Herr Abgeordneter Vogt, ich will Ihnen nur erklären, warum ich den Abgeordneten Günther nicht gefragt habe, ob er Ihre Zwischenfrage zulässt: Er hatte zuvor gesagt, dass er insgesamt keine Zwischenfragen zulässt.
(Christopher Vogt [FDP]: Ja, von dem Mat- thiessen nicht, aber von mir doch! - Heiter- keit - Unruhe)
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Nord-CDU lebt erkennbar in ihrer eigenen Welt. Nach Abschiebe-TV und SchweinefleischOffensive für schleswig-holsteinische Kantinen ist es nun eine Residenzpflicht für Ministerinnen und Minister: der programmatische Höhepunkt, zwei Tage vor dem Landesparteitag der Union, der die Weichen für die Landtagswahl stellen soll.
Das sind die Beiträge einer parlamentarischen Opposition, die die Regierungskoalition wirklich vor sich hertreiben will.
Das sind die zentralen Kritikpunkte, das sind die visionären Vorschläge für die Zukunft SchleswigHolsteins als Regierungsalternative, das sind die Qualitätskriterien, die an CDU-Personal gestellt werden.
Das entspricht der Lebenswirklichkeit der Familien in Schleswig-Holstein. Man muss sagen: Das ist der viel beschworene Qualitätswettbewerb zwischen dem Fraktionsvorsitzenden und dem Spitzenkandidaten in spe.
Andere würden vielleicht sagen, es sei schlichter Populismus, weil man Heimatgefühle beschwört und dem Lokalpatriotismus ungehemmt frönt.
Aber selbst wenn das Ihre Motivlage sein sollte, Herr Kollege Günther: Glauben Sie nicht, dass Schleswig-Holsteiner tolerante und weltoffene Menschen sind, die sehr wohl über die eigenen Landesgrenzen hinausschauen und Familien so leben lassen, wie sie leben wollen? Ist es wirklich unser gemeinsames Schleswig-Holstein, wenn wir den Menschen, die hier nicht ihren Erstwohnsitz haben, absprechen, sich voll für dieses Land zu begeistern?
Wie weit soll das beim nächsten Mal gehen? Wer ist in Schleswig-Holstein geboren? Wer stammt zumindest von Schleswig-Holsteinern ab? Vielleicht können wir das ärztlich durch einen Bluttest feststellen. Wer kann plattdeutsch? - Übrigens: Plattdeutsch ist schön, aber Platt nicht so, muss ich sagen.
Übrigens: Wenn Sie das Ranking ansprechen, würde mich sehr interessieren, wie der Präsident von UV Nord, Herr Wachholtz, über Ihren Vorschlag denkt. Ich glaube nicht, dass er ihn gut findet.
Ich muss Ihnen etwas zu Ihrem Interview in der „taz“ sagen, in dem Sie zur Berufung Britta Ernst zur Bildungsministerin von Schleswig-Holstein folgendes wirklich atemberaubende Zitat sagten:
Mit Blick auf den inneren Frieden in Ihrer Fraktion erspare ich Ihnen nähere Ausführungen dazu, woran einen das erinnert. Ich verzichte auch auf Andeutungen aus der Hamburger Boulevardpresse. Das müssen Sie mit sich selber abmachen, ob Retro-CDU der Stil sein soll. Aber gegenüber unserer vorzüglichen Bildungsministerin ist das eine ausgemachte Flegelhaftigkeit, Herr Kollege. Das will ich Ihnen sagen!
Frau Kollegin Rathje-Hoffmann, ich weiß nicht, ob Sie eine Chauvi-Kasse in Ihrer Fraktion haben, aber da wäre ein erklecklicher Beitrag fällig.
Ich muss ehrlich sagen: Dieses Bild, das Sie hier über Menschen vermitteln, und auch was Sie gesagt haben zur Frage der einzelnen Entscheidung aus Blankenese, ist wirklich eine Unverschämtheit. Aber das müssen Sie mit sich selber abmachen.
