Wir haben einen Grundsatzerlass zum Betriebssport herausgegeben, um den Betriebssport in den Anstalten nachhaltig zu fördern. Hierfür werden auch Haushaltsmittel vorgesehen.
Meine Damen und Herren, mir ist bewusst, dass bedingt durch den hohen Krankenstand und das Engagement in diesen BGM- und anderen Projektgruppen zum Teil viele Überstunden angefallen sind. Mein Haus hat bereits daran gearbeitet auszuloten, wie man in dieser besonderen Situation sinnvoll Abhilfe schaffen kann. Zu diesem Zweck sind wir auch bereits in guten Gesprächen mit allen Beteiligten und werden zeitnah eine Lösung haben. Darum sage ich noch einmal: Wir müssen nicht zum Jagen getragen werden.
Im Übrigen wird der Antrag der CDU dem Thema der Überstunden in keiner Weise gerecht. Eine solche Dauerregelung würde vollkommen falsche Signale setzen und nicht zuletzt deswegen auch - so meine feste Überzeugung - weder von den Mitbestimmungsgremien noch von den Gewerkschaften unterstützt werden. Darum noch einmal: Wir sind schon an der Sache dran. Liebe CDU-Fraktion, Ihr Antrag ist damit erledigt.
Meine Damen und Herren, das Personal und die Sicherheit in den Justizvollzugsanstalten sind wiederholt öffentlich zum Thema gemacht worden, dies zum Teil auf eine Art und Weise, die weder der großartigen Arbeit, die dort geleistet wird, noch der Komplexität der vollzuglichen Realität gerecht wird. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dort nehmen eine schwierige und verantwortungsvolle Aufgabe wahr. Es ist wichtig, dass diese Arbeit anerkannt und gewürdigt wird. Ich glaube, jeder, der schon einmal eine Strafvollzugsanstalt besucht hat, weiß, dass wir es hier mit einem ganz besonderen Mikrokosmos zu tun haben.
Ebenso wichtig ist es, bei auftretenden Problemen genau hinzuschauen und verantwortungsvoll eine Lösung zu entwickeln. Genau das tun wir.
Ich fasse zusammen: Die Landesregierung hat alles Erforderliche getan und wird auch weiterhin alles Erforderliche tun, um die Grundlagen für diese gute Arbeit in den Anstalten weiter zu stärken. - Vielen Dank.
Meine Damen und Herren, die Landesregierung hat die vereinbarte Redezeit um 4 Minuten überzogen. Das steht jetzt allen Fraktionen zu.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal danke ich den Mitarbeitern des Ministeriums für die ausführliche Beantwortung der Großen Anfrage von uns, die aus Zeitgründen nicht in sämtlichen Details beantwortet werden konnte. Ich danke auch den Bediensteten in den Justizvollzugsanstalten, die ihren schweren Dienst, wie Sie es auch beschrieben haben, in einem Mikrokosmos leisten, der einzigartig ist und eine besondere Stabilität braucht, sowohl seelisch als auch mit Blick auf die charakterliche Eignung, um auch hochmotiviert diese schwere Aufgabe wahrnehmen zu können. Ich finde, der Landtag könnte den Bediensteten ruhig einmal danken.
Die Antwort der Landesregierung auf unsere Große Anfrage erklärt auf 36 Seiten das, was uns in den letzten Wochen an negativen Schlagzeilen erreicht hat. Das erklärt vieles, aber nicht alles. Was sich aus dieser Antwort ergibt, kann man naturgemäß nicht in den üblichen 5 Minuten hier erklären. Daher mache ich es einmal anders und schildere anhand eines praktischen Beispiels, das wir gerade live hier in Kiel erleben, wie sich die Situation für die Gefangenen und Bediensteten tatsächlich darstellt.
