Protocol of the Session on December 14, 2012

(Zuruf SPD: Die Ministerin ist anwesend!)

Herr Abgeordneter Vogt, ich gehe davon aus, dass die Kolleginnen und Kollegen der Landesregierung sehr wichtige Gesprächstermine haben.

(Christopher Vogt [FDP]: Ich glaube, die machen Ferien!)

Um zum Schluss zu kommen: Es ist auch eine Frage der Haltung zu diesem Thema.

(Christopher Vogt [FDP]: Ja, genau!)

Unser Alltag in Schleswig-Holstein ist undenkbar ohne die Erfolge der bisherigen europäischen Zusammenarbeit: offene Grenzen, offener Arbeitsmarkt, gemeinsame Währung. Es muss Schluss damit sein, dass Europa in Politik, in Wirtschaft, in der Gesellschaft für alle unbequemen Dinge die Schuld bekommt,

(Minister Andreas Breitner betritt den Sit- zungssaal - Christopher Vogt [FDP]: Jetzt kommen sie langsam! - Zuruf SPD: So etwas hilft immer!)

und auch mit dem, was in der Vergangenheit oft geschehen ist, dass sich dann, wenn es darum geht, Europa zu verteidigen, alle in die Büsche schlagen.

Eine Krise, wie sie Europa zurzeit erlebt, muss benannt, beherrscht und gelöst werden. Sie kann letztlich nur so als ein Beschleuniger des europäischen Bewusstseins wirken.

(Bernd Voß)

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Bevor wir die Beratung fortsetzen, gestatten Sie mir eine geschäftsleitende Bemerkung. Unmittelbar nach diesem Tagesordnungspunkt werde ich den Tagesordnungspunkt 11 aufrufen, der als gesetzter Punkt die Fünfprozentsperrklausel zum Inhalt hat. Bitte stellen Sie Ihre Zeitökonomie darauf ein, dass Sie nicht um 14 Uhr auf diesen Punkt warten. Dieser Punkt kommt, weil wir durchtagen, unmittelbar nach diesem Tagesordnungspunkt an die Reihe.

Wir fahren nun in den Beratungen fort. Für die FDP-Fraktion spricht jetzt die Frau Abgeordnete Anita Klahn.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Vielen Dank, lieber Kollege Vogt, dass Sie dafür gesorgt haben, dass sich die Regierungsbank erheblich füllt.

(Zuruf Minister Andreas Breitner)

Meine Damen und Herren! Die EU führt im kommenden Jahr eine Informationskampagne zum Europäischen Jahr für Bürgerinnen und Bürger durch. Ziele sind die Aufklärung der Bürgerinnen und Bürger über ihre Rechte und Möglichkeiten im Rahmen der EU-Bürgerschaft, insbesondere über ihr Recht auf freie Wahl des Arbeits- und Aufenthaltsortes innerhalb der Europäischen Union, die Anregung einer Debatte über Hindernisse, die den Bürgern die Ausübung ihrer Rechte erschweren, und die Erarbeitung konkreter Vorschläge für die Beseitigung dieser Hindernisse, ferner die Ermutigung der Bürgerinnen und Bürger zur Teilnahme an Bürgerforen über die EU-Politik.

Die Zielsetzungen des Programms sind damit breiter und konkreter angelegt, als es aus dem nun gemeinsam formulierten Antrag hervorgeht. Gerade in Schleswig-Holstein gibt es Anlass, dies aufzugreifen. Man denke nur an die Hindernisse, die wir haben, wenn Bürger aus Spanien oder aus anderen europäischen Ländern bei der Ausübung von Tätigkeiten in den Pflegeberufen mit Schwierigkeiten umgehen mussten. Ebenso ist es - das ist eben ausgeführt worden - bei der Anerkennung ausländischer Abschlüsse. Auch dies müssen wir weiter vorantreiben.

