Protocol of the Session on February 20, 2013

Nichtsdestotrotz zwingt diese restriktive Vorgabe zur Prioritätensetzung. Unsere Projektanmeldungen können keine Plattform für Wünsch-dir-was-Listen sein; das sage ich ganz ausdrücklich. Chancen für eine Aufnahme in den Bundesverkehrswegeplan haben nur realitätsbezogene Anmeldungen mit einem hohen verkehrs- und regionalwirtschaftlichen Nutzen.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Mir ist bewusst, dass wir, weil es keine Wünschdir-was-Liste ist, nicht alle Erwartungen erfüllen können. Das wird nicht funktionieren.

Aufgrund der Vorgaben des Bundes sowie der verkehrspolitischen Ziele der Regierungskoalition schlage ich vor, für den Verkehrsträger Straße bis auf eine Ausnahme - keine neuen Vorhaben anzumelden, sondern nur die Projekte, die derzeit im vordringlichen Bedarf sind, zu bestätigen.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Wir werden allerdings für vier Straßenbauvorhaben eine Aufstufung vom weiteren Bedarf in den vordringlichen Bedarf vorschlagen. Dazu gehört auch die A 21 zwischen der A 1 und der A 24. Ich sage jedoch ganz ausdrücklich: nicht darüber hinaus; denn wir setzen Prioritäten. Wir sind uns mit Hamburg darin einig, was zukünftige Elbquerungen angeht, hat die A 20 Vorrang vor der A 21. Das ist für manche eine bittere Wahrheit. Aber wir müssen auch ehrlich gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern sein.

(Beifall SPD, CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und SSW)

Deswegen haben wir auch 25 Ortsumgehungen, von denen die Bürgermeister zum Teil gar nicht mehr wussten, dass sie noch im aktuell gültigen Bundesverkehrswegeplan stehen, aus der Liste gestrichen; denn auch hier soll Realismus einkehren, und wir wollen ehrlich mit den Menschen im Hinblick darauf umgehen, was man tatsächlich machen kann.

(Beifall SPD und SSW)

Das einzige Straßenbauprojekt, das wir neu anmelden wollen, ist der Bau einer zusätzlichen Fehmarnsund-Querung, damit im Zuge der geplanten festen Fehmarnbelt-Querung langfristig kein Engpass entsteht. Eigentlich reicht schon ein kurzer

Blick auf Brücke und Verkehrsprognosen: Eine leistungsfähige Fehmarnsund-Querung gehört zu der vom Bund zugesagten Hinterlandanbindung dazu. Alles andere wäre unredlich. Ich habe nicht verstanden - das habe ich hier an anderer Stelle schon gesagt -, warum die Vorgängerregierung dieses Projekt nicht schon damals angemeldet hat, als wir anfingen, über die Fehmarnbelt-Querung zu reden.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und SSW)

Angesichts einiger Debatten möchte ich Folgendes klarstellen: Die A 20 und die Fehmarnbelt-Querung sind zentrale Verkehrsprojekte für Schleswig-Holstein, sind zentrale Verkehrsprojekte der Landesregierung, die entscheidend sind für die wirtschaftliche Entwicklung. Wir werden es nicht zulassen, dass diese Projekte zum Beispiel gegen den NordOstsee-Kanal ausgespielt werden.

(Beifall SPD)

Ebenso deutlich sage ich: Diese Landesregierung zeigt ein klares Bekenntnis zur Schiene. Wir wollen den Schienenverkehr stärken. Die Anmeldevorschläge berücksichtigen mehrere Schienenprojekte für den Personenfern- und Güterverkehr, um auch hier die Achsen, von denen ich gesprochen habe, zu stärken. Dazu gehört die Marschbahn, zweigleisig und elektrifiziert.

(Vereinzelter Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dazu gehört eine verbesserte Anbindung nach Brunsbüttel. Dazu gehört die Elektrifizierung weiterer Strecken. Dazu gehört in Perspektive auch das Projekt der Rendsburger Hochbrücke, die in diesem Jahr 100 Jahre alt und im Jahr 2014 modernisiert sein wird. Hier wollen wir den Fehler, der beim Nord-Ostsee-Kanal passiert ist, vermeiden und rechtzeitig darauf hinweisen: Lieber Bund, schau hin, wir brauchen in absehbarer Zukunft auch hier einen Ersatz.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Wir werden bei der Fehmarnbelt-Anbindung sehr genau darauf schauen, dass wir eine vernünftige Schienenanbindung bekommen, die die Interessen der Bürgerinnen und Bürger stärker bewertet als Kostenargumente. Das ist, glaube ich, ganz wichtig. Das ist die Botschaft vor Ort.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt CDU)

(Minister Reinhard Meyer)

Meine Damen und Herren, obwohl Nahverkehrsprojekte eigentlich nicht in den Bundesverkehrswegeplan gehören, wollen wir die S-Bahn-Projekte S 4 Ost und S 4 West anmelden, da sie eine Wechselwirkung mit dem Güter- und Personenfernverkehr haben werden. Die Anmeldevorschläge für die Wasserstraßen betreffen die notwendigen Maßnahmen für den Nord-Ostsee-Kanal und den Elbe-Lübeck-Kanal.

