Protocol of the Session on March 9, 2016

Die Mischung aus Knete, Rechenschieber und Laptop im Mathematikunterricht hat mir sehr gut gefallen. Daran wird deutlich, dass die Sorge, die Kinder würden nur noch an den Rechnern hängen, völlig unbegründet ist. Der Umgang damit erfolgt sehr pragmatisch und bewusst.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Das sind Best-Practice-Beispiele. Ich war gemeinsam mit der Ministerin im Gymnasium Kronshagen zu Besuch. Erinnern Sie sich noch an Ihren Englischunterricht? Wir wurden mit Dialogen in Oxford-Englisch, abgespielt von verstaubten Kassetten aus der Vorzeit, beschallt. Das war nichts, was besonders viel Spaß gemacht hätte.

Heute bekommen Schüler einer 5. oder 6. Klasse kleine Clips mit Sequenzen aus dem Alltag vorgespielt mit Untertiteln in Deutsch oder Englisch, je nach Bildungsstand der Klasse. Damit macht Unterricht sicherlich deutlich mehr Spaß.

An der Dannewerkschule, einem viel gelobten DaZ-Zentrum, konnte man sehen, wie in einer heterogenen Lerngruppe aus vielen geflüchteten Kindern, die zu uns gekommen sind, der Einsatz von Tablets wunderbar funktioniert, weil alle auf einem ganz unterschiedlichen Niveau arbeiten. Dort gibt es natürlich nicht für 70 Kinder Tablets, aber es sind immerhin zehn Tablets vorhanden, sodass ganz bestimmte Gruppen in ihrem Tempo nach vorne gehen können.

Heute ist mit drei Mausklicks das zu bekommen, was früher Lehrkräfte in drei Jutebeuteln aus der Leihbücherei an Büchern für den Projektunterricht in die Schule geschleppt haben. Ich glaube, das ist eine Erleichterung für viele.

Mir ist aber auch wichtig zu sagen, dass wir viele Lehrkräfte haben, die einen guten analogen Unterricht machen. Die Mischung macht es. Deswegen bin ich nicht beunruhigt, wenn nur 20 % der Lehrkräfte an dieser Fortbildung teilnehmen, Frau Franzen, weil ich sehe, welche Katalysatorfunktion diese 20 %, die wirklich nach vorne gehen, für die Schulen haben.

Auf einen Aspekt, den ich zuvor gar nicht im Blick hatte, hat mich Frau Professor Allert, die Medienpädagogin der Universität Kiel, hingewiesen. Sie hat beobachtet und beschrieben, dass die Mediennutzung zu einer ganz anderen Arbeitsweise führt. Man wird sehr viel kooperativer und kreativer. Das ist aber auch kein Selbstläufer in Sachen Kooperation, wenn ich mir einmal die PIRATEN anschaue.

(Heiterkeit Serpil Midyatli [SPD])

Ich glaube, dass sich die Lehrerzimmer in den nächsten Jahren deutlich verändern werden, aber nicht nur, weil dort mehr Laptops stehen werden, sondern weil sich die Arbeitsweise, gemeinsam auf Wissen zuzugreifen und sich Unterrichtsmaterialien gegenseitig zur Verfügung zu stellen, verändern wird.

Es gibt natürlich auch Stolpersteine, die wir im Blick behalten müssen. Dies betrifft die Frage, ob die Schule einen Gegenpol zum Alltag bietet, in dem die Kinder zunehmend am Bildschirm sitzen. Die Situation an allen Schulen, die ich gesehen habe, zeigt, dass es weiterhin einen Gegenpol gibt. Es

(Anke Erdmann)

gibt einen umfassenden Bildungsbegriff, der auch hervorgehoben wird.

Den zweiten Stolperstein hat Kai Vogel auch schon angesprochen. Dies betrifft die Beziehung zwischen Schulträger und Land. Eigentlich muss man dabei verstärkt gemeinsam vorangehen. Ich mache das an zwei Beispielen deutlich. Mehr digitales Lernen heißt auch, dass die Infrastruktur stimmen muss. Aber auch die Schulträger müssen die Schulen entsprechend ausstatten. Vor allen Dingen muss Service da sein. Wenn in einer Laptop- oder Tablet-Klasse etwas nicht funktioniert, dann muss der Schulträger natürlich dafür sorgen, dass nicht der Physiklehrer - sowieso schon Mangelware dann auch noch den Server betreuen muss.