Die FDP-Fraktion erwartet von der Landesregierung Aktivitäten und Konzepte, durch die dem

hiervon betroffenen Personenkreis eine konkrete Unterstützung zukommt. Es ist richtig und von der EU-Kommission vorgesehen, zivilgesellschaftliche Organisationen in die geplanten Aktivitäten einzubeziehen. Neben der Europa-Union, die hier sicher der naheliegendste Ansprechpartner ist, sollte die Landesregierung auch auf weitere Verbände und Organisationen zugehen, um mit ihnen die Möglichkeiten einer Beteiligung bei dieser Informationskampagne auszuloten. Die FDP-Fraktion fordert die Landesregierung dazu auf, dem Europaausschuss hierzu ein Handlungskonzept vorzulegen.

Meine Damen und Herren, um verstärkt auch jüngere Menschen anzusprechen, ist die Einbeziehung der 32 schleswig-holsteinischen Europaschulen ein richtiger Ansatz. Allerdings wird damit nur ein kleiner Teil der Schülerschaft des Landes in circa 850 öffentlichen Schulen angesprochen. Für eine größere Breitenwirkung ist daher ein umfassender Ansatz erforderlich. Es bietet sich im Hinblick auf die Ziele des Programms an, vor allem auch die Einbeziehung aller berufsbildenden Schulen des Landes anzustreben.

Zum Thema Europaschulen noch eine wichtige Anmerkung: Durch die im Haushaltsentwurf 2013 veranschlagte Halbierung der sogenannten Kompensationsmittel im Etat des Bildungsministeriums wird die akute Frage aufgeworfen, wie es generell mit der Unterstützung der 32 Europaschulen weitergeht. Bislang wurden die Europaschulen aus diesem Haushaltstopf unterstützt.

Die FDP-Fraktion stellt daher im Rahmen ihrer Änderungsanträge zum Haushalt 2013 den Antrag, im Bildungsetat eine neue Haushaltsstelle zur Förderung der Arbeit der Europaschulen einzurichten. Wir erwarten von der Landesregierung, dass sie darüber hinaus aus dem reduzierten Haushaltsansatz der Kompensationsmittel weitere Gelder für die Europaschulen zur Verfügung stellt, die dann unter anderem gezielt für die Maßnahmen im Rahmen des Europäischen Jahres für Bürgerinnen und Bürger eingesetzt werden sollten.

(Beifall FDP)

Wir freuen uns auch darüber, dass Ministerin Wende bereits ausgeführt hat, auch eine Europa-Universität unterstützen zu wollen. Die Kolleginnen und Kollegen der FDP aus Flensburg und die Kollegen des SSW haben dies schon seit Jahren gefordert und vorgeschlagen.

(Lars Harms [SSW]: Genau!)

(Bernd Voß)

Auch sie sehen die Wichtigkeit der Unterstützung. Darüber, wer wo wie stark vertreten ist, können wir nachher noch draußen reden. Auf jeden Fall wird das von den Flensburger Kollegen vorangetrieben. Sie wünschen sich die Unterstützung durch das Ministerium.

(Unruhe)

Allerdings denken wir, dass das Konzept von der Universität selbst ausgearbeitet werden sollte.

(Beifall FDP - Anhaltende Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Meine Damen und Herren Abgeordneten, wenn wir unser Programm heute noch schaffen wollen, dann empfehle ich Ihnen, nicht immer wieder neue Debatten einzuflechten, sondern immer schön der Rednerin oder dem Redner zuzuhören, jetzt zum Beispiel dem Herrn Abgeordneten Uli König von der Fraktion der PIRATEN.

