Es gibt also nur Rechtspopulisten und Sozialdemokraten. Der Rest findet nicht mehr statt. Es ist unverantwortlich, so zu argumentieren.
Ich sage Ihnen: Die Menschen werden irre in einer Demokratie, wenn sich führende Sozialdemokraten so äußern. Ich bin kein Sozialdemokrat und werde es auch nicht werden.
(Sandra Redmann [SPD]: Das ist auch gut so! Sehr gut! Das ist meine Meinung, die ich hier äußern darf!)
- Sie dürfen Ihre Meinung äußern. Trotzdem müssen Sie sich fragen, warum die AfD dabei ist, die Sozialdemokraten in wesentlichen Bereichen dieser Republik zu überflügeln. Diese Frage müssen Sie sich doch stellen.
se Debatten aber, die Sie hier anzetteln, mit denen Sie zwischen Gut und Böse und zwischen moralisch Höherstehend und Niedrigerstehend kategorisieren -
Ich würde diesen Antrag noch einmal durchlesen. Wir werden diesem Antrag nicht zustimmen, weil wir ihn nicht für produktiv, sondern für kontraproduktiv halten. Wenn Sie in sich gehen, Herr Kollege Dr. Stegner - und das meine ich wirklich ernst -, und darüber nachdenken, dass wir unser demokratisches Gemeinwesen verteidigen wollen, dann werden Sie feststellen, dass wir die Rechtspopulisten mit Argumenten stellen müssen, aber nicht mit der moralischen Überlegenheit, die Sie an den Tag gelegt haben. - Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich fange einmal mit einem „Schade!“ an. Ich finde es schade, dass Sie, Herr Daniel Günther, und auch Sie, Herr Kubicki, bei einer wirklich notwendigen Sachdebatte um schwierige politische Themen, die uns alle bewegen, jedes Mal in den Wahlkampfmodus schalten und diese Debatten vergiften,
egal ob gestern in der Flüchtlingsproblematik oder heute, wenn es um Rechtspopulismus und Rechtsextremismus geht.
Ich versuche jetzt, einmal aus dem Wahlkampfmodus wieder zurückzuschalten, denn unsere Fraktion begrüßt die Initiative der Koalitionsfraktionen für diesen Antrag und für diese Debatte, weil wir sie für notwendig halten. Wer sich in den letzten Jahren kontinuierlich um die erschreckende Zunahme der Hetze durch Rechtspopulisten und Rechtsextremisten auch bei uns im nördlichsten Bundesland, Herr Kollege Daniel Günther, informiert hat, wer sich gekümmert hat und wer wie wir - ich hatte sagen wollen, wir alle, aber jetzt sage ich einfach einmal mit dem Blick zur Koalition und auf die PIRATEN wie wir - nicht bereit ist, rechtsextremem Gedankengut Platz zu lassen, weiß, dass da, wo De
mokratie zur Seite rückt oder nicht vertreten ist, rechtsextreme Hetze den Platz einnimmt und die Leittragenden eben die Flüchtlinge sind. Das ist das, was wir hier präsentieren und repräsentieren wollen, weil wir nicht bereit sind, diesem Hass, egal wo, auch nur ein Stück weit Platz zu geben.
Herr Kollege Daniel Günther hat ein Konjunkturprogramm gegen die AfD gefordert. Darum geht es doch gar nicht. Haben Sie sich überhaupt informiert, was in Schleswig-Holstein regelmäßig passiert - jede Woche, jeden Tag -, wie es sich verändert? Ich will darauf gleich eingehen; denn es geht ja nicht darum zu sagen: Wir leben hier im nördlichsten Land der Glückseligen, wir haben kein Problem, deswegen brauchen wir nicht darüber zu reden, sondern wir wollen aufmerksam sein und mit breiten politischen Maßnahmen versuchen, Fehlentwicklungen auch bei uns gar nicht erst richtig in Schwung kommen zu lassen. Sie wissen, dass wir die DVU im Landtag hatten, und es ist gut, dass sie sich selber wieder herauskatapultiert hat. Aber mir geht es heute um etwas anderes.
Die Fakten der letzten Monate und Jahre sind eindeutig. Es sind eben überwiegend nicht mehr die altbekannten Nazis, die uniformiert und in schwarzen Springerstiefeln versuchen, gegen andere zu hetzen. Nein, es sind zum Beispiel die Mitglieder der NPD, die sich im Vorfeld eines drohenden Verbots unter AfD, PEGIDA, LEGIDA und andere mischen und so versuchen, rechtsextremes Gedankengut gesellschaftsfähig zu machen und jene, die im Moment unzufrieden sind - das ist hier gesagt worden -, versuchen zu agitieren und in rechtsextreme Bahnen zu leiten. Das müssen wir verhindern.
