Protocol of the Session on January 25, 2017

(Zuruf Tobias Koch [CDU])

Sinn einer sogenannten Bad Bank - das weiß auch jeder, der sich damit beschäftigt hat - und die Intention der Landesregierung ist, die HSH Nordbank auf einen tragfähigen Kurs zu bringen. Da beginnen schon die Haarspaltereien. Zur Frage, ob das Kreditportfolio überhaupt 2,4 Milliarden € wert ist, sage ich eindeutig: Ich weiß es nicht und kann es auch nicht einschätzen, selbst wenn Sie alle Schiffe

hier auf der Kieler Förde vor dem Landeshaus präsentieren würden.

Ich muss das auch gar nicht wissen, denn dafür hat das Land sich namhafte - und, wie ich bemerken darf, sauteure - Wirtschaftsprüfungsgesellschaften ins Boot geholt, die den Bestand beurteilen und eine Zukunftsprognose darüber abgeben. An dieser Stelle - das muss ich ganz deutlich sagen - bin ich bei der Einschätzung von Staatssekretär Dr. Nimmermann, der im Ausschuss festgestellt hat, dass eine Zukunftsprognose nun einmal keine Garantie darstellt, sondern ein mit Risiko behafteter Blick in die Zukunft ist. In unserem speziellen Fall hat sich der Schiffsmarkt leider nicht wie prognostiziert entwickelt.

(Zuruf Wolfgang Kubicki [FDP])

Dadurch wird es in Bezug auf die ausgelagerten Schiffskredite noch schwieriger. Der Wert des Portfolios sinkt weiter, und damit steigt der Verlust für das Land.

Zur Erinnerung: Das Kreditportfolio bestand zunächst aus faulen Krediten im Umfang von 5 Milliarden €. Nach der Schätzung der Wirtschaftsprüfer wurde der Marktwert von der EU auf 2,44 Milliarden € taxiert. Das war der Stand im Frühjahr vergangenen Jahres. Natürlich entwickelt sich ein Markt weiter, und Schiffskredite haben auf diesem Markt nicht an Wert gewonnen, sondern global verloren. Nach meinem Kenntnisstand gibt es keinen zweiten Planeten, auf dem wir im Moment diese Schiffe verchartern könnten.

Da kann man natürlich sagen: Die Wirtschaftsprüfer haben keine Ahnung, die Prognose war falsch beziehungsweise ist so nicht eingetroffen. Ich frage bewusst in Richtung FDP und CDU, auf welcher Grundlage die Bewertung sonst hätte geschehen sollen.

(Zuruf Wolfgang Kubicki [FDP])

Hätte der Kollege Koch die Prognose besser vornehmen können? Hätten Sie, Herr Kollege Kubicki, es besser machen können?

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Definitiv!)

Sie schimpfen hier auf die Landesregierung, die alles falsch gemacht habe. Glauben Sie denn allen Ernstes, dass wir heute besser dastehen würden, wenn das Parlament im Dezember entschieden hätte, die Bank abzuwickeln?

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Jedenfalls nicht schlechter!)

- Ich persönlich glaube nicht, dass eine Abwicklung das bessere Szenario gewesen wäre. Ich glaube erst recht nicht, dass dies bei der Marktentwicklung, die wir gerade erlebt haben, so gewesen wäre. Die Prognosen von MSI, die die Charterraten prognostiziert haben, sind teilweise um über 20 % eingebrochen. Das ist nicht die Schuld der Landesregierung.

An dieser Stelle muss man aber tatsächlich auch CDU und FDP verteidigen. Wenn es um Prognosen bei der HSH Nordbank geht, so lässt sich feststellen, dass bisher keine einzige eingetroffen ist. Es kommt bei der HSH Nordbank irgendwie immer anders. Der Schiffsmarkt hat sich immer negativer als prognostiziert entwickelt.

