Protocol of the Session on September 22, 2016

fenen Maßnahmen zeigen überhaupt keine Wirkung. Nach drei Jahren zeigt sich, dass das betriebliche Gesundheitsmanagement bis jetzt nicht die erwünschte Wirkung zeigt. Nach drei Jahren, damit wir uns richtig verstehen. Wir sprechen jetzt nicht davon, dass wir uns das mal angeguckt haben, und dann zählt das alles nicht.

Schon gar nicht ist es ein Allheilmittel. Der Alltag in unseren Justizvollzugsanstalten wird bestimmt vom täglichen Ausgleich der aktuellen Krankheitsstände und Urlaubszeiten, den Begleitungen zu Gerichtsverhandlungen und Arztbesuchen, der Organisation der bisherigen Aufschlusszeiten.

Und jetzt sagen Sie, Frau Ministerin: „Da ist ja noch Zeit, um sich kreativ zusammenzusetzen, wie man denn die Kommunikationsprobleme, wie man denn das Miteinander, wie man denn die Arbeitsgemeinschaften noch gestalten kann.“ Sie sagen dann auch noch: „Auch dafür sind natürlich noch einmal Überstunden erforderlich.“ Was heißt denn das? Wir haben auf dem Papier stehen: Demnächst gibt es Betriebssport. Und das soll alles mit Überstunden geleistet werden? Das ist die Ist-Situation, und die hat nichts mit dem neuen Strafvollzugsgesetz zu tun. Darüber reden wir seit drei Jahren. Der Geduldsfaden ist bei mir am Ende und bei vielen anderen auch.

(Beifall CDU, FDP und PIRATEN)

Und Sie wissen das. Ich darf das sagen, Frau Ministerin, denn ich bin regelmäßig in den Justizvollzugsanstalten. Ich war kurz vor der Sommerpause in Lübeck, ich war in der letzten Woche in Neumünster. Und ich gehöre nicht zu denen, die jedes Mal populistisch damit an die Presse gehen. Aber jetzt ist wirklich Schluss, vor allem mit Ihrem Bericht, wenn Sie doch wirklich alles sehen und trotzdem sagen: „Wir brauchen Zeit.“ Wo ist denn die Zeit?

Sie lassen auch die Gefangenen alleine; denn die neu geschaffenen Ansprüche der Gefangenen sind ja gar nicht umzusetzen. Die ersten Anzeichen dafür, dass sie wissen, wie sie ihre Rechte in Anspruch nehmen können- dieses Recht haben sie ja wohl -, sehen wir an den Vorfällen in Neumünster und an den Protesten am Sonnabend in Lübeck, die natürlich im Zusammenhang damit stehen. Was muss denn noch passieren, damit diese Regierung versteht, dass es unter diesen Bedingungen - um genau zu sein - ein Fehler war - jetzt kommt es; zu Ende zuhören! -, das Vollzugsgesetz ohne Übergangszeiten auf den Weg zu bringen.

(Beifall CDU, FDP und PIRATEN)

(Barbara Ostmeier)

Ich kann mich noch genau erinnern. Herr Dr. Stegner, das hätte Ihnen auch nicht gefallen. In der letzten Innen- und Rechtausschusssitzung, in der das Gesetz abschließend beraten wurde, kam am Ende die Frage auf: „Wann soll das Gesetz denn in Kraft treten? Da stehen ja nur Punkte.“ Frau Spoorendonk sagte: „Das weiß ich auch nicht.“ Da sagte Burkhard Peters: „Am 1. September 2016.“ - Ja, machen wir. Zack, durch! Wunderbar!

