zur Haushaltskonsolidierung einsetzen und 50 % zur Qualitätsverbesserung, beispielsweise für mehr oberstufennahe Gemeinschaftsschulen, beispielsweise für mehr Differenzierungsstunden, beispielsweise für mehr Inklusion und beispielsweise für

(Vizepräsident Bernd Heinemann)

mehr Ganztagsangebote. Wenn Sie, die Sie deutlich mehr Stellen streichen wollten, nämlich die anderen 50 % auch noch, das kritisieren, dann ist das, mit Verlaub gesagt - auch wenn das Ihr Geburtstag ist - nicht besonders glaubwürdig.

(Rainer Wiegard [CDU]: Das ist nicht wahr!)

Herr Dr. Stegner, ich nehme zur Kenntnis, dass Sie offensichtlich Ihre Wahlversprechen hier im Landtag immer noch prognostizieren und propagieren, aber in der Tat etwas anderes machen. Ich rechne es Ihnen gern noch einmal vor.

(Vereinzelter Beifall CDU und FDP)

300 Planstellen wollten Sie zur Verfügung stellen, 213 kürzen Sie in diesem Jahr, macht 87. Im nächsten Jahr kürzen Sie 365. Wir hatten 265 vorgesehen. Das Jahr darauf sind noch einmal 100 on top vorgesehen. Bis 2020 bleiben unterm Strich nicht Ihre versprochenen 750 Planstellen; es bleiben 190. Damit bleiben Sie weit hinter dem zurück, was Sie dem Wähler versprochen haben.

(Beifall CDU und FDP)

Wenn Sie der Union sagen, sie solle auf den Weg zurückkehren, den wir 2007 gegangen sind, dann gilt dies nicht nur für uns, sondern insbesondere für die SPD. Die SPD ist 2007 den Weg mit uns gegangen, Gymnasien und Regionalschulen als die Schulen der Regel und die Gemeinschaftsschulen als Optionsschulen einzurichten. Jetzt sind Sie diejenigen, die den Regionalschulen das Wasser abgraben wollen.

(Zuruf Serpil Midyatli [SPD])

- Da wollten sehr wohl Schülerinnen und Schüler hin, Frau Midyatli. Sie beschneiden die Freiheit der Schulen in Ihren pädagogischen Entscheidungen.

Wenn es darum geht, Oberstufen an Gemeinschaftsschulen einzurichten, sage ich: Frau Erdmann, ich habe nichts gegen zweizügige Oberstufen. Aber die müssen Bestand haben können. Das, was Sie ins Gesetz schreiben, geht unter die Maßgabe einer zweizügigen Oberstufe zurück. Ja, selbstverständlich.

(Beifall CDU und FDP)

Damit beschränken Sie die Vielfalt, die wir in den Oberstufen haben. Wir brauchen in einer Oberstufe eine gewisse Anzahl an Schülerinnen und Schülern, um eine große Bandbreite an Profilen darstellen

zu können. Weit aufgestellte Oberstufen an Gemeinschaftsstufen und immer mehr Oberstufen werden dazu führen, dass die Bandbreite der Profile immer geringer werden wird. Das werfe ich Ihnen an der Stelle vor.

Wenn Sie dann auch noch Herrn Köller aus dem Bildungsausschuss hier anführen und zitieren, dann möchte ich darauf hinweisen, dass er eine sehr prägnante Aussage im Bildungsausschuss gemacht hat. Er hat nämlich gesagt, Sie können in der Sekundarstufe I so viel längeres gemeinsames Lernen einführen, wie Sie wollen. Wenn Sie nicht in die frühkindliche Bildung investieren, wird Ihnen das herzlich wenig nützen. Er hat allerdings auch gesagt, es schadet nicht unbedingt.