(Beifall PIRATEN)

Wenn ich mich zurückerinnere an die Zeit, als ich neu hier im Landtag war, so zeigt dies die Situation der HSH Nordbank ganz deutlich. In den ersten Ausschusssitzungen, an denen ich teilnehmen durfte und in denen es um die Quartalsberichte der HSH Nordbank ging, sprachen wir alle noch von einer Ziehungswahrscheinlichkeit. Damit war gemeint, dass von den 10 Milliarden € Garantie tatsächlich nur ein einziger Euro gezogen wird. Wir haben also über eine Wahrscheinlichkeit gesprochen, ob wir überhaupt einen Euro zahlen müssen. Vier Jahre später reden wir darüber, dass die kompletten 10 Milliarden € an Garantie ausgezahlt werden müssen. Innerhalb von vier Jahren sind wir von eventuell einem Euro auf die volle Ausschöpfung der Garantiesumme von 10 Milliarden € gekommen. Das ist ein ganz schön dickes Ding.

(Beifall PIRATEN)

An dieser Stelle müssen wir uns vielleicht einmal fragen, warum keine Planung oder Prognose bei der HSH Nordbank jemals Bestand hatte. Vielleicht finden wir in den Akten dazu etwas. Ich weiß es nicht.

Wenn wir hier heute eine Schuldzuweisung betreiben können, dann betrifft diese meiner Meinung nach die Entscheidung der schwarz-roten Landesregierung von 2009, den Rettungsplan und die Sunrise-Garantie so zu beschließen. Statt die Bank zu rekapitalisieren und den Bund mit ins Boot zu holen, glaubte man allen Ernstes, dass die Bank besser allein gerettet werden könnte. Mit der Entscheidung, selbst diese Sunrise-Garantie auszusprechen, wurde auch die Entscheidung getroffen, dass das Land Schleswig-Holstein alle Kosten tragen muss. Vor dieser Misere stehen wir in der Zukunft.

(Beifall Dr. Patrick Breyer [PIRATEN] und Lars Harms [SSW])

Mit der Entscheidung von 2009 sind wir auch zu der Entscheidung gekommen, dass wir die Schulden der HSH Nordbank komplett tragen müssen.

An dieser Stelle, Herr Kubicki, können Sie tatsächlich den Besserwisser spielen, denn eines muss man feststellen: Wenn man 2005 der FDP gefolgt wäre, hätte die Bank verkauft werden können. Dann hätten wir diese Probleme nicht gehabt.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Wenn wir 2009 den Vorschlägen von FDP und Grünen ge- folgt wären, hätten wir die Probleme auch nicht!)

- Leider hilft uns das alles heute nicht weiter.

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Das stimmt leider auch!)

Natürlich können wir gucken, was man in der Vergangenheit hätte besser machen können. Leider müssen wir aber mit dem Rettungsplan von 2009 arbeiten und das Beste daraus machen. Meine Hoffnung ist, dass der Verkauf der Bank im nächsten Jahr tatsächlich gelingt und der Schrecken ein Ende hat. Alternativ wird die Abwicklung sein. Darüber, wie das genau weitergeht, werden wir dann im Parlament wahrscheinlich noch einmal reden müssen. Schauen wir einmal, wie es weitergeht.

Wichtig ist, dass 2015 die Entscheidung getroffen wurde. Ich glaube, dass die Ministerin diese Entscheidung nach bestem Wissen und Gewissen getroffen hat. Die Zukunft wird zeigen, ob die Bank verkauft werden kann. Die Zukunft wird auch zeigen, was dann aus unseren Sparkassen wird, die auch Teil der HSH Nordbank sind. Man darf nicht vergessen, dass es hier nicht nur um unser Landesvermögen geht. Es geht auch um die Sparkassenlandschaft in Schleswig-Holstein. Ich glaube nicht, dass wir unsere Sparkassen über den Jordan gehen lassen sollten.

