Protocol of the Session on December 13, 2012

Mit all diesen Themen haben sich in den letzten Jahren auch die Ostseeparlamentarierkonferenz und das Parlamentsforum Südliche Ostsee beschäftigt. Auch die aktuellen Resolutionen fordern die Umsetzung und Weiterentwicklung der integrierten Meerespolitik. Schleswig-Holstein hat also ganz konkrete Interessen am blauen Wachstum in der Ostseeregion, aber auch an der Nordsee. Die Stichworte lauten hier Energieversorgung durch Offshore-Windkraft und natürlich der Nationalpark Wattenmeer.

Lassen Sie mich sehr deutlich sagen, dass sich neben den essenziellen wirtschaftlichen Aspekten die Ostsee- und Nordseeregion auch kulturell und gesellschaftlich weiterentwickeln müssen. Das war auch immer Ausgangspunkt der 2003/2004 auf den Weg gebrachten Initiative „Zukunft Meer“. Das ist auch Anliegen der europäischen integrierten Meerespolitik. Wirtschaftliche Entwicklung ohne gesellschaftliche Basis ist ein Mittel ohne Zweck.

(Beifall SPD, vereinzelt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Wir sollten die Ostseeparlamentarierkonferenz und das Parlamentsforum Südliche Ostsee weiter stärken, damit sie ihre Schlüsselrolle bei der Vernetzung im Ostseeraum fortführen. Parallel dazu werden wir uns auch für eine Nordseestrategie starkmachen. In beiden Regionen leben Menschen, die sich mit der Geschichte und Kultur ihrer Region identifizieren. Aber beide Regionen sind auch mehr als ein gemeinsamer Wirtschaftsraum. Sie sind gemeinsame Lebensräume, die Chancen für unseren Arbeitsmarkt bieten. Auch das ist Blue Growth.

Klar, dass wir uns hier engagieren und unser Land wieder zum Motor und Ideengeber machen. Die Zielrichtung Ihres Antrags zum blauen Wachstum

finden wir richtig. Wir haben sie mit unserem Antrag etwas mutiger und moderner gemacht. Wir bitten deshalb heute dazu um Ihre Zustimmung. Was die Umsetzung der Resolutionen aus der Ostseeparlamentarierkonferenz und aus dem Parlamentsforum Südliche Ostsee angeht, ist es gute Tradition hier im Haus, dass wir die Landesregierung gemeinsam auffordern, diese Resolutionen in Schleswig-Holstein umzusetzen. Wir freuen uns, dass zumindest darüber weiter Konsens besteht. - Vielen Dank.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, PIRATEN und SSW)

Das Wort für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat Herr Abgeordneter Bernd Voß.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Erst einmal ein herzliches Dankeschön an Frau Damerow dafür, dass sie diesen Punkt blaues Wachstum in den Landtag eingebracht hat. Ich denke, Sie brauchen dann auch nicht mucksch zu sein, dass Sie mit Ihrer Regierungspolitik der letzten Jahre zu viel ignoriert worden seien.

Die schleswig-holsteinische Landespolitik ist seit zehn Jahren - mit kleinen Stolpersteinen - Motor einer europäischen Meerespolitik. Der integrierte Ansatz heißt, sowohl den Schutz der Meere zu sichern und ihre Qualität zu verbessern, als auch blaues Wirtschaftswachstum zu ermöglichen.

Die EU-Kommission hat im September die Mitteilung „Blaues Wachstum - Chancen für nachhaltiges marines und maritimes Wachstum“ vorgelegt. Sie legt in dieser Mitteilung ein klares Gewicht auf die klassischen ökonomischen Bereiche der Meerespolitik. Es sollen insbesondere fünf Schwerpunkte betrachtet werden: nachhaltiger Meeres-, Küsten- und Kreuzfahrttourismus, blaue Energie, Meeresbodenschätze, Aquakultur und maritime Biotechnologie so weit die Schlagworte. Wir müssen bei all diesen Punkten die integrierten Entwicklungsziele zusammendenken.

Ich nenne einige Beispiele. Das erste Beispiel: Der NABU hat am 9. Dezember 2012, also vor einigen Tagen, wieder eine Kampagne gegen Luftverschmutzung durch die Kreuzfahrtschiffe gestartet: „All-Inclusive heißt bei uns: Rußpartikel, Stickoxide und Schweröl sind im Preis inbegriffen!“ Danach stößt ein Kreuzfahrer so viele Schadstoffe aus

(Regina Poersch)

wie fünf Millionen moderne Pkw auf der gleichen Strecke.