In Kiel gibt es eine Gruppe von Gefangenen, die Außenarbeiten machen. Sie arbeiten für das Stadtgartenamt als Gartengruppe. Ihr Leiter ist drei Wochen lang im Urlaub. Sein Vertreter ist erkrankt. Der Vertreter ist auch erkrankt. Diese Gruppe kann zurzeit nicht zur Arbeit ausrücken.
Der Gefangene, der dort tätig ist, verdient am Tag 5,80 €. Bei 20 Arbeitstagen kommt er auf ungefähr 120 € im Monat. Das ist für ihn dringend notwendiges Geld, weil er nämlich ohne diese Einnahmen und ohne den Nachweis von Geld nicht den sogenannten Langzeiturlaub machen kann. So kann er nicht seine Familie besuchen oder Ausgang bekommen. Er muss das nämlich finanzieren, und zwar dadurch, dass er sich eine Fahrkarte kauft. Außerdem muss er sich ernähren können. Ohne den Nachweis des Geldes bekommt er diesen Ausgang
nicht. Wenn er kein Geld verdient, kann er nicht raus. Das ist der Kreislauf, der sich dann schließt.
Nach meiner Kenntnis hört in der JVA Kiel die Arbeit bereits mittags auf. Insofern wird dann auch kein Geld mehr verdient. Wie sich das auf einen familienfreundlichen Vollzug auswirkt, können wir uns alle denken. Wir können uns auch vorstellen, wie verbittert die Gefangenen sind und welcher Frust gegenüber den Bediensteten entsteht.
Natürlich fehlt dem Gefangenen dann auch das Geld, um im Anstaltsgeschäft einkaufen zu können. Dieses öffnet teilweise sogar gar nicht erst, wie wir leider vor Kurzem erfahren mussten.
Wir haben hier schon oft über dieses Thema diskutiert. Auch im Ausschuss haben wir schon oft über dieses Thema gesprochen. Wir sprechen mindestens seit Januar 2013 darüber. Uns ist immer gesagt worden, alles sei auf einem guten Weg. Sie haben recht, das braucht Zeit. Die Dinge müssen verändert werden. Es sind auch viele Dinge außerhalb Ihrer Verantwortung entstanden, die mit Ihrer Regierungszeit gar nichts zu tun haben. Das betrifft alte Probleme, die übernommen worden sind.
Dennoch muss ich sagen, dass wir mittlerweile das Jahr drei haben, nachdem das Ganze bekannt geworden ist, und es ist nicht viel passiert. Ich höre das auch von den Personalvertretungen. Die nahezu unveränderte Wirklichkeit lässt sich in der Antwort auf unsere Große Anfrage genauso nachlesen wie die jüngsten Ereignisse in den Justizvollzugsanstalten. Die Informationen, die uns von da erreichen, sind mehr als nur sporadisch zum Ausdruck gebrachte Unzufriedenheit. Ich erinnere an das Schreiben von der Gefangenenmitverwaltung aus Lübeck, das die Fraktionsvorsitzenden Anfang dieser Woche erreicht hat, das ich inhaltlich nicht so kommentieren kann, dass ich sagen könnte, dass das stimmt. Es ist aber einfach zu plausibel, um es zu ignorieren.
Wenn man mit Fachleuten spricht, dann erfährt man, dass verlässlich geregelte Tagesabläufe für den Gefangenen mit das Wichtigste sind. Er muss sich freuen können auf eine Arbeit. Er muss wissen, wie der Tag abläuft. Wenn das gestört wird, dann erzeugt das enormen Frust. Ein regelmäßiger Vollzug - das ergibt die Antwort auf die Große Anfrage auch - ist nicht der Regelfall. Damit ist es so, dass unsere Gefangenen oft willkürlich erleben, was mit
ihnen geschieht, weil ihnen die Hintergründe für die Erkrankung und für diese Dinge nicht bekannt sind.