Das ist ja wie auf dem Basar. Die Anstaltsleitungen stehen dann da und müssen jetzt in den Sommerferien irgendwie die Dienste organisieren, weil die Ansprüche bestehen. Ist ja auch egal, ob die Gefangenen rasseln. Macht ja nichts. Die Überstunden sind doch völlig wurscht.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Frau Ministerin, das Ergebnis der Untersuchung zum Betrieblichen Gesundheitsmanagement hat ergeben, dass insbesondere das Gefühl, alleingelassen zu werden, das Gefühl, nicht respektiert zu werden, das Gefühl, keine Anerkennung zu haben, der Grund für die Misere ist. Und was tun Sie? Sie ignorieren das alles. Hören Sie denn immer noch nicht zu? Mein Gott noch mal!

(Lebhafter Beifall CDU, FDP und PIRA- TEN)

Jetzt kommen Sie mit den 20 Bediensteten. Das ist ja toll. Wie glaubwürdig ist das? In den letzten Wochen haben Sie im Innen- und Rechtsausschuss mit Ihrem Staatssekretär gesagt: „Wir brauchen nicht mehr Personal.“ Ich glaube, am Montag stand noch in der Zeitung: „Mehr Personal brauchen wir nicht.“ Um 15 Uhr am Dienstagmittag über dpa: Es gibt 20 Stellen. Nun frage ich mich: Wem sollen wir für diese Wohltat danken? Die Ministerin kann es nicht gewesen sein, weil sie noch bis Dienstagvormittag vollmundig gesagt hat, wir brauchten nicht mehr. Ich weiß also schlicht nicht, wem wir danken sollen, offensichtlich jedenfalls nicht Ihnen.

Warum eigentlich 20 Stellen? Nach Ihren Berechnungen fehlen ja 100. Wird das bei Ihnen vor den Landtagssitzungen eigentlich immer ausgewürfelt, oder wie macht man das? Wenn Sie das nächste Mal würfeln, dann sagen Sie: „Es fehlen noch 20 Staatsanwälte.“

Jetzt zu den Maßnahmen.

(Zuruf Dr. Ralf Stegner [SPD])

Den Dringlichkeitsantrag haben Sie als Klamauk bezeichnet. Ich kann Ihnen sagen: Am Ende der Fahnenstange aller Maßnahmen, wie wir mit unseren Straftätern umgehen, ist der Strafvollzug, wo es

um Resozialisierung und Opferschutz geht, eine der wichtigsten Maßnahmen. Da ist „Klamauk“ wirklich der falsche Ausdruck.

(Beifall CDU, FDP und PIRATEN)

Im Justizvollzugsdienst dieses Landes haben sich über 22.000 Mehrarbeitsstunden angehäuft. Und dann sagen Sie: Unser Antrag wird mal einfach so vom Tisch gewischt. Das finde ich ignorant, und das hat überhaupt nichts damit zu tun, dass wir jetzt zuhören. Verschaffen Sie sich die nötige Zeit; dann handeln Sie auch richtig.

Frau Kollegin, kommen Sie bitte zum Ende.

Frau Ministerin, ich hoffe, dass unser Antrag nicht vom Tisch ist, sondern dass wir darüber reden. Ich wünsche mir, dass wir endlich Maßnahmen ergreifen, damit Ruhe und Handlungsfähigkeit in unsere Anstalten einkehren. - Vielen Dank.

(Anhaltender Beifall CDU und FDP)

Für die SPD-Fraktion hat Herr Abgeordneter Thomas Rother das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch von mir natürlich erst einmal vielen Dank an die Landesregierung und an das Justizministerium für die Beantwortung der Fragen. Ich sage aber auch vielen Dank an Herrn Dudda. Sein Beitrag hat gezeigt, dass man sich mit diesem Thema auch völlig unaufgeregt und auf sachlicher Ebene ganz vernünftig auseinandersetzen kann. Dafür vielen Dank.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, manchmal ist in Schleswig-Holstein doch einiges anders als in anderen Bundesländern, so auch im Justizvollzug. Wir haben in unserem Land die geringste Gefangenenrate. In Bayern sitzen beispielsweise dreimal so viele Menschen bezogen auf die Bevölkerungszahl ein. Bei der Kapazitätsauslastung liegen wir im Mittelfeld.