Für einige hört sich das wieder einmal nach Spielverderber für blaues Wirtschaftswachstum an. Ich denke, genau das Gegenteil ist hier bei uns in Schleswig-Holstein der Fall. Die Lösungen werden in den maritimen Unternehmen bei uns entwickelt. Ich denke da an die Lösungen für saubere Schiffstreibstoffe wie LNG, Katalysatortechnik für Abgasminderung, an Windantriebe wie SkySails oder den Flettner-Rotor, um nur einige zukunftsfähige Beispiele zu nennen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, ver- einzelt SPD und SSW)

Ein weiteres Beispiel: Das abgeschwächte Wachstum durch die lange noch nicht überwundene Wirtschafts- und Finanzkrise führt zu einem Rückgang bei den Schiffstransporten und zu sinkenden Frachtraten. Die Offshore-Windenergie wird sich über kurz oder lang zu einer der wichtigsten Wachstumsbranchen hier im Land entwickeln. Der Aufbau der Offshore-Windparks ist keine Arbeit für zwei oder drei Jahre, sie ist ein Geschäftsfeld für die Küsten für die nächsten 30 oder 40 Jahre und auch für viele Unternehmen im Binnenland.

Zusammengefasst: Die Zukunft der maritimen Verbundwirtschaft hat für die wirtschaftliche Entwicklung von Schleswig-Holstein eine große, eine entscheidende Bedeutung. Es geht dabei um die maritime Forschungslandschaft mit dem GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung. Sie sind alle spitze. Es geht um die Häfen, den Nord-OstseeKanal, die Reedereien, die Offshore-Windenergie und natürlich um unsere Werften.

Wir haben in den Beschlüssen der Parlamentarierkonferenzen des Ostseeraums wieder sehr konzentriert die verbindenden Lösungen für eine integrierte Meerespolitik, für blaues und für grünes Wachstum hervorgehoben. Deutlich werden in den gemeinsamen Beschlüssen auch die gemeinsamen Interessen bei der Lösung der grenzüberschreitenden Arbeitsmarktprobleme, gegenseitige Anerkennung der Ausbildungs- und Berufsabschlüsse, medizinische Zusammenarbeit, die aktive Gestaltung des demografischen Wandels, um nur einige Punkte zu nennen. Gekennzeichnet sind die Beschlüsse aber auch von dem Willen, die Energienetze, die Energiespeicherung und die erneuerbare Energien voranzubringen.

Zugegeben: Bisher ist es manchmal so, dass, wenn ein Vertreter aus dem Baltikum davon redet, die Gefahr der Atomenergie zu beseitigen, das ein

Stück weit etwas anderes heißt als das, was wir damit meinen. Aber zugleich wird auch deutlich, mit welcher Spannung sie unseren Weg zu den erneuerbaren Energien hin begleiten.

Die Entwicklung der erneuerbaren Energien bei uns macht es deutlich: Wir brauchen bei der Entwicklung unserer Energiepolitik in Europa starke nationale Spielräume. Nur so kommen wir mit den Ideen und dem Innovationsgeist der Bürgerinnen und Bürger und der Wirtschaft schnell zu den besten Zukunftslösungen. Erneuerbare-Energien-Politik ist, denke ich - das muss man sich bei den Kämpfen um die Ressourcen, die demnächst weltweit intensiver werden, immer wieder vor Augen halten -, ganz vorn an auch Friedenspolitik.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Wir brauchen eine Integration, die die Regionen in Europa stärkt, die Europa stärkt und die Menschen mitnimmt. Europa ist mehr als die Krise seiner Währung. Es ist die Krise einer äußerst rückständigen europäischen Integration in den entscheidenden Politikfeldern wie Wirtschafts-, Finanz- und Sozialpolitik. Die Vielfalt seiner Regionen und Länder ist der Schatz, aus dem letztlich das gemeinsame Europa erwächst. In der Ostseeparlamentarierkonferenz, im Parlamentsforum Östliche Südsee wird seit Jahren eine wichtige Integrationsarbeit für ein starkes Europa geleistet. Ich denke, das ist der richtige Weg, auf den wir setzen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SSW und vereinzelt SPD)

Wir lassen es bei der südlichen Ostsee,

(Heiterkeit)

aber ich glaube, das ist kurz vor der Mittagspause verständlich.

Das Wort für die FDP-Fraktion hat der Herr Abgeordnete Dr. Ekkehard Klug.

(Zuruf Dr. Ekkehard Klug [FDP]: Nein!)

- Wünscht der Abgeordnete nicht das Wort?

(Zuruf)

- Doch!

(Hans-Jörn Arp [CDU]: Nimm doch die Re- de von eben, die war gut! - Heiterkeit)

(Bernd Voß)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit dem blauen Wachstum ging das immer hin und her. Eigentlich wollte unbedingt Christopher Vogt dazu reden. Aber ich übernehme das zusammen mit dem Thema Ostseeparlamentarierkonferenz.

Der Antrag „Blaues Wachstum“ bezieht sich auf die Wachstumspotenziale der maritimen Wirtschaft, die für unser Land von besonderer Bedeutung sind. Die FDP-Fraktion begrüßt alle Initiativen und Maßnahmen, mit denen Schleswig-Holstein sinnvoll zu ihrer Entwicklung beitragen kann. Ein besonderer Stellenwert kommt dabei der Verbesserung der Infrastruktur in den Häfen und den Verkehrsverbindungen zu. Die Meerestechnik ist ein wichtiger Bereich der maritimen Verbundwirtschaft und umfasst eine breite Palette von Produkten und Dienstleistungen zum Beispiel im Bereich der Offshore-Windenergie, der marinen Umweltschutztechnik und der Unterwassertechnik.