Bereits mit dem Status quo vor dem Inkrafttreten des neuen Gesetzes haben die Gefangenen den Staat mithin also nicht als Vorbild erlebt, das Ordnung, Zuverlässigkeit und Berechenbarkeit gewährleistet. Mit dem neuen Gesetz und den darin enthaltenen und vollständig zu begrüßenden Fortschritten verstärkt sich das negative Empfinden der Gefangenen, die jetzt um ihre neuen Rechte wissen, die aber nicht wahrgenommen werden können, weil es an allen Ecken und Kanten an den Voraussetzungen dafür fehlt.
Davor hatten viele Experten gewarnt. Wir haben jetzt diese Situation. Die Situation ist wirklich schwierig, vor allen Dingen für die Beschäftigten im Justizvollzug.
Angesichts der Situation, die sich aus dem Krankenstand ergibt, ist auch nicht zu erwarten, dass sich das kurzfristig oder innerhalb Jahresfrist ändert. Das Produkt eines guten Strafvollzugs, wenn man davon sprechen kann, soll ja der gute Nachbar sein, der nebenan einziehen kann. Das mag semantisch klingen, aber das muss das Ziel eines Vollzugs sein. Entlassen werden heute und in den nächsten Jahren Gefangene, deren Vertrauen in diesen Staat restlos zerstört ist. Wir können uns leicht ausrechnen, wie sich das auf die Rückfallgefahr auswirkt.
Für unsere Bediensteten ist das genauso schlimm. Wenn Sie mit diesen sprechen - ich habe es gerade eben noch getan -, dann stellen Sie fest, dass sie den Begriff der Fürsorgepflicht des Dienstherrn quasi als Hohn empfinden. Den nehmen sie gar nicht mehr ernst.
Sie haben auf das betriebliche Gesundheitsmanagement hingewiesen. Das ist in Kiel jedoch vonseiten des Personalrats gekündigt worden und findet gar nicht statt.
Frau Ministerin, die Situation ist sehr ernst. Ich würde sagen, im übertragenen Sinne kann man sagen, in Ihren Justizvollzugsanstalten brennt es. Dieses Feuer löschen Sie nicht mit schönen Worten und auch nicht mit den 20 Stellen, die ihre Wirkung erst in zwei bis drei Jahren entfalten können.
Bitte holen Sie sich Rat von auswärts, um wirklich einmal Ihre Personalbedarfsplanung zu überprüfen und um, was das Gesundheitsmanagement angeht, zu vernünftigen Lösungen zu kommen. Die Lösungen, die Sie mit Worten skizziert haben, sind nicht die guten.
Jetzt komme ich zu den Überstunden, die bezahlt werden sollen. Aus eigener Erfahrung oder aus der Erfahrung von Betriebsärzten wissen wir, dass die Vergütung von Überstunden einmalig gut ist, um da mal einen Strich zu ziehen, dass dadurch aber tatsächlich auch ein Anreiz entsteht, über das normale gesundheitliche Maß hinaus zu arbeiten, um dadurch eine bessere Einkommenssituation zu erreichen. Vor dem Hintergrund ist eine strukturierte und dauernde Überstundenvergütung abzulehnen. Aber vor dem Hintergrund dessen, was wir jetzt aktuell an Überstunden haben, ist ein einmaliger Ausgleich durchaus sinnvoll.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich muss mich jetzt schon ein bisschen sammeln und möchte deswegen noch einmal ganz positiv und von ganzem Herzen den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Landesregierung für die Beantwortung der Großen Anfrage danken. Das ist immer viel Arbeit. Ich weiß, Große Anfragen braucht man im Tagesgeschäft nicht unbedingt auch noch. Aber ich glaube, dies ist eine ganz wichtige Basis, anhand derer wir weiter miteinander debattieren können, nicht nur heute, sondern auch in Zukunft. Ich weiß, dass wir auch im Oktober 2016 schon wieder darüber diskutieren werden. Das ist also eine Basis, die das Ministerium selber erstellt hat. Von daher ist es, glaube ich, indiskutabel, wie integer diese Basis ist. Ich bin dankbar dafür.
