Protocol of the Session on December 13, 2012

Vielfach ist uns der Nutzen, den wir aus der biologischen Vielfalt gewinnen können, noch gar nicht bekannt. Unser Wissen um die Bedeutung der Biodiversität wächst beständig. So nutzen wir bereits Schwämme für die Gewinnung organischer Moleküle. Yondelis beispielsweise ist eines der ersten aus Meeresweichtieren stammenden Krebsmedikamente. Wir lernen stets mehr über Algen, und die Chancen stehen gut, dass uns in der Zukunft völlig neue Möglichkeiten der Biosynthese eröffnet werden.

Auch die Biomimikry verblüfft uns immer wieder, wenn wir zum Beispiel feststellen, dass die raue Haut von Haifischen den Strömungswiderstand deutlich verringert - ein Prinzip, das auch bei Flugzeugen oder Schiffen funktioniert. Die Natur ist ein Labor, in dem seit Jahrmillionen Lösungen für Probleme entwickelt werden. Diese Lösungen müssen wir aufgreifen und für unsere Zwecke weiterentwickeln.

Leider steht unser Handeln, unsere fieberhafte Suche nach Öl und anderen Rohstoffen häufig noch in einem krassen Widerspruch zu dem Anspruch, die natürlichen Ressourcen auch für die Zukunft zu sichern.

(Beifall PIRATEN)

Wir legen daher im Moment ein ökologisches Verschuldungsprogramm auf, das uns noch teuer zu stehen kommen wird. Es liegt an uns, das zu ändern. Wir alle haben die Möglichkeit dazu. Eigentlich müssten wir uns nur dazu entschließen, die Art und Weise, in der wir produzieren, zu verändern. Empfehlungen dazu finden sich in der Strategie Europa 2020, die sagt, wenn der Druck auf die natürlichen Ressourcen beständig wächst, eine Schlussfolgerung darin liegen muss, das Produktdesign an die neuen, veränderten Bedingungen anzupassen.

An dieser Stelle möchte ich aber nicht nur die Allgemeinplätze bedienen und frage daher: Was heißt das ganz konkret? Die Antwort fällt gar nicht so schwer. Denken Sie einfach an die Energiewende. Wir sprechen immer wieder davon, dass die günstigste Kilowattstunde diejenige ist, die wir gar nicht verbrauchen. Genauso ist das bei den Rohstoffen auch. Die eigentliche Herausforderung liegt also darin, neue Technologien zu entwickeln, die aus weniger mehr machen. Auch hier gibt es bereits

ganz konkrete Beispiele, die uns den Weg weisen. So holt sich ein amerikanisches Unternehmen mit circa 1 Milliarde $ Jahresumsatz, dessen Namen ich hier nicht nenne, um Schleichwerbung zu vermeiden, die verbrauchten Produkte von seinen Kunden zurückholt, um sie für die Herstellung neue Produkte zu verwenden. Das Material ist also nur geborgt und so konzipiert, dass es sich immer wieder verwenden lässt. Das spart Geld beim Einkauf von Rohstoffen und erhöht die Kundenbindung. So und nicht anders sieht nachhaltiges Produktdesign aus.

Wenn wir also davon sprechen, Rohstoffe schonend zu gewinnen, müssen wir zuallererst darüber sprechen, wie wir sie möglichst wirkungsvoll einsetzen. Professor Michael Braungart aus Hamburg sagt hier: Das Ende gehört an den Anfang. Nicht erst Müll produzieren und dann überlegen, wohin damit, sondern sich von vornherein darüber im Klaren sein, was später aus dem Produkt werden soll.

Was wir hier in Schleswig-Holstein tun sollten, ist, Unternehmen, Forschung, Hochschulen, Vereine und Verbände an einen Tisch zu bringen, um gemeinsam die beste Lösung zu finden. Das eröffnet neue Bildungsmöglichkeiten, das schafft Beschäftigung und eine Wertschöpfung, die sich nicht erschöpft. Viele Rohstoffe sind endlich. Wenn wir auch in Zukunft Wirtschaftswachstum wollen, brauchen wir neue Ideen, denn Ideen sind die einzige Ressource, die praktisch unerschöpflich ist.