Schleswig-Holstein muss diese Potenziale noch stärker als bisher nutzen. Durch eine Bündelung des bereits vorhandenen Wissens und der Ressourcen von Unternehmen, wissenschaftlichen Einrichtungen sowie Einrichtungen der Technologie- und Wirtschaftsförderung muss ein fruchtbarer Technologietransfer etabliert werden, um künftig einen noch größeren Beitrag zur Wertschöpfung in unserem Land zu erreichen.

Auch besteht weiterhin erheblicher Forschungsbedarf bei den Meereswissenschaften. Das aus dem IFM-GEOMAR hervorgegangene GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung in Kiel ist immerhin eine der drei großen europäischen Meeresforschungsinstitute. Allein wegen dieser herausragenden Stellung des bei uns angesiedelten Helmholtz-Zentrums sollten wir im Rahmen einer Ausschussberatung - die ich für die beiden vorliegenden Anträge anrege - noch einmal überlegen, wie man die Funktion dieses Instituts im Sinne der im Antrag beschriebenen Wachstumsstrategie noch konkreter berücksichtigen könnte.

Um es mit Gerhard Stoltenberg zu sagen: Der Antrag der CDU ist ein guter erster Entwurf. Aus der Regierungskoalition kamen weitere Vorschläge. Wir schlagen vor, die Anträge im Europa- und im Wirtschaftsausschuss weiter zu beraten.

Die vorgelegte Resolution zu den Ergebnissen der letzten Ostseeparlamentarierkonferenz und des Parlamentsforums Südliche Ostsee findet die Zustimmung der FDP-Fraktion, auch wenn wir uns in Nuancen andere Formulierungen gewünscht hätten,

die nur zum Teil in den interfraktionellen Antrag aufgenommen worden sind.

Für die Zukunft rege ich an, dass die beiden genannten Gremien der parlamentarischen Ostseezusammenarbeit - Ostseeparlamentarierkonferenz und Parlamentsforum Südliche Ostsee - neben Themen aus den Bereichen Wirtschaft, Umwelt und Arbeitswelt auch stärker das Themengebiet der Kultur im Bereich der Ostseekooperation berücksichtigen sollten. Das wäre kompatibel mit dem vorhin hier gehörten Beitrag der Europa- und Kulturministerin Anke Spoorendonk im Rahmen der Regierungserklärung und zum Europabericht. - Danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall FDP)

Das Wort für die Fraktion der PIRATEN hat der Abgeordnete Sven Krumbeck.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Entwicklungsstrategie „Südliche Ostsee 2020“ der Ostseeparlamentarierkonferenz zielt darauf ab, Bildungschancen zu verbessern, Beschäftigung zu sichern und auszubauen, die Wertschöpfung der Ostsee-Anrainer auf ein dauerhaftes ertragfähiges Fundament zu stellen. Die in der Drucksache 548/12, Chancen für nachhaltiges marines und maritimes Wachstum, formulierten Ziele der Europäischen Kommission, das sogenannte blaue Wachstum, verfolgt die gleiche Zielrichtung. Die Kommission fragt sich, wie der Meeresund Küstentourismus zum Wirtschaftswachstum und zur Schaffung sicherer Arbeitsplätze beitragen könne und wie die europäische Industrie bei der Förderung von Mineralien vom Meeresboden wettbewerbsfähig werden kann.

Was die vor uns liegenden Aufgaben zur wirklichen Herausforderung macht, ist das Ziel, die wirtschaftliche Entwicklung unter den Vorgaben der HELCOM voranzutreiben. Das bedeutet, der ökologische Zustand der Ostsee muss sich deutlich verbessern. Die wirtschaftliche Entwicklung darf nicht zulasten der Artenvielfalt gehen, der Eintrag von Schadstoffen und Düngemitteln muss deutlich reduziert werden.

(Beifall PIRATEN)

Die Europäische Kommission spricht hier von „Maßnahmen zur Vermeidung der Schädigung einzigartiger Ökosysteme“ und macht deutlich, dass es

ihr dabei nicht nur um den Erhalt der Fischgründe geht. Es geht um den Schutz des Meeres als Gesamtgefüge, ein Gefüge, das Grundlage für blaue Biotechnologie ist.

Vielfach ist uns der Nutzen, den wir aus der biologischen Vielfalt gewinnen können, noch gar nicht bekannt. Unser Wissen um die Bedeutung der Biodiversität wächst beständig. So nutzen wir bereits Schwämme für die Gewinnung organischer Moleküle. Yondelis beispielsweise ist eines der ersten aus Meeresweichtieren stammenden Krebsmedikamente. Wir lernen stets mehr über Algen, und die Chancen stehen gut, dass uns in der Zukunft völlig neue Möglichkeiten der Biosynthese eröffnet werden.