Ich möchte mich an dieser Stelle auch dem Dank meines Kollegen Wolfgang Dudda anschließen und allen Vollzugsbediensteten sowie allen Beschäftigten auf allen Ebenen in den Justizvollzugsanstalten danken. Frau Ministerin, wir sind uns ja einig über die Überstunden, die geleistet werden müssen, und zwar nicht nur um die Arbeit zu leisten, sondern auch um die Kreativität und den Erfolg des Betrieblichen Gesundheitsmanagements zu erreichen. Ohne die Loyalität und die große Einsatzbereitschaft der Beschäftigten vor Ort hätten wir jetzt schon eine Situation, die sich keiner von uns wünschen möchte.
Deswegen danke ich allen dafür. Frau Ministerin, vor drei Jahren habe ich Ihnen auch dafür gedankt, dass Sie das Betriebliche Gesundheitsmanagement auf den Weg gebracht haben. Aber damit ist es mit dem Dank leider auch schon zu Ende.
Denn die Beantwortung der Großen Anfrage belegt auf ziemlich eindeutige Art und Weise, dass die Landesregierung, dass Sie, Frau Ministerin Spoorendonk, unsere Justizvollzugsanstalten in unverantwortlicher Weise alleinlassen.
Ihr Bericht eben hat deutlich gezeigt, dass Sie das auch noch sehenden Auges und ganz bewusst machen; denn Sie bestreiten die Überstunden doch überhaupt gar nicht. Sie sagen ganz eindeutig: „Wir sind dabei, die Einschlusszeiten zu reduzieren.“ Das neue Strafvollzugsgesetz gibt das Recht auf Aufschluss, und zwar jeden Tag, auch am Wochenende. Da geht es nicht darum, Einschlusszeiten zu reduzieren, sondern da gibt es einen Rechtsanspruch.
Ihr Vorwurf eben, wir würden die Diskussion über die Personalsituation erst seit der Diskussion um das neue Strafvollzugsgesetz führen, ist völlig falsch. Das belege ich nun auch mit meiner Rede. Ihre Antwort auf die Große Anfrage belegt, dass die Fehlzeiten im allgemeinen Vollzugsdienst - hören Sie zu?
im Durchschnitt der letzten drei Jahre, also nicht erst seit Inkrafttreten des Strafvollzugsgesetzes, nein, der letzten drei Jahre im Durchschnitt bei über 13 % lagen. Wissen Sie, was das heißt? Das bedeutet, dass von 685 Bediensteten im allgemeinen Vollzugsdienst fast 100 Bedienstete täglich, jeden Tag, krankheitsbedingt nicht einsatzfähig sind.
Allein im ersten Quartal dieses Jahres - ohne neues Strafvollzugsgesetz - sind die Aufschlussmaßnahmen in Lübeck an 40 Tagen ausgefallen, und zwar krankheitsbedingt. Das hat mit der Schaffung neuer Rechte überhaupt nichts zu tun. Das voreilig beschlossene und ohne Übergangszeit - das kommt ja noch hinzu - auf den Weg gebrachte Strafvollzugsgesetz hat dazu geführt, dass der Druck auf die Bediensteten um ein Vielfaches gestiegen ist, und zwar auf allen Ebenen. Die daraus resultierende Unzufriedenheit trägt dazu bei, dass sich die Krankenstände noch weiter erhöhen. Die bislang ergrif
fenen Maßnahmen zeigen überhaupt keine Wirkung. Nach drei Jahren zeigt sich, dass das betriebliche Gesundheitsmanagement bis jetzt nicht die erwünschte Wirkung zeigt. Nach drei Jahren, damit wir uns richtig verstehen. Wir sprechen jetzt nicht davon, dass wir uns das mal angeguckt haben, und dann zählt das alles nicht.