Kommen wir nun noch zu einem Punkt: Die Landesregierung hat einen Gesetzentwurf eingebracht, um die Kreditermächtigung der hsh portfoliomanagement AöR zu reduzieren. Die Ministerin hat das schon damals in der Debatte angekündigt. Sie hat das versprochen und hält dieses Versprechen jetzt ein. Über die Summe von 4,9 Milliarden € und darüber, ob nicht noch 1 Milliarde € oder 2 Milliarden € für einen weiteren Portfolioankauf dabei sein sollten, können wir uns sicherlich streiten.

(Torge Schmidt)

Im Moment wäre ich sehr vorsichtig, noch ein weiteres Portfolio von der HSH Nordbank zu kaufen. Wenn wir das tun, dann nur deswegen, um die Bank für einen Verkauf aufzuhübschen. Die Frage ist, ob es sich tatsächlich lohnt, dafür noch einmal Geld in die Hand zu nehmen. Das muss man in Ruhe und ausführlich beraten, wenn dazu die Zeit ist. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall PIRATEN)

Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen: Ich muss ein schweres Versäumnis eingestehen. Ich habe vergessen, Mitglieder des Itzehoer Richtervereins auf der Tribüne als Besucher zu begrüßen. Es tut mir leid. Ihre Besuchszeit ist nun leider fast vorbei. - Seien Sie uns trotzdem herzlich willkommen im Kieler Landeshaus!

(Beifall)

Nun hat der Kollege Lars Harms für den SSW das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! „Ein Schiff wird kommen und meinen Traum erfüllen.“ So heißt es in einem bekannten Schlager, und so hat man es oft in Bezug auf die HSH Nordbank zu hoffen gewagt. Doch der Schiffsmarkt wird sich aus schleswig-holsteinischer Sicht nicht so weit erholen. Es sind andere, die als Gewinner der Branche davonziehen. Die Landesbank zieht dabei den Kürzeren.

Es ist ja auch von Vorrednern schon darauf eingegangen worden, dass die Schiffe immer größer werden. Der Panamakanal ist ausgebaut worden. Wir haben leider die Schiffe, die auf der Resterampe übrig geblieben sind, wenn man so will. Es ist nicht der Schiffsmarkt, der kränkelt, es sind lediglich die Schiffe unter der Obhut unserer Bank, die auf Grund gelaufen sind. Land ist in diesem Zusammenhang so schnell nicht in Sicht. Das zeichnet sich auch im vorgelegten Bericht der Landesregierung ab.

(Zuruf Dr. Heiner Garg [FDP])

Die Garantien werden womöglich sogar noch eher fällig als anfangs gedacht. Das wird Auswirkungen auf unseren Landeshaushalt haben. Mit diesem Szenario war von Anfang an zu rechnen.

(Zuruf Tobias Koch [CDU])

Jeder, der schon einmal eine private Bürgschaft eingegangen ist, weiß, dass diese in einigen Fällen in Gänze zu begleichen ist. So ist es auch in diesem Fall. So war die gesamte Rettungsaktion angelegt, seit sie beschlossen wurde. Der Kollege Schmidt hat eben mit Recht gesagt, dass es damals auch andere Ideen gegeben hatte, wie man es hätte machen können. Es ist aber anders entschieden worden. Das ist in Ordnung so. Ich glaube nämlich, dass niemand damals die Zukunft vorhersehen konnte. Es war darauf angelegt, dass man Garantien gibt, die dann logischerweise gezogen werden können, auch wenn man am Anfang dachte, es könnte nur die Hälfte sein. Wenn man eine Garantie gibt, muss man aber damit leben, dass eine Situation eintreten kann, in der man für die Garantien geradestehen muss.

Geschäfte ohne Risiko gibt es nicht und wird es auch in Zukunft nicht geben. Die AöR ist eine zu 100 % staatliche Institution. Das heißt, dass der Aspekt der Weisungsgebundenheit greift. Dabei gilt es, den Interessen des Landes Vorrang zu geben. Es nützt wenig, sich jetzt gegenseitig mit einer möglichen Summe zu überbieten. Das soll nicht heißen, dass ich die ganze Hausnummer herunterspielen will. Bei all dem Eifer darf ich Sie beruhigen: Niemand kann die Zukunft vorhersehen, weder die Bank noch die Politik noch sonst wer. Alles in allem geht es wieder einmal darum, dass Vereinbarungen, die in der Vergangenheit getroffen wurden, nun zur Geltung kommen.