(Beifall PIRATEN)

Eine kurze Aussage der Entwicklungsstrategie Südliche Ostsee 2020 muss ich aber kritisch hinterfragen. Ich unterstelle zunächst mal, dass hinter der Entwicklung neuer Technologien zur Meeresüberwachung in Echtzeit positive Absichten stehen, dass es darum geht, die Sicherheit auf See zu verbessern, Gefahren abzuwenden und letztlich Menschenleben zu retten.

Als PIRAT hege ich aber gegenüber jeglicher Form von Überwachung eine gewisse Skepsis.

(Beifall PIRATEN)

Ich weise also vorsorglich darauf hin, dass jede technische Neuerung auch die Gefahr des Missbrauchs in sich birgt. Meine Fraktion und ich werden deshalb darauf achten, dass die Entwicklung technischer Sicherheitsmaßnahmen nicht in die Persönlichkeitsrechte der Bevölkerung eingreift.

(Beifall PIRATEN)

Wir stimmen dennoch den Anträgen der Koalition und der Resolution zu. - Vielen Dank.

(Sven Krumbeck)

(Beifall PIRATEN. SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Das Wort für den SSW hat der Herr Abgeordnete Flemming Meyer.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und liebe Kollegen! Als es seinerzeit um die Umsetzung der integrierten europäischen Meerespolitik ging, war Schleswig-Holstein nicht nur maßgeblich beteiligt, vielmehr hat Schleswig-Holstein hierbei die Vorreiterrolle eingenommen. Über Jahre hinweg hat das Land seine überregionale maritime Kompetenz unter Beweis gestellt. Sowohl auf Bundes- wie auf EU-Ebene hat sich Schleswig-Holstein in den Prozess eingebracht und den Verlauf vorangebracht. Dies wurde vom SSW immer lobend hervorgehoben.

Nun gilt es, die integrierte Meerespolitik für die Zukunft weiter zu gestalten. Im Rahmen von Europa 2020 wurde die Wachstumsstrategie der EU festgelegt. Dabei legt die EU den Fokus auf die maritime Wirtschaft. Seit jeher sind Küsten und Häfen Impulsgeber für die Wirtschaft. Die Meere bergen enormes wirtschaftliches Potenzial. In Anbetracht der technologischen Fortschritte im maritimen Sektor werden insbesondere den Anrainern hohe wirtschaftliche Möglichkeiten gegeben. Die moderne Technik lässt es zu, dass in immer tiefere Gewässer vorgedrungen werden kann, um diese zu erschließen. Dies zeigt sich beispielsweise auch im Bereich der Offshore-Windenergie.

Aber auch die Notwendigkeit, die Treibhausgase zu reduzieren, ist eine Chance für die maritime Wirtschaft. Aufgrund der jetzt schon geringeren Emission je Tonnenkilometer haben Seewege eindeutige Vorteile gegenüber der Güterbeförderung an Land. Doch auch hier gibt es noch Verbesserungsbedarf. Der Kollege Bernd Voß hat ja bereits darauf aufmerksam gemacht, welche Verunreinigungspotenziale es dort gibt. Aber ich glaube, wir haben auch die Möglichkeit, die Emissionen unserer Schiffe gewaltig zu reduzieren, sodass das Verhältnis noch besser werden wird.

(Beifall SSW und vereinzelt PIRATEN)

Daneben gehören auch Aquakultur und Meeresbodenschätze in den Bereich der maritimen Wirtschaft. Die genannten Beispiele werden für die Zukunft von enormer wirtschaftlicher Bedeutung sein,

insbesondere für die Anrainerländer. Daher gilt es, diese Chancen auch für Schleswig-Holstein nutzbar zu machen.

Damit sind aber auch Verpflichtungen verbunden. Mit der wirtschaftlichen Nutzbarkeit der Meere übernehmen wir auch Verantwortung für ein empfindliches Ökosystem. Daher ist der sorgsame und nachhaltige Umgang mit den Meeren weiter geboten. Darüber hinaus gilt es aber auch, die strukturellen Rahmenbedingungen zu schaffen, die wir brauchen, um die versprochenen Resultate erzielen zu können.

Schleswig-Holstein fängt, wie gesagt, nicht bei null an. Bereits mit der Landesinitiative „Zukunft Meer“ wurde seinerzeit ein Aktionsplan auf die Beine gestellt, um das Meer für die Wirtschaft nutzbar zu machen. Damit hat Schleswig-Holstein bereits frühzeitig den integrativen und innovativen Ansatz verfolgt. Das ist gut so, aber jede Initiative muss neuen Herausforderungen angepasst werden. Dies hat die Landesregierung getan, und damit kommt neuer Wind in die Landesinitiative.

