Der Vergleich mit dem Bundestag ist absurd. Wir haben 4.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Fraktionen im Deutschen Bundestag. Das sind 4.000! Am Anfang der Legislaturperiode kamen Sie mit der Aussage: Die Fraktionen sind viel zu gut ausgestattet, sie bekommen viel zu viele Mittel. Ja, das sind die Mittel für die Mitarbeiter. In zwischen haben Sie es vielleicht mitbekommen, dass aus den Fraktionstiteln das meiste Geld für die Mitarbeiter ausgegeben wird. In meiner Fraktion gibt es übrigens unbefristete Verträge - nur einmal so ganz nebenbei.
Sie können sich das gern einmal ausrechnen: Wir haben hier pro Fraktion - je nachdem wie groß wir sind -, ich schätze einmal zwischen drei bis sieben, maximal acht wissenschaftlichen Referenten, wenn Sie sie anständig bezahlen. Mehr gibt es nicht. Und damit sollen Sie die ganze Gesetzgebungsarbeit der Regierung - gerade auch als Opposition - kontrollieren und sich eigene Gedanken machen können. Deshalb ist es wichtig, dass man Teile der Kompetenzen poolt und sagt, wichtige juristische Kompetenzen haben wir im Wissenschaftlichen Dienst.
Das ist bei den Bundestagsfraktionen anders. Da könnte ich, wenn ich Bundestagsabgeordneter wäre, die Absurdität meiner Ideen in der eigenen Fraktion überprüfen, dadurch, dass ich ein eigenes Büro mit drei Mitarbeitern, allein an Akademikern, hätte, und außerdem noch einen ausgeprägten Wissenschaftlichen Dienst innerhalb der SPD-Bundestagsfraktion. Das ist der Unterschied.
Sie vergleichen hier nicht Äpfel mit Birnen - das ist wenigstens beides Obst -, Sie vergleichen hier Äpfel mit Pilzen.
(Martin Habersaat [SPD]: Schrauben! - Dr. Heiner Garg [FDP]: Wohin gehören Pilze eigentlich, ist das Gemüse?)
- Pilze sind noch nicht einmal Pflanzen. Nein, das ist ein eigener Bereich. Das erkläre ich dir später.
Deshalb bleibt es dabei: Sie können uns hier alles Mögliche erzählen, was Sie unter dem Aspekt Transparenz für richtig halten. Aber Sie haben für Ihre Interpretation hier absolut nicht die Mehrheit. Deshalb muss ich Ihnen ganz ehrlich sagen: Die Überheblichkeit - die ich wahrscheinlich gleich auch im nächsten Beitrag des Kollegen Breyer zu dieser Fragestellung hören werde - ist einer der Gründe dafür, weshalb es sehr, sehr schwer ist, in sachlichen und fachlichen Fragen mit Ihnen übereinzukommen. Denn ich muss mir immer überlegen: Wird das Ganze aus dem Zusammenhang gerissen und anders dargestellt? Sie tun hier wirklich so, als ob wir demnächst die Hilfe der UNO anfordern müssten, um diesen Landtag unter Beobachtung zu stellen, weil hier sonst ganz böse und fiese Dinge passieren, nur weil ich vielleicht einmal wissen will, ob die Geschlechterparität
bei Landtags- oder Kommunalwahllisten verfassungsmäßig eine gute Idee ist. Wir haben nun einmal leider eine Kultur - sowohl in Teilen der Presse, aber hauptsächlich bei Ihnen -, dass Dinge, die nur Prüfaufträge sind, aus dem Zusammenhang gerissen, als Fakten dargestellt werden und dann sich darüber empört wird.
Genau weil es diese Kultur gibt, ist es wichtig, sich auch über Dinge zu informieren und schlau zu machen, ohne dass schon die Idee in die politische Auseinandersetzung geht.
Vielen Dank. - Als nächstes hat der Abgeordnete Burkhard Peters das Wort. Danach hat dann der Abgeordnete Dr. Patrick Breyer das Wort. Bitte bereiten Sie sich schon einmal vor, dann geht das hintereinander weg.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das IZG ist seinem Sinn und Zweck nach darauf ausgerichtet, die Transparenz der Verwaltung herzustellen. Die Exekutive soll ihre Informationen weitergeben.
Der Wissenschaftliche Dienst arbeitet, wenn er für die Fraktionen bestimmte wissenschaftliche Gutachten erstellt, im Bereich der parlamentarischen Gesetzgebung. Da gab es auch bisher eine Regelung: Der Landtag ist schon jetzt im IZG im Umfang seiner Gesetzgebungstätigkeit von der Transparenzpflicht ausgenommen. Das, was der Wissenschaftliche Dienst im Auftrag von Fraktionen macht, liegt meines Erachtens so nah an der Gesetzgebungstätigkeit, dass es Sinn macht, ihn von den IZG-Ansprüchen auszunehmen.
