Ich eröffne die Grundsatzberatung und erteile dem Herrn Fraktionsvorsitzenden und Abgeordneten der FDP-Fraktion, Wolfgang Kubicki, das Wort.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! „Investiert man in der Gegenwart nicht in die Zukunft, sollte man sich nicht wundern, wenn die Zukunft keine Gegenwart bekommt.“ - Dies ist ein Zitat der Schriftstellerin Christa Schyboll, das in Schleswig-Holstein angesichts des weit fortgeschrittenen Substanzverzehrs an unseren Straßen, Brücken, Krankenhäusern und Schulen aktueller denn je ist.
Mit der von uns angestrebten Verfassungsänderung möchten wir schrittweise eine Investitionsquote von mindestens 10 % erreichen und im Sinne des Landes zur Norm für jede Landesregierung und nicht nur für die aktuelle Landesregierung machen. Damit wollen wir den Abbau von Schulden und vor allem Investitionen in unsere Infrastruktur betreiben und auf diese Weise zu einer generationsübergreifenden Politik kommen. In unserem aktuellen Haushaltsentwurf liegen wir bereits 1,3 % über der Investitionsquote der Landesregierung. Damit haben wir einen ersten Schritt getan, um ab dem Jahr 2020 wieder eine Investitionsquote von mindestens 10 % und ab 2025 von mindestens 12,5 % zu erreichen.
Im Gegensatz dazu rechnet die Landesregierung bis 2026 sogar mit sinkenden Investitionsquoten, teilweise unter 7 %. Angesichts von Rekordsteuereinnahmen ist das eine Frechheit gegenüber denen, die ihr diesen Überschuss beschert haben.
investieren. Es ist dagegen töricht und unverantwortlich, wenn man meint, man könne die Gelder einfach verteilen, ohne auf Nachhaltigkeit zu achten und sie eben nicht für den Abbau des Investitionsstaus aufzuwenden.
Zum Vergleich, weil das immer gern herangezogen wird, Herr Dr. Stegner: Unter unserer Regierungsbeteiligung waren die Investitionsquoten immer höher als jene, mit denen die jetzige Landesregierung bisher operiert. Bis auf das Jahr 2012 lagen sie sogar immer über 10 %. Damit haben wir nur befolgt, was auch ein berühmter Sozialdemokrat, nämlich Peer Steinbrück, einmal in diesem Hause gesagt hat, der erklärt hat, Investitionsquoten im öffentlichen Haushalt unter 10 % seien ein Verbrechen an der Zukunft des Landes.
Ich könnte auch sagen: Wenn Frau Heinold, wenn sie nicht mehr Finanzministerin ist, in ihren alten Beruf zurückkehrt, wird sie sich wundern, dass es, nachdem 15 Jahre lang in der Kindertagesstätte, in der sie einmal war, keine Investitionen mehr getätigt worden sind, ähnlich wie in Schulen, merkwürdig aussieht.
Wichtig für uns ist aber auch zu bemerken: Die bereits in die Verfassung aufgenommene Schuldenbremse und das von uns geforderte Investitionsgebot sind keine Gegensätze, sondern müssen zwingend zusammen gedacht werden.
In unserem letzten Haushaltsentwurf haben wir dies bereits deutlich gemacht. Was macht die Landesregierung? Sie hat nicht nur eine viel zu niedrige Investitionsquote veranschlagt. Übrigens, Herr Minister Meyer, fordern nicht nur wir, sondern auch die OECD und alle wirtschaftswissenschaftlichen Institute, die Investitionsquote in den öffentlichen Haushalten deutlich zu erhöhen, weil wir deutlich weniger investieren als alle anderen Länder. Was macht diese Regierung? Sie veranschlagt nicht nur eine niedrige Investitionsquote, sondern legt den Haushalt mit dem höchsten Ausgabenanstieg seit über 20 Jahren und mit einer der geringsten Investitionsquoten seit Bestehen des Landes überhaupt vor.
