Protocol of the Session on February 22, 2017

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Sondern?)

sondern es gab ein ausführliches Konsultationsverfahren sowohl mit den anderen Ländern als auch mit dem Innenministerium, in dem immer wieder darauf hingewiesen wurde: Wir warten doch einmal die MPK ab. - Dann haben wir darauf gedrungen, dass das in der MPK Thema wird. Das ist es nicht geworden. Am Dienstag danach war es im Kabinett, weil wir in der Gemeinschaft nicht durchdringen konnten. Das ist ein völlig normaler Ablauf, und das hat nun wirklich nichts mit Wahlkampf zu tun. Das ist absurd.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Meine Damen und Herren, ich bleibe dabei: Wir brauchen Abschiebung, wenn Bleiberecht nicht geht, was deutlich ausgeweitet werden muss, wenn freiwillige Rückkehr nicht geht, was glücklicherweise auch vom Bund weiter unterstützt wird. Wir lehnen Abschiebungen nach Afghanistan ab, weil dieses Land nicht sicher ist und auch durch unsere Beteiligung nicht sicherer geworden ist. Deshalb, meine Damen und Herren, unterstützen wir die Landesregierung in ihrem Kurs. - Vielen Dank.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

Für die FDP-Fraktion erhält der Fraktionsvorsitzende Wolfgang Kubicki das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin immer wieder begeistert, mit welcher moralischen Impertinenz all diejenigen, die anderer Auffassung sind als die Küstenkoalition

(Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Fakten!)

- ich komme gleich dazu - als inhuman, unmenschlich und als Menschenverachter dargestellt werden. Das trifft nicht zu. Bevor ich zu meiner eigentlichen

Rede komme, will ich Folgendes festhalten: Wir müssen mit einigen Fake News aufräumen, die hier dauernd transportiert werden.

Erstens: Diejenigen, die ausreisepflichtig sind, sind keine Flüchtlinge. Wären sie Flüchtlinge, hätten sie ein Bleiberecht. So weit, so gut, Herr Peters. Wären sie anerkannte Flüchtlinge, hätten sie ein Bleiberecht und würden nicht abgeschoben.

Die zweiten Fake News trägt Kollege Harms immer vor sich her. Wir schieben keine Menschen in den Tod ab. Kollege Harms, es ist verboten, Menschen in den Tod abzuschieben. Das wäre rechtlich gar nicht zulässig. Die Insinuation, die Bundesregierung des Rechtsstaates Bundesrepublik Deutschland sei bereit, Menschen in den Tod abzuschieben, finde ich ziemlich anmaßend, um es vorsichtig zu formulieren. Wenn das aber richtig wäre, müsste die Frage beantwortet werden, warum denn diese Küstenkoalition Gefährder - das ist ja noch gar kein feststehender Rechtsbegriff, sondern eine polizeiliche Definition - und auch Straftäter in den Tod schicken will. Denn für die gilt in gleicher Weise Artikel 1 des Grundgesetzes. Das ist nicht an die Taten gebunden. Wer sagt: „Wir schieben keine Menschen in den Tod ab, aber Gefährder und Straftäter schon“, der dekuvriert seine Humanität, wie es schlimmer nicht geht.

(Beifall FDP und CDU)

Herr Abgeordneter Kubicki, gestatten Sie eine Bemerkung des Herrn Abgeordneten Harms?

Weil Sie meine grundsätzliche Haltung und die des SSW ansprechen, dass wir Menschen nicht in den Tod schicken, möchte ich Sie nur darauf hinweisen, dass Herr de Maizière da sehr wohl einen Unterschied macht. Er sagt nämlich: Diejenigen, die direkt von den Taliban verfolgt werden, sind zu schützen. Diejenigen, die als Kollateralschaden umkommen, weil irgendwo eine Bombe hochgeht und sie zufälligerweise an der Stelle stehen, sind nicht schützenswert. - So hat er sich gestern geäußert. Deswegen, glaube ich, ist es dringend notwendig, dass man ganz deutlich macht, dass man Leute nicht in den Tod schickt. Ich finde, das ist eine politische Aussage, die in

dieser Republik unheimlich wichtig ist, und an dieser werde ich niemals in irgendeiner Weise etwas ändern.

(Beifall SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

- Herr Kollege Harms, ich brauche Herrn de Maizière nicht zu verteidigen, er gehört meiner Partei nicht an und kann sich im Zweifel selbst verteidigen. Aber die Unterscheidung, ob jemand verfolgt wird oder Opfer einer Straftat wird, ist nicht nur rechtlich, sondern auch menschlich zulässig. Auch in Deutschland und in Frankreich kann jeder Opfer einer Straftat oder eines terroristischen Aktes werden. Das allein rechtfertigt aber noch nicht die rechtliche Einordnung als Flüchtling. Das ist nichts anderes als das - jedenfalls habe ich es so verstanden -, was Herr de Maizière gesagt hat. Wenn Sie das anders interpretieren, ist das Ihre Sache; meine ist es jedenfalls nicht.

(Beifall FDP)

Herr Abgeordneter Kubicki, gestatten Sie eine weitere Bemerkung des Herrn Abgeordneten Harms?