Darüber hinaus haben sich Hamburg, Niedersachsen und Schleswig-Holstein zu einem gemeinsamen Maritimen Cluster Norddeutschland (MSC) zusammengetan, um die Wettbewerbsfähigkeit der maritimen Wirtschaft in der norddeutschen Region zu stärken. Das ist zu begrüßen, weil damit Kräfte gebündelt werden und die Schlagkraft erhöht wird. Der Fachkräftemangel im maritimen Sektor ist eine der Herausforderungen, die sich auch das MSC auf die Fahne geschrieben hat.

Damit sind wir bereits bei einem Teil der Resolution des Parlamentsforums. Die Schwerpunkte der Resolution liegen klar im Bereich der maritimen Wirtschaft. Auch dort wird auf den Fachkräftemangel hingewiesen. Gleichzeitig ist damit die Forderung verknüpft, die Hürden zu senken und Konzepte zu entwickeln, um Beschäftigungsmöglichkeiten in der maritimen Wirtschaft auch grenzüberschreitend zu schaffen.

Neben dem wirtschaftlichen Ansatz geht es in hohem Maße auch um die nachhaltige Nutzung der maritimen Umwelt - und ich betone hier „Nachhaltigkeit“ - und die Wiederherstellung der Ostsee. Nur wenn wir dies umsetzen, erhalten wir die Meeresökosysteme - wie zum Beispiel die Ostsee - als Lebens- und Wirtschaftsraum. Nur so schaffen und erhalten wir dringend benötigte Arbeitsplätze und steigern Lebensqualität und Wertschöpfung auch in Schleswig-Holstein.

(Sven Krumbeck)

(Beifall SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort für die Landesregierung hat die Ministerin für Justiz, Kultur und Europa Anke Spoorendonk.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Am 13. September 2012 hat die EUKommission ein Papier zum Thema „Blaues Wachstum - Chancen für nachhaltiges marines und maritimes Wachstum“ vorgelegt. Damit hat die Kommission einen klaren Schwerpunkt im ökonomischen Bereich der Meerespolitik gesetzt: blaues Wachstum, blaue Jobs. Sie vervollständigt damit einen Katalog von Maßnahmen und Strategien im Rahmen der integrierten Meerespolitik, um die Ziele der Strategie Europa 2020 zu verwirklichen.

In Ergänzung dazu haben die Meeresminister der Mitgliedstaaten und die Europäische Kommission am 8. Oktober 2012 die Limassol-Erklärung verabschiedet. Diese hat das klare Ziel, mehr Wachstum und Arbeitsplätze im Bereich der Meereswirtschaft zu schaffen.

Nach dem maritimen Blaubuch von 2007 stellt diese neue europäische Agenda eine wichtige Zäsur für die Entwicklung der integrierten Meerespolitik dar. Sie bekräftigt, dass der integrierte Ansatz in maritimen Angelegenheiten sowohl die Entwicklung der blauen Wirtschaft als auch den Schutz der Meere und Ozeane fördert.

Mit den in diesem Papier genannten Handlungsfeldern bestätigt die EU-Kommission zugleich die Arbeit der schleswig-holsteinischen Landesregierung, dass die Fokussierung auf das Meer der richtige politische Ansatz ist. Die Bündelung und Fokussierung der meerespolitischen Aktivitäten erfolgt in Schleswig-Holstein - das ist bereits gesagt worden seit 2004 in der ressortübergreifenden Initiative „Zukunft Meer“. Die Landesregierung will, dass diese Initiative wieder neuen Schwung erhält. Die Ressorts arbeiten im Rahmen dieser Landesinitiative vertrauensvoll miteinander. Gemeinsam mit dem maritimen Koordinator, Herrn Professor Herzig, arbeiten wir an den maritimen Themen des Landes. Im Namen der Landesregierung danke ich daher Herrn Professor Herzig sehr herzlich für seine erfolgreiche Arbeit und sein enormes Engagement, ein Engagement, das wir seit Jahren kennen.