Lassen Sie mich dies für den Bereich der Infrastruktur exemplarisch darstellen, indem das von uns geforderte Investitionsgebot besonders notwendig ist. Die Vernachlässigung der Infrastruktur ist der Kardinalfehler dieser Landesregierung; denn In
vestitionen in die Infrastruktur sind eine wichtige Voraussetzung, damit wir auch in Zukunft in Wohlstand leben können.
Der Landesrechnungshof bemerkt deshalb in seinen Haushaltsstellungnahmen zu Recht, dass das Land noch mehr in den Erhalt und Ausbau der öffentlichen Infrastruktur investieren muss. Er führt wörtlich aus:
„Dies ist die notwendige Voraussetzung, den Wirtschaftsstandort Schleswig-Holstein zu stärken und die Wirtschaftskraft des Landes zu erhöhen.“
Der Finanzausschuss dieses Hauses hat dem sogar mit rot-grün-blauer Geschäftsordnungsmehrheit zugestimmt, was ich besonders bemerkenswert finde, weil ansonsten hier andere Erklärungen abgegeben werden.
Wir wissen seit dem Landesstraßenzustandsbericht, in welch schlimmem, besorgniserregendem Zustand sich unsere Straßen befinden. Deshalb muss man hier etwas tun. Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, das Credo „Erhalt vor Neubau“ scheint auch hier keine Gültigkeit mehr zu haben, weil weder das eine noch das andere zufriedenstellend gelingt. Weder wird überhaupt neu gebaut, noch wird der Bestand erhalten. Im Gegenteil. Die Kommunen beschweren sich drastisch darüber, dass die Zuweisungen zum kommunalen Investitionsfonds für Straßenbaumittel halbiert worden sind.
Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, das Versagen der Landesregierung, die es nicht schafft, diesen Investitionsbedarf mit Rekordsteuereinnahmen konsequent abzubauen, damit zu rechtfertigen, dass es, wie Ministerpräsident Torsten Albig erklärt hat, zu wenige Menschen betrifft, um zu baggern, grenzt schon an Lächerlichkeit. Er hat die entsprechende Antwort der Bauindustrie erhalten. Der Mann redet wirklich das, was ihm einfällt. Zu erklären, es liege nicht an den Planungen!
- Ich finde, er hat zu Recht gesagt, man dürfe dieses Land nicht den Dummschwätzern überlassen. Wer erklärt und behauptet, die Bauwirtschaft sei nicht in der Lage, entsprechende Straßenmittel zu verbauen, weil keine Kapazitäten zur Verfügung stünden, ohne sich vorher mit den Unternehmern zu unterhalten, darf sich nicht wundern, dass man ihn weder als Ministerpräsidenten noch sonst weiter ernst nimmt.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich hätte dazu noch relativ viel zu sagen. Das können wir aber im Ausschuss noch tun.
- Herr Andresen, im Gegensatz zu Ihnen sitze ich, wenn ich da bin, nicht nur herum und mache dicke Backen, sondern sage im Zweifel auch etwas. Darüber können wir uns beim nächsten Tagesordnungspunkt zur HSH Nordbank weiter unterhalten.
- Eines will ich Ihnen einmal sagen, Kollege Tietze: Gelegentlich helfen eine gute Ausbildung und ein guter Beruf, den man ausübt. Deshalb ist Ihre Position bei den Grünen ja auch so unangefochten. Wie ich höre, gelten Sie als derjenige, der für alles gut ist, nur nicht für eine klare Linie. Aber darauf kommen wir vielleicht später noch zu sprechen.
