Protocol of the Session on December 16, 2016

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Es war damals Landtagswahlkampf in SchleswigHolstein. Ich stand mit Heide Simonis auf dem Podium. Ich war damals kein Mitglied der SPD. Im Jahr 2000 haben Sie unseren Eltern die deutschen Pässe wieder abgeknöpft, indem Sie sie eingeschüchtert und ihnen gesagt haben: Wir werden euch aus diesem Land weisen. - Sie haben Menschen, die 30 oder 40 Jahre lang in diesem Land lebten, den deutschen Pass abgeknöpft und ihnen erst einmal nur eine Duldung gegeben - was für eine Erniedrigung.

Ich habe damals ins Publikum gesagt: Wir, die wir hier geboren und aufgewachsen sind, lassen so nicht mit uns umgehen.

(Serpil Midyatli)

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und Sven Krumbeck [PIRATEN])

Ich habe die doppelte Staatsbürgerschaft. Wenn Sie Mut haben, dann fangen Sie mit mir an und nehmen mir einen meiner Pässe ab. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Sven Krumbeck [PIRATEN] - Serpil Midyatli [SPD] hält einen deutschen und einen türkischen Reisepass in die Höhe)

Das Wort für die CDU-Fraktion hat die Frau Abgeordnete Astrid Damerow.

(Burkhard Peters [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Ein schwerer Gang!)

Herr Präsident! Verehrte Damen und Herren! Ich fange jetzt ähnlich wie die Kollegin Midyatli an.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Sie wollen Ihren Pass abgeben?)

Woran kann man erkennen, dass Wahlkampf ist? Wenn die Koalition einen Dringlichkeitsantrag stellt, dessen einziger Auslöser ein Parteitagsbeschluss einer Partei in Deutschland war - in diesem Fall der CDU Deutschland.

(Dr. Ralf Stegner [SPD]: Für die Sie kandi- dieren, Frau Kollegin! - Weitere Zurufe SPD)

Das veranlasst Sie dazu, hier ein Bekenntnis des Landtages zu einem Sachverhalt abzufordern, der überhaupt nicht zur Debatte steht.

(Unruhe - Glocke Präsident)

Herr Kollege Dr. Stegner, Sie sprechen gern von Oppositionsklamauk. Ich nenne das Koalitionsklamauk.

(Beifall CDU - Wortmeldungen und Zurufe)

Nach diesem Redebeitrag der Kollegin Midyatli lasse ich keine Zwischenfragen zu.

Was ist der Anlass dieser Debatte? Ein Beschluss des CDU-Bundesparteitages, kein Beschluss der Bundesregierung oder der Großen Koalition.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Sollen wir die nicht ernst nehmen? - Wolfgang Baasch [SPD]: Warum machen Sie dann überhaupt Bundesparteitage? - Weitere Zurufe)

Es ist eine Diskussion innerhalb der CDU über ihr Wahlprogramm 2017. Das halten Sie für so dringend, dass der Landtag sich damit beschäftigen muss. Nun könnten wir uns ja geschmeichelt fühlen - tun wir aber nicht.

(Unruhe)

Vielleicht erinnern Sie sich einmal an diverse eigene Parteitagbeschlüsse, die Sie gefasst haben, die sich in Regierungshandeln nicht so niedergeschlagen haben.

(Zuruf SPD)

- Nein, weil wir zu unterscheiden wissen. Ich denke, die Grünen könnten einmal über ihre Parteitagsbeschlüsse zu sicheren Herkunftsstaaten und dann über das Abstimmungsverhalten des Ministerpräsidenten Kretschmann im Bundesrat nachdenken. Da gibt es auch eine Diskrepanz.

Wir alle wissen doch: Das eine sind Parteitagsbeschlüsse. Das sind Grundsatzbeschlüsse einer Partei.

(Zuruf SPD: Ja, das ist ja noch viel schlim- mer!)

Das andere ist Koalitionshandeln. Aber sei es drum.

(Unruhe)

- Herr Präsident? Ist es möglich, dass ich hier meine Rede halten kann?

(Glocke Präsident)

Meine Damen und Herren, bitte überlassen Sie der Frau Abgeordneten ihre Redezeit. Die Debatte können Sie anschließend fortsetzen.

Wir können gern noch einmal über das Thema sprechen. Es ist richtig: Die grundsätzliche Haltung der CDU zur doppelten Staatsbürgerschaft hat sich nicht verändert. Auch das ist keine wirkliche Überraschung. Das haben wir hier in diversen Reden schon deutlich gemacht. Darüber können wir uns gern fachlich und sachlich auseinandersetzen. Ich denke aber nicht, dass wir dies in dieser persönlichen Art und Weise tun müssen.

(Zurufe)

Die CDU Deutschland ist der Ansicht, dass wir den Menschen sehr wohl eine Entscheidung für eine Staatsangehörigkeit abverlangen können. Das hat

(Serpil Midyatli)

eine Mehrheit unserer Partei auf dem letzten Parteitag beschlossen. Sie müssen das nicht gut finden.

(Marlies Fritzen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Angela Merkel findet das auch nicht gut!)

Nichtsdestoweniger ist es ein Mehrheitsbeschluss unserer Partei.

(Unruhe - Glocke Präsident)

Dieser Beschluss kommt nicht überraschend. Wir haben in der Vergangenheit nie einen Hehl daraus gemacht, dass wir Mehrstaatlichkeit grundsätzlich ablehnen.

(Martin Habersaat [SPD]: Und oft gegen die Türkischstämmigen polemisiert!)

Wir sind der Ansicht, dass sich Menschen sehr wohl zu einer Staatsbürgerschaft bekennen können. Im Übrigen geht es hier um eine Staatsbürgerschaft und nicht darum, eine Kultur abzulegen.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Wenn Sie die Mehrstaatlichkeit ablehnen, dann sollte McAllister seinen Pass abgeben!)

- Ich habe gesagt, dass wir die Mehrstaatlichkeit grundsätzlich ablehnen. Uns ist sehr wohl bewusst, dass es eine Vielzahl an Ausnahmen gibt.

Es gibt nahezu 60 Staaten, für deren Bürger in Deutschland Mehrstaatlichkeit möglich ist. Insgesamt gibt es aber 200 Staaten auf der Erde. Insofern gibt es 140 Staaten, auf die das so nicht zutrifft.

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Es geht doch nicht um die Deutsch-Amerikaner!)

Es bleibt dabei: Wir halten Mehrstaatlichkeit nicht für so erstrebenswert, wie Sie das tun. Wir sind der Ansicht, Menschen können sich entscheiden. Es ist den Menschen zuzumuten, sich für eine Staatsangehörigkeit zu entscheiden.

(Zuruf Martin Habersaat [SPD])

Ich möchte noch einmal darauf hinweisen, dass wir überhaupt keine Veranlassung sehen, hier heute ein Bekenntnis des Landtags abzulegen zu einem Thema, das überhaupt kein aktuelles Regierungsthema ist.