(Zurufe CDU)

(Barbara Ostmeier)

Die Planung funktioniert offenkundig gut. Bei den laufenden Ausgaben pro Gefangenem liegen wir im oberen Mittelfeld. Wir tun also mehr als andere.

(Beifall SPD)

Und - man glaubt es kaum - beim Personal liegen wir mit 71 Stellen pro 100 Gefangene auf dem dritten Platz, andere Länder gönnen sich dort beispielsweise nur 55 Beschäftigte.

(Beifall SPD und SSW)

Obwohl wir mehr Geld ausgeben, mehr Angebote machen, mehr Personal einsetzen, mehr bauen und weniger Menschen einsitzen als anderswo, sind die Gefangenen in den beiden großen Anstalten unzufrieden. Teile des Personals sind nur mäßig motiviert. Man kennt es aus anderen Unternehmen, der hohe Krankenstand ist auch ein Ausdruck für die letztere Feststellung. Betroffen ist hier insbesondere der allgemeine Vollzugsdienst, also der mittlere Dienst, der in der Regel im besonders belastenden Schichtdienst tätig ist.

Folge ist, dass trotz Personalzuwachs Aufschlusszeiten nicht immer garantiert werden können, wenn Beamte sich krankmelden, Gefangene erkranken und zum Arzt oder ins Krankenhaus begleitet werden müssen. Das war alles übrigens leider schon vor dem neuen Vollzugsgesetz so. Das ist also nicht neu, das macht es aber natürlich nicht besser.

Frau Ostmeier, das neue Gesetz wird umgesetzt. Hätte Herr Günther vor seinem gestrigen Beitrag einmal einen Blick in den Umdruck 18/6599 geworfen und nicht nur den Berichten seiner Fraktionskolleginnen vertraut, dann hätte er nach der dort dokumentierten Berichterstattung der Ministerin im Innen- und Rechtsausschuss in der vergangenen Woche feststellen müssen: Die Familienorientierung - läuft. Neue Medien - läuft. Privatkleidung für Gefangene - läuft. Ausweitung der Besuchszeiten - läuft. Täter-Opfer-Ausgleich - läuft. Therapieplätze - läuft. Und auch neue Dienstpläne durch andere Aufschlussregelungen - läuft. Liebe Kolleginnen und Kollegen, diese Landesregierung, diese Ministerin packt es also an, und sie macht es besser.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Frau Abgeordneten Ostmeier?

Aber gern.

Bitte schön, Frau Abgeordnete.

Würden Sie mir schildern, wie das Thema Privatkleidung läuft und was Sie unter dem Ausdruck „läuft“ verstehen?

Ich kann Ihnen gern beispielsweise die letzte Ausgabe des „Lauerhof-Kuriers“, das ist die Zeitung der JVA Lübeck, überstellen. Ich glaube, der Kollege Hamerich hat noch ein Exemplar. Vielleicht leiht er es Ihnen. Dort sind die Regelungen getroffen. Dort ist von der Unterhose bis zur Socke geregelt, wie viel man sich beschaffen kann, wie es geregelt ist, dass die Namen dort hineinkommen, wie gewaschen wird und was anzuschaffen ist. Das ist also auf dem Weg. Wo sehen Sie hier die Defizite? Wir kriegen hier nur positive Meldungen.

(Beifall SPD und SSW)

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine weitere Bemerkung der Frau Abgeordneten Ostmeier?

Frau Abgeordnete, bitte schön.

Wenn Sie sagen, es laufe in Lübeck. Dann kann man sagen, dass es pauschal überall läuft? Ich weiß, in Neumünster läuft es noch nicht.

Aha. - Ich weiß, dass es in Lübeck läuft. Dann muss das in Neumünster noch umgesetzt werden, wunderbar. Da können die vom Lübecker Beispiel lernen, das ist in vielen anderen Landesteilen auch immer sinnvoll.

(Beifall SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Die hier bereits diskutierte Erhebung über die Arbeitssituation und den Gesundheitszustand der Mit

(Thomas Rother)