Protocol of the Session on January 25, 2017

Wir ärgern uns alle über die politischen Fehlentscheidungen der Vergangenheit, über eine verantwortungslose Geschäftspraxis der Bank, über Vorstände, die das Beste für sich selbst herausgeholt haben, aber gleichzeitig mit öffentlichen Mitteln gezockt haben. Wir ärgern uns aber auch über Sicherungsmechanismen, die nur auf dem Papier funktionieren, über ein undurchschaubares Garantiekonstrukt, das 2009 geschaffen wurde, das 2011 zu einer vorschnellen Absenkung der Garantie geführt hat und 2013 eine erneute Aufstockung zur Folge hatte.

Nun müssen wir davon ausgehen, dass die vollen 10 Milliarden € Garantie von der Bank in Anspruch genommen werden. Wir bedanken uns bei unserer Finanzministerin Monika Heinold und ihrem sehr kompetenten Staatssekretär Philipp Nimmermann, die das Parlament sehr umfangreich und transparent informieren, aber nicht nur das Parlament, sondern sich inzwischen auch in öffentlichen Informationsveranstaltungen den Fragen der Bevölkerung stellen. Ich glaube, dass das sehr angemessen ist, und ich hätte mir gewünscht, dass das andere früher genauso getan hätten.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Wenn ich richtig informiert bin, sind auch weitere Informationsveranstaltungen im Land geplant. Auch das begrüßen wir Grüne ausdrücklich.

Als sich das Land 2015 mit der EU-Kommission auf einen Verkauf der HSH Nordbank bis 2018 verständigt hat, musste abgewogen werden, ob die verhandelte Einigung zu dem damaligen Zeitpunkt die beste Alternative gewesen ist oder ob beispielsweise die sofortige Abwicklung besser gewesen wäre. Dieser Beschluss, der dann getroffen wurde, war gebunden an die Entscheidung, der Bank Schrottpapiere von Schiffskrediten abzunehmen.

(Thomas Rother)

Die Bank darf den Ländern Hamburg und Schleswig-Holstein Papiere im Wert von bis zu 6,2 Milliarden € übertragen.

Die Kredite sind inzwischen viel weniger wert. Für ein Volumen von bisher 5 Milliarden € haben die Länder 2,4 Milliarden € bezahlt. Damit der Kaufpreis nicht zu hoch ausfällt, wurde ein Gutachten erstellt, und die EU-Kommission hat ebenfalls darauf geachtet, dass die Länder keine unerlaubte Beihilfe an die Bank zahlen. Das Portfolio hat seitdem weiter an Wert verloren. Die Ministerin ist darauf eingegangen. Die Schiffsmärkte sind weiter eingebrochen.

Viele fragen sich nun, ob es Ende 2015 nicht doch besser gewesen wäre, die Vereinbarung mit der EU nicht einzugehen und die Alternative, also eine sofortige Abwicklung, zu wählen. Die Fragen sind berechtigt - ganz klar. Wo kommen wir hin, wenn man diese Fragen nicht einmal mehr im Parlament diskutieren darf?

Auch wir stellen uns diese Fragen natürlich täglich, weil auch wir uns - auch wenn wir uns anders entschieden haben - die Entscheidung vor eineinhalb Jahren nicht leicht gemacht haben. Ich erinnere mich an die Parlamentsdebatte, in der auch viele Kollegen der Regierungsfraktionen sehr viele Fragen im Kopf hatten.

Rückblickend ist immer alles einfacher zu bewerten und festzustellen. Nach allem, was wir damals an Entscheidungsgrundlagen gehabt haben, glauben wir immer noch, dass es die richtige Entscheidung gewesen ist, jedenfalls im Vergleich zu der anderen Alternative, die ich gerade beschrieben habe.

Bis Ende 2015 betrug die Gewährträgerhaftung 12,5 Milliarden €. Jetzt sind es noch rund 2,6 Milliarden €. Das bedeutet, dass wir einen Schaden von damals zusätzlich 10 Milliarden € gehabt hätten, weil die Gewährträgerhaftung noch höher gewesen ist.

(Zuruf Wolfgang Kubicki [FDP])

Wie sich Charterraten und der Eurokurs entwickeln würden, konnte damals niemand mit Sicherheit voraussagen. Im Herbst 2015 gab es zwei Möglichkeiten. Hätten wir die andere gezogen, hätte man sich die Frage stellen müssen, was dann mit den Sparkassen passiert wäre.