Meine Damen und Herren, kommen wir, weil es eine verbundene Aussprache ist, zum Nord-OstseeKanal. Ich glaube, ich muss niemandem die Bedeutung des Nord-Ostsee-Kanals für Schleswig-Holstein, für Deutschland und für den internationalen Seeverkehr erläutern. Er ist eine Lebensader für die Ostseeverkehre. Fast 35.000 Schiffe mit 104 Millionen t Ladung haben den Kanal im Jahr 2012 passiert. Das Verkehrsergebnis im Jahre 2012 im Nord-Ostsee-Kanal zeigt deutlich, dass der Kanal trotz aller Probleme noch fest in die Logistikverkehre der Short-Sea-Verkehre zwischen Nord- und Ostsee eingebunden ist.

Sie alle aber wissen auch, meine Damen und Herren, um den katastrophalen Zustand des Nord-Ostsee-Kanals. Wir haben die Wartezeiten eines Reeders vor Brunsbüttel und die damit einhergehenden Verluste einmal hochgerechnet. Bei 60.000 Wartestunden wäre das ein volkswirtschaftlicher Schaden von 200 Millionen € pro Jahr. Ich sehe die Gefahr, dass sich die Ausweichroute um den Skagerrak etablieren wird. Das wäre ein tiefer Einschnitt für den Nord-Ostsee-Kanal, für Schleswig-Holstein und vor allen Dingen für den Hamburger Hafen. Dazu würde das Gefahrenpotenzial bei den Verkehren im jetzt schon kritischen Bereich der Ostsee - Stichwort: Kadetrinne und Schiffssicherheit - zunehmen. Deswegen, Meine Damen und Herren, müssen wir gemeinsam und zusammen mit den Unternehmen in der Schifffahrt dafür sorgen, dass sich mehr tut als sich in den letzten Jahren am Nord-Ostsee-Kanal getan hat.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Der Nord-Ostsee-Kanal braucht die Priorität, die er als nationales Projekt und angesichts seiner wirtschaftlichen Bedeutung hat.

Der Bund muss den Sanierungsstau zügig beseitigen und dafür erhebliche Mittel in die Hand nehmen. Das geht nicht von heute auf morgen. Deswegen haben wir vorgeschlagen - das ist natürlich ein Symbol und wäre ein Bekenntnis der Bundesregierung zum Nord-Ostsee-Kanal -, dass man die näch

sten zwölf Jahre pro Jahr 1 % des Verkehrsetats von Herrn Ramsauer nimmt. Bei einem Investitionsbedarf von 1,2 Milliarden € dauert es immer noch bis zum Jahr 2025, bis wir dann den NordOstsee-Kanal so hätten, wie wir ihn brauchen. Ich würde mich freuen, wenn wir das alle zusammen in Berlin gemeinsam vorbringen würden.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SSW)

Ich freue mich, dass es Bürgerinitiativen und Initiativen aus der Wirtschaft gibt - wie die Kiel-CanalInitiative, die sich auch im Wirtschaftsausschuss präsentiert hat -, die mit uns gemeinsam für den Nord-Ostsee-Kanal kämpfen. Wir sollten alle zusammen die Nationale Maritime Konferenz am 8. und 9. April 2013, wenn die Bundeskanzlerin nach Kiel kommt, nutzen, um für dieses Thema einzutreten. In jeder Rede eines Politikers, eines Fachmanns aus Schleswig-Holstein, sollten immer wieder die Wörter „Nord-Ostsee-Kanal“ und „Infrastrukturausbau“ auftauchen.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Meine Damen und Herren, nicht alles, was nötig ist, steht im Bundesverkehrswegeplan. Natürlich sollen zum Beispiel auch weitere Teile der B 5 ertüchtigt und die Westküste gestärkt werden. Natürlich soll zum Beispiel auch die S 21 ausgebaut und der ÖPNV in Richtung Hamburg gestärkt werden.