Auf der anderen Seite gibt es Schulträger, die ihren Schulen etwas Gutes tun wollen. Sie lassen interaktive Whiteboards aufhängen. Wenn diese aber nicht von den Lehrkräften aktiv genutzt werden, dann ist das keine Modernisierung, sondern Geldverschwendung. Da braucht man also ein stärkeres Ineinandergreifen.

Noch einmal vielen Dank für den Schwung, den die Ministerin in diesen Bereich gebracht hat. Wir müssen die Potenziale heben und die Risiken im Blick behalten. Ich wünsche mir, dass Land und Schulträger gemeinsam Standards entwickeln, ohne dass die Schulträger gleich von Anfang an sehr deutlich mit der Konnexitätskeule winken. Das ist mein Wunsch. Ich freue mich auf die Beratung im Ausschuss. - Danke.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Das Wort für die FDP-Fraktion hat die Abgeordnete Anita Klahn.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ist nun das digitale Lernen der Weisheit letzter Schluss und der intensivere Computereinsatz für Schulen das Nonplusultra? Diese Frage und die Frage, welche Bedeutung das digitale Lernen überhaupt für die Unterrichtsgestaltung und den Lernerfolg hat, werden in dem Bericht leider vernachlässigt. Ich hoffe, dass wir das im Ausschuss vertiefen können.

So zeigt eine Studie von Professor Wößmann aus dem Jahr 2007, dass zwar Schüler mit hohem Computerinteresse und bei entsprechend guter techni

scher Ausstattung bei Leistungsvergleichen besser abschneiden. Jedoch sei dieser Befund nur oberflächlich, da er mit anderen Faktoren wie zum Beispiel einem höheren Bildungsniveau des Elternhauses korrespondiere.

Die Studie kommt auch zu dem Ergebnis, dass sich der positive Effekt der Computernutzung bei zu intensiver Nutzung sogar in sein Gegenteil verkehrt. Auch die bereits viel zitierte Hattie-Studie kommt zu einem ähnlichen Ergebnis.

So könnten Computer die Wahrscheinlichkeit des Lernens erhöhen. Es gebe aber keine zwangsläufige Beziehung zwischen dem Besitzen eines Computers, dessen Nutzung sowie positiven Lerneffekten. Hattie weist darauf hin, welche Voraussetzungen gegeben sein müssen, damit der Einsatz von Computern effektiver für den Lernerfolg ist.

Ich will an dieser Stelle nur einzelne Punkte hervorheben. So ist es wenig überraschend, dass vorgebildetes Lehrpersonal Computer effektiver einsetzen kann. Entsprechende Fortbildungen dürften aber nicht unter zehn Stunden liegen; denn sonst sei der Computereinsatz in der Klasse unproduktiv oder sogar kontraproduktiv.

Auch zum bewussten Üben eignen sich Computer, also zum wiederholten Lernen des Materials, bis es beherrscht wird, da Computer es ermöglichen, zum Beispiel in einer Spielform, dass diese eher schematischen Wiederholungen nicht todlangweilig für die Schüler werden.

Auch müssen die Lernenden die Kontrolle über das Lernen mit dem Computer haben. Da geht es zum einen natürlich um solche Aspekte wie das Lerntempo bei der Aufgabenbewältigung, aber zum Beispiel auch um die Nutzung von Textverarbeitungsprogrammen zur Unterstützung des Unterrichts. Eines möchte ich an dieser Stelle auch klarstellen: Mediensucht wird sicherlich nicht durch Sprach- und Mathematiklernprogramme verursacht.

Zusammenfassend stellt Hattie für computergestütztes Lernen, webbasiertes Lernen, interaktive Lernvideos, visuelle beziehungsweise audiovisuelle Methoden sowie Simulationen durch die Bank mittlere Lerneffekte fest - mal mehr, mal weniger.

Meine Damen und Herren, das digitale Lernen kommt zunehmend in den Schulen an und hat Potenzial, bei richtigem Einsatz mit den richtigen Rahmenbedingungen den Unterricht zu verbessern. Den Lehrer wird und soll es aber nicht ersetzen.

So bewertet meine Fraktion die Entwicklungen im Bereich der ersten und zweiten Phase der Lehrerbil

(Anke Erdmann)

dung, aber auch im Bereich der Fortbildungen des IQSH positiv. Das Thema ist breit bei den Universitäten verankert. Auch der vom Ministerium ausgelobte Schulpreis findet unsere Zustimmung.