(Beifall - Anhaltende Unruhe)

Wenn die Herren zum Schluss kommen, kann ich anfangen.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Präsident! Dieser Antrag zielt darauf ab, den Bürgern die konkreten Vorteile der Europäischen Union näherzubringen und sie zu erkennen. Der Kollege Voß hat gerade schon sehr viel davon erklärt, sodass ich das jetzt nicht wiederholen muss. Es geht unter anderem auch darum, den Binnenmarkt zu stärken. Wir können den Bürgerinnen und Bürgern zum Beispiel näherbringen, dass sie die Vorteile des Binnenmarktes zum Beispiel dann haben, wenn sie Computerspiele in England kaufen, wo eine deutlich geringere Schwelle für den Jugendschutz gilt, oder wenn sie sich in Österreich anonyme Kreditkarten kaufen

(Beifall PIRTEN)

oder wenn sie bei der Einfuhr von chemischen Kampfmitteln, zum Beispiel in Schweden, auf nicht sehr große Schwierigkeiten stoßen. Der Surströmming zum Beispiel hat eine ähnliche Wirkung wie diverse andere Kampfstoffe.

Ich komme nun zum ernsten Teil. Die EU braucht mehr Bürgernähe. Wir brauchen weniger EUKommission und mehr Parlament. Wir brauchen

weniger Vorratsdatenspeicherung und mehr Bürgerbeteiligung.

(Beifall PIRATEN)

Wir brauchen weniger Populismus und mehr transparente Berichterstattungen. Dennoch ist der Antrag gut, und deshalb unterstützen wir ihn.

(Beifall PIRATEN)

Für die Abgeordneten des SSW hat jetzt die Frau Abgeordnete Jette Waldinger-Thiering das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Europäische Kommission läutet für das Jahr 2013 das Jahr der Bürgerinnen und Bürger ein. Die Kommission wird sich intensiv mit der Aufklärung von Bürgerinnen und Bürgern über die EU beschäftigen. Dies gilt besonders in Bezug auf die Rechte und Chancen der EU-Bürgerschaft. Denn immer öfter stellten sich viele Bürger in ganz Europa die Frage: Was bringt die EU?

48 % der EU-Bürger haben das Gefühl, nicht gut genug über ihre Rechte Bescheid zu wissen. Fakt ist: Wenn die Europäer ihre Rechte nicht kennen, dann können sie sie auch nicht wahrnehmen. Das Europäische Jahr der Bürgerinnen und Bürger soll dazu beitragen, dieses Defizit zu beheben.

Ein besonders schöner Auftakt für das anstehende Europäische Jahr der Bürgerinnen und Bürger ist die Friedensnobelpreisauszeichnung der EU, die am Montag offiziell in Oslo überreicht wurde. Denn sie gilt auch den Bürgerinnen und Bürgern in der Union, die immerhin 7 % der Weltbevölkerung ausmachen. Ohne sie gäbe es keine EU und somit auch keinen Friedensnobelpreis.

Auch wir in Schleswig-Holstein wollen das Europäische Jahr der Bürgerinnen und Bürger mittragen. Wir werden europapolitische Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit für Schleswig-Holsteinerinnen und Schleswig-Holsteiner unterstützen. Die Arbeit der EU muss verständlicher vermittelt werden. Damit sich zukünftig mehr Bürger bewusst und aktiv mit dem Thema Europa beschäftigen können und das auch wollen. Wir alle brauchen die Partizipation der Bürgerinnen und Bürger. Denn informierte Bürger festigen die Demokratie.

Die EU muss wieder einen Platz im Leben der Bürgerinnen und Bürger haben, einen Platz, der auf Toleranz sowie auf Verständnis für die vielfältigen

(Anita Klahn)

Kulturen und Lebensstile basiert, ebenso wie auf dem Bewusstsein für die gemeinsame Verantwortung. Vielfalt gehört für uns im Norden dazu. Mit der Aufnahme der Sinti und Roma in die Landesverfassung haben wir uns zu dieser Vielfalt auch rechtlich bekannt.

(Beifall SSW, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und PIRATEN)

Wir vom SSW möchten, dass Schleswig-Holstein minderheiten- und kulturpolitisch auf europäischer Ebene wieder ganz vorne mitmischt. Die Debatten und Aktivitäten in den nächsten zwölf Monaten sollen dies unterstützen. Vereine, Schulen und Kommunen werden aktiv daran arbeiten, den Bürgerinnen und Bürgern auch hier im Land Europa und die EU sowie die kulturelle Vielfalt näherzubringen.