Ich weise nur auf den Unterschied hin, dass beispielsweise Frankreich eben nicht flächendeckend von den Taliban bedroht ist und es in Afghanistan völlig anders aussieht.

- Da Sie sich in Afghanistan besser auskennen als ich,

(Lars Harms [SSW]: Dann ist das ein Unter- schied!)

muss ich das einmal so hinnehmen. Ich weiß nicht, ob Sie schon einmal da waren. Ich bin ja bereit, dort hinzufahren. Wenn der Ministerpräsident, der mir das angeboten hat, das bezahlt, mache ich das sofort. Es wäre vielleicht auch für den Wahlkampf ganz günstig, wenn Sie das Gefühl haben, ich käme nicht wieder.

(Heiterkeit FDP und CDU - Sandra Redmann [SPD]: Das ist nicht witzig!)

Dass dort Millionen Menschen leben und dass Tausende von Afghanen freiwillig zurückkehren, trägt jedenfalls in sich selbst die Vermutung, dass es so schlimm, wie Sie es behaupten, nicht sein kann. Ich

(Wolfgang Kubicki)

kann mir nicht vorstellen, dass mehrere tausend Menschen freiwillig in den Tod marschieren.

(Beifall FDP und vereinzelt CDU)

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine weitere Bemerkung des Herrn Abgeordneten Harms?

Jetzt werde ich langsam ein bisschen sauer. Ich weise darauf hin, dass es zwischen 1933 und 1945 auch in diesem Land Menschen gab, die hier gelebt haben, und trotzdem gab es hier Mord, Totschlag und Verfolgung.

- Ich finde es immer sehr unvernünftig, wenn man solche Analogien heranzieht. Ich will mich dazu nicht weiter äußern, weil ich es dermaßen unangemessen finde, diesen Vergleich heranzuziehen, dass mir dafür einfach die Worte fehlen.

(Beifall FDP und CDU)

Das zeigt tatsächlich die moralische Impertinenz, mit der Sie an diese Debatte herangehen. Anstatt sich einmal sachlich mit bestimmten Argumenten auseinanderzusetzen, kommt diese Analogie schlicht und ergreifend auf den Tisch.

(Zuruf Burkhard Peters [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Sie sind „der gute Mensch aus Nordfriesland“, und wir sind die ganzen bösen Menschen drum herum, die Menschen in den Tod schicken wollen.

(Zuruf: Genau! - Zuruf Martin Habersaat [SPD])

Mein Gott! Auf was für einer Diskussionsebene bewegen Sie sich eigentlich? Herr Harms, wenn Sie noch einmal ernst genommen werden wollen - auch in Schleswig-Holstein -, dann kommen Sie auf den sachlichen Punkt der Diskussion zurück. Ich will mich bemühen, darauf dann gleich einzugehen.

Herr Abgeordneter Kubicki, gestatten Sie eine Bemerkung der Frau Abgeordneten von Kalben?

Selbstverständlich.

Dann möchte ich gern eine sachliche Nachfrage stellen und damit vielleicht deutlich machen: Ich habe auch nicht verstanden, wo moralisch unser Ansatz war. Aber sachlich: Sie haben in Ihrer Rede deutlich gemacht, dass wir Straftäter abschieben, und wir schieben im Rahmen des Dublin-Verfahrens zum Beispiel Menschen über Bulgarien nach Afghanistan ab - was ein großes Problem ist. Mich interessiert Ihre Meinung zu diesem Zwei-Klassen-System. Wir haben ja überall, in allen möglichen Bereichen die Situation, dass wir Straftäter abschieben. Sollen wir das ändern, sollen wir Straftäter zukünftig in Deutschland behalten? Dann kann man das diskutieren. Ich verstehe nicht, wieso Sie das nur an Afghanistan festmachen. Sind Sie der Meinung, dass man das ändern sollte?

- Frau von Kalben, da ich der Auffassung bin, dass man Afghanen abschieben sollte, stellt sich diese Frage für mich überhaupt nicht. Sie sind es doch, die sagen, Sie differenzieren zwischen Menschen, die nicht straffällig geworden sind, und Menschen, die Gefährder sein können - was auch immer das heißt. Das sind Menschen, die in Verdacht stehen oder bei denen die Vermutung begründet ist, sie könnten vielleicht einmal Taten begehen. Dass die Grünen nun sagen: „Gefährder schieben wir ab“, wundert mich total, weil wir ja einmal eine Debatte darüber geführt haben, was dieser Begriff Gefährder eigentlich ist: Ist er justiziabel, ja oder nein? Dass Sie da aber differenzieren und sagen: „Menschen, die straffällig geworden sind, und Gefährder schieben wir in den Tod - möglicherweise - ab, bei den anderen lassen wir das nicht zu“, ist verfassungsrechtlich nicht akzeptabel.

(Beifall FDP und vereinzelt CDU)

Menschenwürde hat nichts mit der Frage zu tun, ob man straffällig geworden ist.

Herr Abgeordneter Kubicki, gestatten Sie eine weitere Bemerkung der Frau Abgeordneten von Kalben?

Sie haben Ihre Rede mit einem Fak

(Wolfgang Kubicki)