Das wird immer so weitergehen. Irgendwann wird der Nordfriese sagen: Dann möchte ich bitte schön auch in den Hamburger-Rand-Tarif hinein. Warum soll ich Nordfriese jetzt plötzlich mehr zahlen als der Steinburger oder der Dithmarscher? - Das heißt, wir kommen in ein Perpetuum mobile.
Übrigens bekommen Sie für diese Leistung, die 30 % günstiger ist, ja keinen Bus mehr. Da fährt kein Bus mehr. Da ist kein WLAN drin. Das ist nicht moderner. Sie zahlen nur diesen Tarif. Warum ist das so?
Herr Breyer, das kann ich Ihnen erklären. Hamburg ist eine verdichtete Großstadt. Dort kann man den Verkehr mit seinen Nutzergruppen ganz anders kalkulieren. Je ländlicher es wird, umso teurer wird es natürlich. Das ist das kleine Einmaleins der ÖPNVFinanzierung. Sie kommen aus dieser Geschichte also nicht heraus.
Kommen wir zu den Pendlern. Wir sind der Auffassung, dass sich Fahrpläne und Tarife nach den Menschen richten sollten, aber nicht nach der Verwaltung und der Gliederung. Die Frage der Kreisgrenzen ist 1965 festgelegt worden. Deshalb ist der Kreis Steinburg nicht dabei. Das ist einfach nicht mehr zeitgemäß. Da bin ich ja bei Ihnen. Wir brauchen aber Tarife, die sich an fachlichen Kriterien orientieren und nicht an reinen Regionalkriterien.
Herr Kollege Tietze, Sie haben eben freundlicherweise eingeräumt, dass ein HVV-Beitritt des Kreises Steinburg dazu führen würde, dass mehr Menschen umsteigen auf Schiene und Bus. Verstehe ich Sie also richtig, dass die Grünen nicht möchten, dass mehr Menschen auf den öffentlichen Personennahverkehr umsteigen?
Herr Breyer, das verstehen Sie natürlich nicht richtig. Natürlich wollen wir so viele Menschen wie möglich in den Nahverkehr hineinbringen.
Ich sage Ihnen: Diese Rosinenpickerei ist nicht in Ordnung. Sie sehen jetzt also eine Lösung für den Kreis Steinburg. Dann erfinden Sie plötzlich die Welt neu. Wir sind aber verpflichtet, für das ganze Land eine Verkehrspolitik zu machen und nicht nur auf eine Region zu schauen.
Deshalb ist die Frage der sozial gerechten Tarife eine Frage, mit der Sie immer wieder einen Grünen erreichen werden; denn das ist das, was wir erreichen wollen. Es muss sozialer und gerechter zugehen. Es muss eine Leistung dahinter stehen. Es muss Qualität dahinter stehen. Da bin ich voll und ganz bei Ihnen. Wir müssen aber aufpassen, dass wir nicht die eine Region gegen die andere Region ausspielen. Wenn wir damit anfangen, lösen wir die Solidarität im ganzen Land auf, und dafür stehen die Grünen nicht zur Verfügung.
Erlauben Sie eine Frage des Abgeordneten Harms? Danach wartet ein weiterer Abgeordneter auf sein Wort.
Als Nordfriese kann ich Ihnen sagen, dass ich es zutiefst ablehne, dass Menschen in Schleswig-Holstein, auch was Fahrgasttarife angeht, ungleich behandelt werden und dass bestimmte Regionen bevorzugt werden. Da der Kollege Breyer immer regelmäßig davon spricht, dass die Menschen etwas wollen, kann ich Ihnen sagen: Ja, die Menschen in Schleswig-Holstein wollen fair behandelt werden. Sie wollen alle als Pendler und Nutzer des ÖPNV die gleichen Tarife zahlen. Es kann nicht angehen, dass die einen die Rosinen bekommen, und die anderen müssen dann sehen, wie sie klarkommen.
- Die sind nicht identisch. Das ist ja genau das Ziel, das man eigentlich erreichen sollte, lieber Kollege Kubicki.
Herr Abgeordneter, Sie haben das Wort. Das geht hier nicht kreuz und quer. Das muss ein bisschen System haben. Herr Abgeordneter Tietze, Sie können jetzt darauf antworten, wenn Sie möchten.
Vielen Dank. - Herr Kollege Harms, das ist ja genau das, was ich sage. Wir dürfen keine Grenzen in den Köpfen ziehen, sodass es gute und schlechte Schleswig-Holsteiner, sodass es eine gute und eine schlechte Regierung gibt. Das ist im Moment aber der Fall. Wir können das nicht auflösen. Deshalb brauchen wir ein Gesamtkonzept. Das wollen wir mit unserem Antrag erreichen.