(Zuruf Wolfgang Kubicki [FDP])

Die Finanzministerin ist darauf eingegangen. Die Sparkassen sind zu dem Zeitpunkt bei der Gewährträgerhaftung extrem stark beteiligt gewesen. Ob

das alle Sparkassen überlebt hätten oder ob man sich da etwas anderes hätte überlegen müssen, auch das ist eine Frage, die rückblickend in die Betrachtung mit hineingehört.

Jetzt geht es aber nicht nur um die Entscheidungen der letzten Jahre, sondern es geht auch darum, was noch auf die Länder zukommen könnte, wie ein Worst-Case-Szenario aussehen könnte. Das ist alles Spekulation, aber natürlich kann man sagen, dass der Gesamtschaden des Landes noch wesentlich höher werden könnte. Das bezieht sich zum einen auf die volle Ausschöpfung der Garantie von 10 Milliarden €. Das haben die Kollegen erwähnt. Das bezieht sich zum anderen auf den Totalverlust des Portfolios von 2,4 Milliarden € plus mögliche weitere Portfolioübertragungen, die die Bank letzte Woche im Finanzausschuss zumindest zaghaft angekündigt hat. Es geht auch immer noch um die ausstehende Gewährträgerhaftung, und es könnte im Worst Case auch dazu kommen, dass die Bank nicht verkauft wird. Auch das müsste man in die Schadensrechnung einberechnen.

All das wäre im schlimmsten Fall denkbar, aber es nützt wenig, jetzt darüber zu spekulieren. Wir sollten alle ein Interesse daran haben, dass das alles nicht eintrifft, und jetzt daran arbeiten, dass das, was das Land mit der EU-Kommission vereinbart hat, zum Funktionieren kommt.

Herr Kollege Kubicki, auch Sie waren im Herbst 2015 nicht so eindeutig in Ihrer Analyse, wie Sie das jetzt in einigen Beiträgen sind. Ich erkenne an, dass Sie anders als die CDU-Fraktion nicht so viel Erblast haben, von der Sie sich jetzt loslösen müssen. Nichtsdestotrotz haben auch Sie in einem Radiointerview gegenüber NDR Info im Herbst 2015 gesagt, dass Sie sich zwar ein anderes Modell vorstellen könnten, aber auch, dass Sie sich nicht sicher seien, und Sie haben die Einigung mit der EUKommission als „beste aller schlechten Möglichkeiten“ bezeichnet. Sie haben das zwar eingeschränkt, aber das zeigt, dass vielleicht auch Sie und die FDP-Fraktion nicht ganz sicher waren, was die richtige Entscheidung zum damaligen Zeitpunkt gewesen ist. Auch das gehört zur Debatte dazu.

Wir sollten alle miteinander den Schutz des Landesvermögens zum Ziel haben. Ich stimme der Finanzministerin zu, dass sich die HSH Nordbank bei allem Interesse an der Sache nicht als Wahlkampfthema eignet. Denn wir tragen alle eine Verantwortung, CDU, SPD, Grüne und FDP.

Herr Kollege Koch, mit Herrn Kubicki kann ich gern streiten und manchmal bestimmte Fragen dis

(Rasmus Andresen)

kutieren, aber über Ihren Auftritt bin ich deutlich mehr irritiert gewesen. Sie stellen sich hier hin, zählen alle Fehler auf, die gemacht wurden oder auch nicht gemacht wurden, die in den letzten zwei Jahren Geschichte der Bank sind, aber Sie haben nicht mit einem Wort erwähnt, dass auch Sie als Landtagsabgeordneter 2009 dem Garantiekonstrukt zugestimmt haben. Die Kollegen der SPD haben hier erwähnt, was das für eine Bedeutung gehabt hat, und haben sich dazu verhalten. Das haben Sie nicht gemacht. Sie blenden das einfach aus.

Ich sage nicht, dass ich damals alles besser gewusst hätte, aber ich finde es schon ein bisschen unverschämt, diesen Punkt in der Debatte immer komplett auszublenden.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Bemerkung des Herrn Kollegen Koch?

Herr Koch, bitte.

Herr Kollege Andresen, ich hätte sicherlich noch viel mehr Redezeit gebraucht, wenn ich auf alle Fehler von allen Vorgängerregierungen seit 2003 eingegangen wäre.

(Unruhe)

Wenn Sie Ihre eigene Entscheidung mit Hinweis auf die 12,5 Milliarden € Gewährträgerhaftung begründen, die Ende 2015 noch bestanden, wie können Sie dann zu der Schlussfolgerung kommen, dass die Entscheidung des Jahres 2009 falsch gewesen sei, obwohl damals noch 66 Milliarden € Gewährträgerhaftung bestanden?