Herr Präsident, ich komme zum Schluss. - Ich möchte nur noch kurz sagen, warum ich glaube, dass dies in der Verfassung verankert werden muss. Ich glaube es deshalb, weil selbstverständlich die Konsequenzen mangelnder Investitionen erst in späteren Zeiten deutlich werden und die Fehler, die jetzt begangen werden, erst zu einem späteren Zeitpunkt deutlich werden, nämlich zu einem Zeitpunkt, zu dem die jetzt aktiv Handelnden wahrscheinlich gar nicht mehr in ihren Ämtern sind. Es muss ein Verfassungsgebot geben, weil die Generationengerechtigkeit nicht in einer Legislaturperiode haltmachen darf.
Ich bitte um Überweisung unseres Gesetzentwurfs an den Ausschuss und um eine vernünftige Beratung. - Herzlichen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Im vergangenen Jahr wurden in absoluten Zahlen, Frau Ministerin, 52 Millionen € weniger investiert als im letzten Regierungsjahr von CDU und FDP. Die Investitionsquote lag damit auf dem historischen Tiefpunkt von 6,6 %. Mit dem vorgezogenen Beginn des IMPULS-Programms aus dem Haushaltsüberschuss 2015 sollte eigentlich alles besser werden, aber wieder einmal hat Rot-GrünBlau die selbst gesteckten Ziele nicht erreicht. Über ein Viertel der mit dem Nachtragshaushalt 2016 zusätzlich bereitgestellten Mittel aus dem IMPULSProgramm konnte nicht verbaut werden.
Für 2017 sind bislang weniger Investitionen geplant als im Vorjahr. Inflationsbereinigt liegen die Investitionen damit nach wie vor unterhalb dessen, was von CDU und FDP im Jahr 2012 investiert wurde.
Die Fortschreibung des Infrastrukturberichts zeigt zudem, dass von 2014 bis 2016 überhaupt kein Abbau des Sanierungsstaus stattgefunden hat. Im gleichen Umfang, in dem Investitionen getätigt wurden, sind nämlich neue Schäden hinzugekommen. Mit dieser Konzeption des IMPULS-Programms, in der außerdem keinerlei Preissteigerungen bis zum Jahre 2030 berücksichtigt sind, wird es daher nicht gelingen, den Sanierungsstau bis zum Jahr 2030 abzubauen. Alle diesbezüglichen Äußerungen des Herrn Ministerpräsidenten kann man deshalb nur als postfaktisch bezeichnen.
Mit dem Abbau des Sanierungsstaus ist es außerdem allein überhaupt nicht getan. Beim Bau von Umgehungsstraßen oder bei der besseren Anbindung von Landesstraßen an die Autobahnabfahrten besteht darüber hinaus echter Neubaubedarf.
Wir sollten es nicht auf die leichte Schulter nehmen, wenn zum Beispiel die Wirtschaftsförderungsgesellschaft des Kreises Stormarn Alarm schlägt und vor einem Verkehrskollaps an den Anschlussstellen Braak/Stapelfeld und Ahrensburg/ Großhansdorf warnt. Wer das im wirtschaftsstärksten Kreis des Landes verdiente Geld gern im ganzen Land ausgeben möchte, der muss vor Ort auch für eine leistungs- und wettbewerbsfähige Verkehrsinfrastruktur sorgen.
Die einseitige Forderung von SPD, Grünen und SSW auf „Sanierung vor Neubau“ ist deshalb eine völlig falsche Weichenstellung. So kommt unser Land nicht voran.
Meine Damen und Herren, egal wer deshalb ab dem 7. Mai in Schleswig-Holstein regiert wird: Jede verantwortungsvolle Regierung wird mehr Geld für Investitionen in die Hand nehmen müssen, als SPD, Grüne und SSW es in den vergangenen Jahren getan haben und auch für die Zukunft geplant haben.
Die Zielsetzung des FDP-Gesetzentwurfs ist deshalb absolut richtig: In Schleswig-Holstein muss wieder mehr investiert werden. Nur wenn die Investitionsausgaben stärker als das Haushaltsvolumen wachsen, geht auch die Investitionsquote wieder nach oben.