Das ist übrigens kein Placebo-Antrag, wie Sie behaupten. Das ist ein Antrag, der Sinn macht. Wenn Sie die norddeutsche Region als Ganzes nehmen und wir den Wirtschaftsstandort des echten Nordens voranbringen wollen, dann brauchen wir ein gutes Tarifkonzept für den ganzen Norden, aber nicht nur für einen Teil des Nordens. Das ist auch politischer Anspruch. Deshalb ist unser Antrag auch genau richtig und geht in die richtige Richtung.
Vielen Dank, Herr Dr. Tietze. - Das entscheidende Argument für einen HVV-Beitritt des Kreises Steinburg ist ja, dass er zwar kein direkter Anrainerlandkreis der Freien und Hansestadt Hamburg ist, aber in einem bestimmten Umkreis liegt, was dazu geführt hat, dass viele Menschen im Kreis Steinburg leben und in der Stadt Hamburg arbeiten. Hier wäre es daher besonders sinnvoll, den HVV-Beitritt zu genehmigen, weil man dadurch sehr viele Menschen in die Bahn bekommen würde, die bisher mit dem Auto fahren. Deswegen wundere ich mich ein wenig, dass die Grünen dieses Argument nicht nachvollziehen können.
Der zweite Punkt, den ich ansprechen möchte: Sie haben gesagt, die Menschen arbeiten in der Stadt und wollen auf dem Land günstig wohnen. Daher seien sie selbst schuld und müssten daher mehr bezahlen. Das führt mich zu der Frage, Herr Dr. Tietze: Was soll denn eigentlich der Sinn Ihres Nordtarifes sein? Je weiter man draußen wohnt, desto teurer soll es also werden. Wie soll es denn genau berechnet werden? Ich verstehe Ihr Konzept nicht, wie es genau aussehen soll. Wenn das sozusagen Ihre Denke ist - je weiter man draußen wohnt, desto mehr muss man bezahlen -, dann wird Ihr Nordtarif ein Rohrkrepierer werden. Das kann ich Ihnen heute schon sagen.
- Herr Kollege Vogt, Sie unterstellen mir hier Sachen, die ich in keiner Weise gesagt habe. Das ist wahrscheinlich in Ihrem FDP-Denken verankert, dass es gerechte und ungerechte Tarife gibt.
Mir ist sehr daran gelegen, dass wir gemeinsam mit den Anrainerstaaten Hamburg, Niedersachsen, Schleswig-Holstein zu einem gemeinsamen Nordtarif kommen. Das habe ich hier gesagt. Das be
deutet, dass wir die Zukunft des Nordens in einer gemeinsamen Tarifstruktur sehen. Dass das nicht einfach ist, ist auch klar. Wenn Sie sich jetzt aber etwas herauspicken, einen Kreis nehmen und für diesen das Geld mit dem Füllhorn ausgießen, wird das das Problem nicht lösen.
Sie werden das mit Lübeck, Sie werden das mit Ostholstein und auch mit Süderdithmarschen diskutieren müssen. Das sind auch alles Menschen, die in Hamburg arbeiten. Erklären Sie denen einmal, dass der Kreis Steinburg beitreten darf, aber Süderdithmarschen nicht. Dann haben Sie das Problem doch auch wieder auf dem Tisch. Es ist doch besser, einen Tarif für alle zu haben. Dann müssen Sie sagen, dass Sie bereit sind, 20 Millionen € dieses Tarifes nur in eine Leistung zu investieren, bei der kein einziger Bus mehr fährt, mit der keine Qualität verbunden ist.
Wir sagen da: Uns geht es da um die Balance. Uns geht es um Qualität, uns geht es um Angebotsverbesserung. Es geht uns aber auch um sozial gerechte Tarife. Das ist unser Ziel, und nicht das einseitige Ausgießen des Füllhorns, ohne eine Leistung dafür zu bekommen. Das wird es mit uns nicht geben.
Herr Abgeordneter Vogt möchte sicherlich noch eine Anmerkung machen, weil er noch stehen geblieben ist.
Die Schlange ist lang, ja. - Bitte sehr, Herr Abgeordneter Vogt. Sie haben jetzt noch einmal Gelegenheit zu einer Bemerkung.
Zunächst einmal habe ich mich auf das bezogen, was Sie gesagt hatten, bevor zwei Zwischenfragen dazwischen kamen. Da haben
Sie fordern ja immer konkrete Vorschläge. Jetzt liegt ein konkreter Vorschlag der Opposition vor, und da sagen Sie Nein, das gehe so einfach nicht, und fordern einen Nordtarif. Nun habe ich Ihren Änderungsantrag gelesen und frage mich immer noch, was er denn kosten soll. Wird es kostenneutral erfolgen? Was sollen die konkreten Ergebnisse im Nordtarif sein? Das ist aus meiner Sicht eine Nebelkerze, mit der Sie von dem konkreten Vorschlag der Opposition ablenken wollen. Mehr ist das doch nicht!