Das ist übrigens kein Phänomen in Schleswig-Holstein, sondern das gibt es in ganz Deutschland. Wer sich dann auch noch die Entwicklungen auf europäischer Ebene anschaut, welche Bündnisse die Rechtsextremisten inzwischen schließen, dann muss ich sagen, das ist jedenfalls meine Antwort darauf: Egal wo rechtsextremes Gedankengut und Rechtspopulismus herrschen, es muss von Anfang an unsere Antwort sein, den Anfängen zu wehren.
(Beifall PIRATEN, vereinzelt SPD, Beifall Burkhard Peters [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN] und Jette Waldinger-Thiering [SSW])
In den letzten Monaten und Wochen sind unzählige rechte Plattformen auch bei uns in Schleswig-Holstein entstanden, im Internet, insbesondere in den sozialen Medien. Sie versuchen, Hass auf alles zu
verbreiten, was anders ist. Das Bundeskriminalamt hat im vergangenen Jahr 1.027 Angriffe auf Unterkünfte von Flüchtlingen verzeichnet - fünfmal mehr als im Jahr zuvor. Die Gewaltakte gegen Flüchtlinge haben zugenommen. Das BKA warnt vor neuen Terrorzellen nach dem Vorbild des NSU. Wie der Präsident des BKA Münch gegenüber „Bild am Sonntag“ sagte, brauchten die Polizeibehörden schnelle Ermittlungsergebnisse und Urteile, um das Dynamit der rechtsextremen Straftaten zu durchbrechen. Noch Fragen? - Das sind Realitäten. Wenn Sie allein gestern nach Vorfällen gesucht hätten, hätten Sie ein erschreckendes Bild hier heute darlegen können. Ich nenne nur die Überschriften: Brand in Gelsenkirchener Flüchtlingsunterkunft, Geplantes Flüchtlingsheim in Sachsen-Anhalt angegriffen, Schläger verfolgen Tunesier in Chemnitzer Innenstadt, Containeranlage für Flüchtlinge in Brand gesetzt in Oberbayern, Brandanschlag von Nazis in Kahla auf Demokratie-Laden und SPD-Bürgerbüro. - Das ist nur eine Momentaufnahme, liebe Kolleginnen und Kollegen. Die Menschen, die unsere Hilfe erbitten, die gerade ihr Leben gerettet haben, sind endlich bei uns und sehen sich rassistischer Hetze ausgesetzt. Auch mit dieser Resolution wollen wir zeigen, dass wir das in keiner Form tolerieren.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, auch das scheint der CDU fremd oder unbekannt zu sein: Bekannte NPD-Kader haben gerade in Schleswig-Holstein ganzen Seiten gegründet wie zum Beispiel „Neumünster wehrt sich“. Dafür könnte ich noch viele andere Orte mehr nennen. Wir haben zum Beispiel NPD-Kommunalpolitiker in unserer Ratsversammlung in Neumünster. Wir haben monatlich mindestens ein bis zwei Demonstrationen von Rechtsextremen und Rechtspopulisten. Boostedt, Anfang Januar gegen die Flüchtlinge in der Erstaufnahme: neun Nazis - ja, nicht viel -, eine Hundertschaft und 60 Demokraten, die das nicht zulassen wollten. Neumünster, 16. Januar 2016: NPD-Kader wie der von Wulff haben eine Kundgebung angemeldet und verbreiten rassistisches Gedankengut in der Öffentlichkeit. Zwei Hundertschaften, Wasserwerfer und das breite Bündnis „Wir können sie stoppen“. Und schon für den 28. Februar 2016 steht die nächste Demonstration in Neumünster auf der Tagesord
In Neumünster haben wir ein breites Bündnis, das ist gut, und das ist über Jahre entstanden. Ich begrüße ausdrücklich, dass sich alle demokratischen Parteien dort engagieren, auch die CDU, nach dem Motto: „Neumünster ist bunt statt braun“. Wir stehen nicht nur auf, wenn die Nazis versuchen, auf die Straße zu gehen, sondern wir setzen eigene Schwerpunkte, die wichtig sind. Das Legen von Stolpersteinen, Baumpflanzungen zum Gedenken an Auschwitz, Filmwochen gegen rechts, jährliches Gedenken am 27. Januar, Diskussion über religiös motivierten Extremismus, Clips der Jugendlichen gegen rechts, um nur einiges zu nennen. Egal, ob PEGIDA, LEGIDA, SHEGIDA - auch im dänischdeutschen Grenzgebiet ruft zum Beispiel SIAD der dänische PEGIDA-Ableger - zu einer Aktion gegen den sogenannten Asylmissbrauch und gegen Islamisierung auf. Am 20. Februar wollen sie erneut symbolisch die Grenze zu Kruså schließen. Rassistische Ideologie macht an Grenzen eben nicht halt, und auch dagegen wenden wir uns.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir sollten auch etwas zur Kenntnis nehmen - ich gebe zu, dass ich hier nicht die Zeit zur Ursachenanalyse habe -, aber es ist schon ein Alarmzeichen, wenn eben diese Rechtsextremisten und Rechtspopulisten, von denen ich gerade erzählt habe und von denen es leider in Schleswig-Holstein viel zu viel gibt, jetzt auch dazu übergehen, Bürgerwehren zu formieren. In Neumünster haben sie erste Streifzüge angemeldet, in anderen Orten ebenfalls. Das ist eine innen- und rechtspolitische Frage, aber auch eine Frage von Zivilcourage. Wir werden den Bürgern nur die Sicherheit zurückgeben können, wenn wir zum Beispiel mit einer solchen Resolution, aber auch mit politischen Konzepten ganz klar sagen: Geht nicht den rechten Rattenfängern auf den Leim, Demokratie sieht anders aus.