Ich will Ihnen ein Beispiel bringen: Die grüne Landtagsfraktion kommt auf einmal auf die Idee, in Schleswig-Holstein gebe es viel zu wenige Naturschutzgebiete.
Die Grünen wollen also im Naturschutzgesetz eine Regelung einbringen, dass man schneller und mehr enteignen kann.
Sie fragen also den Wissenschaftlichen Dienst: Hat das Sinn, geht das, ist das mit Artikel 14 Grundgesetz in Übereinstimmung zu bringen? - Der Wissenschaftliche Dienst sagt: Ne, lasst da mal lieber die Finger davon, das ist verfassungsmäßig nicht hinzubekommen!
Wenn das nun veröffentlicht wird: Den Shitstorm, der dort ausbrechen würde, von der Landwirtschaftskammer,
von der CDU, von der FDP, was die grünen Spinner sich da wieder ausdenken, den möchte ich nicht erleben!
Das ist genau der Schutzbereich, der damit gemeint ist. Deswegen macht das Sinn, wenn wir diesen Teil der Informationen mit ausnehmen.
Herr Abgeordneter Burkhard Peters, ich hätte eine Zwischenfrage von Herrn Abgeordneten Dr. Garg für Sie. Haben Sie Interesse?
Vielen Dank, Herr Kollege Peters. - Ich bin absolut einer Meinung mit Ihnen. Ich würde mich freuen, wenn Sie meine Auffassung teilen, dass dieser Shitstorm, den Sie gerade als Beispiel geschildert haben, vollkommen unproduktiv ist, weil Sie Ihre Idee ja im Zweifel schlicht und ergreifend verwerfen, nachdem das Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes vorliegt. Wir als Politiker sollten uns aber mit der tatsächlichen Lösung von Problemen beschäftigen!
Man muss wissen, wie man damit umgeht, wenn auch eigene Fehler und Irrtümer an die Öffentlichkeit gelangen. Ich glaube, dass wir da eine andere Fehlerkultur entwickeln müssen.
Wir müssen eine Kultur entwickeln, in der man dazu steht, dass man vielleicht einmal etwas Falsches überlegt hat und dass manche Wege vielleicht nicht gangbar sind.
Wir PIRATEN bieten nicht umsonst einen Livestream aller unserer Fraktionssitzungen an. Da ist für die Öffentlichkeit erkennbar, dass wir miteinander diskutieren, dass wir uns auch einmal irren, dass wir manche Wege nicht weiterverfolgen. Ich glaube, sowohl diese Tatsache als auch, dass der Bundestag die dortigen Gutachten und Ausarbeitungen ohne jegliche Probleme offenlegt, zeigen, dass Ihre Ängste vor Transparenz an dieser Stelle schlichtweg unbegründet sind.
Fakt ist, dass das Unabhängige Landeszentrum für Datenschutz festgestellt hat, dass zu den Ausarbeitungen des Wissenschaftlichen Dienstes bereits nach jetzt geltendem Recht ein Zugangsanspruch besteht. Auch das Bundesverwaltungsgericht hat entschieden, dass dies sehr wohl Verwaltungstätigkeit ist, lieber Kollege Burkhard Peters.
Da kommen Sie nicht drüber hinweg. Fakt ist auch, dass eine Gerichtsentscheidung darüber ansteht. Warum haben Sie eigentlich Angst davor, dass die Gerichte das klären und auch die entsprechenden Ausschlussgründe im Informationszugangsgesetz prüfen? Da ist doch die Rede von laufenden Beratungen. Die sind geschützt.
Was macht der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages? Er anonymisiert die Gutachten natürlich. Aus den Veröffentlichungen ist doch gar nicht er
kennbar, welche Fraktion die in Auftrag gegeben hat. Wovor haben Sie eigentlich Angst? Im Bundestag gilt eine Sperrfrist, nach der erst veröffentlicht wird. Das heißt, Sie haben Zeit, die Sachen zu verwerten und Verfahren abzuschließen. Von daher sind die Ängste völlig unbegründet.
Es geht auch um den Grundsatz Zugang zu Wissen. Sie wissen, dass unser Landtag hier einen Beschluss gefasst hat, wonach die Landesregierung Unterlagen, die sie erstellt hat, auch der Öffentlichkeit unter freier Lizenz zur Verfügung stellen soll. Ausgerechnet juristische Ausarbeitungen, die aus Steuermitteln hier erstellt worden sind, die vielleicht auch Gesetzes- oder Verfassungsverstöße feststellen können - es gibt ein extrem hohes Interesse der Öffentlichkeit daran, dass die Feststellungen des Wissenschaftlichen Dienstes auch zugänglich sind -, ausgerechnet diese Unterlagen wollen Sie geheim halten? Da ist es doch allzu verständlich, dass wir PIRATEN dagegen Sturm laufen.