Wahlkampfzeiten sind aber auch Zeiten für Wahlgeschenke. Das ist eine Art politische Bestechung nach unten, verbunden mit einem Lächeln
und der Hoffnung, dass das Geschenk richtig verstanden wird und dass man dafür bei der Wahl belohnt wird. Anders kann man das Krippengeld-Gesetz nicht bezeichnen. Ich habe im Juli gesagt: Das ist ein Wahlgeschenk, weil es pünktlich zur heißen Phase des Wahlkampfs umgesetzt wird.
Herr Stegner, Sie haben gesagt, was Sie tun und was Sie versprechen. Das hätten Sie auch schon früher tun können. Dann wäre das glaubwürdiger gewesen.
Aber so passt es besser zu den Ausführungen von Sigmar Gabriel: Wir müssen dem Bürger einmal wieder etwas geben, weil er sonst anfängt, komisch zu wählen. - Was Sie hier tun, passt in das Paket dessen, was er gesagt hat.
Sie mir die Anmerkung: Das Schauspiel war schon wunderlich. Da lieferten sich Opposition und Regierung einen Schlagabtausch um die schlechteste Kita-Politik im Land. Immer rückwärtsgewandt konterten die regierungstragenden Fraktionen jeden Hinweis - vor allem von der CDU - höhnisch mit dem Verweis auf noch schlechtere alte Zeiten. Ich muss sagen, dass ich das irgendwann ausgesprochen langweilig fand.
Es geht auch darum, wie wir das in sich instabile System heute stärken, damit es auch morgen hält. Diese heterogenen und intransparenten Strukturen im Finanzbereich müssen wir so vereinfachen, dass sie einleuchtend, vergleichbar und vor allen Dingen für alle finanzierbar sind. Die Kollegin Erdmann sagte es schon: Nur in Mecklenburg-Vorpommern und bei uns sind die Belastungen für die Eltern so hoch. Darum will die Koalition die Eltern einkommensunabhängig um 100 € entlasten.
Hier sind wir ideologisch bei Gabriels Sozialpaket, denn das 100-€-Geschenk sollen die Beschenkten erst einmal toll finden. Die Koalition wird das Geschenk überreichen, obwohl sie schon heute genau weiß, dass die Eltern gar nichts davon haben werden, weil die Gebühren für den Kita-Platz entsprechend steigen werden.
Das Geld wird verrauchen wie eine Wunderkerze. Wenn der schöne Schein vorbei ist, wird man den Eltern sagen: Das waren nicht wir, das waren die bösen Träger, die das Geld wieder weggenommen haben.
So sieht das übrigens auch die sicherlich nicht als regierungskritisch zu wertende GEW - das ist schon mehrfach angesprochen worden -, die gesagt hat: Entlastung ja, aber nicht zu diesem Zeitpunkt, das Geld sollte zuerst in stabile Strukturen und erst dann in Richtung Gebührenfreiheit gelenkt werden. Das war die Empfehlung.
Herr Günther hat es schon gesagt, die Kollegin Klahn hat es angeführt: Von acht Anzuhörenden sahen das sieben genauso. Auch die Elternvertreter sind beim Thema Systemstabilität skeptisch. Nein, dieses Gesetz fand im Ausschuss nicht den Hauch einer überzeugenden außerparlamentarischen Mehr
Was nützt einer Mutter der 100-€-Segen, wenn die Gruppe wegen Personalmangel im Krankheitsfall einfach schließen muss? Davon hat keiner etwas. Stabile Gruppen, guter Personalschlüssel, angemessene Ausstattung, gedeckte Betriebskosten - Kitas kosten viel Geld, und das muss bereitgestellt werden, von verschiedenen Akteuren.
Wir müssen dazu die Finanzstrukturen neu ordnen. Das hat die Jugendministerin auch schon angekündigt. In diesem Ziel sind wir mit der CDU völlig einig.
Das vorgelegte Gesetz hingegen kann ich nicht unterstützen. Wenn die vorgetragenen Argumente nicht ausreichen, hätten spätestens die Hilferufe der eigenen Bürgermeister die Koalitionäre aus ihren Träumen reißen müssen. Die Kommunen stehen kurz vor einem Kollaps.
Herr Günther hat es angesprochen. Frau Klahn hat es angesprochen. Das wissen wir von den Betroffenen. Das hat die CDU in ihren Antrag aufgenommen. Die im Ausschuss, aber auch in persönlichen Besuchen und Gesprächen vor Ort vorgetragenen Fakten sind uns allen bekannt, sie sind überzeugend, belastbar und müssen hier nicht zum x-ten Mal ausgeführt werden.
Unterschiedlich ist nur die Bewertung der Fakten. Während die Koalition an ihrem Wahlgeschenk festhält, plädieren auch die PIRATEN dafür, die gut 23 Millionen € und die Personalkapazitäten beim Landesamt für soziale Dienste dort einzusetzen, wo sie gebraucht werden, um das System stabil zu machen.
Darüber kann man in der Sache streiten, darüber muss man gar nicht ideologisch streiten. Was ich allerdings schwierig finde, ist der Umstand, dass die Regierungsfraktionen auch die neutralen Stellen wie den Landesrechnungshof und seine Stellungnahme schlicht nicht zur Kenntnis nehmen. Keine Einkommensunabhängigkeit fordert dieser zum
Beispiel. Das ist auch einleuchtend. Diejenigen, die mit einem geringen Einkommen bereits über die Sozialstaffelregelung weitgehend befreit sind, kommen gar nicht erst in den Genuss der 100 €. Besser sei es - so der Landesrechnungshof -, über einen landesweit einheitlichen Beitrag eine Entlastung der Eltern anzustreben. Bedarfsgerechte Förderung des Abbaus und der Qualität sollten im Vordergrund stehen. - Ich kann dem Landesrechnungshof an dieser Stelle nur zustimmen.