Das habe ich nicht getan, sondern ich habe Sie gebeten, in der Debatte auch einmal etwas selbstkritisch mit der Rolle der CDU in der Geschichte der HSH Nordbank umzugehen. Ich habe gesagt: Wir haben alle Fehler gemacht. Sie haben das nie ge

sagt; Sie sagen immer nur, was diese Landesregierung falsch macht. Das ist mir zu einfach.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Darauf werden wir immer wieder hinweisen. Ich glaube, dass das draußen verstanden wird.

Fakt ist auf jeden Fall, wäre das Garantiekonstrukt anders entstanden oder das Garantievolumen 2011 nicht abgesenkt worden, würden wir jetzt vor anderen Fragen stehen und wären nicht in das Verfahren hineingekommen, das zu der neuen Einigung mit der EU geführt hat. Das muss man einfach so deutlich sagen und darf man in diesen Debatten nicht ausblenden.

Ich will am Schluss noch ein, zwei Sätze zum Verkaufsprozess sagen. Die Anzeige zum Verkauf der Bank ist Montag geschaltet worden. In der Öffentlichkeit wird wild spekuliert; kein Mensch weiß, wie es ausgeht.

Ich möchte auch hier noch einmal ganz deutlich sagen: Was wir damit an Hoffnung verbinden, ist, dass wir mit diesem Privatisierungsprozess endlich einen Schlussstrich ziehen können und die HSH Nordbank durch einen Verkauf - in welcher Form auch immer - dann nicht mehr in Landeseigentum ist. Darum haben wir uns im Endeffekt für ein geordnetes Verfahren über einige Jahre entschieden.

Ich bin froh darüber, dass wir an der Spitze des Finanzministeriums zwei Menschen haben, die uns in der Kombination ganz gut durch diesen Prozess steuern können. Mit Monika Heinold haben wir eine Frau mit parlamentarischer Erfahrung - ich kann sie nicht so doll loben, wie es der Kollege Kubicki gemacht hat -, die schon oft gezeigt hat, dass sie im parlamentarischen Prozess kritisch hingeschaut hat. Und auch unser Staatssekretär als Chefvolkswirt einer größeren Bank zeigt, auch in den Unterrichtungen des Ausschusses, dass er weiß, wovon er spricht. Ein besseres Duo könnte es für diesen Prozess nicht geben. Ich bin froh darüber und bin mir sicher, dass wir diesen Prozess weiter gemeinsam zu Ende führen werden. - Vielen Dank.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Für die Abgeordneten der Piratenfraktion hat nun der Herr Kollege Torge Schmidt das Wort.

(Rasmus Andresen)

Vielen Dank, Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Frau Ministerin, vielen Dank für Ihren Bericht. So viel Zeit muss sein.

Die schleswig-holsteinische Schuldenuhr läuft erstmals rückwärts - mit dieser famosen Schlagzeile wurden wir vor ein paar Wochen konfrontiert. Überall gab es großes Schulterklopfen. Selbst CDU und FDP fiel zu dieser Schlagzeile wenig spektakuläres Gemecker ein.

Doch was bleibt von den 1,50 € pro Sekunde, um die sich der Schuldenstand reduziert? Leider nichts, denn das, was wir PIRATEN bereits bei den Haushaltsberatungen angemahnt haben, tritt jetzt vermutlich schneller und heftiger ein als zunächst erwartet.

Die Garantien für die HSH Nordbank werden fällig, und damit wird sich der Schuldenstand von Schleswig-Holstein um mehr als 15 Milliarden € erhöhen. Da stellt sich dann die Frage, ob es mit dieser Schulterklopferei nicht ganz schnell wieder vorbei ist. Es geht hier auch nicht allein um die Garantien, sondern es geht vielmehr um das Schiffskreditportfolio der hsh portfoliomanagement AöR. Denn das Land hat noch einmal 2,4 Milliarden € für die schlimmsten der schlimmen Schiffskredite ausgegeben, von denen wahrscheinlich die wenigsten mehr als den Schrottpreis einbringen werden.

An dieser Stelle muss ich mich tatsächlich wundern, dass bei der CDU und anderen Leuten im Gespräch ist, dass dieses Portfolio werthaltig sei.

(Tobias Koch [CDU]: Was, wir?)

Ich bin mir ganz sicher, dass es nicht naiv wäre zu glauben, dass die HSH Nordbank dem Land Schiffe überträgt, die großartig werthaltig sind. Es war doch Sinn und Zweck der Maßnahme, dass sich die HSH Nordbank von dem Schlimmsten des Schlimmsten befreit. Dementsprechend ist es logisch, dass diese Schiffe nicht solche sind, die man in Zukunft wirklich benutzen kann.

(Zuruf Tobias Koch [CDU])