Der Bundesverkehrswegeplan ist nur ein Finanzierungsweg für Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur. Die Inhalte, meine Damen und Herren, prägen wir. Wir wollen die steigenden Verkehre bewältigen und Engpässe mindern, die wirtschaftliche Entwicklung in Schleswig-Holstein voranbringen und Wachstumsachsen stärken. Wir sind mehr als ein Transitland, eine Durchgangsstraße. Wir wollen die Wertschöpfung rund um den Nord-Ostsee-Kanal festigen und ausbauen. Wir wollen die Wachstumsregion Hamburg/Schleswig-Holstein zusammen mit Skandinavien stärken. Wir wollen die Verlagerung auf umweltfreundlichere Verkehre voranbringen. Wir wollen die Landesteile besser miteinander verbinden und so auch den strukturschwachen Regionen Wachstumsperspektiven erschließen. Wir wollen - ganz wichtig - die großen Verkehrsprojekte für Norddeutschland gemeinsam mit unseren Partnern in Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Bremen voranbringen.

Ich bitte Sie, unsere Anmeldevorschläge auch über Fraktionsgrenzen hinweg mitzutragen. Es wäre ein

(Minister Reinhard Meyer)

starkes Signal in Richtung Berlin, wenn unsere Anmeldungen auf einer breiten parlamentarischen Mehrheit basieren könnten. Es würde die Erfolgschancen, dass die Anmeldungen auch Eingang in den neuen Bundesverkehrswegeplan finden, deutlich erhöhen. Für ein starkes und mobiles Schleswig-Holstein! - Vielen Dank.

(Anhaltender Beifall SPD, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN und SSW)

Meine Damen und Herren, die Landesregierung hat die vereinbarte Redezeit um 3 Minuten überschritten. Diese Zeit steht nun auch allen anderen Fraktionen zur Verfügung.

Mein Vorschlag zur Worterteilung: Ich erteile zuerst das Wort der Fraktion der SPD als erstgenannter Fraktion zu dem Antrag zu Teil b) der Beratung und dann den Fraktionen nach ihrer Stärke.

(Dr. Ralf Stegner [SPD]: Wir lassen den Op- positionsführer vor!)

- Wenn das so gewollt ist, dann hat der Oppositionsführer, der Fraktionsvorsitzende der CDU, der Herr Abgeordnete Callsen, das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Minister, herzlichen Dank für diese Regierungserklärung, die ihren Ursprung darin hat, dass wir, die CDU, im Herbst 2012 die Landesregierung gebeten hatten, zu berichten, welche Anmeldungen für den Bundesverkehrswegeplan vorgenommen werden sollen. Dafür herzlichen Dank!

Leider aber ist diese Regierungserklärung in weiten Teilen, gerade im ersten Teil, kaum über philosophische Betrachtungen zur Mobilität hinausgekommen. Was Ihre konkreten Aussagen angeht, so sage ich Ihnen - das meine ich auch sehr ehrlich -: Herr Minster, wir sind froh, keine Frage, dass Sie alle wesentlichen Großprojekte Schleswig-Holsteins in den Bundesverkehrswegeplan aufnehmen lassen wollen beziehungsweise anmelden inklusive der Erweiterung der Fehmarnsund-Brücke. Das wird Teil Ihrer Pflichtaufgabe sein, Teil Ihrer Verantwortung für dieses Land. Aber es ist eben nur der erste Schritt. Denn ob Sie die Planung dieser Projekte ab 2015 mit derselben Begeisterung umsetzen werden, die sie hier an den Tag gelegt haben, darf angesichts Ihrer Koalitionspartner stark angezweifelt werden.

Herr Minister, ich gehe auf das konkrete Beispiel A 20 ein. SPD und SSW kündigen an, die A 20 bis einschließlich der Elbquerung fertig zu planen, obwohl Ihr grüner Koalitionspartner keine Autobahn an der Westküste will und sich die Grünen gerade in den letzten Tagen wieder gegen große Verkehrsprojekte warmlaufen. Das wird mit der Aussicht auf die Wahl 2017 glattzubügeln versucht.

(Beifall Jens-Christian Magnussen [CDU])

Anstatt aber jetzt bei der schriftlichen Anmeldung ein klares Bekenntnis abzugeben, wird bei der A 20 offenbar wieder eine Hintertür eingefügt. Dort heißt es: Gebaut wird an der Westküste im Einvernehmen mit Niedersachsen. - Ich frage Sie: Wen wollen Sie damit eigentlich für dumm verkaufen? Die Menschen an der Westküste werden Ihnen das nicht glauben.

(Beifall CDU und FDP)

Denn es ist nicht mehr als der billige Versuch, Ihre Optionsmöglichkeiten zu erweitern, die A 20 von Bad Bramstedt nach Glücksstadt politisch zu beerdigen. Damit hätten sich die Bedenkenträger und Berufsnörgler offensichtlich durchgesetzt, und die A 20 würde an der A 7 enden. Es würde für Sie das Motto gelten: Rot-Grün-Blau bringt Dauerstau.

(Beifall CDU und FDP)

Sie verlassen damit die Ahrensburger Liste und bekommen jetzt auch noch Unterstützung aus Niedersachsen.

(Peter Eichstädt [SPD]: Büttenrede!)