Er fügt eine weitere Kritik an. Der Landesrechnungshof mit seinen Finanzexperten geht davon aus, dass der Personalaufwand mit sieben Stellen zur Verwaltung dieses Geldes sicherlich nicht ausreichen wird.
Beide Kritikpunkte immer vor dem Hintergrund, dass es sich um eine Ausgabe handelt, die nicht transparent und nachvollziehbar gegenfinanziert ist und bei den Eltern nicht ankommen wird. Das stellt auch die Landeselternvertretung der Kindertageseinrichtungen in Schleswig-Holstein fest. Auf Seite 5 der Stellungnahme heißt es: „Pauschale von 100 € stellt keine bedarfsgerechte Finanzierung dar“ - ein Satz, der einschließt, dass wir uns zunächst um die belastbaren und bedarfsgerechten Finanzierungsstrukturen kümmern müssen. Lassen Sie uns über den CDU-Antrag als Grundlage dazu sprechen, und ziehen Sie den Part des vorgelegten Gesetzes, der das Kita-Geld betrifft, zurück! Das Geld wird für die Strukturen benötigt, und dort sind wir noch lange nicht da, wo wir sein sollten.
„Weitere Qualitätssteigerungen seien zwingend notwendig, ‚eine umfassende, qualifizierte frühkindliche Betreuung, Bildung und Förderung ist mit den derzeit bestehenden Standards leider noch nicht gewährleistet‘.“
Vor diesem Hintergrund appelliere ich noch einmal an die Kollegen: Kehren Sie in diesem Zusammenhang zu der Grundforderung vom September letzten Jahres zurück, als es um die Herdprämie ging, alle möglichen Mittel in die Strukturen und Qualität zu stecken. Wenn dort ein zufriedenstellender Level erreicht ist, kann man sich auf den Weg zur Beitragsfreiheit machen, vorher nicht. - Danke schön.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Ich habe es für den SSW schon in der ersten Debatte zu diesem Gesetz betont: Unser Ziel ist und bleibt die beitragsfreie frühkindliche Bildung.
Das Krippengeld ist hier ein erster Schritt zur Entlastung der Familien, aber eben nur ein erster Schritt. Wir alle wissen, dass unsere Ressourcen nicht unbegrenzt sind. Doch ist für den SSW und für diese Koalition völlig klar, dass es hierbei nicht bleiben wird. Wir wollen und werden noch mehr tun, wenn es um die Unterstützung von Familien mit Kindern geht. Wir werden weiter dafür arbeiten, dass der Zugang zu Bildung nicht länger vom Geldbeutel der Eltern abhängt. Nach unserer Überzeugung muss Bildung grundsätzlich kostenlos sein. Das ist unser Ziel. Ich gebe gern zu, dass da noch ein weiter Weg vor uns liegt.
Natürlich kann man auf dem Weg zu einem kostenfreien Bildungswesen andere Schritte vorziehen. Schon allein deshalb kann man unseren Ansatz vielleicht kritisieren. Das wurde nicht zuletzt in der Anhörung sehr deutlich. Aber eines wurde genauso deutlich: Das grundsätzliche Ziel dieser Koalition, dass Bildung - und hierzu gehört auch die frühkindliche Bildung - beitragsfrei sein sollte, wurde von den allermeisten Experten bei der mündlichen Anhörung geteilt. Mich persönlich wundert das nicht, denn so schafft man echte Chancengleichheit und gibt den Menschen die Möglichkeit, durch Bildung aufzusteigen.
Gerade in diesen Zeiten ist man natürlich nicht verlegen, wenn es um die eine oder andere knackige Forderung geht. Den einen fällt nun auf, wie teuer ein Betreuungsplatz sein kann, und sie rufen deshalb, das Krippengeld sei viel zu wenig. Die anderen wollen mehr Qualität in der gesamten frühkindlichen Bildung. Wieder andere entdecken bei dieser Gelegenheit ihr Herz für die Kommunen. Doch bei aller Kritik - ob berechtigt oder überzogen - ist eines nicht von der Hand zu weisen: Eltern von Krippenkindern haben durch unsere Entscheidung jeden
Monat bis zu 100 € mehr im Geldbeutel. Das ist eine konkrete Entlastung, das kann man nicht wegdiskutieren.
Eines ist völlig richtig: Von dieser Maßnahme profitieren Familien mit kleinen Kindern, denen es finanziell gut oder sogar sehr gut geht. Doch wer hier direkt das plakative Bild von den Reichen hervorkramt, sagt höchstens die halbe Wahrheit. Tatsache ist, dass gerade diejenigen, die einer völlig normalen Arbeit nachgehen und ein überschaubares Einkommen haben, ganz besonders von dieser Maßnahme profitieren.
Es gibt einfach deutlich mehr Postboten, Krankenschwestern und ganz normale Facharbeiter im Land als Superreiche. Für sie machen 100 € pro Kind und Monat nun einmal einen echten Unterschied. Gerade diese Menschen haben wir mit dem Krippengeld im Blick.