Im Jahr 2000 hat übrigens Volker Rühe der „Hamburger Morgenpost“ ein interessantes Interview gegeben, ich kann Ihnen das gern übermitteln. Er hat sich dort zu der Frage geäußert, warum er so viele Hamburger in seinem Kabinett hat. Ich lerne: Sie haben die damalige Wahlniederlage so interpretiert, dass Sie gesagt haben: Nie wieder Hamburger im Kabinett! Sie sind auch nicht zufrieden gewesen mit Dr. Marnette, obwohl der seinen Wohnsitz in Kiel genommen hatte.
Aber ich will Ihnen auch sagen: Wenn Sie sogar schon die erfolgreichen Kandidaturen von Bürgermeisterkandidaten, die sich gegen Ihre Kandidaten durchsetzen, hier als Beispiel nehmen müssen!
- Herr Kollege Kubicki, ich habe ja gelesen, was Sie über Sylt und Altona gesagt haben. Ganz falsch war das von der Entfernung her auch nicht. Aber Ihr Hinweis auf unser Personal kann der Punkt jedenfalls nicht sein: Wir sind hervorragend aufgestellt. Wenn Menschen sozialdemokratische Bürgermeister wählen, dann einfach deswegen, weil sie unsere Kandidaten für besser halten als Ihre. Das finde ich schön.
Was ist also wichtig? Drei von acht Mitgliedern der Regierung Albig haben ihren ersten Wohnsitz nicht in Schleswig-Holstein. Sie sind Pendler, wie Tausende andere Menschen in der Metropolregion auch. Deswegen will die CDU die Verfassung ändern.
Bei der Verankerung der Rechte von Kindern, Minderheiten und Pflegebedürftigen in der Verfassung haben Sie gesagt: Das ist natürlich viel schwieriger. Da setzen Sie Ihre Prioritäten eben anders als wir. Vier von acht Regierungsmitgliedern sind weiblich und vor allen Dingen: Acht von ihnen leisten hervorragende Arbeit für unser Land. Darauf sind wir stolz.
Wir kümmern uns um die Gerechtigkeitsfragen und um die Alltagssorgen der Menschen. Wir reden über Bildung und über Familienpolitik, über Arbeitsbedingungen und Infrastruktur. Sie beschäftigen sich mit anderen Dingen. Ich wünsche Ihnen
Erst werden die Rundfunkanstalten auf Abschiebung angesetzt, dann das Schweinefleisch als Pflichtangebot der Kantinen gefordert, jetzt rücken die Einwohnermeldeämter in den Fokus Ihrer politischen Überlegungen. So setzt jeder seine eigenen Schwerpunkte.
Das Schöne ist: Die Bürgerinnen und Bürger werden am 7. Mai 2017 die programmatischen Vorstellungen der Küstenkoalition und die unserer konservativen Herausforderer vergleichen und dann entscheiden. Und das ist auch gut so.
Wenn Sie jetzt Ihren Gesetzentwurf zurückziehen, wäre das ein Ausdruck großer Weisheit. Sie würden Applaus kriegen. Ich würde Sie öffentlich loben vor dem Parteitag.
Ich sage Ihnen aber auch: Sollten Sie dem nicht folgen, dann fürchte ich, wird der Rest dieses Hauses diese Verfassungsänderung ablehnen.
Ich schlage Ihnen noch vor, damit man die patriotische Gesinnung wirklich dokumentieren kann, dass wir gern namentlich darüber abstimmen lassen können. Unsere Fraktion wird das sehr gern machen. Da kann jeder bekunden, ob er Patriotin oder Patriot ist oder nicht. Lassen Sie uns das gemeinsam machen.
Am besten aber ziehen Sie Ihren Gesetzentwurf zurück, einen Fehler macht jeder einmal. - Vielen herzlichen Dank.