Es war damals Landtagswahlkampf in SchleswigHolstein. Ich stand mit Heide Simonis auf dem Podium. Ich war damals kein Mitglied der SPD. Im Jahr 2000 haben Sie unseren Eltern die deutschen Pässe wieder abgeknöpft, indem Sie sie eingeschüchtert und ihnen gesagt haben: Wir werden euch aus diesem Land weisen. - Sie haben Menschen, die 30 oder 40 Jahre lang in diesem Land lebten, den deutschen Pass abgeknöpft und ihnen erst einmal nur eine Duldung gegeben - was für eine Erniedrigung.
Ich habe damals ins Publikum gesagt: Wir, die wir hier geboren und aufgewachsen sind, lassen so nicht mit uns umgehen.
Ich habe die doppelte Staatsbürgerschaft. Wenn Sie Mut haben, dann fangen Sie mit mir an und nehmen mir einen meiner Pässe ab. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Sven Krumbeck [PIRATEN] - Serpil Midyatli [SPD] hält einen deutschen und einen türkischen Reisepass in die Höhe)
Woran kann man erkennen, dass Wahlkampf ist? Wenn die Koalition einen Dringlichkeitsantrag stellt, dessen einziger Auslöser ein Parteitagsbeschluss einer Partei in Deutschland war - in diesem Fall der CDU Deutschland.
Das veranlasst Sie dazu, hier ein Bekenntnis des Landtages zu einem Sachverhalt abzufordern, der überhaupt nicht zur Debatte steht.
Herr Kollege Dr. Stegner, Sie sprechen gern von Oppositionsklamauk. Ich nenne das Koalitionsklamauk.
Was ist der Anlass dieser Debatte? Ein Beschluss des CDU-Bundesparteitages, kein Beschluss der Bundesregierung oder der Großen Koalition.
(Wolfgang Kubicki [FDP]: Sollen wir die nicht ernst nehmen? - Wolfgang Baasch [SPD]: Warum machen Sie dann überhaupt Bundesparteitage? - Weitere Zurufe)
Es ist eine Diskussion innerhalb der CDU über ihr Wahlprogramm 2017. Das halten Sie für so dringend, dass der Landtag sich damit beschäftigen muss. Nun könnten wir uns ja geschmeichelt fühlen - tun wir aber nicht.
Vielleicht erinnern Sie sich einmal an diverse eigene Parteitagbeschlüsse, die Sie gefasst haben, die sich in Regierungshandeln nicht so niedergeschlagen haben.
- Nein, weil wir zu unterscheiden wissen. Ich denke, die Grünen könnten einmal über ihre Parteitagsbeschlüsse zu sicheren Herkunftsstaaten und dann über das Abstimmungsverhalten des Ministerpräsidenten Kretschmann im Bundesrat nachdenken. Da gibt es auch eine Diskrepanz.
Wir alle wissen doch: Das eine sind Parteitagsbeschlüsse. Das sind Grundsatzbeschlüsse einer Partei.
Meine Damen und Herren, bitte überlassen Sie der Frau Abgeordneten ihre Redezeit. Die Debatte können Sie anschließend fortsetzen.
Wir können gern noch einmal über das Thema sprechen. Es ist richtig: Die grundsätzliche Haltung der CDU zur doppelten Staatsbürgerschaft hat sich nicht verändert. Auch das ist keine wirkliche Überraschung. Das haben wir hier in diversen Reden schon deutlich gemacht. Darüber können wir uns gern fachlich und sachlich auseinandersetzen. Ich denke aber nicht, dass wir dies in dieser persönlichen Art und Weise tun müssen.
Die CDU Deutschland ist der Ansicht, dass wir den Menschen sehr wohl eine Entscheidung für eine Staatsangehörigkeit abverlangen können. Das hat
eine Mehrheit unserer Partei auf dem letzten Parteitag beschlossen. Sie müssen das nicht gut finden.
Dieser Beschluss kommt nicht überraschend. Wir haben in der Vergangenheit nie einen Hehl daraus gemacht, dass wir Mehrstaatlichkeit grundsätzlich ablehnen.
Wir sind der Ansicht, dass sich Menschen sehr wohl zu einer Staatsbürgerschaft bekennen können. Im Übrigen geht es hier um eine Staatsbürgerschaft und nicht darum, eine Kultur abzulegen.
(Wolfgang Kubicki [FDP]: Wenn Sie die Mehrstaatlichkeit ablehnen, dann sollte McAllister seinen Pass abgeben!)
- Ich habe gesagt, dass wir die Mehrstaatlichkeit grundsätzlich ablehnen. Uns ist sehr wohl bewusst, dass es eine Vielzahl an Ausnahmen gibt.
Es gibt nahezu 60 Staaten, für deren Bürger in Deutschland Mehrstaatlichkeit möglich ist. Insgesamt gibt es aber 200 Staaten auf der Erde. Insofern gibt es 140 Staaten, auf die das so nicht zutrifft.
Es bleibt dabei: Wir halten Mehrstaatlichkeit nicht für so erstrebenswert, wie Sie das tun. Wir sind der Ansicht, Menschen können sich entscheiden. Es ist den Menschen zuzumuten, sich für eine Staatsangehörigkeit zu entscheiden.
Ich möchte noch einmal darauf hinweisen, dass wir überhaupt keine Veranlassung sehen, hier heute ein Bekenntnis des Landtags abzulegen zu einem Thema, das überhaupt kein aktuelles Regierungsthema ist.