Was ist also noch zu tun? Auf die wenig zufriedenstellende Entwicklung beim Breitbandausbau wird noch beim nächsten Tagesordnungspunkt ausreichend eingegangen werden. Dieser ist aber eine Grundvoraussetzung. Ich erinnere an die Anschaffung von Whiteboards für mehrere zehntausend Euro an einer Grundschule, die dann wegen fehlender Glasfaser- und WLAN-Anbindung lange Zeit nicht in vollem Umfang genutzt werden konnten.

Die Verantwortung für die Ausstattung der Schulen liegt natürlich bei den kommunalen Schulträgern. Wenn wir also für eine technisch verbesserte Ausstattung werben, müssen wir den Kommunen auch den finanziellen Handlungsspielraum geben beziehungsweise lassen. Ich freue mich, dass die Kollegin Erdmann dies so erkannt und soeben ausgeführt hat.

Allerdings ist es dann wenig hilfreich, wenn die Landesregierung die Kommunen finanzpolitisch am langen Arm verhungern lässt und stattdessen sich immer neue Aufgaben und Bürokratie ausdenkt.

Auch auf einen weiteren Punkt geht der Bericht leider gar nicht ein. Ein Mehr an Computern, Tablets, WLAN, Netzwerken und so weiter pflegt sich nicht von alleine. Was in der Vergangenheit noch seitens der Lehrkräfte freiwillig neben ihrem Lehrauftrag her geleistet oder mit wenigen Stundenanteilen vergütet wurde, ist zukünftig so nicht mehr leistbar und entspricht auch nicht dem Anspruch einer digitalen Welt. Wenn Schulen zukünftig durchgängig mit digitalen Lernmitteln ausgestattet werden sollen, benötigen wir dafür entsprechende Ressourcen. Dann muss die Landesregierung auch erklären, wie das personalmäßig abgedeckt werden soll und ob man die Kommunen damit alleinlassen will.

Ich möchte an dieser Stelle den PIRATEN für diesen Antrag danken und auch meinen Dank an die Landesregierung richten, dass sie den Ball aufgefangen hat. Ich hoffe, dass wir die Schulen in Zukunft an dieser Stelle noch weiter unterstützen können und dass wir die Schulbuchverlage gewinnen können, mehr in diesen Bereich zu investieren.

Denn eines ist klar: Die Wirtschaft fordert Medienkompetenz und Computerkenntnisse der Jugendlichen ein. Es kann nicht sein, dass unsere Schulen den wirtschaftlichen Entwicklungen so hinterher

hinken, wie dies derzeitig der Fall ist. - Vielen Dank.

(Beifall FDP)

Das Wort für die Fraktion der PIRATEN hat der Abgeordnete Sven Krumbeck.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich danke der Bildungsministerin und ihrem Team für den vorliegenden Bericht, den die PIRATEN zusammen mit der Koalition beantragt haben.

Zuerst darf ich einen der wichtigsten Sätze wiedergeben. Auf Seite 7 heißt es:

„Das Ministerium für Schule und Berufsbildung hat das Thema ‚Lernen in einer digitalen Gesellschaft‘ zu einem Schwerpunkt seiner Arbeit gemacht.“

Als PIRAT finde ich das nicht nur außerordentlich gut, sondern ich möchte der Ministerin, aber auch ihrer Vorgängerin im Amt ausdrücklich für dieses sichtbare Engagement danken, das ja auch vom Bildungsausschuss unterstützt wurde.

(Beifall PIRATEN, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Ich erinnere an die Tage des digitalen Lernens oder an die Wettbewerbe um die Auszeichnung als Medienschule, aus denen viele beeindruckende Konzepte und Projekte hervorgegangen sind. - Vielen Dank dafür.

Dieses Engagement hat einen guten Grund: Verschiedene Studien belegen, dass Aufwachsen in Deutschland heute ohne digitale Medien für Kinder und Jugendliche undenkbar ist. Die mobile Nutzung des Internets durch immer jüngere Kinder gewinnt dabei zunehmend an Bedeutung. So heißt es im Bericht der Landesregierung aus dem federführenden Sozialministerium - ich habe es schon oft gesagt und wiederhole es gern wieder -: Die digitale Welt umgibt uns alle. Und wer Schule als Lehr- und Lernort verstehen will, der muss akzeptieren, dass dieser Ort eingebettet ist in die digitale Welt und ohne sie nicht mehr denkbar ist.

(Beifall PIRATEN und vereinzelt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich zitiere hier ausdrücklich aus dem Bericht der Sozialministerin, weil er eindeutiger ist als der vor

(Anita Klahn)

liegende Bericht von Frau Ernst. Dort heißt es in der Einführung auf Seite 4: