Diese Bereiche Kultur und regionale Identität bekommen im Entwurf des neuen Aktionsplans zur Umsetzung der EU-Ostseestrategie eine neue Priorität. Wir begrüßen es in diesem Zusammenhang ausdrücklich, dass Schleswig-Holstein die Koordinierung dafür übernehmen will. Die Vorgängerregierung hatte das abgelehnt. Meine Kollegin Anette Langner hat darauf mehrfach hingewiesen.
Das zentrale Mittel, um hier auch aktiv werden zu können - jetzt müsste bitte jemand „Neu, neu, neu!“ einblenden -, ist das INTERREG-B-Programm für die Ostseeregion. Damit können wir ostseepolitische Ziele und Aktivitäten durch konkrete Projekte untermauern und fördern. Es ist gut, dass sich die schleswig-holsteinische Landesregierung für die Umsetzung der EU-Ostseestrategie über die Finanzierung von Projekten über INTERREG starkmacht. Für meine Fraktion spielen dabei die Ostseebüros, über die wir im Europaausschuss noch sprechen werden, eine bedeutende Rolle.
Ein paar Worte zur Nordseekooperation. Der Europabericht stellt fest, dass die Nordseekooperation durch die Stellungnahme des AdR vom Oktober 2010 leider nicht die erwarteten Impulse bekommen hat. Dass Impulse von europäischer Seite
fehlen, geht auf die ablehnende Haltung von Mitgliedstaaten zurück - leider auch von deutscher Seite. Deshalb begrüße ich es sehr, dass die Frau Ministerin, die Landesregierung, jetzt im Vorstand der Nordseekommission vertreten ist und sich für ein verstärktes Engagement Schleswig-Holsteins für die Nordseekooperation ausspricht. Dafür haben wir uns in der Vergangenheit immer wieder starkgemacht.
Für Schleswig-Holstein nimmt die Zusammenarbeit mit Dänemark einen besonderen Stellenwert ein. Dänemark ist für unser Land der bedeutendste Partner in Skandinavien und im Ostseeraum. Das gilt sowohl politisch wie wirtschaftlich. - Jetzt bitte wieder: „Neu, neu, neu!“: Der Boden dafür ist bereitet, indem unsere Landesregierung in der Minderheitenpolitik das Verhältnis wieder auf eine vernünftige Vertrauensbasis gestellt hat.
Das war dringend nötig nach den letzten Jahren. Herzlichen Dank für Ihren Einsatz, Herr Ministerpräsident, Frau Ministerin!
Wie nah uns Europa in Schleswig-Holstein, im Landtag, kommt, zeigen zunehmend die Beratungen der Subsidiaritätsfragen. Über die interinstitutionelle Vereinbarung zwischen Landtag und Landesregierung hinaus brauchen wir die Mitwirkung jeder und jedes Einzelnen hier im Landtag, um die Vorhaben der Europäischen Kommission einschätzen, bewerten und beurteilen zu können. Das ist innerhalb der gesetzten Acht-Wochen-Frist ab Zuleitung an den Mitgliedstaat Deutschland wirklich sportlich und nur schwer zu schaffen. Deshalb wollen wir das jährliche Arbeitsprogramm der Kommission bereits zu Beginn eines jeden Jahres im Landtag diskutieren. - „Neu, neu, neu!“ Wir wollen frühzeitig wissen, welche Vorhaben und Themen im Laufe des Jahres auf uns zukommen werden, damit keiner von uns mehr kalt erwischt wird.
Ich hoffe nach dem Beitrag der Kollegin Dammerow eben, dass wir in dieser Frage zu einem Konsens darüber kommen, wie der Landtag zukünftig in Brüssel vertreten sein kann. Ich will auch hier das Hanse-Office erwähnen,
Meine Damen und Herren, einer der wichtigen Schwerpunkte der Europapolitik wird die Nutzung der EU-Fördermittel in Schleswig-Holstein ab 2014 sein.
Angesichts der aktuellen Währungs- und Wirtschaftskrise wird es ganz entscheidend sein, die Struktur- und Förderpolitik als Teil des Wachstums- und Beschäftigungspakts zu verstehen, auf den sich die europäischen Staats- und Regierungschefs im Juni 2012 geeinigt haben.
Bei den bestehenden Unklarheiten und nicht zuletzt auch Unsicherheiten über den Mehrjährigen Finanzrahmen sehe ich die Ministerien allesamt, insbesondere was die Abstimmung miteinander und untereinander angeht, sehr gut vorbereitet.
Bereits heute - wir kennen den Rahmen noch nicht wird intensiv an den operationellen Programmen für Schleswig-Holstein gearbeitet. Denn wenn der EU-Haushalt erst einmal steht und der Förderrahmen auf Schleswig-Holstein heruntergebrochen feststeht, muss es ganz schnell gehen. Ich bin mir sicher, dass für unser Land Gutes entstehen wird, denn die Ziele der Europa-2020-Strategie sind auch unsere: Beschäftigung, Forschung und Entwicklung, Innovation, Wettbewerbsfähigkeit für kleine und mittlere Unternehmen, wirtschaftsnahe Infrastruktur ausbauen, Energieeffizienz steigern, Schulabbrecherquote senken. Das alles kommt unserem Land zugute. Die Orientierung an diesen Zielen hilft auch, bei den vermutlich sinkenden Fördermitteln die Förderung zu konzentrieren und sie nicht zu verkleckern.
Wenn wir dann auch noch durch Handlungskonzepte wie „Schule & Arbeitswelt“, die Fachkräfte-Initiative oder andere Initiativen mehr Jugendliche in Ausbildung, Lohn und Brot bringen,
wenn wir es schaffen, älteren Beschäftigten den Zugang zum Arbeitsmarkt zu erhalten oder auch erst zu schaffen, wenn wir Mobilität organisieren und lebenslanges Lernen, dann bin ich optimistisch. Es ist im Bericht nachzulesen: Das Handlungskonzept „Schule & Arbeitswelt“, das 2005 von Uwe Döring initiiert wurde, hat die Zahl der Schulabgänger ohne Schulabschluss von 9,8 auf 7,3 % gesenkt.
(Beifall SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN - Martin Habersaat [SPD] hält ein Schild mit der Aufschrift „Neu, gut“ hoch)
- An dem Schild, das der Kollege Habersaat gerade hochhält, sieht man: Die Dinge sind nicht entweder neu oder gut; manchmal sind sie auch neu und gut.
Die Themen, die ich gerade beschrieben habe, nämlich Jugendliche und ältere Menschen in Lohn und Brot zu bringen, sie beim lebenslangen Lernen zu fördern, sind Punkte, die wir im August auf der Ostseeparlamentarierkonferenz mit der Resolution beschlossen haben und die wir nun in SchleswigHolstein konkret umsetzen können. Als Neuling in der Europapolitik sage ich: Das macht ja richtig Spaß.
Meine Damen und Herren, vor drei Tagen ist der Europäischen Union in Oslo der Friedensnobelpreis verliehen worden, eine großartige und verdiente Auszeichnung für sechs Jahrzehnte friedlichen Zusammenwachsens von Staaten auf dem europäischen Kontinent und für friedenstiftendes Wirken in Osteuropa. Es ist keine Aufforderung da sind wir uns im Haus hoffentlich alle einig -, nun die Hände in den Schoß zu legen und sich auf den Lorbeeren auszuruhen. Wir brauchen eine europäische Idee für die Zeit nach der Krise.
Zurzeit beherrschen ökonomische Betrachtungen die Debatte. Wir diskutieren Sanktionsmechanismen für Haushaltssünder, Rettungsschirme für Staaten und Banken. Wir brauchen aber auch eine Debatte über Demokratie und Grundwerte. Die brauchen wir, damit der soziale Zusammenhalt in Europa nicht aus den Fugen gerät, in diesen Zeiten, in denen es - vorgeblich um die Krise zu bekämpfen - darum geht, bei Sozialleistungen, Bildungsausgaben und Löhnen zu kürzen.
Die Europäische Kommission hat angekündigt, noch vor der nächsten Europawahl ihre Vorstellungen von der künftigen Gestalt der Europäischen Union vorzulegen. In diesen Diskussionsprozess müssen wir uns aktiv einbringen, um den europäischen Gedanken vor Ort zu festigen und gegen aufkommende Ressentiments zu verteidigen.
Es lohnt sich, und deshalb haben wir dazu auch einen Antrag gestellt, den wir morgen diskutieren wollen. Unser Antrag zum Europäischen Jahr für Bürgerinnen und Bürger 2013 soll dazu beitragen, die europäische Idee weiterzuentwickeln und Europa in die Herzen der Menschen zu bringen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, nur wenn die Menschen das Gefühl haben, in Europa gut aufgehoben zu sein, von Europa unterstützt zu werden, auch wenn sie keine Arbeit haben oder von Armut bedroht sind, oder wenn sie in ihrem täglichen Leben von Europa profitieren, wird es uns gelingen, Europa in die Herzen der Menschen zu bringen. Die europäische Idee muss im Alltag der Menschen verwirklicht werden, konkret spürbar. Dazu gehört auch und vor allem Solidarität. Europa, das ist nicht nur Krise, Europa, das ist ein einzigartiges Friedens- und Wohlstandsprojekt. Wir haben die Chance, die europäische Integration voranzubringen und dabei auch die politische Integration zu schaffen. Doch wir brauchen endlich auch das soziale Europa.
Wir begrüßen sehr die Initiative der Europäischen Kommission, den Jugendlichen in Europa eine Jobgarantie zu geben.
Auch das ist etwas, was wir auf der Ostseeparlamentarierkonferenz beschlossen und in die Resolution aufgenommen haben. Jetzt wird es konkret. Das zeigt: Wir haben in den Regionen Einflussmöglichkeiten auf die europäische Politik; wir müssen sie aber auch wahrnehmen.
Mein Fazit, alles in allem, nach der Regierungserklärung und dem Europabericht: Beide stecken voller Ideen für unser Land zwischen den Meeren, mitten in Europa. Mein Lesetipp an Sie alle: Schauen Sie einmal in den Europabericht hinein! Denn Europapolitik findet in allen Ressorts statt. Lassen Sie uns den Europabericht federführend im Europaausschuss, aber auch in allen anderen Ausschüssen diskutieren. Ich beantrage die Überweisung des Berichts an alle Ausschüsse.
Das Wort hat die Fraktionsvorsitzende der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Frau Abgeordnete Eka von Kalben.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ja, es ist hier schon mehrfach gesagt worden, deshalb musste ich meinen Einstieg ändern, aber wir sind Nobelpreisträger. Das ist etwas, worauf wir stolz sein
können und das wenigstens für einen kurzen Augenblick wieder den Blick klar werden lässt auf den eigentlichen Kern Europas, auf seine Gründungsidee. Europa war jahrtausendelang ein Schlachtfeld: Spanien gegen England, Dänemark gegen Schweden, Russland gegen Polen und Deutschland gegen alle. Die unsagbare Katastrophe des Zweiten Weltkriegs, die halb Europa in Trümmer legte, ließ die Menschen innehalten und feststellen: Man muss ein Stück nationale Souveränität aufgeben, um als Europa zusammenzuwachsen.
In den Ländern der Europäischen Gemeinschaft hat es seit 1945 keine zwischenstaatlichen bewaffneten Konflikte mehr gegeben. Es entwickelte sich eine Periode des Wohlstands und des Handels, wie es sie in Europa nie gegeben hat. Das ist eine Erfolgsgeschichte, die wir bei aller - auch berechtigten - Kritik an den europäischen Institutionen nie aus den Augen verlieren sollten.
Es gibt jedoch auch die andere Seite der Medaille: Denke ich an Europa in der Nacht, dann bin ich um den Schlaf gebracht. - Dieses abgewandelte HeineZitat schwirrt vielleicht manchem im Kopf herum, wenn er an Europa denkt. Europa hat derzeit ein echtes Imageproblem. Die Schuldenkrise einzelner Staaten, das Gefühl unüberschaubarer Komplexität unseres europäischen Finanzwesens und das Gefühl aufgeblähter Bürokratie - dies alles führt bei vielen Menschen zu Verdruss und Entfremdung. Die europaskeptischen Töne gerade an den Stammtischen werden lauter. Diese Vorbehalte werden auch gern besonders vonseiten der CSU und leider auch der FDP geschürt - aus parteipolitischem Kalkül.
Aber zu diesem Zögern und Zocken sage ich: Wer auf Kosten der europäischen Solidarität, auf Kosten der europäischen Einigung sein populistisches Süppchen kocht, muss diese Suppe dann selbst auslöffeln, wenn die Probleme in Europa mal wieder anbrennen.
Wir müssen als überzeugte Europäer die Krise als echte Chance und Herausforderung begreifen. Die Küstenkoalition hat nicht von ungefähr der Europapolitik in ihrem Koalitionsvertrag einen sehr breiten Raum gegeben.