In Bezug auf die Debatte um den Schiffsmarkt möchte ich noch einmal daran erinnern, dass dieser Markt in gewissen Maßen nur ein Teilaspekt ist, ein Puzzlestück des Ganzen sozusagen. Worum es hier eigentlich geht, ist, dass wir alle hier im Haus vor einer großen Verantwortung stehen. Verschiedene Landesregierungen haben sich dauerhaft mit dem Gesundheitszustand dieser Bank beschäftigt. Gleiches gilt auch für das Parlament.

Unser Auftrag als Landespolitik ist es, so vermögenschonend wie nur möglich mit den Altlasten der Vergangenheit umzugehen. Diesen Auftrag und die damit zusammenhängende Verantwortung wollen wir wahrnehmen und ihr gerecht werden. Am Beispiel der HSH Nordbank kann man sehr deutlich illustrieren, dass keine Entscheidung ohne Folgen bleibt.

Die Entscheidung von 2011, die Garantien zu senken, hat sich im Nachhinein als falsch herausgestellt. Damals dachte man aufseiten der damaligen Regierung, dass sich die HSH-Nordbank stabilisiert habe und man das Risiko einer Garantieabsenkung

(Torge Schmidt)

eingehen könne. Wie wir heute wissen, ein Trugschluss, der dann erst zu dem Beihilfeverfahren mit Aufspaltung des Bankportfolios und dem Zwang zum Verkauf oder der Abwicklung der Bank geführt hat. Nun gilt es für uns als Küstenkoalition, diese Scherben der Vergangenheit aufzufegen und die Bank bestmöglich auf einen Verkauf vorzubereiten.

Was also tun, wenn man sich in einer solchen Sackgasse befindet? Wir sind Absprachen mit der EU eingegangen, dass wir bis zu 6,2 Milliarden € Nennwert aus dem Portfolio der Bank aufkaufen. Das alles, um die Bank zu erhalten und die damaligen hohen Haftungsrisiken für das Land und unsere Sparkassen, die auch beteiligt sind, zu minimieren. Die Guten ins Töpfchen, die Schlechten ins Kröpfchen. So wurde die AöR gegründet, welche unter der Eigentümerschaft des Landes geführt wird. Sie bleibt auch nach der Zeit der Privatisierung der Bank bestehen, so lange, bis das gesamte Schifffahrtsportfolio abgebaut ist. Der Verkauf der Landesbank bedeutet nicht, dass wir das Thema hinter uns hätten. Wir haben möglicherweise noch das eine oder andere Jahrzehnt „vor der Nase“. Auch wenn Schleswig-Holstein in Zukunft vielleicht nicht mehr Eigentümer der Bank ist, werden wir uns in den nächsten Jahren insgesamt noch mit den internationalen Handelsmärkten auseinandersetzen müssen.

Seit Montag dieser Woche ist ein neues Kapitel in Angriff genommen worden, und die Verkaufsanzeige wurde tatsächlich öffentlich gemacht.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Das ist sensatio- nell!)

Auf unterschiedlichen Kanälen wurde bereits mit möglichen Interessenten gesprochen. Nun also können mögliche Käufer bis zum 27. Februar ihr Interesse auch ganz offiziell bekunden. Es geht also ans Eingemachte. Derzeit stehen alle Zeichen auf Verkauf, der vonseiten der EU-Kommission klar terminiert ist. Das Gesamtausmaß dieser Vorgabe der EU-Kommission kennen wir allerdings nicht. Wir wissen nicht einmal, wie sich dieser Verkauf auswirken wird, was beispielsweise die Einhaltung von Garantien angeht. Das ist auch alles noch nicht geklärt. Das alles wird Ergebnis des Verkaufs sein, wenn es einen geben wird. Das wird noch eine ganz spannende Geschichte.