AfD und PEGIDA tragen die politische und gesellschaftliche Verantwortung für die verbale Verrohung der Diskussion. Deswegen rate ich allen: Lasst uns nicht nur hier Wahlkampfreden halten. Es ist eine langfristige Entwicklung, die wir gemeinsam zurückdrehen müssen. Demokratie ist stark, wenn sie in diesen Grundsatzfragen auch eine Stimme findet. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die AfD ist in Schleswig-Holstein eigentlich noch gar nicht vorhanden. Es gibt keine Strukturen, es gibt keine Figuren, es gibt keine Menschen, die mit dieser Gurkentruppe in irgendeiner Art und Weise verbunden werden. Trotzdem führt es dazu, dass allein das Vorhandensein von wenigen dieser komischen Menschen uns Demokraten dazu bringt, aufeinander einzuschlagen, dass die Heide wackelt. Das ist kein gutes Bild. Die Gewinnerin dieser Debatte - wenn wir so weitermachen wird die AfD sei und es werden nicht die demokratischen Parteien sein.
Deshalb ist es wichtig, dass wir Demokraten zusammenstehen. Wir scheinen uns manchmal davon wegzubewegen. Emotionen sind völlig okay, trotzdem lautet unsere Aufforderung als SSW: Wir müssen die Reihen schließen, wir müssen zusammenarbeiten. Trotz Unterschieden in dem, was wir politisch vertreten, müssen wir uns gemeinsam als Parlament, gemeinsam als demokratische Parteien gegen solche Bestrebungen wenden. Es nützt nichts, wenn wir da irgendwie gegeneinander vorgehen.
Wenn ich davon rede, möchte ich auch gern über das reden, worum es eigentlich geht, nämlich rechtsextremes Gedankengut, das sich unbemerkt überall ein bisschen einschleicht, und das vornehmlich auch über die AfD.
In der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ oder in der „Neuen Westfälischen“ kann man lesen, was Frau Petry so von sich gibt, zum Beispiel: Für viele Mitglieder bei ihr sei die umstrittene Gesetzgebung zum Schwangerschaftsabbruch unter ethischen Gesichtspunkten nicht abschließend geregelt. Eine Änderung könne zudem ein Mittel gegen Kindermangel in Deutschland sein. - Da ist alles drin: völkisches Denken; Frauen als Gebärmaschinen; Küche, Kinder, Kirche nur für Frauen. Der Rest ist nicht mehr da drin. Das ist nicht nur ein schräges Frauenbild, sondern da sind auch Anleihen aus dunklen, braunen Vergangenheiten dabei, die wir nicht tolerieren können. Der eigentliche Gegner ist die AfD.
Ein weiteres Beispiel ist in aller Munde. In einem Interview mit Frau Petry im „Mannheimer Morgen“ ging es um Grenzübertritte von Asylbewerbern. Der Journalist dachte, er höre nicht richtig, und hat noch einmal nachgefragt: Wie soll ein Grenzpolizist in dem Fall reagieren, wenn ein Asylbewerber über die Grenze möchte? Die Antwort von Frau Petry lautete: Er muss den illegalen Grenzübertritt verhindern, notfalls auch von der Schusswaffe Gebrauch machen.
Dazu sagt die stellvertretende Bundesvorsitzende von Storch: Schusswaffengebrauch gegen Flüchtlingskinder, ja. - Kinder sollen an deutschen Grenzen erschossen werden! Das sind die eigentlichen Feinde der Demokratie, nicht wir untereinander, sondern die AfD ist es.
Meine Damen und Herren, um ein bisschen auf das ideologische Gerüst dieser Partei einzugehen, die durchaus extreme Anleihen bei der sogenannten neuen Rechten macht: Hermann Behrendt, NRWVorstand der AfD, hat - es ist noch gar nicht so lange her - das Buch „Mandative Demokratie“ geschrieben. Dort hat er auf knapp über 500 Seiten dargelegt, was er sich für dieses schöne Land vorstellt. Er sagt zum Beispiel: