der Debatte hat der Kollege Heiner Rickers - damit hat er diesen Bericht im Grunde mit angezettelt gesagt: „Die Lebensmittel sind sauber.“
Ich will überhaupt keine Verunsicherung in den Raum bringen, aber: Absolutheit ist bei diesem Thema alles andere als hilfreich.
Es ist richtig, wenn Sie sagen, 1996 gab es die erste EU-Pflanzenschutzverordnung. Das war ein Stück früher. Betrachte ich das Pflanzenschutzpaket 2009, die Verordnung von 2006, stelle ich fest: Sie hat sich immer weiterentwickelt.
Ich sehe auch die Debatte um Glyphosat, ein Mittel, das wir seit über 50 Jahren verwenden. Da muss ich auch sagen: Gut, dass sich die Vorschriften weiterentwickeln. Wir müssen immer ein kritisches Auge darauf haben, weil wir immer wieder feststellen, dass wir dort viele neue Probleme bisher übersehen haben.
Wir haben gleich mitbeantragt zu berichten, inwieweit es nationale Zahlen gibt, es sich um EU-weite Messprogramme handelt und was aus diesen hervorgeht. Es ist zunächst ein Erfolg der risikobasierten Kontrollen, dass eine Überschreitung von Rückstandshöchstgehalten gerade im Umfang von 1 bis 2 % festgestellt wurde. Wir könnten daher sagen: Eine unmittelbare Gefahr für die Gesundheit durch Pflanzenschutzmittelrückstände in Lebensmitteln besteht nicht generell, sondern nur in Einzelfällen.
Mit einer Entwarnung wäre ich aber sehr vorsichtig. Das ist ein Stück zu einfach. Die Verbraucherinnen und Verbraucher werden sich nicht damit zufriedengeben. Jede Überschreitung ist letztlich eine zu viel. Der eine oder andere wird sich auch fragen, warum chemische Wirkstoffe überhaupt in Lebensmitteln sein dürfen, wenn sie denn über die Ladentheke gehen. Ein einfaches Freimessen beziehungsweise Freitesten kann es nicht geben. Wir werden hier ständig nachjustieren müssen.
Die Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass wir ein Problem mit den Mehrfachbelastungen haben. Der Minister hat darauf hingewiesen. Das geht auch sehr klar aus diesem Bericht hervor. Es ist eine seit Jahren bekannte unbeantwortete Problematik, die hier vorliegt. Zwar werden Pestizide überwiegend nur in kleinen Mengen unterhalb der Höchstgrenzen nachgewiesen, dafür aber ziemlich oft in einer Probe mehrere bis zu einer Vielzahl von Stoffen.
Laut der Verbraucherzentrale ist größtenteils unklar, ob und wie die einzelnen Wirkstoffe miteinander reagieren. Sie sagt, es könne sein, dass sich das eine oder andere in der Wirkung nicht nur addiert, sondern verstärkt, potenziert. Das ist ein Bereich, der sehr intensiv verfolgt werden muss. Es muss überlegt werden, mit welchen Parametern man jeweils darangehen muss. Das würde bedeuten, dass die jetzige Risikobewertung zu kurz greift und nachgebessert werden muss, wir also im europäischen Pflanzenschutzrecht die nächsten Nachschläge haben müssen.
So schreibt es im Grunde auch dieser Bericht der Landesregierung, der ganz klar sagt, dass eine einfache Beurteilung von Mehrfachrückständen derzeit noch nicht möglich ist. Also ganz klar: Bei den Auswirkungen der Mehrfachbelastungen gibt es erhebliche Erkenntnisdefizite.
Je mehr man untersucht, desto mehr wird man fündig. Bereits jetzt umfasst das Untersuchungsprogramm auf nationaler Ebene mehr als 800 verschiedene Wirkstoffe, auf die untersucht wird. 321 sind in Obst und Gemüse nachgewiesen worden.
Schaut man sich einzelne Produktgruppen an, haben wir - das ist bereits gesagt worden - Himbeeren, Erdbeeren, Kräuter, Pfirsiche und Zitrusfrüchte als einschlägig Verdächtige. Bei dieser Produktgruppe konnten teilweise in bis zu 90 % der Proben Rückstände festgestellt werden, zwei Drittel mit Mehrfachbelastungen.
Leider ist der Bericht an dieser Stelle nicht ganz genau, er geht nicht auf die Herkunft ein. Heiner Rickers hat bereits gesagt, dass wir in diesem Bereich - ich will das einmal vorsichtig formulieren erhebliche Differenzen haben. Die Verbraucherzentrale gibt zum Bereich der Herkunft wichtige Hinweise; man braucht nur einmal auf deren Website nachzuschauen.
Wichtige Hinweise auf zum Teil unerwartete Belastungen werden sehr oft auch von den Umweltverbänden festgestellt. Zum Glück haben wir in der Zivilgesellschaft nach wie vor hochkarätiges Fachwissen über Pestizide. Das mag den einen oder anderen gelegentlich nerven oder stören. Aber ich glaube, es ist wichtig, dass nicht nur von den Konzernen und der Lebensmittelüberwachung, sondern auch aus der Zivilgesellschaft viel Wissen eingebracht wird.
halten - das ist die Motivation -, und bei ihren Lieferungen auf die Einhaltung höherer Grenzwerte als derjenigen, die gesetzlich vorgeschrieben sind, zu setzen. Diese Sensibilität ist grundsätzlich zu begrüßen. Auf die kritischen Punkte in dem Bereich will ich jetzt nicht eingehen.
Es wird immer dringender, dass öffentliche Institutionen und Forschungseinrichtungen bei uns und EU-weit finanziell unabhängig sind. Das ist ein Punkt, in dem wir auch das EU-Recht noch nachschärfen müssen beziehungsweise auf die entsprechende Umsetzung in Deutschland zu achten haben.
Wir brauchen unabhängiges Fachwissen und Fachkompetenz. Öffentliche Behörden müssen eigene Studien beauftragen können.
Nein, das ist nicht mehr möglich, Herr Abgeordneter. Sie haben schon über eine Minute überzogen. Ich bin sehr großzügig. Aber kommen Sie jetzt bitte zum Ende.
Herr Abgeordneter, Sie können sich gern nachher zu einem Dreiminutenbeitrag melden; dann haben Sie es noch einmal kompakt. Das ist meine Empfehlung. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Dem Dank für den Bericht an das Ministerium, den Minister, die Mitarbeiter und das Landeslabor schließe ich mich natürlich an. Ich danke auch ganz herzlich Heiner Rickers - mit s - für seine Rede zum Thema.
Meine Damen und Herren, der vorliegende Bericht veranschaulicht sachlich und nüchtern, wie es um Pflanzenschutzmittelrückstände in Lebensmitteln steht. In der Zusammenfassung steht geschrieben - ich zitiere -:
„Bei konservativer Betrachtung der kurzzeitigen Aufnahme kann in etwa 1 % der Fälle eine mögliche gesundheitliche Beeinträchtigung auf Grundlage von Rechenmodellen nicht sicher ausgeschlossen werden. Das tatsächliche Risiko in der Praxis ist dagegen geringer anzusetzen.“
Meine Damen und Herren, wir haben schon im Oktober eine Debatte über dieses Thema geführt; damals ging es um Pestizidrückstände in Gewässern. Ich zitiere mich jetzt selbst indirekt. Damals habe ich gesagt - das wiederhole ich heute gern -, dass wir eine sachliche, fachlich fundierte Debatte über dieses Thema brauchen. Auch wir wollen auf gar keinen Fall irgendetwas verharmlosen oder verniedlichen. Aber wir dürfen nicht außer Acht lassen, dass wir bereits die weltweit strengsten Grenzwerte für Pflanzenschutzmittel haben.
Ebenfalls nicht außer Acht lassen dürfen wir die Tatsache, dass die heutige Messtechnik den Nachweis extrem kleiner Mikrospuren ermöglicht, deren Abwesenheit in der landwirtschaftlichen Produktion niemand garantieren kann. Auch das ist ein wichtiges Thema.
Meine Damen und Herren, Lebensmittel aus Schleswig-Holstein sind von hervorragender Qualität. Ein wichtiger Baustein sind die Erfolge bei der Verringerung von Pflanzenmittelrückständen. Die Anwendung von Pflanzenschutz in der Landwirtschaft ist weitgehend unverzichtbar. Auch das darf man nicht verkennen. Denn wer will schon Blattsalat mit Lausbefall, schorfige Kartoffeln oder von Raupen befallenen Dithmarscher Kohl essen? Ich denke, das will niemand.
Es ist Aufgabe von Landwirten, durch die verantwortungsvolle Anwendung von Pflanzenschutzmitteln jegliche Belastung der Produkte zu vermeiden. Dies ist in den vergangenen Jahren durchaus gelungen. Es gehört in Deutschland seit vielen Jahren zur guten fachlichen Praxis, dass Landwirte beim Einsatz von Pflanzenschutzmitteln sachkundig sein müssen; das sind sie auch.
Meine Damen und Herren, ich freue mich auf die weitere Debatte, die wir im Umweltausschuss über den Bericht zu diesem Thema und zu den Berichten über andere Themen sicherlich führen werden.
Ich möchte jetzt nicht, wie andere Redner es getan haben, eine Nebendebatte aufmachen, etwa über die Pflanzenschutzsteuer oder den Ökolandbau.
Ich habe heute aber auch etwas gelernt, Frau Eickhoff-Weber. Das chinesische Sprichwort zum Angeln finde ich gut. Wenn man eine Angel auswirft, kann man sich selbst versorgen. Schade, dass die von Ihnen getragene Bundesregierung das Angeln an der Küste weitgehend verbieten will, indem neue Naturschutzgebiete ausgewiesen werden. Vielleicht können Sie insoweit Ihren Einfluss geltend machen.
Was mich auch sehr freut, ist, dass der vorliegende Bericht nicht zur grünen Kommunikations- und Marketingstrategie passt; schließlich kann man mit den vorliegenden Zahlen keine Angst und keine Panik verbreiten. Das wurde insbesondere bei dem Thema „Glyphosat in der Muttermilch“ versucht. Mittlerweile hat sich herausgestellt, dass das eine Bauchlandung der Grünen war. Das damals von Renate Künast gegründete Bundesinstitut für Risikobewertung hat 114 Proben untersucht. In keiner Probe wurde Glyphosat oberhalb der Nachweisgrenze gefunden. Das ist auch gut so. - Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.