(Beifall SSW, SPD und Dr. Heiner Garg [FDP])

Meine Damen und Herren, im Rahmen der Landesinitiative „Zukunft Meer“ koordiniert das federführende Wirtschaftsministerium die Beteiligung der Landesregierung an der laufenden Konsultation der Kommission zum Grünbuch Meereskenntnisse 2020 von der Kartierung des Meeresbodens bis zu ozeanologischen Prognosen.

Das Grünbuch Meereskenntnisse 2020 reiht sich in eine Liste von konkreten Maßnahmen und Forderungen der schleswig-holsteinischen Landesregierung ein. Das Engagement der Landesregierung in der Meerespolitik ist vielfältig, auch das ist schon gesagt worden. Gesagt worden ist auch, liebe Frau Kollegin Damerow, dass dies eine Initiative ist, die eine lange Geschichte hat.

Der im Jahre 2008 aufgelegte maritime Aktionsplan der Landesregierung ist aber gerade aktualisiert worden. Die Kabinettsbefassung erfolgte am 27. November dieses Jahres.

Schleswig-Holstein gehört zu den engagierten Befürwortern des nationalen Masterplans Maritime Technologie, der in technologischen Fragen dieselbe Stoßrichtung verfolgt wie blaues Wachstum.

Am 8. und 9. April nächsten Jahres wird in Kiel in der Sparkassenarena die achte nationale maritime Konferenz stattfinden. Etwa 800 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus Wirtschaft, Wissenschaft, Forschung, Politik und Verwaltung erarbeiten in Workshops Herausforderungen und Wege zur Zukunftssicherung der maritimen Wirtschaft und beraten konkrete Handlungsempfehlungen.

Meine Damen und Herren, ich begrüße es daher sehr, dass auch die Resolution des Parlamentsforum Südliche Ostsee und die Ostseeparlamentarierkonferenz einen starken Akzent auf blaues Wachstum setzen und sich für eine integrierte Meerespolitik stark machen. Mich freut besonders, dass die neuartige Kooperation der neun Ostseeorganisationen mit meerespolitischer Kompetenz von der Ostseeparlamentarierkonferenz ausdrücklich gelobt wird. Schleswig-Holstein hat diese Kooperation über den Vorsitz in der Arbeitsgruppe Meerespolitik des Netzwerkes der Ostseeregion, abgekürzt BSSSC, mitinitiiert und kräftig unterstützt.

Die erarbeiteten Initiativen zielen zum einen auf eine saubere Ostseeschifffahrt, in der umweltverträgliche Antriebssysteme und Treibstoffe gefördert werden, und eine abgestimmte maritime Raumplanung. Zum anderen sollen gemeinsame Lobbyarbeit

(Flemming Meyer)

für eine integrative Meerespolitik im Ostseeraum und bessere finanzielle Rahmenbedingungen für ihre Umsetzung stattfinden. Die Aktivitäten sollen eng verknüpft werden mit der EU-Ostseestrategie. Diese enge maritime Kooperation der parlamentarischen, regionalen und nationalen Ebene der Ostseeregion ist unseres Erachtens die richtige Antwort auf die allzu oft berechtigte geäußerte Frage, es gebe zu viele Ostseeorganisationen und zu wenig Koordinierung unter ihnen. Diese Kooperationsform sollte möglichst viele Nachahmer auf anderen Politikfeldern finden.

Die Resolutionen des Parlamentsforums Südliche Ostsee und der Ostseeparlamentarierkonferenz sind somit Wasser auf die Mühlen der Ostseepolitik der Landesregierung. So gehört zum Beispiel die Forderung nach Green Growth zu einem der fünf aktuellen Schwerpunktthemen der STRING-Kooperation. Ich sagte es bereits, das ist die Kooperation von Schleswig-Holstein mit Hamburg, Seeland, der Hauptstadtregion Kopenhagen und Skåne. Ich freue mich über die fraktionsübergreifende Unterstützung vieler Aktivitäten, die die Landesregierung im Ostseeraum voranbringen will. Die Resolutionen geben wertvolle Anstöße, und sie werden helfen, den Stellenwert der Ostseekooperation zu erhöhen. Dafür danke ich allen beteiligten Akteuren.

Ich danke den Fraktionen für weitere Anregungen. Ich bin sicher, dass wir dies alles dann auch in den zuständigen Ausschüssen miteinander weiter erörtern werden. - Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung.